Freiburg 3DS Brummen und andere Probleme

      Hallo 3DS Liebhaber,

      das Thema "3DS" ist ja immer etwas Besonderes. Die Geräte ziehen aufgrund ihrer fulminanten Technik, ihres Preises (damals wie heute) und der hohen Empfangsleistung und Klangfülle sofort Augen und Ohren auf sich und setzen Emotionen frei.

      Hier in diesem Thread

      http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=4757

      hatte Michael unlängst einen Ersatz-AÜ gesucht und ihn sich im Anschluss auch wickeln lassen.
      Ausgangspunkt war unter anderem ein Brumm- bzw. Verzerrungsproblem, das auch nach Ersatz der Kondensatoren persistierte. Nach dem Einbau des neu gewickelten AÜ brummte es weiterhin und im Verlauf der weiteren Fehlersuche traten wieder Verzerrungen auf und schließlich schwieg das Gerät ganz.
      (So habe ich es jedenfalls nach Michaels Schilderungen in Erinnerung...)
      Darauhin hatte Michael mich gebeten, einen Blick auf das Chassis zu werfen. Da man bei einem 3DS eigentlich nicht ablehnen kann (siehe oben), sagte ich zu.
      Seit Montag steht das Chassis nun auf meinem Tisch und es zeigten sich einige Besonderheiten, die auch für zukünftige Fehlersuchen interessant sein könnten. Zudem gab es das Thema "brummender 3DS" schon öfter.

      Sämtliche Papierkondensatoren und Elkos hatte Michael im Rahmen einer - übrigens äusserst sorgfältig und ordentlich ausgeführten - Revision bereits ersetzt.


      Zuerst galt es zu erkunden, warum das Gerät stumm war:
      Eine Messung der Gleichspannungen an den beiden Endröhren ergab, dass die G1 Spannungen bei ca. -30V lagen. So haben die Elektronen freilich keine Lust durch die Röhre zu trudeln.
      Die negative Gittervorspannung wird bei diesem Gerät durch Einweggleichrichtung aus einer Wicklung des Netztrafos gewonnen (-V1, -V2). Da nun die Windungszahl der Wicklung nicht gestiegen sein konnte, musste der Defekt im Spannungsteiler zu suchen sein, mit dem die Abgriffe für die beiden Spannungen erzeugt werden. Tatsächlich war der 4 KOhm Widerstand hochohmig geworden.



      Nach dem Ersatz des Widerstandes arbeitete das NF-Teil wieder. Allerdings trat ein Brummen in wechselnder Intensität auf und auf den AM-Bändern war kein Empfang möglich.

      Letzteres war bedingt durch das Fehlen der bei AM über den Tastensatz geschalteten Anodenspannung. Der betreffende Schaltkontakt hatte eine Unterbrechung.
      Wahrscheinlich verschmutzt, dachte ich und sah mir den Tastensatz genauer an. Dabei fiel auf, dass bei der 2. Schaltleiste von oben (unter der Automaticschaltung) die Kontaktschwerter der Schieber neben(!) den Kontaktgabeln liefen. Der AM-Empfang hatte dennoch zeitweise funktioniert, da die Schwerter, wenn sie gut gelaunt waren, die Kontaktfedern von außen berührten.

      Ursächlich dürften wieder einmal die extrem dicken und steifen Koaxleitungen gewesen sein (3 Stück), mit denen die ZF-Verbindungen zu und von der Schaltleiste ausgeführt sind. Diese Leitungen üben viel zu starke Zug- und Druckkräfte auf die sehr biegsamen Pertinaxstreifen aus. Die Streifen biegen sich durch bzw. verziehen sich. Die Kontaktschwerter rutschen dann beim Einbau der Schieber oder beim Umschalten nicht zwischen die beiden Kontaktfedern, sondern daneben.

      Zunächst wollte ich den Schieber nach oben entnehmen und richtig einsetzen (Revisionsöffnung in der Front war vorhanden) aber das hätte die Ursache nicht beseitigt.
      Also habe ich alle Verbindungen zu dieser Leiste abgelötet, die Leiste angehoben und behutsam so aufgesetzt, dass alle Schwerter in ihren Führungen liegen.
      Um Ärger für die Zukunft zu vermeiden, galt es nun, alle Verbindungen so wieder anzulöten, dass keine seitlichen Kräfte auf die Leiste wirken. Mit den steifen und vergammelten alten Koaxleitungen ist dies nicht möglich, daher wurden sie ersetzt.



