TELEWATT VS-110 Revision und Diskussion

      Hallo Peter,

      ich hatte Anfang der Woche überlegt, ob man nicht, da bei diesem Gerät durch die Auslagerung der Anschlussbuchsen jetzt hinten reichlich Raum entsteht, für die Summen- und Balanceregler große Präzisionspotis verwenden sollte. Sie wären dann auch alle 4 weit genug von den Hitzequellen entfernt. Den Abgleich könnte man durch Bohrungen im Anbaupanel mit dem Schraubendreher vornehmen. Mal sehen...



      Die Originaltrimmpotis erlauben übrigens keine feinfühlige Einstellung der Ruheströme. Innerhalb weniger Grad Drehwinkel springt der Strom von unter 100 auf über 250 mA.

      Abgesehen davon hatten die Telewatt Entwickler sicher ihre Gründe, auf Kathodenwiderstände zu verzichten.

      Ich vermute, man wollte die potentielle Leistung der Gegentaktschaltung mit diesen kompakten und steilen Röhren voll ausnutzen. In dieses Konzept passt auch der Verzicht auf die Schirmgittergegenkopplung. Vermutlich hat man auf die maximal möglichen 55 Watt pro Kanal geschielt und ist davon ausgegangen, dass sich die Stabilitätsproblematik schon lösen lassen wird.

      Zudem hat der Verzicht auf Kathodenwiderstände und die mit ihnen erforderlich werdenden Kathodenkapazitäten, die für einen inearen Frequenzgang im Tiefbassbereich auch hoch sein müssen, auch Vorteile.
      Achim
      Hallo Achim,

      diese Zehngangpotis ermöglichen eine absolut gefühlvolle Einstellung und sind wohl auch sehr zuverlässig. Trotzdem zeige ich bei dem folgenden Bildchen, wie ich das bereits bei dem ursprünglichen Schaltungsentwurf gelöst hätte. Zugleich hätte ich in die Katodenleitungen je 10 bis 22 Ohm Gegenkopplungs-Widerstände eingefügt, das schützt ein wenig, ohne merkliche Leistungseinbuße.



      Ich denke die z.B. 22 Ohm Widerstände hätten keine kapazitive Überbrückung erfordert und die damit verbundene Stromgegenkopplung würde wegen der ausreichenden Kreisverstärkung kaum auffallen. Möglicherweise würde die Endstufe dadurch auch etwas stabiler. An dem RC- Glied (R84-C14) zur F-Gang Kompensation läßt sich vermuten, dass die Angelegenheit leicht "nervös" war - mit anderen Worten, Schwingneigung zeigte.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Achim,

      ja, ich kann bei dieser Variante beide Schleifer (möglicher Fehlerfall) abheben, ohne dass für die Röhren Gefahr eines zu hohen Stromflusses droht.

      Hast du schon einmal die Widerstände der beiden Anodenwicklungen des AT's nachgemessen - nicht dass die diese, wie bei den Freiburgs auch einfach zügig durchgewickelt haben.

      Da hatte Grundig eine andere Philosophie, die hatten auf gleiche Widerstände der Anodenwicklungen geachtet und damit automatisch eine zumindest minimale Verschachtelung der Wicklungen herbeigeführt.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Peter,

      die Primärwicklungen messe ich morgen nach. Eigentlich wollte ich auch einen Trafo öffnen, wenn dabei allerdings ein Draht abreißen würde, bekäme ich richtig schlechte Laune.

      Es gab anderenorts mal Bilder von diesen AÜs ohne Abdeckung (oder den Vorgängern) woraus ersichtlich war, dass sie jedenfalls nicht in 2-Kammertechnik ausgeführt sind.
      Von einer Verschachtelung würde ich erst einmal ausgehen, aber wir wissen ja, wie bei manchem Hersteller (wie auch bei Saba) bei den AÜs auf jegliche Finesse verzichtet wurde.
      Achim
      Hallo Peter zu Post 101

      Die Version mit den entschaerften Schleifern ist einwandfrei. !!!
      Was nicht gehen wird oder schlecht, ist das.

