Schwingen oder nicht schwingen...

      Hallo Radiobastler und Freunde der Technik,

      ich habe vor, einen etwas längeren Beitrag über das Thema "Schwingen" allgemein zu starten, Behandelt werden dabei Cs und Ls in solchen Kreisen, Begriffe wie "Resonanz", "Phasenverschiebung" oder auch "lose" und "feste" Kopplung.

      Ziel ist, dass der unbedarfte Leser mit Grundkenntnissen der Elektrotechnik die Grundlagen der Schwingkreise verstanden hat (und weiß, warum zumindest auf der linken Seite des Radiochassis Musik ankommt...)

      Bevor ich mir die Finger wundhacke, die Frage:

      Besteht Interesse ??

      Gruß, Dieter
      Ja, es besteht Interesse!

      Ich bin eher in der Hochfrequenztechnik beheimatet und ärgere mich nicht selten über schwingende Verstärker. Mir ist das Thema aus leidvollen Erfahrungen nicht unbekannt. :(
      Du wirst vermutlich über ZF-Kreise schreiben, sehr sinnvoll. Fange an beim einfachen Schwingkreis und stelle zum Schluß gekoppelte Filter vor. Bei Bedarf werde ich unterstützend mitwirken. Ich kann entsprechende Graphiken erstellen wie Bode oder Smith bei gegebener Schaltung. Es ist zwar ein HF-Simulator, es gehen aber auch Simulationen bis NF.
      Starte einfach mit den Grundbegriffen eines Schwingkreises und gehe langsam hoch bis auf Techniker oder unteres Fachochschulniveau. Damit werden nicht wenige kompetente Leser angesprochen und der versierte Laie hat auch was davon.

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Ein alter Technikerspruch sagt ja "Es ist leichter etwas zum Schwingen zu bringen als es am Schwingen zu hindern".
      Natürlich werden wir nicht ergründen, warum ein NF-Verstärker anfängt zu schwingen und somit seinen Erbauer ärgert, aber wir werden eine Erklärung dafür haben.

      Ich habe mir gedacht, zunächst die Grundlagen in einem L/C-Kreis herzuleiten, weil man daraus schon einiges ableiten kann.

      Laßt mich keinen sturen Monolog abhalten ! Stellt Fragen über Fragen. Nur wenn ein feedback kommt, weiß ich woran ich bin. Und, ich kann auch verdammt viel Kritik ertragen.

      Also, packen wirs an !!

      Gruß, Dieter
      Hallo Freunde und Interessierte an der Rundfunktechnik !

      Ich wollte heute den Einstieg in meine neue Themenwelt der Schwingungen finden.

      Viele Bastler werden bei diesem thread umdenken müssen: Es ist vorbei mit der schönen Gleichspannung, dem Ohmschen Gesetz und der "einfachen" Fehlersuche durch simples Anlegen zweier Prüfspitzen.

      Wechselspannung wird uns begleiten, in welcher Form ist völlig egal, der Einfachheit halber wählen wir als Standard die Sinusform.

      Ohmsche Widerstände tauchen nur ab und zu auf, weil sie nicht schwingen können.

      Kondensatoren und Induktivitäten (Spulen) werden das Fleisch der Beiträge sein, denn diese beiden passen besser als Mann und Frau zusammen !! Nur durch das Vorhandensein von je einem kann man Schwingungen, die Grundlage allen Rundfunks, erzeugen.

      Generell ist der Rundfunk ja eher kontraproduktiv ausgelegt: Wir brauchen sehr hohe Frequenzen, um weite Strecken zu überbrücken, aber wir benötigen tiefe Niederfrequenzen, um hören zu können.

      Es bedarf eines enormen Kraftaufwandes, um auf der einen Seite die entsprechende Hochfrequenz in die Luft zu bekommen und einen relativ anspruchsvollen Aufwand, um sie, bzw. die darin enthaltene Niederfrequenz hörbar zu machen.

      Die Grundlage alles Schwingenden ist der L/C-Kreis. Im nächsten Teil folgt die Beschreibung der Strom- und Spannungsverhältnisse an diesen beiden grundlegenden Bauteilen der Radiotechnik.

      Bis bald, Dieter
      So, steigen wir ein !!

      Wie angedroht, möchte ich euch heute zunächst die beiden Bauteile Kondensator und Induktivität etwas näher bringen und hier vor allem das Verhalten bei anliegender Wechselspannung.

