SABA 9241 Rework

      Hallo Freunde,

      nachdem es hier gerade mit Receivern wieder rund geht, hat es mich auch in den Fingern gejuckt und ich habe einen noch ungeöffnet im Keller liegenden 9241 heraufgeholt und geöffnet.

      Das Gerät, äußerlich zwar noch recht adrett und komplett machte leider sofort durch einen penetranten Geruch auf sich aufmerksam - Eine Mischung aus kaltem Rauch, Kneipendunst, Italienischer Großküche und jeder Menge Bahnhofsviertelurinale.
      Nach dem Öffnen zeigte sich auch ein klebriger Schmutzfilm:



      Einen Funktionstest habe ich unterlassen, das hätte nur den Gestank gesteigert.
      Stattdessen wurde das Gerät sprichwörtlich bis auf die letzte Schraube zerlegt und darf jetzt schubweise ins Ultraschall-Spa.

      ICs, Filter, Relais etc. werden natürlich zuvor ausgelötet.
      Für den Schmutz heißt es jetzt "It`s go time!".

      Eine anschließende Sichtkontrolle der großen Grundplatte und der einzelnen Bausteine zeigte sogleich den Handlungsbedarf:

      1. Masselötstellen am Chassisrahmen, Lötstellen insbesondere an den Steckerleisten der Bausteine müssen nachgearbeitet werden.

      2. Bei 4 Trimmpotis klappte der Schleiferring grußlos nach hinten um -> Alle Trimmer werden ersetzt.

      3. Auch hier hat Saba ein Sammelsurium an Bauteilen speziell Elkos eingebaut. Während man bei den großen Siebkapazitäten noch auf Markenware gesetzt hat, sind alle anderen von recht zweifelhafter Herkunft. Leider sind im Signalweg etliche derartige Elkos, teilweise sind Tantalelkos verwendet worden, von denen wir aber auch wissen, dass sie in den 92xxern gerne Probleme machen. Ich werde hie zur Abwechslung alle (außer den Großen) ersetzen. Dabei kommen 105° Low ESR Elkos zum Einsatz, alles was kleiner gleich 4,7µ ist und im Signalweg liegt (bzw. Wärme ausgesetzt ist), wird durch radiale WIMA Kunststofffolienkondensatoren mit 5% Toleranz ersetzt.

      4. Die unzähligen schief und krumm sowie total verkantet eingebauten Teile müssen richtig positioniert und verlötet werden.
      Saba hat hier exrtrem lausig gearbeitet!

      Dann muss alles wieder von Null beginnend zusammengebaut werden. Ob dann noch Fehler auftreten, wird sich zeigen.Wenn Baugruppen fertig sind, werde ich sie zeigen und auf die Besonderheiten des Reworking hinweisen.

      Hier zunächst zur Veranschaulichung Beispiele von schludriger Bestückung:





      Und das sind noch nicht einmal die krassesten Beispiele. Häufig taucht der hochliegende Anschluss so minimal in die Bohrung ein, dass er gerade nur mit der Spitze an das Zinn heranreicht.
      Ich hasse solche Schludereien.

      Die erste Position nach der Korrektur:



      und der fertige Klangregelbaustein

      Achim
      Hallo Achim,
      Mal wieder super Arbeit. Ich freue mich schon auf die Bilder des fertigen Gerätes. Ich habe auch noch einen 9241 hier der Probleme macht, da muss ich auch irgendwann mal ran. Kannst du ein "bezahlbares" Ultraschallgerät für den Heimgebrauch empfehlen? Ich habe gehört das diese Billigteile von Lidl, Aldi und co. nicht gerade der Bringer seien sollen.

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Respekt, Achim, welche Arbeit Du Dir wieder mit dem Gerät machst!

      Bei den Elkos auf der NF-Grundplatte würde ich mir aber auch noch die 3300 uF des Endstufennetzteils genau unter die Lupe nehmen. Bei meinem 9241 waren die nämlich ziemlich "platt" (bei einem kam unten schon etwas "Soße" raus). Dazu muß ich gestehen, daß mein alter Recke bei etlichen Parties richtig ran musste, und mir auch einmal die Endstufen durch eine Bierdusche kaputt gegangen waren. Aber: alles repariert :)
      Der von Dir geschilderte Siff auf den Platinen lässt mich auch an den Einsatz in einer Kneipe denken, und daß er sicher nicht geschont wurde. Ich habe auf jeden Fall das komplette Endstufen-Netzteil neu bestückt, auch mit kräftigeren, schnelleren Dioden und etwas höherer Siebkapazität. - Nur so als Gedankenanstoß...

