Imperial Hi-Fi 2200 Reparatur

      Hallo liebe Sabanesen,

      mein Schwiegervater möchte sich wieder seinem früheren Hobby (Schallplatten hören) widmen. Ich habe Ihn durch meine Saba´s auf die Idee gebracht seinen Tuner, einen Imperial Hi-Fi 2200, wieder zu reaktivieren. Nur müßte dieser einmal überholt werden, da bereits vor Jahren ein Boxenanschluss nicht mehr funktionierte und wer weiss, was sonst noch alles ausgetauscht werden muss. Die original Serviceanleitung liegt vor. Gibt es jemanden in der Nähe von Hamburg, der Spaß daran hätte, den Tuner wieder aufzumöbeln? Natürlich gegen einen Obolus.

      Grüße
      André
      Viele Grüße
      André

      www.madein-germany.de
      Hallo Reinhard, hallo SABA-Fans,

      spät (aber besser spät als nie) schreibe ich kurz meine Eindrücke. Reinhard hat den Imperial spitzenmäßig überholt! Das Gehäuse sieht aus wie neu und es hat wieder volle Funktion (es war eigentlich ein Totalschaden). Schwiegervater konnte ihn Ostern ausgiebig bei uns testen (habe DIN-Lautsprecherstecker und Antennenanschlussadapter noch vorher besorgt) und war begeistert. Sein Dual-Plattenspieler hat wohl schon eine neue Nadel, jetzt benötigt er nur noch ein paar neue Boxen und dann kann es losgehen.

      Im Namen meines Schwiegervaters möchte ich mich ganz herzlich bei Reinhard bedanken!

      Viele Grüße aus Hamburg
      André
      Viele Grüße
      André

      www.madein-germany.de
      Auf Wunsch hier die ausführliche Beschreibung:

      Technisch: Baujahr 1970
      Stereoreceiver in Si-Transistor-Technologie, UKW, LW, MW
      Pseudokomplementäre Endstufe mit Gegenkopplung
      Transistorisierter Stereodekoder mit Ring-Diodenmatrix-Dekodierung
      Sehr einfaches HF-Eingangsteil (Vorkreis + Mischkreis). Bei FM kein Drehkondensator sondern die Frequenzabstimmung geschieht über die Verschiebung von Spulenkernen im Frontend. Separater Drehkondensator für AM.
      Etwas aufwendigerer FM ZF-Verstärker mit ZF-Bandbreite (-3dB) von 110 kHz (gemessen "über alles", d.h. vom Mischteilausgang bis Ausgang Ratiodetektor).

      Was war defekt?

      - Ein Kanal/linke Endstufe tot und Sicherung defekt
      - Rechte Endstufe mit Brumm
      - AM Drehko "bombenfest"
      - Skalenbeleuchtung tot
      -abgerissene und gebrochene Knöpfe für AM und FM-Senderwahl
      -furniertes Holzgehäuse stark zerkratzt und mit Wasserflecken
      -Feldstärkeanzeige hängt fest
      -Spannungswahlplatine der Netzspannung gebrochen

      Dies wurde gemacht:

      1. Gerät gereinigt und 25 Kleinelkos sowie 4 mittelgrosse Elkos erneuert. Lötstellen nachgelötet.
      2. Ruhestrompotis gereinigt
      3. Endstufentransistoren und Dioden durchgemessen. Linker Kanal: 1 EndtransistorTransistor durchlegiert. Alle vier Endtransistoren erneuert. Lötstellen auf Endstufenmodul nachgelötet, Kleintransistoren im rechten Kanal und im Stereodekoder erneuert
      4. Schalter und Potis gereinigt, beide Knöpfe der beiden Senderabstimmungen ersetzt
      5. Skalenlampe erneuert und Feldstärkemessgerät instandgesetzt (abgefallener Permamagnet aufgrund gelöster Klebung)
      6. Bias und Offset der Endstufentransistoren nach Servicemanual abgeglichen
      7. Festgefressenen AM-Drehkondensator gängig gemacht und instandgesetzt
      8. AM- und FM Empfänger komplett am Mess-Sender abgeglichen (ZF-Abgleich und HF-Abgleich)
      9. Stereodekoder: Filterkondensatoren ergänzt und abgeglichen
      10. Beschädigte Lackierung vom Gehäuse geschliffen. Furnier feingeschliffen, aufgearbeitet und gewachst.
      11. Skalenlampe und Sicherungen ersetzt
      12. FM- und AM-Empfangs- und Audiomessungen, und Messung der FM-Stereokanaltrennung und Trägerunterdrückung
      13. Spannungswahlplatine mit 2-K Epoxykleber repariert
      14. Hörtests, Empfangstests