      Gleichspannung ist ja absolut langweilig. Jeder hat bestimmt schon einmal einen Elko mit dem Multitester geprüft: erst fast Vollausschlag, dann langsam steigender Widerstand bis der Elko geladen ist. Ende Gelände !!

      Wir unterscheiden im Rundfunkempfänger einmal den Zweig der Versorgungsspannung, der dem Netzteil entspringt.

      Fehlersuche in diesem Zweig sind reinrassig DC-Messungen.
      Der andere Teil, und eigentlich der wichtigere ist der Signalweg: Hochfrequenz poltert über die Antenne in den Empfänger und muß bis zur Hörbarkeit durch das menschliche Ohr heruntertransformiert werden. Vorbei mit Gleichspannung, jetzt beginnt "real man´s world": der Oszillograph, der Wobbler, der HF-Generator, sie kommen jetzt ins Spiel (keine Angst, so weit wirds nicht kommen).

      Zurück zum Kondensator: wir legen an einen Kondensator eine sinusförmige Wechselspannung an und oszillographieren den Strom- und Spannungsverlauf. Eigentlich bringt uns die Logik auf die Bilder: ein leerer Kondensator hat keine Spannung anliegen, zum Zeitpunkt des Einschaltens (blaue 1) fließt der Maximalstrom.

      Während sich der Kondensator auflädt, wird der Strom geringer, die Spannung am C größer bis er vollständig geladen ist und der Strom auf Null gesunken (rote 2). Folgendes Bild würde der Oszillograph schreiben. Man sagt auch: der Strom eilt der Spannung um 90° voraus !!



      Nun, wer hätte es gedacht: gerade anderes herum verhält es sich bei einer Induktivität. Da eine Spule bei anliegender Spannung ein Magnetfeld aufbaut, welches dieser Spannung entgegenwirkt, ist der Strom im Nulldurchgang der Spannung maximal, da hier keine Gegenkraft auftritt. Entsprechend ist eine Spannung an der Induktivität notwendig, um einen Strom zu erzeugen. man sagt auch: Der Strom hinkt der Spannung um 90° hinterher.

      Ich schenke mir die graphische Darstellung, da sich außer verschobener Sinuskurven nichts ändert.

      Diese Zusammenhänge prägen den Begriff der "Phasenverschiebung", den es auch in anderen Bereichen der Elektrotechnik immer wieder gibt.

      So, das soll für den Anfang genügen, bitte langsam verdauen...

      Im Teil 2 werde ich auf die Energiebilanz für C und L im Wechselstromkreis eingehen, deshalb schon mal jetzt die Frage:

      Warum werden gesunde Kondensatoren niemals warm ?

      Viele Grüße, Dieter
      Lust auf ein kleines Experiment?




      Hier sieht man eine einfache Beispielschaltung, wie man selbst die Phasenverschiebung messen kann. Man benötigt dazu ein Oszilloskop mit zwei Kanälen. Es geht auch ein "PC-Oszilloskop". Es gibt freie Programme, die die Soundkarte in ein einfaches Oszilloskop verwandeln. Als Signalspannungsquelle reicht 50 Hz Netzspannung, z.B. der Trafo einer Märklineisenbahn. Der Widerstand zu 1 Ohm ist dazu da, den Strom zu messen. Der muß nicht genau 1 Ohm betragen, er darf auch 10 oder 100 Ohm haben. Nimmt man 1 Ohm hat man den Vorteil, daß die abgelesene Spannung im mV direkt dem Strom in mA entspricht. Die erste Meßspitze kommt also dahin, wo man den rechten Pfeil im Bild sieht. Die zweite Meßspitze wird direkt am Kondensator angeschlossen, der linke Pfeil. Das Gebilde mit 50 Ohm ist unser Signalgenerator, in dem Fall der Eisenbahntrafo. Meist haben Generatoren einen Innenwiderstand von 50 Ohm, was hier aber keine Rolle spielt, da ja der Kondensator über den Widerstand 10 kOhm mit der Signalquelle verbunden ist. Nun viel Spaß beim Messen!

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Der Link ist interessant!

      Das vorgestellte Oszilloskop beinhaltet sogar einen Signalgenerator, den man dann zur Speisung nehmen kann. In dem Fall sollte man statt 10 kOhm einen Widerstand mit 2,2 kOhm nehmen, weil sonst die Amplitude zu klein wird. Immer beim Soundkarteneingang aufpassen mit der angelegten maximalen Spannung. Das ist ein NF-Eingang, der üblicherweise für etwa 775 mV max ausgelegt ist.