      Man sieht, dass der Pertinaxstreifen wieder schön gerade ist.


      Nun war allerdings immer noch die Ursache des Brummens zu finden.
      Fieserweise trat es nicht immer auf. Es kam und ging, wurde bald leiser bald lauter und sobald man messen wollte oder den Wellenbereich umschaltete, war es für Stunden verschwunden. Keine dankbare Sache!

      Im Laufe der Fehlersuche zeigte sich aber, dass der Brumm provoziert werden konnte, wenn man das Chassis verzog. Das war eine Spur.

      Schließlich zeigte sich, dass Übergangswiderstände bei den Masseverbindungen im Netzteil vorlagen. Einerseits sind die beiden Siebkapazitäten für -V1 und -V2 (47µ + an Masse) über eine Lötöse an Masse gelegt, die mit einer Schraube gehalten wird, die auch den Gleichrichter hält. Keine gute Voraussetzung für dauerhafte Kontaktgabe.
      Weiterhim ist der Metallring unterhalb des stehenden Doppelelkos, an den der Gleichrichterminus und einige andere Masseleitungen angelötet sind, auch nicht besonders kontaktsicher mit dem Chassisblech verschraubt, selbst wenn alles sauber ist wie hier und die Kunststoffmutter festgezogen ist.

      Hier sind die beiden Kontakte markiert:



      Da mir dieses Geschraubsel nicht gefällt, habe ich die Masseführung modifiziert, indem ich eine Drahtbrücke von beiden Lötösen zu einer Lasche gelegt habe, an der man gut löten kann:



      Dann alle Bauteile wieder angelötet und das Gebrumm ist Geschichte



      Was blieb, ist ein leichter 100 Hz Brumm, denn wir von den meisten Radios kennen und der meist nicht stört.

      Aber:
      Die Spannungen am Gleichrichterplus, am AÜ Speisepunkt und hinter der Drossel betragen nur

      258V- Soll 272V- Brumm 14Vss
      245V- Soll 255V- Brumm 2Vss
      242V- Soll 255V- Brumm 0,5Vss

      und das, obwohl ich mit einem FET-Voltmeter messe.

      Mit zusätzlichen 47µF am Gleichrichterausgang halbieren sie die Brummspannungen genau.

      Ich vermute, der (noch originale) Gleichrichter hat einen zu hohen Ri und die Lade- bzw. Siebkapazitäten haben nicht mehr den Nennwert.
      Achim
      Da ist wieder ein Detektiv an der Arbeit!

      Den Fehler mit der falschen Gittervorspannung hätte ich vermutlich auch recht schnell gefunden. Das mit der gammeligen Masse ist wirklich eine hinterhältige Sache. So schnell kommt man da nicht drauf, wenn man scheinbar vernünftige Werte messen kann.
      Was nimmst Du als Koaxialkabel, RG174?

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Achim, das war es!

      Auf diesen Beitrag habe ich seit Jahren gewartet - sind doch zweifelhafte Masseverbindungen häufig Ursache für Funktionsstörungen! Leider haben sie bisher nicht die ihnen gebührende Beachtung gefunden und daher viele Bastler schon verzweifeln lassen.
      Ich habe daher schon immer dazu geraten, alle Massepunkte zu prüfen, nachzulöten bzw zu entrosten und neu zu schrauben.
      Diese Mühe nimmt bei einem Röhrenradio normalerweise 1-2 Stunden Arbeit i Anspruch, aber erspart später ein mehrfaches an Ärger!
      Also sollten alle Masseverbindungen, auch wenn sie augenscheinlich gut aussehen, nachgearbeitet werden.
      Es lohnt sich in jedem Fall!
      Grüße vom Allesbesserwisser
      Ja Andreas, das ist RG174. Gut geeignet für sehr hohe Frequenzen bei kurzer Leitungslänge, was hier ja gegeben ist. Es ist sehr flexibel und erlaubt kleine Biegeradien.

      Der Brummkrimi fand vorhin übrigens noch eine Fortsetzung:

      Beim Betätigen des Schnellaufs bei eingeschalteter Automatic hörte man ein leises Brummen bzw. Schnarren aus dem Laurtsprecher.
      Das geht ja mal gar nicht!

