Telewatt VS-110

      Hallo Bernd,

      um da eine Logik hereinzubringen, sollte man vielleicht zuerst ganz allgemein einiges bedenken:

      Die Firma Braun baute Geräte mit einem perfekten Design, wobei als Nebenbedingung erfüllt sein musste, dass Töne aus den Geräten kommen.

      Das Design von Dieter Rams ist eine absolute Meisterleistung. Es ist funktional, modern, völlig zeitlos und schön!
      Nicht umsonst bedient sich heute noch Apple an seinen Ideen.
      Die Braun HiFi Geräte standen damals bei Architekten, Ärzten, Juristen und trendbewusten Hipstern in der Wohnung, wo sie zu einer modernen Inneneinrichtung der 60er und 70er Jahre perfekt passten.
      All diese Leute waren keine HiFi-Fachleute und Braun machte keine großen Anstrengungen, die Technik zu perfektionieren. Man hatte auch gar keinen Greund dazu, die Geräte verkauften sich auch so gut. Nach der Übernahme durch Gillette (!), wurde es noch schlimmer.

      Umgekehrt lief es etwa oft bei Grundig, wo sich hinter einem meist unspektakulären Design ausgereifte und leistungsfähige Technik verbarg.
      Grundig Technik im Braun Design - das hätte gerockt!

      In einem neulich hier verlinkten Interview mit Reinhard Wieschhoff

      http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3983 Post 001

      plaudert dieser sehr aufschlussreich über Klein und Hummel.
      Das waren zwei Inhaber, Herr Klein war der Kaufmann und hatte die Daumen auf den Budgets, Herr Hummel war der Technikenthusiast, der am liebsten nur High End gebaut hätte.

      Herr Hummel setzte sich aber leider nur ab und an durch, so etwa beim FM2002 von Herrn Wieschhoff.
      In vielen Fällen determinierte das kaufmännische Kalkül die Entscheidungen und die Produkte waren entsprechend technische Kompromisse.

      Dieser Konflikt spielte sich ja bei den meisten Herstellern in irgendeiner Form ab, nur bei K&H ist es so schön klischeehaft ;)

      Wenn die Vermutung von Eberhard zutrifft, dass für die Endstufen des VS110 mit EL503 und die Modelle mit EL36 / EL500 derselbe Ausgangsübertrager zum Einsatz kommt, drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier ein Kompromiss zugunsten der Ökonomie gemacht wurde. Möglicherweise waren noch große Stückzahlen der EL36 Trafos am Lager, da hat Herr Hummel, als es um die Fertigung eines eigenen, optimalen AÜs für die EL503 ging, gleich abgewinkt.

      Man muss bedenken, gute Ausgangsübertrager sind teuer!

      All diese Askekte könnten erklären, warum wir heute bei manchen Geräten suboptimale technische Daten oder einen enttäuschenden Klang feststellen.

      Neben diesen "weichen" Faktoren muss man allerdings auch die "harten" Details der knkreten Schaltungen untersuchen.
      Achim
      Hallo miteinander,
      habe soeben noch einmal das Fräulein vom Suchdienst bemüht und gefunden, wo die Identität der Übertrager von VS71 und VS110 beschrieben wurde:
      http://forum.frihu.com/read.php?8,5883,page=5
      und
      http://forum.frihu.com/read.php?8,5883,page=6

      Schon interessant, zumal der VS71 auch als klanglich sehr gut beleumundet ist.
      Zum Braun CSV13: der kommt in manchen Diskussionen und auch bei tube-classics sehr schlecht weg, aber wenn man mal genau liest, worauf sich die Kritik bezieht, scheint mir das etwas fragwürdig. Zum Beispiel wird geschimpft, daß die Physiologie immer aktiv ist, dabei kann man ihre Wirkung mit der kanalgetrennten Pegeleinstellung ("Balance" genannt) einstellen. Will man auch dies nicht, ist es unproblematisch, die Beschaltung an den Anzapfungen des Volume-Potis abzulöten.
      Weiter heißt es, die Phono-Entzerrung sei mies; dabei ist sie lediglich nach CCIR ausgelegt, so wie auch bei z.B. dem Grundig SV40. In meinen Augen nicht soo sehr ein Problem.

