Frage zum Abgleich eines einfachen AM Bandfilters

      Hallo zusammen,

      ich weiß dass hier schon viel zum Abgleich geschrieben wurde, aber ich würde gerne noch etwas mehr in die Tiefe gehen, damit ich die Zusammenhänge zwischen C,I und dem mechanischen Aufbau eines AM BF besser verstehe. Ich bin Autodidakt was Elektrotechnik anbelangt, daher bitte ich um etwas Nachhilfe.

      Jetzt aber erst mal zu den Überlegungen:

      Der Hersteller hat das Bandfilter mechanisch und elektrisch konstruiert.
      Mechanisch gegeben ist der Spulenabstand Sa der beiden auf einem Rohr sitzenden Spulen. Weiterhin ist die Länge der Abgleichkerne l1 und l2 gegeben.
      Sa, l1 und l2 sind so gewählt, dass der Kopplungsgrad der Spulen bei der BBr von 9kHz kritisch ist.

      Ist das so richtig?


      Elektrisch sind die Induktivitäten L1 und L2 und die Kreiskapazitäten C1 und C2 gegeben.

      Szenario: Alles befindet sich im optimalen Zustand, und das Filter arbeitet bestimmungsgemäß. Das Filter ist so abgeglichen, dass das beide Kreise kritisch gekoppelt sind und sich eine BBr von 9 kHz bei der ZF von 460 kHz hat.

      Nach einer Laufzeit verliert C2 10% seiner Kapazität, der Innenwiderstand von C2 sinkt. Dadurch ist der BF verstimmt, die BBr wird größer, weil die Durchlasskurven der Kreise nun nebeneinander liegen, anstatt übereinander. Ist diese Überlegung richtig?

      Das Filter wird nun neu durch Veränderung der Induktivität abgeglichen, C2 bleibt aber im Filter. Die Induktivität muss, da C2 an Kapazität verloren hat, ansteigen. Also muss der Kern weiter eingedreht werden. Resultat: Kurven liegen wieder übereinander, aber die BBr des Filters ist nun geringer, als vom Konstrukteur vorgesehen, weil die Kopplung der Spulen nun eigentlich überkritisch ist. Ist diese Überlegung richtig?

      Wenn meine Überlegungen nicht ganz falsch sind dann könnte ein Filter zwar auf max abgeglichen sein, aber dennoch völlig fehlerhaft arbeiten. Vielleicht
      lassen sich die Kurven gar nicht mehr übereinander legen.
      Kann es sein, dass eine solche Verstimmung vorliegt, dass es den ZF Verstärker zum Schwingen bringen kann? Eigentlich dürfte dann auch der Empfang nur verzerrt wiedergegeben sein.

      Vielleicht hat jemand Lust zum Antworten. Danke jedenfalls schon mal fürs Lesen und Nachdenken.

      Grüße
      Geht nicht - gibt's doch!
      Hallo Albrecht,

      prinzipiell sind deine Überlegungen richtig. Nur wird in dem Falle wenn du das Filter mit der verringerten Kapazität nachstimmst und in den Bereich überkritischer Kopplung gerätst die Bandbreite größer. Dazu die folgenden Bildchen...



      An den Bildern sieht man sehr gut, wie sich die Filterkurven bei unterschiedlichen Kopplungen verändern. Und man erkennt auch die Problematik, welche bei überkritischer Kopplung auftritt und weshalb dabei besondere Abgleichmaßnahmen erforderlich sind.

      Bei zunehmend fester Kopplung (überkritisch) verstimmen sich die beiden Filterkreise gegenseitig und in der Mitte entsteht eine Mulde. Bei Filtern mit einstellbarem Kopplungsfaktor verringert man zunächst den Kopplungsfaktor, gleicht dann beide Kreise auf Maximum ab und erhöht schließlich die Kopplung entsprechend der Abgleichvorgaben.

      So kann man beispielsweise den eingestellten Kopplungsfaktor an seinem Output-Meter grob verfolgen - bei max Ausgangsspannung ist die Kopplung kritisch eingestellt - wird der Kopplungsfaktor soweit angezogen, dass die Ausgangsspannung auf 0,0707 des Anfangswertes angesunken ist, handelt es sich um den Spezialfall mit einer Welligkeit von 3dB, das ist der Fall mit max. Durchlassbandbreite (entspricht etwa der rechten Skizze).