      Nun war bei diesem Gerät schon der AÜ ausgebaut, neu gewickelt und wieder eingebaut, die Kondensatoren ersetzt worden etc. Die Verdrahtung befand sich also nicht im Originalzustand. So baut man sich durch längere Anschlussdrähte, andere Lage von Bauteilen und Schaltdrähten schnell ganz viele kleine Sender und Antennen ein.

      Zunächst reagierte das Geräusch auf die Lage eines Kondensators auf einer Lötleiste. Der Kondensator ist m.E. original hinter der Lötleiste versteckt, nun war er von vorne eingebaut. Verlegung nach hinten brachte eine leichte Besserung.
      Dann kam als Kathodenelko der Endstufe ein sehr großes Exemplar mit hoher Nennspannung zum Einsatz, der aufgrund seiner Größe längere Anschlussdrähte brauchte. Einbau eines kleineren Typs an kurzen Drähtern verbesserte die Situation weiter.
      Weiterhin reagierte das Geräusch auf die Lage der Schirmgitterzuleitungen vom AÜ, die noch die volle Länge hatten. Also gekürzt und chassisnah verlegt - wieder etwas besser.
      Mich störte das Restschnarren aber immer noch. Das Oszilloskop brachte bei höchster Empfindlichkeit sehr schnell zutage, wie das Störsignal (eine positive Sinushalbwelle) verschleppt wurde: An irgedeiner Stelle muss es der Motorsteuerwechselspannung gelungen sein, in die -V2 Spannung einzustreuen. Über diese Schiene gelangte es an die Steuergitter der Endpentoden und der Phasenschiebertriode.
      Da es nicht sinnvoll war, die gesamte Geräteverdrahtung zu überprüfen bzw. durch Schieben, Ziehen und Rütteln die Ursache einzukreisen, kam ein 4,7nF Keramikkondensator (magenta) in die -V2 Zuleiung nach Masse.



      Jetzt herrscht absolute Stille.

      Hier ein Bild vom relevanten Bereich. Der zusätzliche Kondensator ist magenta markiert , in der Mitte sieht man den Kathodenelko (gelb) und oben den 25nF Kondensator (rot), der hier direkt oberhalb des Kathodenwiderstandes eingebaut gewesen war.



      Das grüne Viereck markiert eine Masselötlasche am AÜ, die mit einer Drahtbrücke nach hinten mit der Chassismasse verbunden ist. Sehr leicht vergisst man, diese Drahtbrücke beim Einbau des AÜ wieder anzulöten ;)
      Achim
      Wo bekomme ich Koaxialkabel RG174?

      Das werden sich einige Leser fragen. Es ist ein sehr dünnes Antennenkabel 50 Ω, welches es selten beim Händler um die Ecke gibt. Technik 50 Ω setzt man meist im Profibereich ein wie Mess- oder Sendetechnik. Hier ist ein Händler, der RG174 auch in Kleinmengen relativ günstig abgibt:
      http://www.segor.de/suche.shtml?foto=1&Q=RG174+A%2FU&M=1

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo Michael,

      das 3DS Chassis musiziert derzeit in meiner Werstatt an einer großen 3-Wege Bassreflexbox. Die Klangqualität ist wirklich sehr sehr gut, vorausgesetzt, der Bassregler ist nur max. 1/3 aufgedreht.

      Im Moment vermag ich keinen einzigen Fehler mehr zu finden :(

      So sieht es in der Totale von unten aus - wie gesagt - die Kondensatoren habe ich nicht getauscht, hätte aber genau denselben Lieferanten / Hersteller gewählt ;)



      Noch eine Anmerkung zur Endstufe:

      Das Thema Ultralinearendstufe hatten wir ja schon mehrfach sorgfältig bearbeitet. Dass ich ein Fan dieser Schaltung bin, dürfte bekannt sein, und auch hier gefällt mir der saubere, fast schon transistorartige Klang der Endstufe.
      Das Nichtvorhandensein des sonst bei Saba recht ausufernden Sekundärgegenkopplungsnetzwerks überzeugt mich zudem. Klangdesignverrenkungen bleiben so auf Klangregler und Loudness beschränkt.
      Interessant ist der Punkt, wo, sprich nach wieviel Prozent der einzelnen Primärwicklungen des AÜ die Anzapfungen für die Schirmgitter herausgeführt sind.
      Zunächst handelt es sich beim Saba Trafo leider nicht um ein Modell in 2-Kammertechnik. Das führt zu ungleichen Geichstromwiderständen der beiden Wicklungshälften und zu Asymmetrien, die dem Klang nicht unbedingt guttun.

