Seltsamer Tonfehler Telefunken Fernseher

      Bei meinem eigenen Fernsehgerät PAL Color 8840QM (Telefunken Chassis 712A) tritt seit Jahren folgender Fehler auf: Der Ton ist plötzlich, meist nach dem Einschalten, leiser als normal und verzerrt. Wartet man, oder schaltet mehrfach ein und aus, wird der Ton plötzlich normal.
      Immer wieder habe ich das Ton-ZF-und NF-Teil überprüft, alle Elkos dort gewechselt, nachgelötet - immer ohne dauerhaften Erfolg. Auf Klopfen oder Temperaturschwankungen reagiert der Fehler nicht.
      Meist war es so, Gerät eingeschaltet, Ton verzerrt, schnell umgedreht, Rückwand ab - und schon war der Ton wieder normal.

      Seit gestern war der Fehler nun hartnäckiger. Da hinter der Endstufe mit TBA800 bei diesem Gerät noch eine Endstufe mit den bei Telefunken beliebten BD311/BD312 zur Leistungserhöhung folgt, habe ich heute am KH-Ausgang probiert - Ton in Ordnung. Also sollte der Fehler in der (zusätzlichen) Endstufe liegen.
      Die ist aber diskret und ziemlich primitiv aufgebaut, da kann eigentlich nicht viel ausfallen. Die beiden kleinen Elkos 100µ hatte ich vor Jahren im Rahmen eines Rundumschlages erneuert.
      Also die Endstufe ausgebaut zum Nachlöten und überprüfen. Dabei stellte ich fest, dass ich seinerzeit einen der Elkos verpolt hatte :(

      Ich habe nun einen Neuen, richtig gepolt eingebaut - im Moment läuft alles einwandfrei. Die Frage ist nur, war das der Fehler? Was macht ein verpolt betriebener Elko im Betrieb? Und kann er zu diesen Verzerrungen in der Endstufe führen?

      Hier das Schaltbild des Tonteils:



      So sieht das Gerät von hinten aus, Baujahr 1979, läuft wie am ersten Tag :)



      und so von vorne

      Achim
      Hallo Achim.
      Dazu auch was.
      Lies mal das.

      http://www.radiomuseum.org/forum/gepolte_elkos_am_hochton.html

      Dort findest Du, dass der Elko bis zu 2 Volt umgepolt werden kann, danach zieht er Strom und wird zur Z- Diode.
      er liegt ja parallel zum E- Widerstand der Vorstufe in der Endstufe, die soll aber den Ausgang auf UB 1/2 einstellen, dass der Ausgang eine Wechselspannung +/- Swing abgeben kann. Wenn nun der Elko "spinnt" verschiebt er die Mitte der Powerstage und es verzerrt

      hans
      Hallo Hans,

      stimmt, das passt schon alles ins Bild. Verzerrungen durch die Verschiebung und eine Reduzierung der Lautstärke, da die Verstärkung bei zu kleiner Kapazität des (geschädigten) Emitterkondensators sinkt.
      Irgendwie hat die Sache sich möglicherweise zwischenzeitlich wieder "erholt".

      Bekommen wir denn eine Spannung von >2V über dem Emitterwiderstand = 220R? Der Basisspannungsteiler ist rund 9,1 KOhm : 655 Ohm, die UC ca. 22V



      Zuviel Rechnerei bei 34 °C... ;)
      Achim
      Weil man jetzt die Werte lesen kann.

      Am Em. von T2 sollen liegen, an den 220 Ohm 0,87 Volt

      Die Mittenspannung ist 44/2 also 22V. Der Gesamte Basisteiler teilt 1/14,8.
      Wenn man die 0,87 V wegnimmt, muss die Mitte am Ausgang 14,8 mal 0,87 V = 12,87 Volt nachschieben.
      Das ist ausreichend. Von 22 um 12,86 Rest 9,124 Volt

      Oder anders, jeder Fehler in mV am T2 Em. wird 14.8 mal grösser am Ausgang und verschiebt die Mitte dort um den Betrag.

      Bei einem 100uF Elko kann das schon wirken, dass die Mitte des Ausgangs so weit weit verschoben wird.
      Die Werte im RMorg. von mir aus den Büchern, müssen ja nicht immer stímmen. Es ist ja ein Misteffekt.

      EDIT: eiserne Regel: hast oder haben Sie die Mittenspannung gemessen?
      ;)
      hans
      Hallo Hans,
      hallo Ulrich,

      vielen Dank an Euch für den Service!

