Schellack?

      Ich habe vor ein paar Wochen endlich ein Freiburg WIII erstanden, dem ich mich in nächster Zeit widmen werde. Das Furnier ist in gutem Zustand doch der Lack an den Seiten rissig. Da ich im Lackieren nicht gut bin und es im Moment eh viel zu kalt dafür ist, habe ich mir überlegt das ganze mit Schellack zu überziehen. Dass das sehr Zeitintensiv ist, ist mir klar, aber der Winter ist ja lang ;). Hat damit schon jemand Erfahrung oder Tipps? Kann ich den alten Lack nur leicht anschleifen und drauf lassen oder muss ich das Gehäuse komplett abbeizen? Oder ist das evtl. sogar eine totale Schnapsidee?

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Hallo Julian,

      erst mal Glückwunsch zum erstandenen Freiburg W3. Da hast Du Dir, was das Lackieren bzw. gerade das Schelllackpolieren betriff nicht gerade ein geeignetes Gehäuse ausgesucht. In erster Linie sind das die vorstehenden Messigleisten die beim Schelllackauftragen sehr hinderlich sind. Demzufolge müssen diese, nachdem das Innenleben nebst Schallwand entfernt wurde, vorsichtig vom Gehäuse abgetrennt werden.
      Bevor das dass machst polierst Du die Leisten mit feiner Stahlwolle und anschließend mit Metallpolitur auf Hochglanz, hat den Vorteil das Du ausreichend starken Druck beim Polieren aufbringen kannst ohne die Leisten zu verbiegen.

      Um gleich Deine Frage zu beantworten, die alte rissige Farbe sollte komplett erfernt werden, diese meist eingefärbt und es kann durch auftragen von neuem Lack in den Rissen zu Farbunterschieden führen. Zwar sind die Risse dann geschlossen aber immer noch sichtbar und ich glaube nicht das dies im Sinne des Erfinders ist.

      Zum entfernen der alten Farbe rate ich Dir zu Abbeizer, abschleifen, was natürlich auch möglich wäre, beinhaltet aber das große Risiko das Du das eh schon dünne Furnier schnell duchschleifst. Besonders im Randbereich und in den Rundungen ist das häufig der Fall, das hellere Trägerholz kommt dort zum Vorschein und es gestaltet sich recht schwierig dies wieder unsichtbar zu retuschieren.

      Zum Entfernen der Messigleisten eignet sich bestens ein Heißluftfön, aber vorsicht, der alte Lack darf beim Erhitzen nicht verbrennen, aber dennnoch muss ausreichend Wärme den Leisten zugeführt werden, damit sich der alte Kleber erweischt und die Leisten ohne Beschädigung aus der Nut gezogen werden können. Bevor Du aber mit dem Erhitzen der Leisten beginnst sind noch zwei Dinge zu erledigen, die beiden Paralellleisten sind am hinteren Ende mit je einem Nagel fixiert, dieser muss vorher entfernt werden. Auch im unteren Ende findest Du diese Nägel, die innere Leiste wird aber noch durch einen Stellfuß/Holzleiste verdeckt, diese muss auch entfernt werden, das sonst ein Nagel nicht erntfernt werden Kann.

      Ob Du nun noch dei vier einzelnen Leisten der Schallwndöffung erfernst überlasse ich Dir, besser wäre es jedoch, gestaltet sich aber noch schwieriger.
      Ein weiterer Aspekt, die Klebereste an Leisten und Nuten müssen auch entfernt werden, am Gehäuse übernimmt das der Abbeizer, an den losen Leisten mit einweischen in Wasser und abkratzen.
      Eine Messigleiste hätte ich fast vergessen, die um die Tasten-Bass und Höhenpoti, die sollte auch entfert werden.

      Erst wenn das alles erledigt ist kannst du mit dem Abbeizen beginnen. Das Abbeizgeel wird mittels Pinsel satt aufgetragen und ca 20-30 Minuten einwirken lassen, danach mit einem Spachtel den gelösten Lack abstoßen. Meist muss dieser Vorgang nocheinmal wiederholt werden, hängt davon wie dick der alter Lack auf den Gehäuse ist. Danach wird das komplette Gehäuse mit NitroverdÜnnung abgewaschen, es dürfen weder Abbeizer noch Lachrückstände auf den Gehäuse zurüchbleiben. Zur Sicherheit wird das Gehäuse nocheinmal mit Essigwasser und einem rauen Schwamm oder Bürste abgewaschen, was den ins Holz eingezogenen Abbeizer neutralisiert und entfernt.

      Wie du siehst ist das ne menge Arbeit, aber gute Vorarbeit ist nun mal ein Muss wenn man später zu einem guten Ergebniss kommen will.

      Wie es dann weitergeht schreibe ich später.
      Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, tote Fische schwimmen mit dem Strom!

      Gruß "Plastik" Franz
      Vielen Dank Franz für diesen ausführlichen Beitrag. Dass das ein größeres Unterfangen wird war mir klar. Ich habe einen Heißluftföhn mit diversen Aufsätzen hier, jedoch ohne Leistungsregulierung. Bevor ich irgendwas unternehme werde ich mir das ganz genau ansehen wo Nagel etc. zu entfernen sind und nochmal nachfragen sollte es Unklarheiten geben.