      Mein CSV13 aus der Bucht sah wirklich schlimm aus: Frontplatte und Knöpfe fehlten, die DIN-Eingangsbuchsen waren extrem dilettantisch gegen billigste Cinch-Bu. ersetzt worden, vom Gehäuse ganz zu schweigen (Rost etc.).
      Aber: langsames Anfahren mit dem Stelltrafo hat das Teil zu einwandfreier Funktion gebracht. Keine ausgelaufenen Netzteilelkos, defekte Übertrager o.ä. unschöne Dinge. Nach Austausch von nur vier verdächtig aussehenden ERO100-Papier-C´s hat der CSV 13 den Rogers-Cadet (ECL86 Gegentakt) eines Bekannten klanglich locker in die Tasche gesteckt - zumindest an seinen Tannoy-Boxen.
      Trotzdem stimme ich mit Achim überein, daß die allermeisten Braun-Geräte besser mit Grundig-Technik bestückt wären (wäre auch mal ein nettes Ferien-Projekt, wenn auch ein Sakrileg für alle Braun-Fans).

      Viele Grüße
      Eberhard
      Viele Grüße
      Eberhard
      Hallo die Runde.

      Weil hier so viele Meinungen zu lesen sind, kann ich meine auch einstellen.
      Vor Jahren habe ich fuer einen SABA K&H Fan einen VS110 gemessen und beurteilt.
      Der Fan war mit dem VS110 nicht zufrieden, weder mit dem Ohr noch mit seinen hochwertigen Messmitteln.
      Er wollte dazu meine Meinung hoeren.
      Ohne Kommentar stelle ich die Unterlagen hier ein.

      Beachtet die original Datenkurven.
      Beide Kanaele sind stark abweichend voneinander.

      http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/SABA%20V110.pdf

      hans
      Hallo Hans,

      Deine unbestechlichen Messungen und Beobachtungen bestätigen in der Tat den zuvor aufgekeimten Verdacht.
      Der VS 110 ist kein großer Wurf, eher ein halbherziger Schnellschuss.

      Erschwerend kommt hinzu, dass damals wie heute 16 Ohm Lautsprecher in Deutschland die Ausnahme waren.
      Möglicherweise hätte man in einem Nachfolgemodell einen besser geeigneten und höherwertigen AÜ gewählt, aber dazu kam es nicht mehr.

      Ist der AÜ eigentlich in Zweikammertechnik gebaut? Durch die Abschirmkappen sieht man das nie.

      Die Moral von der Geschicht: Don´t believe the hype.
      Achim
      Klarer Fall, Hans - dann werden wir die beiden AÜs nicht, wie im Zitat in Post 056 vorgeschlagen, in GOLD aufwiegen - und beim derzeitigen Goldkurs erst recht nicht ;)

      Edit: Sehe gerade, im zweiten Link von Eberhard ist ein Trafo mit abgenommener Abschirmung zu sehen - KEINE zwei Kammern.

      Wo wir gerade dabei sind, gab es von den einschlägigen Deutschen HiFi Herstellern Röhrenverstärker, denen Du eine wirklich gute Note gibst?
      Achim
      Hallo,
      ich habe meinen VS110 damals aus dem Verkehr gezogen, da er mit meinen damaligen Boxen von KEF nicht sonderlich harmonierte. Der Bassbereich war schwammig, ohne Substanz. Es waren Welten zwischen der Quad 405 und dem VS110. Grund, fehlender Dämpfungsfaktor??

      Kurz darauf hörte ich durch Zufall die Kombination von VS110 und original Lowther Audiovektor-Hornsysteme und es war schon ein eindrucksvolles Audioerlebnis. Bisher nicht wieder (auch bedingt durch fehlende Möglichkeiten) in ähnlicher Qualität erlebt.

      Viele Grüße
      Klaus
      Hallo die Runde,

      Zitat: "Es waren Welten zwischen der Quad 405 und dem VS110"
      -> Das wird auch so bleiben!