      Laut Philips /Valvo genuegen 56 Ohm in den verbundenen Katodenableitungen von jeweils 2 EL503, dass die Schaltung im Arbeitspunkt steht.
      10 oder 22 Ohm veraendern da schon was am AC- Verhalten.
      Ri /// Ra

      hans

      http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/datasheetEL503.pdf


      Hallo Achim.

      Die schlechten Daten bei 10 Khz sagen: Einkammertechnik Lediglich der ohmsche Laengenausgleich ist gemacht, der aber sehr gut!
      Post 062 hier:

      http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/SABA%20V110.pdf
      Hallo Hans,

      danke für die Informationen. Bei der aussergewöhnlich hohen Steilheit der EL503, wirkt sich natürlich auch ein kleiner Katodenwiderstand bereits signifikant auf die übrigen Betriebsparameter der Röhre aus. Da muss ein evtl. eingefügter Katodenwiderstand schon kapazitiv überbrückt werden.

      Und der Elko wird dann auch recht "dick", weil ja noch 1/S parallel zu dem sichtbaren Widerstand berücksichtigt werden muss.

      Hallo Achim,

      die Messwerte der Anodenwicklungen rehabilitieren den AT schon etwas. So muss er zumindest ansatzweise über eine Verschachtelungstechnik verfügen. Nur, dass man diesen Amplifier allgemein mystifiziert und als absolute Referenz darstellt ist bei der weitgehenden Standardschaltung nicht wirklich nachvollziehbar.

      Natürlich erachte ich den Klang dieses Gerätes aus röhrentechnischer Sicht auch als angenehm. Aber ich denke, das was einige Freaks in dieses Teil so hineininterpetieren ist mehr auf den verklärten Blick, auf nicht wirklich vorhandene Vorteile, der Vakuumkolben zurückzuführen.

      Ich erkenne auch den durchdachten und soliden mechanischen Aufbau des Gerätes als vorbildlich an - nur die Kühlung der Endröhren ist meines Erachtens zu Gunsten eines ansprechend flach gehaltenen Designs etwas ungünstig ausgefallen.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Peter,

      zu Deiner letzten Anmerkung zuerst: Die ungünstige Situation bei der Konvektion im Bereich der Endröhren soll bei diesem Gerät verbessert werden.
      Telewatt hat den Verstärker mit einem Holzgehäuse mit knapper Höhe gebaut. Das führt zu unzureichender Abschirmung und damit zu einer Verschlechterung des Geräuschspannungsabstandes. In der heutigen Zeit ist ja noch zusätzlich mit Störungen durch Mobiltelefone, Dimmer, Netzteile von PCs, Notebooks und Embedded-Geräten und vieles mehr zu rechnen.
      Der Verstärker wird nun ein abschirmendes Metallgehäuse bekommen, das großzügig mit Löchern bzw. Schlitzen zur Lüftung ausgestattet wird. Die Höhe des Gehäuses wird größer sein, als im Original. Weiterhin sind Gehüsefüße von 30mm Höhe vorgeshen, um den LuftEINtritt an der Gehäuseuntersete zu erleichtern. Die original vorhandenen ca. 10mm hohen Kufen dürften viel zu flach sein.

      Mit dem Hype um einzelne Verstärkermodelle ist es so eine Sache. Je nach Verfügbarkeit oder auch Knappheit ist einmal der V 112, der VS-60, VS-70 oder VS-71 der absolut unschlagbare Überhammergranatengigantenhighendröhrenmonsterverstärker.
      Eine Woche später ist dann wieder irgendeine vergammelte Klangfilmbaracke das non plus ultra.