      Neulich habe ich mir den gesamten Cadence 16.3 Krempel installiert, aber noch nicht die Ruhe gehabt, mich einzuarbeiten.

      Das Elko-Problem wird sich in einem Grenzbereich abgespielt haben, der Kondensator wurde ja auch nicht vollkommen zerstört, hat keine dicken Backen und die Kapazität ist noch vorhanden.
      Möglicherweise hat sich je nach vorheriger Ruhezeit bzw. je nach Aussteuerung zeitweise ein kritischer Zustand eingestellt.

      Mit der Endstufe gab es übrigens schon einmal ein Problem - der 2200µ Auskoppelelko hatte Schluss, was den Tod des Tiefmitteltöners zur Folge hatte.
      Achim
      nightbear postete
      ...der 2200µ Auskoppelelko hatte Schluss, was den Tod des Tiefmitteltöners zur Folge hatte.
      Interessanter Fall, den ihr hier diskutiert habt !

      Achims letzte Worte zeichnen auch sehr häufig für die Grablegung der guten Philips 800 Ohm Lautsprecher in den transformatorlosen Endstufen der Röhrenradios verantwortlich.

      Deshalb, wer immer eines dieser edlen Schätzchen bekommt und reparieren möchte: ERST den/die Auskoppelelko wechseln, DANN das Radio einschalten.

      Gruß, Dieter
      Hallo Dieter.
      Um das auch fuer jeden verstaendlich zu machen.

      Im Fall Achim, steht am 2200uF +22V gegen Masse (über den Lspr.)
      Bricht der Elko durch, stehen nicht nur die 22Volt an. (die nicht zusammenbrechen) weil die Mitkopplung oder Gegenkopplung je nachdem von wo man das betrachtet, schiebt den T5 nach 44Volt hin, weil die Regelung trotzt Kurzschluss oder eben 4-8ohm, die 22Volt herstellen bzw.einhalten will.

      Ich hoffe es ist klar ausgedrueckt.

      hans
      Umso weniger Restlebenszeit verbleibt dem Lautsprecher :(

      Bei Endstufen mit galvanischer Kopplung der Lautsprecher finden sich ja häufig el. Schutzschaltungen, die den Mittelpunkt auf DC überwachen, falls mal ein Endstufentransistor ausfällt.
      Mir fällt aber kein Beispiel für so eine Schutzschaltung bei einem Gerät mit Koppelkondensator ein, wo das ja auch sinnvoll wäre, den Lsp.-Ausgang zu überwachen für den Fall eines ausgefallenen Koppelelkos.
      Achim
      Hallo allerseits,

      der oben beschriebene Tonfehler - das nur als Nachtrag - ist nie wieder aufgetreten. Demnach war die Ursache definitiv der von mir verpolt eingebaute Emitterelko.

      Der Fernseher läuft ja seit 1979 (täglich) klaglos und vollkommen einwandfrei, wie es sich gehört.
      Heute allerdings änderte sich während des Betriebs plötzlich und ohne Vorankündigung der Farbton (im SW-Betrieb) von einem neutralen grau auf eine Art Chamois.



      Auch der Laie sieht, dass hier Blau fehlt bzw. zu schwach ist.

      Nun hoffe ich, dass es nichts Ernstes ist, obwohl der Hauptdarsteller recht besorgt dreinschaut ;)
      Achim
      So etwas lässt mir natürlich keine Ruhe!
      Ich habe schließlich keine Lust, mir im Leben noch ein zweites Mal einen Fernseher zu kaufen.

      Also habe ich die Spannungen an der Bildröhre nachgemessen. Das ist das System 20AX, bei dem noch jedes G2 einen eigenen Einstellregler hat.



      Man sieht die 3 parallelgeschalteten Einstellregler, die zwischen Ub (160V) und dem mit D589 gleichgerichteten Zeilenimpuls (700V) liegen.

      Die UG2 für rot und grün lag bei Mittenstellung des Reglers bei etwa 510V, bei blau lag sie bei 450V. Da stimmte also etwas nicht. Am Anschlag des Reglers kam man auf knapp 500V, das Bild war dann schon fast wieder normal. Allerdings sank die 700V Spannung deutlich ab, wenn es Richtung Anschlag ging. Derselbe Effekt trat auch bei abgezogenem Verbindungsstecker zur Bildröhre ST383 auf, so dass der Fehler im Bereich der Trimmpotis liegen musste.