      Dieser Trafo ist entsprechend seinen Originaldaten neu gewickelt worden.
      Die Gleichstromwiderstände sind:

      100 + 130 = 230 Ohm
      und
      55 + 85 = 140 Ohm

      Unterstellt man Proportionalität zwischen Drahtlänge und Ohmschem Widerstand, liegen die Anzapfunge bei 43% bzw. 39%
      Da der Durchmesser des Wickelkörpers beim Wickeln mit jeder Drahtlage zunimmt, ist davon auszugehen, dass der Prozentsatz der Windungsanzahl, nach denen die Anzapfungen herausgeführt sind, identisch ist, obwohl es die Gleichstromwiderstandsverhältnisse nicht sind.

      Ich habe die Wicklungen testweise umgedreht betrieben, so dass die Anzapfungen bei 57% bzw. 61% lagen, konnte aber keinen hörbaren Unterschied ausmachen (allerdings war kein direkter A-B Vergleich möglich, sondern ich habe nacheinander getestet)

      Man muss wissen, je weiter hinten Richtung Röhrenanoden die Abgriffe liegen, umso stärker ist die Schirmgittergegenkopplung (mehr ~ wird dem G2 zugeführt) und umso mehr nähert sich das Verhalten der Pentoden dem von Trioden an. Das bedeutet lax gesagt weniger Verzerrungen aber auch weniger Ausgangsleistung bzw. schlechteren Wirkungsgrad.

      Man versuchte wohl damals einen möglichst guten Kompromiss zu finden.

      Hier

      http://www.roehrentechnik.de/html/gegentakt.html

      gibt es sehr gute Ausgangsübertrager. Der Kollege erreicht Streuungen des Gleichstromwiderstandes von <1%! Hier beim Saba Trafo sind es satte 64% :(
      Es gibt das Modell "53.15" mit Anzapfungen bei 25% und bei 50%, 2-Kammertechnik, 14-fache Verschachtelung.
      Allerdings hat der Trafo für 2 x EL84 Ultralinear den für den 3DS doch zu großen M102a Kern. Sonst wäre er in meinem 3DS schon drin.

      Als Sahnehäubchen gab es dann noch einen betriebssicheren Entstörkondensator:

      Achim
      Hallo Achim,

      ich weiss, es hat lange gedauert, jetzt auch meinerseits der Abschluss des Projektes Saba Freiburg 3DS: Erst einmal vielen herzlichen Dank für Deine sehr gute Arbeit! Sobald ich dazu komme, werde ich Bilder nachreichen, das Chassis klingt auch im Gehäuse wunderbar, den teildefekten Höhenregler hatte ich unmittelbar nach der Abholung des Radios bei Dir repariert, um mich direkt an dem Saba zu erfreuen. Das habe ich einige Tage lang getan, um dann bei höheren Lautstärken "krachende", "tonsynchrone" Störgeräusche festzustellen, die ich aber weder defekten Röhren noch den Lautsprechern zuordnen konnte. Extrem frustriert habe ich das Radio, dessen Potential ich jetzt ja kannte, in die Ecke gestellt. Aus dem Frust mit dem vermutet defekten AÜ heraus, der mich nicht einmal mehr die Gittervorspannung hatte messen lassen, wollte ich lernen, ich habe also erst einmal ein paar Wochen ins Land gehen lassen. Da die Störungen nur bei UKW- Empfang aufgetreten sind, habe ich, nachdem ein Wechsel der Röhren auf dem UKW-Teil gegen gut gemessene auch keine Besserung brachte, das UKW-Teil zart "beklopft", was unmittelbar die Störung auslöste. Ein Nachlöten der teilweise schon optisch fragwürdigen Lötverbindungen hat dann das Problem nachhaltig beseitigt, bei sehr gutem Empfang auf allen Wellenbereichen macht mir das Radio sehr viel Freude. Noch einmal herzlichen Dank für Deine sehr gute Arbeit, aus der ich viel gelernt habe.

      Michael