      Der VS-110 wird interessanterweise meist eher kritisch betrachtet. Ich vermute, infolge der Knappheit der EL503 in Verbindung mit der gerade oben beschriebenen Langzeitinstabilität.
      Dennoch ist der VS-110 der Verstärker mit der wohl am besten für HiFi-Zwecke gebauten und optimierten Endröhre ausgestattet und hat die höchste Ausgangsleistung. Die übrige Schaltung ist ja über VS70,71 bis 110 sehr ähnlich geblieben.

      Ich bin selbst gespannt, wie der Verstärker klingen wird, wenn er fertig ist. Er ist dann komplett revidiert und von allerlei Ballast berfreit.

      Ganz allgemein ist die Auswahl bei Röhrenverstärkern der frühen HiFi-Ära aus Deutscher Produktion sehr überschaubar.
      Mir fallen ad hoc nur K & H Telewatt, Braun, Siemens, Telefunkenn und Grundig ein, wobei TFK und Siemens eher im Nachrichten- und Studiotechnischen Bereich aktiv waren.

      Das ist also ein hochinteressantes Thema.
      Achim
      Guten Abend an sagnix (+ alle anderen)

      Du schreibst, der VS 110 würde mit "verklärtem Blick" betrachtet und etwas mystifiziert, was "bei der weitgehenden Standardschaltung nicht wirklich nachvollziehbar" ist.
      Der Umkehrschluss dieser kritischen Anmerkungen lautet, dass es "bessere" Verstärker mit "ausgefeilteren" bzw. "raffinierteren" Schaltungen gibt.

      Welche Verstärker gibt es denn, aus Deiner Sicht, die eine ausgeklügeltere Schaltung besitzen und einen "besseren" Klang erwarten lassen? Gleichgültig, ob alte Schaltungen, sprich alte Modelle, oder neue Geräte?

      Bitte nicht vergessen, dass hier HiFi-Interessierte und Fans mitlesen, die von "Steilheit im Zusammenhang mit kleinem Kathodenwiderstand plus kapazitiver Überbrückung" absolut nichts verstehen! Die ehrfürchtig die Diskussion unter Fachleuten verfolgen, aber die Hinweise nicht umsetzen können, und deshalb auf klare Worte dieser Fachleute angewiesen sind. Wir HiFi-Leute wollen Hinweise, Vergleiche, Einstufungsmöglichkeiten! Die seriösen unter den HiFi-Leuten freuen sich, dass mit diesem Projekt der 10.000 Euro kostende Hype einiger japanischer Anbieter mit Silberdraht-AÜs (hoffentlich) widerlegt wird.
      Und jetzt komm sagnix und stellt indirekt die VS-Modelle in Frage - das ist aber gar nicht nett:-)
      Viele Grüße lowfly
      Hallo lowfly,

      deine Fragen sind nicht ganz einfach zu beantworten, deshalb muss ich erst einmal tief Luft holen, ich bereite dazu etwas vor. Nur ob das allgemeinverständlich sein wird kann ich nicht garantieren - ich versuche es aber einmal.

      Hallo allerseits,

      es scheint, als hätte ich hier etwas losgetreten bei dem es schwierig wird sachlich zu argumentieren weil es daran grenzt gegen eine Glaubensgemeinschaft anzutreten.

      Zunächst kann ich dazu nur sagen, dass es im Prinzip nur eine gebräuchliche Standardschaltung, für Leistungsendstufen gibt und das ist die Gegentaktendstufe. Sie ermöglicht bei vertretbarem Schaltungs und Materialaufwand den besten Wirkungsgrad bezüglich der Leistungsausbeute - sprich die Leistung, welche am Lautsprecher ankommt.