      Sofort wurde die Baugruppe mit den 3 Trimmpotis ausgebaut. Die Messung der einzelnen Trimmer mit dem Ohmmeter ergab die korrekten Werte von je 1 MOhm. Ein Blick auf die Grundplatte machte mich allerdings stutzig:



      Irgendeine Verschmutzung schien hier am Werk zu sein. Der Eindruck bestätigte sich bei der Untersuchung der Unterseite:



      Um es vorweg zu nehmen - ich weiss nicht, was hier passiert ist. Flüssigkeit ist nicht ins Gerät gelangt, Elektrolyt ist auch nirgends ausgetreten, zumindest in den letzten 7 Jahren nicht, es kann nur eine Altlast sein, die durch chemische Prozesse erst jetzt wirksam wurde.

      Selbst nach einer ersten Reinigung zeigten sich noch Verschmutzungen (eher schwärzlich) zwischen den Anschlüssen des Blau-UG2-Reglers.

      Wahrscheinlich waren nur diese Verschmutzungen der Grund, da sie genau zwischen dem Schleifer und dem kalten Ende des Blautrimmers liegen!



      Nachdem alles gesäubert war, wurde die Reglerplatte wieder eingebaut:



      So, Gerät eingeschaltet (hier die beheizten Kathoden der A66 510X, die sich einmal mehr als unverwüstlich erwiesen hat) Da wurde eben noch mit Gleichspannung geheizt :)



      und der Grauton stimmt wieder bei identischer Position der UG2 Regler in der Mitte. (Nach Abgleichanleitung wird die Vertikalablenkung ausgeschaltet und mit den Reglern ein gerade sichtbarer grauer Strich eingestellt.

      Und schon klappt es wieder mit dem Blau...



      Bei der Gelegenheit habe ich noch den RGB-Endverstärker gereinigt und überarbeitet. Vorher:



      und nachher



      Gegen die mit den Jahren fortschreitnde Durchkarbonisierung des Basismaterials an den besonders hitzebelasteten Stellen ist leider kein Kraut gewachsen (außer neue Platinen zu ätzen).

      Achim
      Nee - kein Weihnachtsbaum, keine Blumenvase alles steht schön trocken. Natürlich könnte sich vor Jahren beim Renovieren oder beim Putzen ein Tropfen verirrt haben und die chemische Reaktion bis sich genug leitfähiges Material gebildet hat, dauerte so lange...
      Staub spielt ja auch immer eine Rolle.

      Hier dürfte die Kriechstrecke gewesen sein. Typisch wieder einmal, dass sich der (hochohmige) Übergangswiderstand bei der Überprüfung mit dem Röhrenohmmeter nicht zeigte; er trat nur bei Anliegen der Betriebsspannung auf!

      Achim
      Hallo Gerrit,

      das hast Du gut beobachtet! Das ist eine abgesägte Nachrüstbausteinträgerplatte, die eigentlich fürs Chassis 714A und folgende gedacht war.

      Auf diese Trägerplatten konnte man FBAS-Adapter, Ton-ZF-Bausteine und SECAM oder NTSC Farbteile bestücken.

      Weil ich hier nur FBAS und AV-Ton brauchte hab ich die Platine gekürzt und nur angeschlossen, was für FBAS und Ton gebraucht wird und nur den AV-Baustein bestückt. Er ist so eingebaut, dass man durch eine Bohrung in der Rückwand den 6-Pol Dinstecker anschließen kann.

      Der Fernseher hatte auch mal SECAM und NTSC nachgerüstet, das habe ich alles wieder ausgebaut, weil es heute (leider) überflüssig ist. Einen Stereo-Nachrüstbaustein habe ich auch noch, der flog auch wieder raus, wel der TV seit Jahrzehnten am SAT-Receiver hängt.