      Klaus, Du hast etwas ganz Entscheidendes angesprochen: Die Lautsprecher.

      Wenn es um eine "perfekte" Wiedergabe geht, haben die Lautsprecher beim heutigen Stand der restlichen Technik den größten Einfluss!
      Erst danach kommen verstärkerbedingte Einflüsse.
      Wirklich gute Lautsprecher schaffen ein hervorragendes Klangbild (nahezu) unabhängig vom Verstärkerprinzip. Die Wahl Röhre versus Transistor bringt dann bestenfalls kleinere Unterschiede bei den Fremdspannungswerten (Vorteile für Transistor) ober bei der Lebendigkeit / Wärme (Vorteil für Röhre, harmonische Verzerrungen).

      Die konkrete Schaltung und die Komponenten des Verstärkers kommen dann ins Spiel.
      So ist bei einer Röhrenschaltung mit Trioden in den Endstufen oder mit Pentoden in Ultralinearschaltung mit niedrigeren Verzerrungen zu rechnen.
      Zum Einfluss des Ausgangsübertragers will (und kann) ich Hans nicht vorgreifen.

      Wenn man nun etwa Hornlautsprecher mit sehr hohem Wirkungsgrad hat, ist der Geräuschspannungsabstand bedeutsam, da jedes minimale Brummen und Rauschen hörbar ist. Eigentlich ein Fall für den Transistor. Andererseits ist der Leistungsbedarf von Hörnern winzig, daher kann man mit einer Röhrenendstufe im kleinen Leistungsbereich aber mit sehr guten Fremdspannungswerten herrliche Ergebnisse erreichen.

      In diesem Fall ist ein VS110 eigentlich viel zu groß und zu wenig HiFi!

      Der Einfluss des Netzteils zeigt sich hauptsächlich in seiner Belastbarkeit = Härte der Anodenspannung, um bei Bassimpulsen keine Absacker = Verzerrungen zu bekommen. Weiterhin muss die Siebung für einen ausreichenden Brummspannungsabstand hinreichend gut sein.

      Zum Thema Lowther noch ein Wort: Da man weiss, dass den mittleren Frequenzen des Hörspektrums die größte Bedeutung zukommt, ist die Wahl des Mitteltöners absolut entscheidend. Lowther dürfte hier (mit) die besten Chassis weltweit im Programm haben!

      Ich höre selbst seit Jahrzehnten mit einer Kombination aus Isophon PS385/200 im La Scala Basshorn, Lowther C45 in einem Kugelwellenhorn und Fostex T925 als Hochtonhörner.

      Seitdem bin ich zufrieden und der Verstärker ist gar nicht mehr so wichtig.

      Da die Lowther Treiber jetzt die Sickenpest haben und ersetzt werden müssen, erwäge ich den Ersatz durch die neuen DX55 oder DX65.

      http://www.lowtherloudspeakers.com/dx65DP.html
      Achim
      Hallo,
      Bei genauer Untersuchung meines Telewatts sind mir 4 Baustellen aufgefallen.
      1. Eingangsregler Band fehlen
      2. 2 Kondensatoren 150 µF im Netzteil wurden durch einen 300 µF Kondensator ersetzt.
      3. 3 kleine KeramikKond. befinden sich nur an den EL 503 Sockeln im rechten Kanal.
      4. Symmetriepoties fehlen.
      Was tun?
      Viele Grüße
      Klaus
      Hallo Klaus,
      mit den Symmetrie-Potis stellt man auf gleiche Anodenströme der beiden Endröhren eines Kanals ein. Der Brumm aus dem angeschlossenen Lautsprecher oder auf einem Oszi ist hierzu auf Minimalamplitude einzustellen. -> Ist der Brumm in Deinem Fall im Lautsprecher praktisch nicht wahrnehmbar, kannst Du es so lassen. Nur bei Röhrentausch könnte dies noch einmal ein Thema werden.

      Gruß Eberhard
      Viele Grüße
      Eberhard