      Diese Gegentaktendstufen wurden in unterschiedlichen Betriebsarten, Arbeitspunkten betrieben. Dabei konnte man in einem gewissen Umfang die "Grundlast" der End-Röhren und deren zu erwartende Lebensdauer beeinflussen. Dies geschah durch die Wahl unterschiedlicher Gittervorspannungen. Natürlich hat dieses seinen Preis bezüglich der zu erwartenden Klangqualität. So konnte man bei den meisten gebräuchlichen Endröhren einen optimalen Arbeitspunkt der einen guten Wirkungsgrad und einen geringen Klirrfaktor ergab finden.


      DIE ENDROEHREN:
      Es gab einige, besonders für den Audiobereich optimierte Endröhren. In Deutschland waren dies für mittlere Leistungen die EL84 und für Kraftverstärker die EL34. Dieses waren lange Zeit die "Arbeitstiere" im Bereich der Konsum-Audiotechnik. Gleichzeitig gab es noch einige "Aussenseiter" auf dem Gebiet, dazu gehörte die von Telefunken entwickelte EL156. Wenn sie denn lief, war auch diese gut brauchbar, aber leider neigte diese zu häufigen Ausfällen wegen schlechten Vakuumeigenschaften - eigentlich schade.

      Zum Ende der Röhrenaera wurde dann noch die EL503 geschaffen, welche letztlich in unserem Telewatt VS 110 ihren Einsatz fand. Sie verfügte über eine ausserordentlich hohe Steilheit - dadurch waren geringere Steuerspannungen am Gitter der Röhre erfoderlich, wodurch bei den Vorstufen geringere Amplitudenhübe erforderlich waren, infolge dessen sich teilweise geringere Klirrfaktorwerte ergaben.

      Andererseits erforderte diese Röhre, wenn man die volle Leistung und die Vorteile der hohen Steilheit nutzen wollte eine sehr stabile Arbeitspunkteinestellung - man mußte auf recht genaue Einhaltung der Gittervorspannungen achten.

      DER AUSGANGSTRAFO
      Nun ist die Klangqualität eines Röhrenverstäkers nicht nur von den Eigenschaften der verwendeten Röhren abhängig, sondern auch der Ausgangstrafo spielt dabei eine wesentliche Rolle. Seine Eigenschaften bestimmen letztlich die Bandbreite des zu übertragenden Frequenzbereiches und er ist auch verantwortlich für das innerhalb dieses Bereiches auftretenden Phasenverhalten des Verstärkers.

      So betrachtet ist er das wichtigste und kritischste Bauteil einer trafobehafteten Endstufe. Seine Qualität hängt einerseits von der Qualität des verwendeten Kernbleches und der Wickeltechnick ab. Beim Kernblech gilt es die Eisenverluste (Ummagnetisierungsverluste) und die Wirbelstromverluste möglichst gering zu halten. Trotzdem soll das Blech auch eine möglichst hohe Permeabilität aufweisen damit man mit möglichst geringen Windungszahlen auskommt.

      Die Eisenverluste kann nur der Kernhersteller durch entsprechende Legierungszusätze beeinflussen; die Hystereseverluste werden durch die Dicke der einzelnen Kernbleche bestimmt. Die herkömmlichen Kerne bestehen aus zahlreichen einzelne aufeinander geschichteten Kernblechen. Die Kerngröße ist massgeblich für die untere Grenzfrequenz bestimmend. Die Eigenschaften der Kernbleche müssen also mit dem Kernhersteller abgestimmt werden.

      Die Eigenschaften im oberen Frequenzbereich können durch die Anordnung der Wicklungen beeinflusst werden. Bei den Wicklungen ist es wichtig eine innige Kopplung zwischen Primär- und Sekundär- Wicklungen zu sichern. Dies erreicht man, indem indem man alle Wicklungen in mehrere Teile aufsplittet und diese dann ineinander verschachtelt auf dem Wickelkörper anordnet. Für einen exakt symmetrischen Aufbau eines Gegentaktübertragers ist es vorteilhaft den Spulenkörper in zwei gleich große Kammern aufzuteilen (Zweikammertechnik). Durch diese Verschachtelungstechnik gelingt es die für die Phasendrehung im oberen Frequenzbereich verantwortlichen Streukinduktivitäten zu minimieren.