      Die RGB Endstufe des 712er hatte ja noch BF311 oder so mit Kupferkühlkörpern. Da ging es nicht so heiß her. Diese BF3xyz im runden Metallgehäuse hatten auch viel dünnere Anschlussdrähte, so dass gar nicht so viel Wärme an die Lötstellen und das Basismaterial gelangte.
      Ich habe aber noch Ersatzbausteine gehortet, ebenso wie 2 original Telefunken A66 510X Bildröhren - eine mit ein paar Zig Betriebsstunden, die andere noch originalverpackt. Die kostete damals um die 800 DM.
      Ich konnte ja nicht ahnen, dass man diese Röhren nicht totkriegt ;)

      Nachtrag:
      Es gab beim oben genannten RGB-Baustein noch einmal Ärger. Der in der 205V- Versorgungsspannung der RGB Endstufen liegende Widerstand war verbrannt.
      Ursache war ein durchgeschlagener Keramikkondensator:



      Nach Ersatz durch einen ausreichend spannungsfesten KerKo und Austausch des Widerstandes funktionierte das Gerät wieder einwandfrei.

      Offenbar kommen auch so manche Bauteile des Telefunken Chassis 712A so langsam in die Jahre, nach 35 Jahren sollte man da nachsichtig sein.
      Achim
      Dieser schöne Fernseher feiert nun bald seinen 40.Geburtstag. Die Bildqualität ist noch wie am ersten Tag und er ist täglich im Einsatz.

      Allerdings fiel gestern die Farbe Blau erneut aus. Nun hatte ich einen Fehler in der G2 Einstellung für Blau schon vor 5 Jahren behoben, der RGB-Baustein ist auch unlängst überholt und nachgelötet worden. Da wird doch nicht doch noch die Bildröhre den Dienst quittieren?

      Die Messungen zeigten, dass die G2 Spannung einwandfrei regelbar ist. Aber an der Blaukathode ist die Spannung zu hoch. Nach dem Abziehen des RGB-Kabels sind die Kathodenspannungen aber in etwa gleich, legt man die Kathoden einzeln auf Masse, zeigen sich satte rote, grüne und blaue Raster. Die Bildröhre ist also noch fit.
      Damit war der Fehler in der Ansteuerung zu suchen. Die Verstärkerschaltungen sind vom Treiber (TDA2160) über die Endstufentransistoren bis zur Kathode galvanisch gekoppelt. Hier kann also überall der Fehler sein. Aus Faulheit habe ich den RGB Endstufenbaustein gegen einen funktionierenden getauscht - keine Änderung.
      Damit stand das TDA2160 als Ursache fest. Es war in Kombination mit dem TDA2140 der Nachfolger des Trios TBA520 TBA530 TBA540 und sorgte auch damals schon für manchen Werkstattbesuch bei diesen Geräten.



      Irgendwann habe ich es früher schon auf eine Steckfassung gesetzt,möglich, dass es schon einmal ausgefallen ist. Ich habe nun Ersatz bestellt.
      Hier noch der Ausschnitt im Schaltbild:


      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      Hallo Achim,

      sei froh, so ein IC ist doch Kleinkram. Das eigentliche Wunder an deinem Gerät ist die immer noch gute Bildröhre, denn Telefunken-Farbbildröhren waren für ihre kurze Lebensdauer ja berühmt-berüchtigt.

      Du wirst allerdings zugeben, dass dein Telefunken gar nicht sooo alt ist. Hier sein Ur-Urgroßvater, Telefunken 718T mit Chassis 708. (Übrigens nicht mehr mit der originalen TFK-Röhre, sondern mit Valvo-Ersatz, denn die TFK-A63-11X war mausetot., die habe ich in den späten 90ern entsorgt) Naja, und auch der 718T ist gar nicht sooo uralt, denn er ist genauso alt wie ich, Jahrgang 1968, und es wird ja keiner behaupten wollen, dass ich uralt bin, oder?

      Gruß
      Stefan
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      Hallo Stefan,

      es folgen noch verschiedene Dokumentationen zu diesem Chassis, sobald etwas Zeit ist.

      Auf dem Hor.-Baustein gibt es 2 axiale Elkos von Frolyt, 1 x 10µF und 1 x 47µF. Die sind 100% original!
      Beide sind im Schaltbild bzw. in der Stückliste als "glatt" gekennzeichnet. Für die glatte Anode gab es sicherlich Gründe. Möglich, dass Ende der 70er nicht mehr viele Anbieter glatte Elkos im Angebot hatten, da hat man sich in der DDR eingedeckt.

      Diese beiden Elkos habe ich schon 3 Mal (etwa alle 10 Jahre) ausgebaut und gemessen, da ich sicher war, sie müssten in der Hitze stark gealtert sein. Aber sie sind bis heute in absolut einwandfreiem Zustand, die Kapazität etwa 20% über dem Nennwert.
      Achim
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