      Gruß, Gunnar
      Gruß, Gunnar
      Hallo Julian,

      das Ultraschallgerät, das ich benutze, ist ein 12 Liter Gerät aus Edelstahl. Ich nehme das sonst zu Reinigen von E-ATX Boards (erst eine Hälfte, dann rumdrehen) oder Notebookboards.
      Die 9240er Grundplatine passt da komplett rein.
      Anständige Geräte kosten um die 400 €. In Supermärkten gibt es wohl eher kleine Geräte fürs Gebiss, Schmuck oder Armbanduhren...

      Hallo Gunnar,

      mit den Elkos werde ich noch schauen, wenn des Gerät wieder läuft. Nachmessen kann man die hohen Kapazitäten ja nicht so gut.
      Die Originale passen mechanisch am besten, aber wenn sie nicht mehr fit sind, werden sie natürlich ersetzt.
      Wo das Gerät gestanden hat, wage ich mir gar nicht vorzustellen - dem Geruch nach in einem Puff im Keller, wo die Freier abwechselnd Bier und Billigsekt drübergeschüttet haben und vor dem Nachhauseweg schnell noch mal draufgep*$$#.

      Der üble Geruch ist aber nun endgültig Geschichte, wenn man die schlammbraungrüne Suppe aus dem Reiniger ablässt, weiss man warum ;)

      Die einzelnen Bausteine sind fast alle schon fertig, beim Reinigen geht auch die obere Schicht des Schutzlacks der Printsseite mit ab, daher haben alle Platinen eine neue Beschichtung bekommen, die trocknen muss.
      Dann gibt es Bilder der Bausteine.
      Achim
      Hallo Dieter,

      die haben wohl bei der Arbeit an alles gedacht, nur nicht ans Bestücken.

      Ich weiss gar nicht, ob es damals schon Bestückungsautomaten gab.
      Ein Fertigungsleiter, der seinen Job macht, hätte hier jedenfalls auf Abhilfe sinnen müssen.
      Ich vermute, dass die Bauteile, während die Platten über das Lötbad fuhren, nicht fixiert wurden. Es geht ja nur so: Entweder die Bauuteile müssen stramm in den Bohrungen sitzen oder sie müssen festgehalten werden.
      Bei anderen Herstellern saßen die Bauteile wie eine 1 auf den Platinen.
      Das war schon über viele Jahre eine Saba-Spezialität. Allerdings hatte Sony das auch eine Zeit lang.
      Achim
      Moin,

      dafür, dass das alles so plunderig bestückt wurde, funktioniert es dann doch 35 Jahre ganz vernünftig (meistens). Mein absoluter Favourit bei Deinen Fotos ist der R2249 auf dem ersten Detailbild. Da ist sogar eine Bohrungs daneben, wo man den Widerstand mit vernünftigen Abständen einbauen hätte können. :mauer:
      Gruß Käptn Pommes *Port. 2,50€*Ketchup/Majo -.50€*
      Hallo,

      und spannend ist auch das Sammelsurium an verscheidenen Widerständen. Da hat man wohl wieder einmal den Griff in die Reste-Kiste gewagt. Schon erstaunlich daß ein "Premium"- Hersteller (als den SABA sich ja verstand), hier aus X Quellen die Bauteile zusammensucht, und hofft, daß die Qualität dem Lieferversprechen entspricht.
      Mit irgendeiner ISO 9000 usw. hat das wenig zu tun. Aber wie der Käptn schon gepostet hat, es spricht für die sonstige Qualität und das Schaltungsdesign, daß die Geräte so gut funktionieren.