      Als zweiter Faktor sind die Wicklungskapazitäten für die Eigenschaften im oberen Übertragungsbereich massgeblich. Diese bestehen aus der sich summierenden Kapazität der einzelnen nebeneinander liegenden Wicklungsdrähte und der Kapazität zwischen den einzelnen Lagen. Diese Kapazität liesse sich grundsätzlich durch eine geringere Windungszahl verringern, aber dazu wäre ein größerer Eisenkern notwendig. Die andere Möglichkeit ist mit der verschacjtelten Wicklungstechnik möglich, indem man durch geschickte Polung und Verschaltung der einezelnen Teilwichlungen dafür sorgt, dass die Spannungen zwischen den einzelnen Lagen möglichst gering sind. Dies erreicht man unter anderem dadurch, dass man den mehrfach den Wicklungssinn der Teilwicklungen ändert.

      Letztlich sind auch noch die Wicklungswiderstände des Übertragers von Bedeutung; sie sind ausschlaggebend für den Quellenwiderstand des gesamten Verstärkers. Der resultierende Kupferwiderstand setzt sich zusammen aus dem direkten Widerstand der Sekundärwicklung in Reihe mit dem transformierten Widerstand der Anodenwicklungen. So ist der Ausgangstrafo der eigentliche Knackpunkt für die Qualität eines Verstärkers und unter Berücksichtigung aller angedeuteten Parameter kann man nur versuchen den besten Kompromiss zu finden - es gibt in der Praxis keinen absolut optimalen Übertrager.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo die Runde,

      in der Blütezeit der Röhren-HiFi-Technik spielte Japan noch keine Rolle.
      In Deutschland war ein HiFi-Markt im eigentlichen Sinne noch nicht vorhanden bzw. sehr klein. Die Verstärker der Deutschen Hersteller (siehe oben) basierten teils auf den Schaltungen früher "Kraftverstärker" aus der ELA-, Rundfunk-, Studio- und Fernmeldetechnik.
      Hier gab es durchaus schon hohe Qualität, aber die später als HiFi begriffene Verschmelzung von hoher Leistung mit hoher Klangtreue unter Beachtung ganz konkret definierter Mindestanforderungen war noch nicht die Regel.

      Dann haben einige Hersteller, hier würde ich Telewatt, Braun und Grundig nennen, die Entwicklung erkannt und Komponenten für das Heim anspruchsvoller Musikhörer entwickelt.
      Nebenher entstand noch eine Selbstbauszene, die vorhandene Schaltungen nachbaute oder Bausätze z.B. von RIM in München aufbaute.

      Die Pioniere der Heim-High-Fidelity und lange Jahre auch die Referenz waren aber Amerikanische Hersteller. (The Fisher, McIntosh, Leak, Sherwood und viele mehr).

      Auf dieser Seite etwa findet sich eine beachtliche Auswahl von Schaltungen einiger dieser Hersteller:

      http://audiokarma.org/forums/showthread.php?t=143214

      Schaut man sich die Schaltungen an, fällt auf, dass dort auch nur mit Wasser gekocht wurde. Die Schaltungen sind häufig sehr "einfach", was damals gerne lobend als "gerade heraus" oder "schnörkellos" anerkannt wurde. Viele Schaltungen erscheinen vor dem Hintergrund späterer Transistorschaltungen fast primitiv.

      Die Telewatt VS70, VS71 und VS-110 wirken im Vergleich nicht einfacher, eher aufwändiger.