      Beobachtung:
      Das Gerät scheint mit den von mir verwendeten Kopfhörern (Impedanz?) am hochohmigen Kopfhörerausgang nicht kompatibel, da es bei diesem Anschluss über die Gegenkopplung der Endstufen bei Stereobetrieb, und nur dann, zu einer hörbaren und störenden Phasenverschiebung der Ausgangssignale zwischen beiden Kanälen kam. Bei KH-Anschluss am LS-Ausgang (das ist derselbe Ausgang, nur über andere zwischengeschaltete Widerstände) tritt das Problem nicht auf, sondern nur am KH-Ausgang. Zuerst hatte ich die Ursache im Stereodekoder vermutet, der war aber einwandfrei. Es muss durch Impedanzfehlanpassung und dadurch unterschiedliche Phasendrehung in der Gegenkopplung hervorgerufen werden. Ggf. sind die am KH-Ausgang vorhandenen Widerstände dieses Geräts (Baujahr 1970) in Verbindung mit der Impedanz meines KH auch die Ursache (Induktivitäten der Spannungsteiler-Widerstände?). Der KH-Ausgang ist dem LS-Ausgang über ein Widerstandsnetzwerk zugeschaltet und schaltet bei Einstöpseln die LS ab. Dies Problem konnte ich leider nicht lösen und habe weitere Nachforschungen schliesslich aufgegeben. Ausserdem hat der Endverstärker einen sehr hochohmigen Eingang und ist daher nicht gerade rauscharm. Auch das zeigt sich besonders bei bestimmten Kopfhörern. Bei Lautsprecheranschluss (4-8 Ohm) aber kein Rausch-Problem.

      Der Frequenzgang ist zwar noch gerade innerhalb DIN 45500, hat aber mit HiFi nach heutigem Standard noch nicht viel gemein. Auch die Phonoentzerrung ist eher eine "Pegelanpassung" als eine gute Linearisierung. So pingelig war man 1970 bei Imperial wohl noch nicht, abwohl sämtliche klangbestimmenden Kondensatoren im Klangregelnetzwerk und Phonoverstärker hochwertige Folientypen sind. Einen brettgeraden Frequenz-Amplitudengang macht dieser Imperial nicht. Vielmehr produziert er in der "Linear"-Stellung einen Kamelhöcker-Frequenzgang mit Minimum bei 1 kHz, das aber auf beiden Kanälen gleich.

      Verzerrungen (THD) bei UKW-Stereo betrugen nach Abgleich typisch 0,3% bei 60 dBu HF-Signalpegel, 7,5 kHz Pilotthub und 38,5 kHz Gesamthub, etwas besser als die Datenblattangabe.

      Im Verstärkerbetrieb war bei 1 W Leistung, ausreichend für sehr gehobene Zimmerlautstärke, der Klirrfaktor < 0,1% von 20 Hz bis 20 kHz und bei 10 W über den gesamten Frequenzbereich von 20Hz bis 20 kHz < 0,3%, bis 16 kHz bei < 0,2% THD.

      Die im Datenblatt angegebene max. Ausgangsleistung von 2x 15W schafft der Imperial, aber die Intermodulationsverzerrungen sind dabei zu stark, so dass praktisch die Grenze bei 10W Sinus pro Kanal an 4 Ohm ist (bei IMD <0,6% bei 250 Hz:8 KHz 4:1), immer noch mehr als genug für das Wohnzimmer.

      Um bei Phono über den eingebauten Entzerrer-Vorverstärker einen einigermassen linearen Frequenzgang zu erhalten, muss man den Höhenfilter einschalten, aber darf die Taste "Linear" nicht drücken. Bei "Linear" und ohne Höhenfilter fallen die Bässe zu früh ab. Ohne "Linear" (also Bass- und Höhenanhebung) sind die Bässe richtig aber die Höhenanhebung bei Phono ist um +7dB zu stark. Es war damals den Konstrukteuren "gut genug", wenn es "so einigermassen" hinkam.


