Telefunken Tuner TT750

      Nachdem gerade heute in einem anderen Thread die Telefunken 750er Serie zur Sprache kam, passte es gut, dass ich den Tuner zur Zeit auf dem Tisch hatte, um ihm unberechenbares Verhalten bei der Digitalanzeige / Synthesizer Schaltung abzugewöhnen.
      Ich habe das Set bestehend aus Tuner TT750, Cassetten Deck TC750 und Vollverstärker TA750 direkt nach Erscheinen um 1980 herum gekauft und seitdem benutzt.
      Zu den anderen Komponenten bringe ich noch Berichte, hier geht es erst einmal nur um den Tuner:

      Nach einer Reinigung des Gerätes wurden die beiden Elkos auf dem Netzteilbaustein ersetzt, da sie ein zuverlässiges Ein- und Ausschalten mit der Tiptaste nicht mehr zuließen.
      Beim NF / ZF / AM Teil rechts hinten im Gerät waren ein Selengleichrichter und etliche wärmegestresste Elkos zu ersetzen.
      Im Digitalbaustein sitzt ebenfalls - neben dem großen Elko - ein Selenerich, den ich, wie auch ALLE Elkos in der Digibox ersetzen musste (105° Typen sind angemessen).
      All dies ist bei diesem Modell Standard - falls mal jemand so ein Prachtstück in die Finger bekommt.

      Das ist noch nicht alles, da die starke Wärmeentwicklung in der Digibox, verbunden mit den Problemen, die man seinerzeit mit der Produktion von doppelseitigen Leiterplatten hatte, zu einer Alterung der Lötstellen führt. Ich habe daher das gesamte Board von der Rückseite nachgelötet - dabei ist zu beachten, dass man ausreichend Flussmittel einsetzt, genug Wärme zuführt und die Lötstelle lange genug erhitzt, damit das Lot bis zur Gegenseite durchschmilzt.
      Es folgte noch eine ausgiebige Reinigung mit WL und Pinsel, um Staub und die Flussmittelrückstände zu beseitigen.

      Jetzt läuft der Bursche wieder 1A!

      Digibaustein:


      Lötseite nach dem kompletten Nachlöten:


      Gerät von oben:



      Totalansicht:


      Von vorne:
      Achim
      Aye Aye Käptn,
      ganz recht sowohl die Abstimmung mit Dreknopf (sehr angenehmes Schwungrad) als auch die direkte Eingabe der Frequenz als auch die direkte Eingabe des UKW Kanals(!) sind möglich. Für die Kanaleingabe sind extra noch die Tasten "0", "+" und "-" vorgesehen (rechts neben dem Ziffernblock), um den exakten Kanal einzugeben.
      Der Suchlauf mit den großen < > Tasten arbeitet auch absolut präzise, mit perfektem Muting, wobei die Schwelle mit dem (einzigen) Poti an der Front einstellbar ist.
      Es ist ein sehr komfortables Gerät mit 39 Speichern, was sehr stabil läuft und - wenn die Standardfehler geklärt sind - unverwüstlich ist.
      Unangenehm wird es eigentlich nur, wenn eine der für diesen Zweck von Telefunken eigens entwickelten integrierten Schaltungen ("Microprozessor") für Quartzoszi, digitale Abstimmung defekt sind. Das habe ich allerdings noch nicht erlebt (bei den 6-7 Geräten, die ich auf dem Tisch hatte).
      Die AM Schaltung hat auch einige Besonderheiten: FET Oszi / Mischstufe mit Varicap Abstimmung sowie eine Regelung der Antenneneingangsspannung mittels Optokoppler. Die Regelspannung steuert ein Glühlämpchen, der LDR liegt im Antenneneingang in Serie. Außerdem gibt es eine extra AM - AFC mit dem TBA120, der sonst in Fernseh-Ton-ZF Schaltungen verwendet wurde.