      Gruß, Gunnar
      Gruß, Gunnar
      Hallo,

      ja - wenn die Geräte laufen, laufen sie. Allerdings ist das Ganze nicht nur ein optisches Prolem.
      Manche Anschlussdrähte lösen sich , wenn man ein Wenig daran zieht. Zudem können extrem schief sitzende Bauteile Kontakt mit benachbarten Teilen bekommen. Auch sind die am tiefsten eingelöteten Drähte oft von oben mit keiner Messspitze mehr erreichbar.
      Bei Fernsehgeräten, die genau so bestückt waren, kam es auch im Betrieb zu Ausfällen, da durch die viel stärkere Wärmeentwicklung derart schwache Lötstellen schnell zerstört werden.

      Auch in den (End-)Kontrollen wird man damals jede Menge Platinen ausgesondert haben, die korrigiert werden mussten.

      Ich will die 92er aber deshalb nicht schlechtreden. Auch unter den Japanischen Spitzengeräten gab es solche mit Defiziten in der Verarbeitung.

      Hinzukommen dürfte, dass Saba zu dieser Zeit im Besitz der GTE war, denen ging es auch nicht so gut. Vermutlich war der finanzielle Spielraum für diese Projekte begrenzt. Man wollte - und musste - mit dieser erfolgreichen Serie Geld verdienen.
      Im Bereich der Bauteilbeschaffung wurde sicher nicht zwischen TV und HiFi unterschieden. Hier wurde eingekauft, was billig war und manchmal (Halbleiter) das verbaut, was GTE im Programm hatte.
      Achim
      Moving on...
      Die meisten Steckbausteine habe ich nun porentief gereinigt, die Bauteile ausgerichtet, Lötstellen nachgelötet, die meines Erachtens durch Alterung unsicheren Bauteile ersetzt und die Printseiten neu mit Lötlack lackiert.

      Es folgen nun die Bilder der einzelnen, schon fertiggestellten Bausteine. Das mache ich nicht (nur) weil sie so schön sauber und bunt sind sondern als eine Art Datenbank. Man kann auf den Fotos bei Bedarf eine Menge Informationen gewinnen:

      - Modulbezeichnung / Bestellnummer
      - Typenbezeichnungen der ICs
      - Werte farbkodierter Widerstände und Trimmpotis
      - Positionsnummern aller Art
      - Welche Elkos ersetzt wurden
      - Wo Wima Folienkondensatoren im Signalweg eingebaut wurden
      - Polung von Dioden und Elkos, wenn die Beschriftung nicht mehr lesbar ist
      - usw.

      Ich hoffe, diese Informationen können manchem, der es mit beschädigten Bausteinen oder verbrannten Widerständen zu tun hat, oder der nur die Kondensatoren / Trimmer tauschen will, von Nutzen sein.

      Linearbaustein (2 Stück)


      Impulsbaustein


      Bandpassbaustein


      Treiberbaustein (2 Stück)


      Filterbaustein


      Präsenzbaustein


      Flip-Flop Baustein (2 Stück)


      Relaisbaustein


      Monobaustein


      Abstimmbaustein


      Stereodecoderbaustein


      Phonovorverstärkerbaustein


      ZF-Baustein


      Netzteilbaustein


      Antenneneingang UKW


      AM-HF-Teil


      AM-ZF-Baustein


      Tiptastenbaustein


      Anzeigebaustein


      Endstufe (2 Stück)


      Zählerzusatzplatine


      Zählerbaustein


      UKW-Tuner


      Grundplatine (gross)


      Grundplatine (gross) Lötseite


      Einige fehlen noch und werden nachgeliefert.
      Achim
      Und heute war der nächste Schwung an der Reihe. Die Grundplatine Nr.2 (die kleinere) präsentierte sich ebenso versifft wie der Rest:



      Also ab damit für 10 Minuten in den Ultraschallreiniger, wo sich der Schmutz alsbald in die Flüssigkeit verzog:



      Dann erfolgte wie immer das Ersetzen der defekten bzw. unsicheren Bauteile.