      Diese Werte habe ich gemessen:

      Verstärkerteil (“Linear” gedrückt)

      Amplitudenfrequenzgang: 20Hz – 20 kHz +/- 1,5dB
      Bemerkung: Max. pos. Abweichung bei 200 Hz und bei 5 kHz, rel. Minimum bei 1 kHz

      Phasenfrequenzgang 20 Hz – 20 kHz +120° / -60°
      Ausgangsleistung an 4 Ohm: 2 x 15 W Sinus bei 1 kHz und < 0,25 % THD
      Ausgangsleistung an 8 Ohm: 2 x 12,5 W Sinus bei 1 kHz und < 0,25 % THD
      Klirrfaktor bei 14 W und 1 kHz an 4 Ohm: <0,2 % / <0,2% THD (li /re)
      Klirrfaktor bei 1 W und 1 kHz an 4 Ohm: 0,03 % / 0,02 % THD (li /re)
      Intermodulationsverzerrungen bei 10 W an 4 Ohm
      250 Hz : 8 kHz 4:1 SMPTE 0.60 % / 0,55 % (li /re)
      Intermodulationsverzerrungen bei 1 W an 4 Ohm
      250 Hz : 8 kHz 4:1 SMPTE 0.18 % / 0,14 % (li /re)

      Signal-Rauschabstand bei 15 W
      TB-Eingang 64 dB
      Signal-Rauschabstand bei 1 W
      TB-Eingang 60 dB
      Signal-Rauschabstand bei 50 mW
      TB-Eingang 50 dB

      “Linear” nicht gedrückt (physiologische Lautstärkeanpassung):
      bei 50 mW (1 W)
      20 Hz +20 dB (+12 dB)
      20 kHz +13 dB ( + 9 dB)

      “Intim” Taste: -16 dB Pegel-Absenkung

      FM (UKW) Empfangsteil

      Empfangsbereich (gemessen): 87,0-109,2 MHz

      Modulationshub 38 kHz mit 1 kHz Signal, Pilotton-Hub 7,5 kHz, bei Empfangsfrequenz 100,00 MHz, Verstärker auf “Linear”

      Stereo:
      Bei Antenneneingangsspannung von 1 mV:
      Signal-Rauschabstand Stereo (20 Hz – 15 kHz): > 60 dB
      Pilottonuntrdrückung 30/33 dB
      Hilfsträgerunterdrückung 37/40 dB
      Stereo-Übersprechdämpfung bei 1 kHz 40/40 dB

      So sah er anfänglich aus:



      und so nach der "Kur". Lack abgeschliffen (in Maser-Richtung). Furnier mit 800er Papier feingeschliffen. Behandlung mit reichlich Renuwell Möbel-Regenerator. 24 Stunden einziehen/trocknen lassen, dann mehrfache Behandlung mit Möbelwachs und nachpolieren. Schöner samtiger Glanz bei offenporiger Holzoberfläche:


      Bei der Überprüfung:


      Frequenzgang in Stellung "Linear" und Klangregler in Mittelstellung, beide Kanäle:


      Klirrfaktor bei 1W an 4 Ohm, beide Kanäle:


      Klirrfaktor bei 10W an 4 Ohm, beide Kanäle:


      Messung der ZF-Bandbreite nach ZF-Abgleich:


      Es freut mich, dass André und sein Schwiegervater mit dem Ergebnis zufrieden sind. Ein Gerät, das an anderen Massstäben als modernere Geräte zu messen ist und das sicher auch erheblichen Erinnerungswert bessitz. Es klingt übrigens auch nicht schlecht.

      Herzlichen Gruss aus dem Schwarzwald,
      Reinhard
      Hallo Dieter,

      egal ob es "nur" ein einfaches Kofferradio aus den End-Sechzigern ist oder eine 30 kg schwere "high-end" Endstufe, kann doch der Freizeitelektroniker, der damit nicht seine Brötchen verdienen muss, jedem Gerät die gleiche hohe Aufmerksamkeit schenken, da ja Hobby und daher der Zeitaufwand keine so grosse Rolle spielt.