      Nachtrag:
      Heute morgen habe ich die AM Schaltung noch gelobt, wollte dann heute mal Mittelwelle hören und - na klar - nur ein sender.
      Die Ursache lag im oben beschriebenen Optokoppler zur Regelung der Eingangsspannung. Nur war ausnahmsweise nicht das Lämpchen sondern der LDR defekt. Er hatte sich auf oo Ohm festgelegt und wurde gegen ein vergleichbares Modell getauscht. Jetzt schnurrt auch die Mittelwelle,
      Auf dem Bild sieht man die AM Platine, vorne links markiert den Optokoppler:



      Und zur Vollständigkeit den UKW ZF-Verstärker mit UKW Box:



      Außerdem gibt es noch ein Board mit Netzteil und NF-Teil unten rechts waagerecht.
      Da der größte Teil der Elekrtonik auf 3 Platinen, die - im Viereck angeordnet - rechts im Gerät sitzen, sieht das Gerät relativ leer aus. Wäre alles auf einem Board, wäre der Platz schon knapp.
      Achim
      Ihr habt beide Recht :)
      Das Gehäuse, will sagen der Korpus, waren bei der gesamten 350er, 650er und 750er Serie aus Kunststoff, die Frontplatten aus ca 5mm Aluminium (silbern oder dunkel).
      Alle Geräte haben aber wenigstens eine extrem stabile Gehäuseoberschale aus Stahlblech und eine Bodenplatte aus Stahl, sind also im zusammengabauten Zustand rundum Metall, so dass sie auch in "Türmen" stabil sind.
      Beim Tuner wird die Metallfront durch das große (Kunststoff) Tiptastenfeld stark reduziert. Verstärker und Tapedeck hatten durchgehende Alufronten.
      Die Geräte wurden seinerzeit zum Teil bei TFK im Stammwerk und zum Teil in Berlin(!) gebaut.
      In Preislisten tauchte dann "Berlinhilfe" auf.
      Es waren übrigens die letzten "Made In Germany" Geräte von Telefunken, die Nachfolgeserien hatten zwar Ganzmetallkonstruktionen, waren aber Durchschnittsware aus Asien.

      Ich glaube mich zu erinnern, dass das "Kunststoffgrundchassis" bereits bei den Receivern der TX 5xxx zum Einsatz kam. Dieter hat doch ein paar davon!?

      Ganz allgemein liegt die Stärke von Telefunken in den 70ern und ganz frühen 80ern vor allem im Bereich Entwicklung und bei der Realisierung anspruchsvoller Schaltungen, wo man häufig Pionier war. In der Fertigung hat man sein Heil auch bei TFK ab Mitte / Ende der 70er in der Sparsamkeit gesucht.
      Der Konzern hatte traditionsgemäß enorme Ressourcen im Human Capital, bei F + E, Patenten, eigener Produktion sprich vertikaler Integration (ähnlich wie bei Saba) bei der Herstellung von Halbleitern, Röhren etc. und nicht zu vergessen die enorme Kompetenz im Professionellen Bereich.
      Der Untergang dieses Konzerns ist eine Schande - ebenso wie der von Saba und Grundig!
      Achim
      Bei den damaligen Endstufen bestand keine Gefahr, dass sich darüber gespaltete Geräte wg. der Hitze deformiert hätten.
      Im Gegensatz zu den heutigen Billig-Endstufen und -Netzteilen Made by ... war damals die Elektronik so konstruiert bzw. ausgelegt, dass sie sich auch nach stundenlangem Betrieb nur mäßig erwärmt hat...
      Gruß superhet
      nightbear postete

      Ich glaube mich zu erinnern, dass das "Kunststoffgrundchassis" bereits bei den Receivern der TX 5xxx zum Einsatz kam. Dieter hat doch ein paar davon!?

      Hallo Achim,

      ich glaube, du meinst meine TRX2000/3000 Receiver. Da stehen in der Tat 3 Stück herum. Die sind aber rundum komplett aus Stahlblech und Metall, inklusive Front und Chassis.

      Gruß, Dieter
      Hallo,

      ich habe die Tage einen Receiver bekommen von Fisher,er stammt von 78,ich habe es spontan mal miteinander verglichen,wenn der Vergleich auch sicher hinkt,aber die Geräte liegen ja zeitlich nicht so weit auseinander.Der Fisher wiegt 15kg hier ist alles massiv aus Metall.Zu diesem Zeitpunkt war Fisher (vorher "The Fisher" USA) schon an Sanyo Japan verkauft worden.Vergleicht man ihn mit Geräten neuester Generation,kann er auch klanglich noch immer voll und ganz überzeugen.Dieser Materialeinsatz wäre heute sicherlich sehr sehr teuer.Ein paar Daten : 2x90 Watt an 8Ohm,max.Leistungsaufnahme des Receivers laut Aufdruck des Typenschildes,500 Watt.