      Wie dem auch sei, all diese teils berühmten Verstärker, als Highlight sei nur der SA-1000 von The Fisher genannt, es gilt aber auch für viele andere Modelle der Zeit, waren äußerst musikalisch!
      Man hat es geschafft, durch Konstruktion und Auswahl der entscheidenden Komponenten wie Ausgangsübertrager und Röhren und durch Schaltungsdetails in der Gegenkopplung eine faszinierende Musikalität (später in der Transistorära verächtlich "Sound" genannt) zu erzeugen, die meist bei bestimmten Musikstilen ihre maximale Ausprägung hatte.

      Manchmal mag dies das Ergebnis mühsamer Berechnungen und Hörtests, manchmal auch ein Glücksfall oder reine Empirie gewesen sein.
      Wenn die Verstärker gut gewartet und gepflegt wurden und es noch Ersatzröhren gibt, hat diese Qualität bis heute Bestand.

      In der Neuzeit hat man natürlich, angespornt durch die frühen Erfolge, die Technik der Röhrenverstärker weiter zu entwickeln versucht. Wie ich meine, ohne Erfolg.

      Lösungen wie Gleichstromheizung, mit Integrierten Spannungsreglern realisierte Autobiasschaltungen, Kombinationen mit MOS-FETS, halbleiterstabilisierte Netzteile und Vieles mehr waren - und das ist meine persönlich Meinung - nicht in der Lage, die alten Entwürfe mit ihren alten Komponenten signifikant zu übertreffen.

      Bleiben die alten Klassiker, deren Preise kontinuierlich steigen und bei deren Vermarktung auch allerlei unseriöse Praktiken durch die Lancierung immer neuer Hypes zu beobachten sind.

      Ich kann nur empfehlen, sich in Hörtests mit seiner eigenen Musik ein eigenes Bild zu machen. Das ist mühsam, lohnt sich aber.

      Freilich darf man nicht im AB-Vergleich einen Verstärker A, der mit neuen Röhren bestückt, revidiert und eingestellt ist, mit einem nicht revidierten heruntergerittenen Verstärker B vergleichen.
      Achim
      DIE SCHALTUNGSTECHNIK
      Auch mit der Schaltungstechnik kann die Wiedergabequalität, Klirrfaktor und z.B. auch der Quellwiderstand der Verstärker(endstufen) beeinflußt werden. Das Zauberwort heisst Gegenkopplung. Diese kann man an den unterschiedlichsten Stellen unterbringen. Eine davon hat sich unter der Bezeichnung Ultralinear- Endstufe etabliert. Dieses ist eine Schaltung, bei welcher eine Anzapfung des Ausgangstrafos eine Schirmgittergegenkopplung bewirkt. Damit wird das Übertragungsverhalten direkt in der Endstufe linearisierend beeinflusst. Dadurch ist aber ein Verstärkungsrückgang der Endstufe verbunden, der durch höhere Verstärkung in den Vorstufen ausgeglichen werden muss. Die Vorstufe muss eine höhere Steuerspannung liefern – höhere Signalspannungen sind aber meist auch mit höheren Klirrfaktoren verbunden...

      Um dieses Problem in den Griff zu bekommen erweitert man die Gegenkopplungschleife, indem man die Gegenkopplungsspannung direkt am Lautsprecher abgreift und über möglichst viele Stufen wirken lässt. Leider ist diese Massnahme, weil sie unter Einbeziehung des Ausgangsübertragers erfolgt, nicht umbegrenzt zu betreiben, weil ab einer gewissen Gegenkopplungstärke (Kreisverstärkung), bedingt durch die Phasenderehungen im oberen Frequenzbereich Instabilitäten und Schwingneigungen auftreten. Die Gegenkopplung incl. Ausgangstrafo ermöglicht sowohl eine signifikante Senkung des Klirrfaktors als auch des Innenwiderstandes, welchen letzendlich der Lautsprecher „sieht“.