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo Andreas,
      ja, ich meine nur das Soundkartenoszi. Also Rechteck am mitgelieferten Generator angewählt und mit dem Oszi angeschaut. Ein Sinus schaut ja recht ordentlich aus, die anderen Signale wie Sägezahn, Dreieck und Rechteck lassen zu wünschen übrig.
      Morgen werde ich mal meinen Hameg an den Soundkartenausgang hängen. Mal schauen wie es da aussieht.

      Einen schönen Abend
      wünscht
      János
      baerkrabbe postete
      Hallo Andreas,
      ja, ich meine nur das Soundkartenoszi. Also Rechteck am mitgelieferten Generator angewählt und mit dem Oszi angeschaut. Ein Sinus schaut ja recht ordentlich aus, die anderen Signale wie Sägezahn, Dreieck und Rechteck lassen zu wünschen übrig.
      Das ist auch nicht weiter verwunderlich.

      Eine Soundkarte hat nur eine begrenzte Audiobandbreite. Unnatürliche Signale wie Rechteck oder Dreieck beinhalten recht hohe Sinusfrequenzen, die die Soundkarte nicht mehr beherrscht. Deswegen sieht es abgerundet und krumm aus. Das hängt hiermit zusammen, etwas Mathematik, Zerlegung solcher Signale in reine Sinusanteile:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Fourierreihe
      Ganz am Ende sieht man ein Bild, welches die Problematik verdeutlicht und Du vermutlich recht ähnlich auch gesehen hast.

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo Dieter,

      der Link funktioniert wieder, vermutlich war der Server ausgefallen.

      @Andreas,
      ich denke auch dass die eingeschränkte Bandbreite der Onboard-Soundkarte das Problem ist. Maximal dürfte die Bandbreite bis 20kHz gehen.
      Für ein Rechtecksignal ist das zu wenig.
      Das Bild bei Wikipedia sieht noch richtig gut aus im Vergleich zu dem was der Soundkarten Generator liefert.
      Ansonsten ist die Software aber ganz nett, ich denke dass auch Anfänger hiermit einige Versuche starten können. Z.B. die einstellbare Phasenverschiebung im Generatorteil. Im Oszi sieht man dann sofort das Ergebnis.

      Ich meine, wir sollten aber dieses Thema jetzt beenden da wir doch etwas OT sind. Evtl. können wir ja einen neuen Tread dazu eröffnen.

      Viele Grüße

      János
      Heute folgt Teil 2 der "Schwingungslehre". Nun können ja einige mit dem "Soundkartenoszi" schon vieles grafisch nachvollziehen.

      Wir werden uns zunächst mit dem Begriff des "Blindwiderstandes" auseinandersetzen.

      Während ein Kondensator für Gleichspannung einen (unendlich) hohen Widerstand darstellt, tut er das für Wechselspannung nicht, da er ständig umgeladen wird und somit Elektronen fließen. Je höher die Frequenz desto geringer der "Blindwiderstand".

      Umgekehrt verhält es sich mit einer Induktivität: während Gleichspannung nur den rein Ohmschen Widerstand entgegengesetzt bekommt, erzeugt Wechselspannung ein Magnetfeld, welches der induzierten Spannung entgegenwirkt und somit den "Blindwiderstand" erhöht".

      Praktische Anwendungen sind z.B. der Netztransformator, der nur überlebt, weil an Wechselspannung betrieben wird; Gleichspannung wäre sein Tod. Ein Elektrolyt an einem Hochtöner läßt die hohen Töne durch, tiefe werden zurück gehalten.

      Der formelle Zusammenhang steht in untenstehenden Formeln. Die Frequenz f, die Kapazität C und die Induktivität L bestimmen also den jeweiligen Blindwiderstand.



      Betrachten wir nun folgende Schaltung: Wir laden einen Kondensator mit Gleichspannung auf (Stellung 1) und bringen anschließend den Schalter in die Stellung 2. Die Ladung wird über die Induktivität fließen. Und dann ??



      Was passiert nun in diesem (realen) L/C Kreis ? Wie verhalten sich Uc und Ul ? Wie sehen die Bilder dazu aus ?

      Das erfahrt ihr im Teil 3.

      Viele Grüße, Dieter
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