      Ein Filter mit überkritischer Kopplung ohne einstellbaren Kopplungsfaktor lässt sich ohne Zusatzmaßnahmen nicht korrekt abgleichen, weil die Kreise sich gegenseitig verstimmen und zwei Maxima möglich sind. Dieses Problem löst man in der Weise, dass man den jeweils nicht abzugleichenden Kreis bedämpft - so kann man beide Kreise unabhägig voneinander auf max. Outputspannung einstellen und erhält als Resultat eine dem rechten Bild entsprechende Durchlasskurve mit einem dem Kopplungsfaktor entsprechenden Einbruch bei der Resonanzfrequenz. --- Dieses eben beschriebene Abgleichverfahren wäre in dem von dir konstruierten Fall einer durch Alterung eingetretenen Kapazitätsverringerung anzuwenden, bei welchem durch tieferes Eindrehen des Kernes die Kopplung überkritisch würde.

      Schön ist es, wenn man den Abgleich mit einem Wobbler verfolgen bzw. kontrollieren kann - da kann man auch die Symmetrie der Filterkurve sehr schön optimieren; das wäre besonders bei selbstgebauten Filtern von Vorteil. Bei Industriegeräten sind die Filter bereits optimal ausgelegt und man kann unter Beachtung der Abgleichanleitung (sofern man hat) davon ausgehen, dass man mit Signalgenerator und Outputmeter brauchbare Ergebnisse erzielt. Selbstverständlich müssen dabei die Filterspulen und die dazugehörenden Kreiskapazitäten in einwandfreiem Zustand sein.

      Jetzt noch zu deiner letzten Frage: Ein schlecht abgestimmter ZF-Verstärker zeigt grundsätzlich weniger Schwingneigung als ein gut abgeglichener - weil die Schwingneigung mit wachsender Verstärkung zunimmt.

      Ich hoffe dir ein wenig geholfen zu haben, bin aber gerne bereit weitere Fragen zu klären oder zu vertiefen, soweit ich selbst durchzublicken glaube.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Albrecht,

      Peter ist mir zuvorgekommen, ich möchte Dir aber meine Recherchen trotzdem nicht vorenthalten.
      Deine Fragen sind leider nicht eindeutig gestellt und somit schwer zu beantworten. Ich habe die entsprechende Fachlektüre herausgesucht die die Funktion u. Abstimmung der ZF genau beschreibt. Sie wird Dir und Anderen sicher weiterhelfen.
      Schau bitte nach unter http://www.fh-friedberg.de/fachbereiche/e2/telekom-labor/geissler/Labor/Versuch1_ZF_Verstaerker_neu.pdf

      Viele Grüsse
      Helmut
      SABANESE von 1954-1962.
      Hallo Peter, hallo Helmut,

      vielen Dank erstmal für Euere Mühe und euere Antworten. Genau sowas habe ich gesucht. Ich muss das jetzt erstmal richtig nachvollziehen. Mein Ziel ist dass ich immer mehr begreife warum man etwas macht und nicht nur dass man etwas macht.

      Ich werde versuchen die Verständnisfragen am Schluss von Helmuts pdf Dokument richtig zu beantworten. Bis dahin dauert es aber auch ein wenig.

      Grüße
      Geht nicht - gibt's doch!
      Hallo,

      ich habe mir einmal auf die Schnelle den gelinkten Laborversuch durchgelesen und habe da einige Unstimmigkeiten entdeckt.

      Zunächst kann die Schaltung so nicht arbeiten, weil der erste Transistor keine Bertiebsspannung erhält - es fehlt die Verbindung von Br.1/C5 zur Versorgungsspannung...

      dann muss die Überschrift 2.3.2 meines Erachtens - Maximaler Abgleich bei 'ü b e r'kritischer Kopplung - heißen...

      und die Angaben auf Seite 11 und 12 können bezüglich der Einstellung des Kopplungsfaktors mittels C8 und C13 wertemäßig nicht wirklich richtig sein...

      Sonst denke ich ist das ein ganz guter Versuch inclusive der recht verständlich gehaltenen Anleitung.

      Nachsatz: Die zum Abgleich eingesetzten Bedämpfungswiderstäde (1kOhm) sind auf grund der in dem Versuchsaufbau "niederohmig" ausgelegten Resonanzkreise, mit Kreiskapazitäten >1nF, nicht direkt auf die Röhrentechnik übertragbar. Dort sind Bedämpfungswiderstände 10kOhm bis 30kOhm zu bevorzugen, damit zum Abgleich noch eine ausreichende Restverstärkung verbleibt. Jedoch ändert sich dadurch nichts an dem in dem Versuch grundsätzlich beschriebenen Abgleichverfahren - es gilt aber doch die in diesem Beispiel vorhandenen Unterschiede zur Röhrentechnik zu beachten.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Nachtrag zu post001:

      Um das Gesagte noch ein wenig zu verdeutlichen sollen folgende Bildchen für Filter mit übereinander angeordneten Spulen auf einem gemeinsamen Körper dienen.