      Es macht erst so richtig Freude, wenn man dabei gründlich ist, hinterher Befriedigung am Ergebnis findet und andere damit noch glücklich macht. Für mich ist es auch immer eine Lerneinheit. Jedesmal erfahre ich dabei etwas Neues und lerne dazu. Das ist ja auch der "Geist" dieses Forums. Ob das Gerät "standard" oder "exklusiv" ist, spielt vielleicht eher eine Rolle im gewerblichen Bereich (und die Rechnung wird sich wahrscheinlich auch daran orientieren), nämlich in dem Sinne, dass es sich für ein Standardgerät nicht "lohnen" würde. Aber nicht hier. Ich habe die Fotos auch deshalb hier mit eingestellt, um einen Eindruck zu vermitteln, dass diese Reparatur durchaus nicht un-anspruchsvoll war und das Ergebnis sehr entschädigt für die wirklich vielen Stunden. Man bekommt ja auch eine emotionale Bindung zum "Patienten" und dabei wächst der Anspruch, alles "bestmöglich" wieder herzurichten. Nur einen Endstufentransistor und eine Sicherung zu tauschen und die anderen Schwachstellen einfach zu ignorieren, wenn man es mit vertretbarem Aufwand doch richten könnte, geht dann gar nicht mehr. So sehe ich das und weiss, dass ich hier nicht allein mit dieser Sicht bin. :dance:

      Herzlichen Dank für Deine Anerkennung,

      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      mein Lob für deinen Reparaturbericht und das eingebundene Messprotokoll. Jetzt kann man sich schon Einiges unter dem Gerät vorstellen und es zudem qualitativ einordnen.

      Jetzt noch eine Frage: "Mit welchem 'Messequipment' hast du die Klirrfaktor- und Intermodulations- Werte ermittelt?"
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Peter,

      Ich verwende für die Signalerzeugung zur Messung an Empfängern einen Leader 3216 FM/AM Signalgenerator, der auch einen Stereocoder besitzt. Der Klirrfaktor dieses HF- Generators ist in Stereo < 0,1% (typisch < 0,05%) mit dem eingebauten NF-Generator, der wahlweise ein klirrarmes 400 Hz oder 1 KhZ Modulationssignal bereitstellt.

      Zur Messung am Verstärkerteil benutze ich derzeit als Signalquelle und Messgerät die Soundkarte ESI Juli@, die einen Eigenklirr von < 0,001 % hat sowie eine Eigenintermodulation von weniger als 0,002%. Der Rauschabstand ist > 110 dB. Der Frequenzgang, Amplitude und Phase ist brettgerade über den gesamten Messbereich von 5 Hz bis 45 kHz innerhalb von <0,01 dB bzw. <1°. Das NF-Signal vom Verstärker wird von einem 4 Ohm oder wahlweise (umaschaltbar) 8 Ohm 100W Leistungswiderstand auf einem grossen Aluminiumblock montiert, abgenommen, über einen Spannungsteiler auf den für den Soundkarteneingang verträgliches Mass von < 1 V eff heruntergeteilt und dem einen Kanal des Soundkarteneingangs zugeführt. Der andere Kanal erhält das abgezweigte Signal vom Soundkartenausgang, dass zur internen Kompensation vom Messsignal abgezogen wird. Die Software, die das ermöglicht, solche Messungen am Computer mit jeder "etwas besseren" Soundkarte zu machen heisst "ARTA". Es gibt auch andere (einfach mal googeln!). Man kann damit sehr schön die Frequenzanalyse auf den Schirm bekommen und bekommt den Klirrfaktor und Intermodulation dabei direkt numerisch angezeigt.

      Meine PC-Lösung ist aufgrund der notwendigen Masseverbindungen (wenn auch über einen 1 kOhm Widerstand) des DUT mit der Masse des Soundkarteneingangs allerdings nicht perfekt "brummfrei", ich erreiche damit "nur" einen Fremdspannungsabstand von bestenfalls ca. 95-100 dB, also 10-15 dB weniger, als die Soundkarte eigentlich "könnte".

      Multimeter und Oszillograph sind die anderen Arbeitswerkzeuge, sowie NF-Signalgenerator, True-RMS Millivoltmeter (Grundig MV-5) und Wobbelgenerator (den, nur wenn es sein muss).

      Herzlichen Gruss,
      Reinhard
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