      Ich habe auch hier wieder ganz bewusst darauf verzichtet, die alten Trimmpotis und Korea-Elkos neu zu befüllen, was ja angesichts des Alters dieser Geräte eigentlich Pflicht wäre - in anderen Foren wird das ja nicht so locker gesehen... ;)



      Schon sieht alles wieder sauber aus:

      Achim
      Christoph, das war jetzt mein Wochenende und heute eine verlängerte Mittagspause. Man kann da mehrere Sachen parallellaufen lassen also während einige Module in der Reinigung sind, werden andere nachgelötet bzw. revidiert. Das ist dann eine Fließbandarbeit...dauert gar nicht so lang. Ein wenig Übung und Routine beschleunigt die Sache natürlich auch :)
      Achim
      Schöne Arbeit.

      Mich würde in dem Zusammenhang mal interessieren, wie es an solchen Geräten im nachhinein zu den immer wieder zitierten kalten Löstellen kommen kann.

      Ich habe gelernt, daß eine Lötstelle entweder kalt ist, und das von Anfang an, oder eben nicht.

      Die Bauteile werden ja nicht mechanisch belastet und Betriebstemperaturen jenseits des Erweichungspunktes von Radiolot dürfte in einer normalen Betriebssituation auch nicht vorkommen.

      Was also passiert da genau?
      Gruß vom Bert
      Hallo Bert,

      das Entstehen schadhafter Lötstellen, die Du meinst und die während der Lebensdauer eines Gerätes entstehen, wird zunächst einmal begünstigt durch

      - minderwertiges Lot
      - zu sparsamen Lotauftrag bei der Fertigung
      - suboptimale Löttemperatur bei der Fertigung


      Dann gibt es folgende Faktoren, die eine zuerst intakte Lötstelle zerstören:

      1.) Wärme - das gibt es auch in der HiFi Technik bei Leistungshalbleitern, stark belaststen Widerständen, Spannungsreglern sowie in geschlossenen Baugruppen wie z.B. Zählerbausteine der Saba Tuner und Receiver. Hier muss nicht der Schmelzpunkt erreicht werden.

      2.) Stromfluss - höhere Ströme, wie sie in Leistungsstufen auftreten

      3.) mechanische Belastungen - z.B. bei Printanschlussbuchsen durch häufiges Stecken

      Der Schwachpunkt des Lotes ist wohl nicht das Blei sondern das Zinn. Auch auf Kaminsimsen stehende Zinnteller bekommen, obwohl es dort gar nicht unbedingt so warm ist, Zinnpest.
      Achim
      Tja, die Theorie der kalten Lötstelle:

      Mein Lehrmeister aus dem Radio- und Fernsehgeschäft hat mir in den 70ern beigebracht:

      1. Wie Bert schon sagte, erweichen Lötstellen in thermisch hochbeanspruchten Gebieten, oxydieren und verlieren den elektrischen Kontakt. Zu finden in FS-Geräten und Baugruppen mit hoher Hitzeentwicklung.

      2. Lötstellen, die von Haus aus schlecht durchgeführt wurden (Lötstelle zu kalt, zu wenig Lötzinn, teiloxydierte Drähtchen oder Lötaugen, Bewegung während des Erstarrungsvorgangs etc.) werden mit der Zeit durch die sauere Luft und sonstige Umwelteinflüsse weiter unterwandert und negieren ebenfalls den Kontakt. Dies sind eigentlich die Hauptgründe (glaube ich).

      Gruß, Dieter

      Edit: Achim war schneller, packt einfach alles zusammen !!
      Hallo Dieter,

      ich sehe, da sind wir uns einig :)

      Ich spreche daher auch gerne von defekten Lötstellen und nicht von kalten Lötstellen, da letztere eigentlich als solche definiert sind, die mit zu geringer Temperatur ausgeführt wurden, so dass an den Grenzschichten zwischen Lot und Metall keine Legierung erfolgt ist.
      Achim
      Also quasi nur ein mechanischer oberflächlicher Kontakt wie bei einer formschlüssigen Verbindung, der dann aber durch Korrosion oder Oxidation an der Oberfläche "failed".
      (Könnte ich mir wie ein in einen Lötpunkt eingegossenes Alu-Drähtchen vorstellen, daß zwar erst mal durch das umschließende Lötzinn elektrischen Kontakt hat, aber nicht wirklich an der Oberfläche mit dem Lot legiert ist.)


      Wenn da aber Oxidation eingetreten ist, dürfte das Nachlöten doch auch nicht von Erfolg gekrönt sein?
      Gruß vom Bert