Bildröhre richtig entladen

      Hallo Julian,

      das Entladen einer Bildröhre, also die "Vernichtung" der Ladung des Kondensators, den die Bildröhre mit ihrer leitfähigen Innenbeschichtung und dem meist aus Graphit bestehenden Außenbelag des Kolbens (Aquadag) und dem Glas als Dielektrikum bildet, ist im Rahmen vieler Reparaturarbeiten nicht erforderlich, muss aber geschehen, wenn eine Bildrühre ausgebaut werden soll oder wenn an der Anodenspannungszuleitung, dem Anodenspannungsstecker oder dem Anodenspannungsgleichrichter (Röhre DYxx oder Selenstab bei SW-Geräten, Röhre GY501 oder Kaskade oder Diodensplittrafo bei Farbgeräten) bzw. deren Steckfassungen gearbeitet werden soll.
      Auch bei Ersatz von Zeilentransormatoren bei Geräten mit Röhren-Hochspannungsventil ist es erforderlich, da die Heizspannung dieser Röhren meist durch einige Windungen um den Kern des Zeilentrafos gewonnen wird, die abgewickelt werden müssen und ebenfalls am Anodenpotential der Bildröhre liegen.

      Wie ist zu verfahren?

      Zunächst ist das Gerät abzuschalten und gegen versehentliches Einschalten zu sichern -> Netzstecker ziehen.

      Dann wird der Anodenstecker vom Steckkontakt an der Bildröhre abgenommen. Dies geschieht in der Regel durch Ausklinken der Krallen nach den Seiten, oder bei manchen Steckern durch Ziehen. Man sollte wissen, was man vor sich hat, sonst sind Beschädigungen der Bildröhre bzw. von deren Anodenbuchse möglich.
      Das Prozedere sollte man an einem ungefährlichen Objekt üben oder sich zeigen lassen.
      Der Anodenstecker wird nun an der Isolierung oder an der Zuleitung festgehalten und zunächst wird Kontakt des Steckers mit dem Chassis hergestellt um Restladungen aus der Kaskade und anderen Bauteilen abzubauen.
      Findet sich eine geeignete Bohrung, kann man den Stecker an Masse gesteckt lassen.

      Nun das Entladen der Röhre selbst: Man benötigt eine stabile Messleiitung mit guter Isolation, An ein Ende kann man eine Krokoklemme (stabile Ausführung, wie das große Modell von Hirschmann) stecken, dieses Ende wird, wie auf dem Bild aus Thorbens Thread zu sehen, an die Spanndrähte (manchmal auch blanke Litze), die über die Bildröhrenrückseite laufen, angeklemmt.

      Am anderen Ende muss nun noch der Entladewiderstand angebracht werden. Gesamtwert ca. 50 KOhm. Es kommen entsprechend spannungsfeste Widerstände mit einer Belastbarkeit von 1-2 Watt in Frage, auch eine Reihenschaltung mehrerer Widerstände kann zur Erreichung der nötigen Spannungsfestigkeit verwendet werden. Das ganze kann man in ein Kunststoffrohr einbauen, vergießen und über eine 4 mm Buchse an die Messleitung anstecken. Am anderen Ende bildet der letzte Widerstand eine "Sonde".

      Die Anordnung nun zuerst mit der Röhrenverspannung verbinden, dann, sicher ist sicher, das Rohr am anderen Ende mit eine isolierten Zange greifen und in den Bildröhrensteckkontakt halten. In der Regel zeigt sich ein Funke, dessen Stärke von der noch vorhandenen Restladung abhängt.
      Es wird empfohlen, die Verbindung längere Zeit bestehen zu lassen (>15 min.), da der Abbau der Ladung nicht sofort vollständig erfolgt.
      Man kann an das bildröhrenseitige Ende des Entladewiderstandes auch einen alten Anodenstecker anlöten und ihn dann auf der Röhre stecken lassen.

      Nach Abschluss der Reparaturarbeiten wird die Entladevorrichtung entfernt und der Anodenstecker des Gerätes wieder aufgesteckt - das darf man nicht vergessen!

      Bei diesen Arbeiten ist der Hinweis angebracht, dass Laien diese Maßnahmen nicht durchführen dürfen, sondern sie qualifizierten Fachleuten überlassen sollten, da bei unsachgemäßer Ausführung Lebensgefahr besteht.

      Achim
      Danke Achim für den tollen Beitrag. Mir ist klar, dass eine solche Arbeit nicht von einem Leihen durchgeführt werden sollte. In meinem Fall handelt es sich nicht um einen Fernseher sonder eine Vectrex Konsole. Hier möchte ich gerne die Kondensatoren tauschen und die Audioleitung umlegen. Leider muss dazu die Röhre raus. In einer Bilderstrecke die ich zu diesen Reparaturen gefunden habe, wird gesagt, dass der Monitor 5,7kV haben kann und im Bild wird mit einem Schraubendreher entladen der einfach unter die Anodenkappe gesteckt wird. Ist dies, in Verbindung mit einem Widerstand auch eine Möglichkeit? Ich habe irgendwie Angst ordentliche eine gewischt zu bekommen wenn ich den Anodenstecker abziehe. Mein Vater meinte vorhin dazu, dass ich das Gerät einfach einen Tag lang stehen lassen sollte, aber das erscheint mir zu unsicher. Ich habe das besagte Bild mal auf den Forenserver geladen:


      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Hallo Julian,

      wie schnell sich die Röhre selbst entlädt hängt vom Innenwiderstand der Anodenspannungsquelle ab. Einen Tag zu warten ist sicher richtig, wieviel Ladung dann noch vorhanden ist, lässt sich nicht genau sagen.

      Allgemein ist es eine Möglichkeit, die Entladung bei gestecktem Anodenstecker vorzunehmen, wenn das Isoliermaterial des Steckers elastisch genug ist, um ohne allzugroße Kräfte einzusetzen bis zum eigentlichen Kontakt, der praktisch in der Mitte liegt, vorzudringen.
      So weit wie der Schraubendreher im Bild eingeschoben ist, reicht es jedenfalls nicht.

      Wichtig ist immer, die Verbindung zum Außenbelag zuerst herzustellen. Die im Bild gezeigten Schrott-China-Klemmen würde ich dabei auf keinen Fall verwenden, sie rutschen an runden Gegenständen ab und haben keine gescheite Kontaktierung.
      Geeignet sind Hirschmann AK2

      http://www.reichelt.de/?ACTION=3;ARTICLE=3975;PROVID=2402

      Ohne Entladewiderstand kann man natürlich auch entladen, die elektrischen Verbindungen innerhalb der Röhre werden dann stärker durch den Stromstoß belastet, eine Beschädigung der Röhre ist eher möglich.
      Achim