Philips BX998A

      Dieses sehr seltene Gerät habe ich vor ca. 3 Wochen in der Bucht erworben und auch persönlich in Belgien beim Verkäufer abgeholt. Ich hätte mir es niemals zusenden lassen denn diese Bolide bringt Netto 28Kg auf die Waage und eine Bruchlandung wäre da trotz guter Verpackung vorprogrammiert gewesen. Mit seinen 16 Röhren weist diese Gerät einiges an Technik auf, er hat weder Gebisstasten noch einen manual zu bedienenten Wellenschalter. Er hat zwar einen Wellenschalter, dieser wird jedoch über kleine Drucktasten, die sich links und rechts neben dem Skalenglas befinden, motorisch angetrieben. Die komplette Mechanik ist ein wahres Wunderwerk und ich war froh das keines der Seileantriebe gerissen war. Beide Skalenzeiger weren über Stahlseile angetrieben und werden jeweils auf einer Gleidachse geführt. Die Umschaltung der Zeiger erfolgt über eine mechanische Kupplung die in Verbindung mit dem Wellenschalter den dazugehörigen Zeiger freigibt. Anders wie bei Saba hat diese Kupplung keine Beläge und arbeite sozusagen verschleißfrei, da sie eine feste Verfindung schaltet. Im FM-Betrieb arbeitet eine 3-fach Variometer, auch hier eine andere Variante wie bei Saba, die Kerne befinden sich nicht auf einer Achse, sondern werden über eine art Fahrstuhl in 3 nebeneinader liegende HF-Spulen getaucht. Für die AM-Bereiche steht ein 3-fach Drehko zur Verfügung zusätzlich noch ein weiterer kleiner Drehko für die Ortsender MW, welcher sich von außen zugängig einstellen und über ein kleines beleuchetes Sichtfenster mit Zeiger im Skalenglas angezeigt. Das Kurzwellenband ist 3-fach gespreizt und verfügt über eine KW-Lupe welche wiederum über einen kleinen Drehregler und ein kleines Schaufenster mit Zeiger im Skalenglas dargestellt.
      Das FM-UKW-Band verfügt über 2 Schaltmöglichkeiten, eimal mit Rauschunterdrückung, wobei nur starke Sender freigegeben werden und schwache Signale stumm geschaltet werden.

      An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei Peter(Sagnix) recht herzlich bedanken, der mir mit Rat und vor allem mit Tat unter die Arme gegriffen hat. Ich möchte ihn auch bitten hier etwas über diese seltsame Rauschunterdrückung und deren Funktion etwas zu schreiben.

      Die NF-Endstufe ist ebenso etwas außergewöhnlich, Für den Bassbereich sind 2 x PL81 zuständig und versorgen einen großen hochohmigen 26cm Basslautsprecher (ohne Ausgangsübertrager). Für den Hoch-Mitteltonbereich werkelt eine EL84 (über AÜ) und versorgt einen 16cm Mitteltöner 5 Ohm mit Hochtonkegel. Klanglich ist es das Beste was mir bei Röhrengeräten bis jetzt unter gekommen ist, die Präsenz ist wirklich faszinierend.

      Über das Optische gibt es nicht viel zu erzählen, dafür sind die folgenden Fotos zuständig.







      Das magische Auge ursprünglich EM34 wurde durch eine NOS- UM35 ersetzt, diese Röhre hatte ich noch im Bestand, außerdem stand mir die Heizspannung intern zur Verfügung.

      Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, tote Fische schwimmen mit dem Strom!

      Gruß "Plastik" Franz
      Hallo Franz,

      das ist wahrlich ein abgefahrenes Radio!
      Da kommen mir natürlich gleich einige Fragen in den Sinn:

      - Welches Baujahr?
      - Originalfurnier? (teilweise?)
      - Zwei Ferritstäbe 1 x L, 1 x M?
      - wie läuft das mit der Umschaltung der Empfangsbereiche genau?


      Ja, die Philips Jungs hatten es schon drauf, Du natürlich auch :)
      Achim
      Hallo Achim,

      Baujahr war 1955/56
      Ferritstäbe 1x LW und 1x LW
      Zu der mechanik für der Wellenbreichumschaltung muss mann studiert haben das in Worte zu fassen. Auf jeden fall jede menge Schaltgstänge ebensoviel Schaltkontakte, teils an den Drucktasten die auch einrasten und teils am Wellenschalter sebst. Ich musste außer saubermachen und neu schmieren nicht weiter daran arbeiten, hat auf anhieb funktioniert. Leider gibt es kaum deutschsprachige Literatur, engl. ja, aber das kapier ich nicht.
      Hierzu ein paar Links:
      http://people.cs.uu.nl/gerard/FotoAlbum/RadioCorner/Articles/PhilBX998.htm
      http://people.cs.uu.nl/gerard/FotoAlbum/RadioCorner/Sets/PhBX998A.htm
      http://www.ppinyot.com/P/bx998a.htm
      http://www.buizenradioclub.nl/index.php?view=detail&id=85&option=com_joomgallery&Itemid=93&lang=en#joomimg
      wenn der Plan benötigt wird schick ich ihn Dir.

      hab die Seite wiedergefunden:
      http://www.philipsradios.nl/Schemas/BX998A.pdf
      Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, tote Fische schwimmen mit dem Strom!