      Bild „a“ zeigt ein vorschriftsmäßig angeglichenes Bandfilter. Beide Kerne stehen im „äußeren Maximum“ in diesem Falle stehen die Kerne recht weit außeinander; so hat eine moderate Veränderung des Kernabstandes beim Abgleichen kaum einen Einfluss auf den Kopplungsfaktor.

      Bei Bild „b“ sind beide Spulen gleichfalls auf Resonanz abgeglichen „inneres Maximum“; jetzt stehen die Kerne aber wesentlich dichter zusammen. Das hat zur Folge, dass jetzt bei einem Filter mit ursprünglich leicht kritischer Kopplung nun eine deutlich überkritische Kopplung besteht; zusätzlich verändert sich diese beim Abgleich erheblich, entsprechend der jetzt starken relativen Abstandsänderung der Spulenkerne.

      In den Bildern „c“ und „d“ steht jeweils ein Kern im inneren- und einer im äußeren Maximum; auch in diesem Fall ist der vom Hersteller vorgesehene Kopplungsfaktor nicht mehr gegeben und auch hier beeinflußt bereits der Abgleich auf Resonanz gleichzeitig den Kopplungsfaktor.

      Das rot eingerahmte Bildchen könnte etwa dem von Albrecht konstruierten Fehlerfall entsprechen. Weil sich die Kapazität des oberen Filterkreises verringert hat, muss die Induktivität der Spule vergrößert werden; dies geschieht durch Hineindrehen des Abstimmkernes (Ferritkern). Durch das tiefere Eintauchen des Kernes verändert sich jetzt, bei der dargestellten Spulenanordnung, außer der Induktivität auch der Kopplunksfaktor merklich.

      Abschließend sei noch gesagt, dass bei üblichen Filtern der hier dargestellten Anordnung in der Regel auf das äußere Maximum abgeglichen wird – man dreht also im Zweifelsfall zwecks Abgleich die Kerne aus den Spulen heraus und gleicht dann durch hineindrehen der Kerne auf das erste Maximum ab.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Peter,

      vielen Dank dass Du Dir die Mühe gemacht hast diese ausführliche Darstellung hier zu posten.
      Du hast genau die Thematik dargestellt, die mich interessiert. Dein Kommentar zu Bild a ist die Antwort auf meine Frage. Der Abgleich soll also in erster Linie Induktiv erfolgen, und den Kopplungsfaktor wenig beeinflussen. Experimentell an dem 750er Telefunken habe ich schon festgestellt, dass es den Fall c und d gibt. An den Fall b habe ich noch gar nicht gedacht. Aber logisch dass es den auch geben kann. Wobei ich vermute, dass es mit der Kernposition zu ZF-Schwingungen kommen könnte.

      Vielen Dank auch für den letzten Tipp, das ist dann der gute Bezug von der Theorie zur Praxis.

      Grüße
      Geht nicht - gibt's doch!
      Noch etwas "Geheimwissen" der Hersteller von Koppelfiltern:

      http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/Filter-Kopplung.jpg

      Danke für das Bild.
      In der Regel sind die Koppelfilter so gedämpft, dass sie bei der
      geforderten Bandbreite kritisch gekoppelt sind.
      Man gleicht nach Vorschrift ab und alles ist gut.

      Für Stereoempfang beispielsweise benötigt man eine höhere Bandbreite.

      Ist eine höhere Bandbreite gewünscht, koppelt man dafür fester
      und dabei wird die Kopplung zwangsläufig überkritisch.

      Um nun wieder eine kritische Kopplung bei der gewünschten
      Bandbreite zu bekommen, dämpft man das Filter passend.

      Praktisch stellt man die Bandbreite an der Koppel-Stellschraube,
      bei Saba gibt es die, ein und dämpft mit einem Parallelwiderstand
      so, dass die Höcker eben verschwinden. Dabei hat dann der Durchlassbereich
      insgesamt den Pegel der Einsattelung bei überkritischer d.h. ungedämpfter
      Kopplung.

      Man muss den Wert des Widerstandes während des Wobbelns sorgfältig ausprüfen.
      Es ist übrigens gleichgültig auf welcher Seite man ihn anbringt, oder ob
      man ihn zu beiden Seiten hin aufteilt.

      Beim nächsten ZF-Abgleich mache ich Euch mal Bilder davon.

      LG
      old.
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