Ein kleiner Wiener: Ingelen Mirabell

      Ein Flohmarkt vor einigen Wochen hat mir sehr günstig ein nettes kleines Radio des österreichischen Herstellers Ingelen (INGenieur Ludwig "EL" Neumann "EN") beschert.







      Technisch nichts besonders. Standardröhrenbestückung, ein Ovallautsprecher, ein elektrostatischer Hochtöner. Recht einfache Klangregelung mit zwei dreistufigen Schaltern. Rechts für die Bässe (stark - mittel - Sprache), der linke für die Höhen (dunkel - mittel - hell)

      Heute hatte ich dann Zeit, mich des kleinen Kerls anzunehmen. Viel war nicht zu tun. Das Chassis sieht unter der Staubschicht aus wie neu. Das Gehäuse wurde ein wenig aufpoliert und die Messingleisten zaponiert.

      Im ganzen Radio waren genau vier Kondensatoren, die jedenfalls zu tauschen waren. So eine Art Malzbonbon in knallrot, mit Werten jenseits von gut und Böse. Nachdem die getauscht waren und eine neue EL84 eingesteckt war (die originale hatte einen Sprung), spielte er schon wieder ganz munter.



      Weil ich das Gerät im täglichen Einsatz haben möchte, habe ich auch noch den dicken blauen Siebelko (2x 50µF) und den Kathodenelko getauscht.

      Die Netzentsörkondensatoren sehen aus wie Kerkos, waren aber mit weißen, bröseligen Ausblühungen überzogen. Obwohl sie noch genau 5nF hatten, wurden sie getauscht.

      Der Klang war zuerst eher dumpf, was ich auf den recht leisen Hochtöner geschoben habe. Also wurde auch der zerlegt. Kein Fehler zu finden, keine Spur von Korrosion, Kontakt zur Folie einwandfrei. Als Ursache wurde schließlich zufällig ein Wackelkontakt an der EABC80 entlarvt.

      So sieht es innen jetzt aus:



      (der Dreck am Sicherungshalter ist mir erst am Foto aufgefallen, ist schon gereinigt ;) )

      Und hier von außen:



      Die EM80 leuchte noch sehr gut. Ich glaube fast, das ganze Gerät hat nicht viele Betriebsstunden hinter sich, ein so sauberes Chassis hatte ich noch nie.

      Der Klang ist für die Größe des Lautsprechers gar nicht so schlecht, der Empfang sehr gut.

      Die Idee, das Ding mit dem Namenszusatz "3D" zu versehen zeigt, dass auch in den 50ern viel Schindluder in dieser Hinsicht getrieben wurde. Das Gerät hat keine seitlichen Schallöffnungen, von Seitenlautsprechern gar nicht zu reden... Aber 3D musste draufstehen!

      Der kleine Kerl gefällt mir richtig gut, ich werde ich morgen auf den Roller schnallen und ins Büro mitnehmen.
      Beste Grüße, Jörg
      Gut erkannt, Achim! Ein Hernalser :) Nur zwei Bezirke von mir entfernt.

      Im Gerät sind neben Bauteilen von Kapsch auch solche von Philips verbaut. Philips als sehr großen Hersteller lasse ich mir ja noch einreden, aber dass Bauteile vom direkten Konkurrenten Kapsch gekauft wurden, ist schon erstaunlich. Kapsch dürfte allerdins recht viele Bauteile produziert haben, Beweise dafür habe ich auch schon in Radios von Eumig gefunden.

      Die Fertigungstiefe war wohl bei den Österreichern recht hoch. Kein Wunder, dass die Kosten dafür bald zu hoch wurden und ein Hersteller nach dem anderen zusperren musste oder von größeren Firmen aufgekauft wurde.

      Hier als Nachtrag noch ein brandaktuelles Nachtportrait der Skala. Man beachte die - bis auf eine Ausnahme - österreichischen Bezeichnungen der UKW-Sender!

      Beste Grüße, Jörg
      Von der LKW-Maut wusste ich. Aber das Pickerl? Du meinst damit vermutlich die Vignette (Autobahnmaut für PKW). Das wäre mir neu, zumal da ja keinerlei Elektronik dahinter steckt.

      Das Pickerl ist übrigens um österreichischen Sprachgebrauch die Begutachtungsplakette nach §57 Straßenverkehrsordnung. Bei euch heißt das glaub´ ich TÜV ;)
      Beste Grüße, Jörg