      Gruß "Plastik" Franz
      Phantastisch !!

      Das sind die Highlights der Röhrenradiogeschichte.

      Die Krönung sind natürlich die beiden liegenden EZ80 über dem Netztrafo. Was anderes als Röhrengleichrichtung darf dieses schöne Teil auch gar nicht haben. Wer hier Silizium mit Vorwiderstand auch nur gedanklich in Erwägung zieht, dem sollen die 28 kg auf denselbigen fallen...

      Franz-Josef, ich glaube du hast so langsam das Ende der Fahnenstange erreicht !

      Staunende Grüße

      Dieter
      Hallo allerseits,

      da hat Franz sich selbst ein Denkmal in der Kunst der ultimativen Gehäuserestauration gesetzt. Ich kam in den Genuss dieses Gerät vor Ort mit eigenen Augen sehen zu dürfen und ich konnte es auch betasten...

      Als absolut ausgefallene Schaltungsbesonderheit fiel mir die mit aussergewöhnlichem Aufwand betriebene Stummabstimmung im UKW-Bereich auf.

      Deshalb möchte ich diese Technik, in Verbindung mit einem Schaltungsausschnitt, auch gerne hier im Forum vorstellen:

      Um das Rauschen während des Abstimmvorganges zu unterdrücken ist dieses Gerät mit einer Schaltung zur Rauschunterdrückung versehen. Das Prinzip wird in Fig. 15 gezeigt.

      Das Triodensystem von B2 wird in Verbindung mit S41, C49, C119 und C120 als Colpitts Oszillator betrieben. Die an S42 anstehende HF-Spannung, wird mittels einer Diode von B2 gleichgerichtet. C41 lädt sich auf den Spitzenwert der HF-Spannung auf. Diese negative Spannung wird über R25 dem Bremsgitter von B7 zugeführt.

      Die Höhe dieser Spannung ist so gewählt, dass die Röhre (B7) zuverlässig gesperrt wird. Alle Signale welche dem G1 von B7 zugeführt werden, sind somit blockiert.

      Wird das Gerät jetzt auf einen Sender abgestimmt entsteht aufgrund der Gittergleichrichtung an B7 eine negativ gerichtete Spannung. Diese Spannung wird über R21 dem Gitter der Oszillatorröhre (Triode B2) zugeleitet. Die Oszillatorschwingung bricht ab und so fällt auch die am G3 anstehende Sperrspannung weg.

      Damit ist die Sperrung der letzten ZF-Röhre aufgehoben und das Gerät arbeitet normal. – Die vor der Begrenzerstufe gewonnene Regelspannung, wird auch zur Anzeige des Magischen Auges genutzt.

      Um auch sehr schwache UKW-Sender zu empfangen, kann man in den Betriebsmodus FM2 wechseln. Dabei wird die oben beschriebene Schaltung unwirksam.



      Ich hatte beim ersten Einfügen die übliche Standardgröße missachtet, deshalb ist sie hier noch einmal mal, passend zu dem Gerät, im Großformat: http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/Stummschaltung-sag.JPG

      Den Link zum Gesamtschaltbild mit Schaltungsbeschreibungen hat Franz bereits angegeben; dort findet man auch die von mir überarbeitete Beschreibung der Stummschaltung in holländisch.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Dieter,
      das wäre schade wenn das Ende der Fahnenstange damit erreicht wäre, ich denke dafür reicht ein Leben nicht aus um dort anzugelangen. Es gibt immer was zu verbessern und man lernt nie aus, das ist ja gerade das Schöne an diesem Hobby. Wir haben hier im Forum ein sehr gesundes Maß an technisch und handwerklich versierten Mitgliedern und ich möchte keinen davon missen, auch wenn es schon mal Meinungsverschiedenheiten gibt, aber dass gehört an anderer Stelle. Ich bin schon einige Jährschen hier und habe Dinge gelernt die man in keinem Buch nachlesen kann. Man kann nur hoffen das uns der Rundfunk und diese Forum noch recht lange zur Verfügung steht.
      Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, tote Fische schwimmen mit dem Strom!

      Gruß "Plastik" Franz
      Hallo Peter,

      Diese Variante einer Mutingschaltung ist mal wieder typisch Philips: Eigenwillig, ungewöhnlich und wahrscheinlich ausgesprochen elegant. Immerhin hat man hier zwei Röhrenfunktionen dafür spendiert. Nun kennen wir etwa die Mutingschaltung des FB WIII, die deutlich sparsamer daherkommt. Ist die Philipsschaltung vielleicht besonders schnell, so dass sie auch beim zügigen Abstimmen nichts verschluckt?
      Achim
      Hallo Achim,

      als besonders schnell würde ich diese Schaltung nicht bezeichnen, auch ist sie in den Übergangsphasen in ihrem Schaltverhalten etwas eigenwillig. Ich denke durch die "von hinten durch die Brust" ablaufende Funktionsweise ist das System naturbedingt eher etwas "hakelig".