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Es ist in der Tat eines der aufwendigsten zu restautrierenden Gehäuse von Saba und Du wirst es alsbald merken wieviel Zeitaufwand dazu nötig ist. Ich habe schon mehr als 10 dieser Gehäuse restauriert und sowohl negativ als auch postive Erfahrungen gesammelt. Damit Du nicht die gleichen negativen Erlebnise machst, stehe ich Dir gerne mit Rat zur Seite.

      Was den Heissluftfön betrifft ist es nicht wichtig ob er temperaturgeregelt ist, sondern Dein Gefühl dafür inwieweit Du gehn kannst ohne das Holz anzubrennen.
      Niemals darft Du den Fön auf eine Stelle ausrichten, die Wärme braucht eine gewisse Zeit bis sie an den Stellen angelangt ist um den Kleber zu lösen, als ständig mit dem Luftstrom in Bewegung bleiben.

      Diese runden Messigleisten sind hohl und einsetig eingeschlitzt, es befindet sich im Inneren ein Holzspan, der ca. 3mm auf der ganzen Länge aus den Messigrohr herausragt. Dieser Holzspan vebindet die Leiste mit der im Gehäues gefrästen Nut mittels Leim/Knochenleim . Es geht also darum den Lein so stark zu erwärmen das sich der Holzspan ohne zu brechen aus der Nut gelöst wird und das benötigt etwas Zeit, da Holz nicht gerade ein guter Wärmeleiter ist. klar?

      Zu den kleinen Nägeln, es befinden sich oben am hinteren Ende/Gehäusedekel je ein schräg eingeschlagener Nagel im Holzspan, der nicht immer leicht rauszupulen ist. Ein kleiner spitzer Seitenschneider ist sehr hilfreich den Nagel am Kopf zu packen und rauszuhebeln. Dies ist auch die Stelle wo man beginnt die Leiste zu erwärmen und mittels einem Kleinen Schraubendreher(Klinge ca 2mm breit) von hinten anzuheben.
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      Gruß "Plastik" Franz
      Super. Sind die kleinen Brettchen am Boden wo sich noch die inneren Messingleisten drunter befinden geklebt oder genagelt? Und welches Öl eignet sich als Untergrund für den Lackaufbau mit Schellack? Ich habe was von Schleiföl gelesen, was aber wohl so nur noch von Clou hergestellt wird (ich weiß im Moment nicht ob das ein Baumarkt hier führt) oder als Alternative Hartölgrundierung (hierzu habe ich auch sehr verschieden Produkte meistens für Parkett gefunden). Leinölfirnis braucht ja wohl sehr lange bis man danach mit dem Schellack anfangen kann (habe was von 4 Wochen gelesen). Gibt es hierfür noch alternative Produkte?

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Hallo Julian,

      die kleinen Füße die einen Teil der inneren Leiste verdecken sind geleimt und genagelt. Diese lasen sich recht einfach mit einem Stecheisen vom Gehäuse trennen, das Stecheisen zwichen Holzfuß und Gehäuse ansetzen und ein gezielter Schlag mit einem Hammer lösen den Leim, die Nägel können dann ausgehebelt werden.

      Bei Schelllack werden die Poren im Holz mit Bimsmehl geschlossen, oder man verwendet Schnellschliffgrund von Clou, aber nicht zu dick auftragen , das Zeug wird dann milchig. Ölhaltige Mittel zum Füllen würde ich nicht verwenden, steht auch auf jeder Farbdose, Untergrund muss trocken, staub- und fettfrei sein.

      Du kannst den Schelllackauftrag auch vereinfachen, indem Du (wenn alle Vorarbeiten am Holz erledigt sind) einen Zweikomponetenklarlack in mehreren Schichten mit einem Lasurpinsel aufträgst. In Abständen von ca. einer halben Stunde streichst Du eine dünne Schicht von diesen Klarlack (Klarlack mit Härter) auf. Drei Schichten hintereinander, dann lässt Du den Lack 2 Tage aushärten und schleifst die Oberfläche nass mit 240er Nassschleifpapier an und wiederholst den Auftrag mit selbigen Klarlack nocheinmal. Nach Aushärtung (2 Tage) kannst Du die Oberfläche nun Planschleifen, erst mit 240er , dann mit 400er Nassschleifpapier. Nun hast Du eine geschlossene und ebene Oberfläche die Du anschließend mit Schelllackpolitur in ein paar Arbeitsgängen auf Hochglanz polieren kannst. Diese Methode erspart Dir viel Zeit und Mühe und kommt letztendlich zum gleichen Ergebniss.
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      Gruß "Plastik" Franz
      Ah ok. Ich habe den morgigen Tag für das polieren der Messingleisten eingeplant. Das mit dem Öl soll wohl die Maserung besser hervorheben und den Vorgang etwas beschleunigen. Gelesen habe ich das schon auf mehreren Seiten (u.a. dem RM oder beim Online Shop feinewerkzeuge.de). Ich werde am Mittwoch mal ein paar Baumärkte abklappern und sehen was die so in der Richtung Schellack haben, da ich sowieso noch Zaponlack besorgen muss. Der Rest wird dann online bestellt. Bevor ich mich mit der Schellack Politur am Radio versuche, werde ich das jedoch an einem Holzbrett testen. Ich müsste noch einen Rest im Keller haben. Nochmal vielen Dank für die tolle Unterstützung.

      Gruß Julian
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