      Peter
      Hallo Peter,
      die Jahre 78/79 waren die goldenen Jahre der HiFi Geschichte. In dieser Zeit lieferten nicht nur die ganz renommierten Marken wie Accuphase, McIntosh
      sondern beinahe alle großen Japanischen Hersteller wie z. B. Yamaha, Sansui, Luxman, Pioneer, Marantz, Fisher eine sehr hohe Qualität!
      Die Verarbeitung war grundsolide - wahre Materialschlachten - , die Qualität hervorragend. Nicht umsonst laufen viele dieser Geräte heute noch und haben ihren Wert zumindest behalten.

      Man darf natürlich nicht verschweigen, dass auch diese Geräte ihre Schwächen hatten: Mangelhafte Elkos, Kontaktprobleme bei Dreh- und Druckschaltern, Fehler im Kühlungsdesign und eine teilweise noch gewöhgnungsbedürftige interne Verdrahtung.
      Gerade auch bei Tapedecks zeigte sich - wenn es sich nicht gerade um ein Nakamichi handelte - dass auch in Nippon nur mit Wasser gekocht wurde.
      Achim
      Ja, bei Verstärkern, Receivern und Tunern gab es unglaubliche Schlachtschiffe (Sansui...). Keine Ahnung, wie die Hersteller da auf ihre Kosten gekommen sind. Möglicherweise war es ein kostspieliger Kampf um die Vorherrschaft auf dem Markt. Irgenwann haben dann alle gemerkt, was das alles kostet und haben die Notbremse gezogen.

      Die Jungs könnens auch heute noch!

      http://www.accuphase.com/model/m-8000.html

      Arbeitet übrigens stabil an 1 Ohm Last.
      Achim
      Skyline postete
      Ein paar Daten : 2x90 Watt an 8Ohm,max.Leistungsaufnahme des Receivers laut Aufdruck des Typenschildes,500 Watt.

      Peter
      Der Telefunken TRX3000 setzt noch ein paar Watt (sorry: VoltAmpere) drauf bei ebenfalls 2 x 90 Watt Sinusleistung. Wer es laut haben will, darf seine luftgekühlten Endstufen gerne und lange bemühen !!



      Gruß, Dieter
      Hallo miteinander,
      @ Achim:
      Vielen Dank an Dich, uns dieses interessante Gerät vorgestellt zu haben - vor allem mit den schönen Fotos des Inneren !
      Wenn ich es recht verstehe, war dies also eines der letzten noch in Deutschland entwickelten (und produzierten) Geräte. Eigentlich auch ein interessanter Zweig für Sammler, an den ich so bislang noch gar nicht gedacht hatte ... (das darf jetzt meine bessere Hälfte nicht mitbekommen).

      Wieder mal so ein thread, der schon allein beim Mitlesen Spaß macht !!

      Viele Grüße
      Eberhard
      Viele Grüße
      Eberhard
      Nochmal zum Materialeinsatz: Die Mehrkosten für solides Metall gegenüber einem windigen Materialmix balaufen sich auf nicht mehr als 2€/Gerät. Die möchten sich aber die Aktionäre einstecken. Man kann ja immer noch aussteigen, wenn der Firma aus diesem Grunde der Absturz droht!
      Gruß Heino - der Unkaputtbare
      Andere Hersteller in Übersee haben ja auch Metall genommen - und da kamen noch die Frachtkosten dazu!

      Ich könnte mir vorstellen, dass seinerzeit (wie auch heute) mit Budgets gearbeitet wurde, die in höheren Hierarchieebenen festgepinnt wurden und die für die Produktion dann ein Datum waren. Was macht dann ein Produktionsleiter / Produktmanager, wenns knapp wird? Er spart an solchen Posten, um die Schaltung und die Funktionen nicht einschränken zu müssen.

      Vielleicht wollte man auch einfach nur "modern" sein...
      Achim