      Was den Aufwand an zusätzlichen Röhrenfunktionen betrifft hat man für die Erzeugung der Hilfschwingung die ohnehin vorhandene Triode der ECH81 mit genutzt. Die Röhre B1 ist die auch bereits vorhandene AM-Vorstufenröhre von der eine Diode zur Gleichrichtung der Hilfsschwingung genutzt wurde. So ist durch geschickte Wahl der Röhrenbestückung keine zusätzliche Röhre nötig geworden.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Volker,

      der AM-Bereich ist für mich eher uninteressant, trotzdem kann man dem Hersteller ein großes Lob aussprechen, denn das Gerät empfängt sogar tagsüber mehr Sender als alle meine Sabas nachts. Teilweise so deutlich das man kaum unterscheiden kann ob Am oder FM-Empfang, das Gerät ist echt was besonderes. Die Endstufe für den Bass treibt den 26er schnell an seine Grenzen, besonders die Sender die mit Optimod ausgestahlt werden. Hier regelt man schnell das Basspoti oder die Lautstärke zurück, aber bei Zimmerlautstärke gehen die tiefen Frequenzen sehr weit unter dem was andere Geräte zu Tage bringen. Nur was der Hoch-Mitteltöner, auch bei sehr geringen Lautstärken produziert ist schon unglaublich, dazu sag ich lieber nichts mehr, sonst sind das die Nächsten die in Schallwände wandern.
      Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, tote Fische schwimmen mit dem Strom!

      Gruß "Plastik" Franz
      Halo Achim,

      die E"C"H arbeitet schon als AM-Oszillator, sie wird nur zusätzlich auch bei FM zur Erzeugung der Hilfsschwingung mit genutzt. So ist man bei Betrachtung des Gesamtschaltbildes auch absolut gefordert diese zusätzliche Nutzung zu erkennen, man sieht dort vor lauter Umschaltern den "Wald" nicht mehr. Ich musste da etliche male tief durchatmen, um die Funktion zu begreifen und sie dann später auch im praktisch vorhandenen Gerät wieder zu finden.

      Die Eindhovener waren vor allem berüchtigt für die ausgefallenen mechanischen Lösungen der Skalenantriebe, oft waren sie willkürlich mit Bowdenzügen angereichert, als hätte Philips (Holland) keine Umlenkrollen gekannt. Einige dieser Besonderheiten "schwappten" auch zu den deutschen Philips Konstrukteuren über...

      Bezüglich der Verwendung der Ferritantennenstäbe habe ich mich im Schaltbild und der begleitenden Beschreibung etwas schlau gemacht. Es sind bei Lang- und Mittelwelle immer beide Stäbe in Betrieb um maximalen Spannungsgewinn zu erzielen; die jeweils zwei Spulen auf den Stäben sind so ausgelegt, dass bei Langwelle alle vier in Reihe liegen, bei Mittelwelle liegen je zwei in Reihe, welche dann parallel geschaltet sind.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Moin,
      die Konstruktionen, die Philips auf den deutschen Markt brachte, waren schon etwas seltsam, aber zumindest bei den CD-Spielern haben sie es m.E. nach von Anfang an richtig gemacht. Von allen CD-Spielern der "ersten Stunde" sind es die von Philips, die einen auskonstruierten Eindruck machen. Der Rest wirkt zum grossen Teil irgendwie wie zu frueh auf den Markt geworfene Entwicklungsmuster, Mechanisch zwar interessant, aber unnoetig kompliziert und auch elektrisch haben sie nicht den hohen Intergationsgrad der Philips. Anders haetten sie ein Geraet wie den CD100 nicht bauen koennen. Es war der mit dem kleinsten Volumen seiner Zeit und das in der ersten Generation.
      Man koennte sich fragen, warum man das hier gezeigte Radio nicht auch un DL angeboten hat.

      @Deltamike55,
      es ist schon sinnvoll, allen Wirkungsgradueberlegungen zum Trotz die EZ80(81) beizubehalten. Eine indirekt geheizte Gleichrichterroehre zu ersetzen ist nicht trivial. Ihre Anheizzeit ist so bemessen, dass sie zuletzt warm wird, der Empfaenger also den gelieferten Strom sofort aufnimmt. Dadurch laeuft die Anodenspannung waehrend der Empfaengeranheizzeit nicht hoch (es gibt sie noch nicht), man muss die Kondensatoren im Netzteil nicht spannungsmaessig dafuer ueberdimensionieren.
      Ersetzt man das durch einen Halbleitergleichrichter oder auch nur direkt geheizte Gleichrichterroehren (die auf jeden Fall zuerst warm sind), muss man sich etwas einfallen lassen.
      Die Originalbestueckung beizubehalten ist da einfacher ;)

      73
      Peter