      Wegen der Unzulänglichkeiten der Ausgangsübertrager, hat man versucht durch lokale Gegenkopplungen bereits in den Vorstufen den Klirranteil möglichst gering zu halten. Dies geschieht in der Regel durch Einfügen unüberbrückter Katodenwiderstände. Es sind jedoch auch Gegenkopplungen über mehrere Stufen üblich. Durch diese Gegenkopplungen erreicht man bereits in den Vorstufen stabile Verstärkungsverhältnisse und hohe Bandbreiten. Natürlich sind alle Gegenkopplungsmassmahmen mit Verstärkungseinbussen behaftet, welche durch zusätzliche Röhrenstufen wieder ausgeglichen werden müssen. Aber man erreicht damit auch, dass die Verstärkungziffern, von Alterungserscheinungen und Exemplarstreuungen einzelner Röhren weitgehend unabhängig sind.

      Als bester Kompromiss ist eine Kombination aller erwähnten Gegenkopplungen unter Einbeziehung des AÜ anzustreben - es kommt dabei darauf an die Gegenkopplungsintensität den jeweiligen Gegebenheiten zweckmäßig anzupassen. Da war die Kreativität der damaligen Entwickler gefordert - oft griffen die aber nur in die Kiste der von den Röhrenherstellern empfohlenen Standardschaltungen.

      Zusammenfassend kann man sagen. Die Gegenkopplung dient dazu die Unzulänglichkeiten (Unlinearitäten) der aktiv an der Verstärkung beteiligten Bauteile (Röhren) und des Ausgangstrafos zu minimieren.

      So gesehen gibt es keinen kompromisslosen Röhrenverstärker, welcher alle positiven Eigenschaften in sich vereinigt – Punkt!

      Leider sind die meisten Verstärker aus der HIFI-Röhren Aera mit all den geschilderten Schwächen behaftet und besonders im Bereich der Ausgangsübertrager hatte man damals erheblich geschwächelt, weil die beschriebene spezielle Wicklungstechnik die Geräte spürbar verteuert hätten - sie ließen sich ja auch so verkaufen und erfüllten die zeitgenössische HIFI-Norm. ---- In diesem Zusammenhang möchte ich noch bemerken, dass im Gegensatz zur Industrie, die Firma RIM zu ihren Bausätzen bereits mehrfach verschachtelte in Zweikammertechnik gewickelte Trafos produzierte. ----

      Und selbst heute gibt es noch Leute, welche auf den Klang dieser Geräte schwören und diese als Referenz betrachten. Auch ich finde den Klang überzeugend, kann aber nicht wirklich nachvollziehen wie man daraus ein Glaubensbekenntnis erwachsen lassen kann. Ich kann, als älterer Knabe in der Röhrenzeit meine Erinnerungen etablieren und sagen, dass man bereits unter Nutzung der Röhrentechnik erstaunliche Ergebnisse erzielen konnte, welche aber messtechnisch den heutigen Komponenten nicht gewachsen sind.

      Die Röhrentechnik unterliegt einer eigenen Philosophie, welche sich mit vernünftigen (messtechnischen) Argumenten nicht belegen lässt. Man kann daher sagen, dass alle damaligen namhaften Röhrenverstärker (Achim nannte sie bereits) hervorragende Ergebnisse brachten aber auch ihre Schwachstellen aufwiesen, welche wir heute -speziell die Röhrenfetischisten- teilweise zu übersehen geneigt sind.

      Vor allem wurde bei den besagten Verstärkern noch auf eine einwandfreie stabile Mechanik zurückgegriffen - und die Dinger sind selbst heute, nach über 50 Jahren oft mit geringem Aufwand funktionsfähig zu machen. Da konnte man noch von Wertarbeit -Made in Germany- sprechen...
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo sagnix,
      danke für die ausführlichen Erläuterungen zu den Schaltungen. Ganz leicht hast Du Dich allerdings um die Antwort auf meine Frage gemogelt: Wo steht denn nun ein VS 110 (oder der "berühmte" VS 70) im Qualitätsvergleich zu einem Röhren-Amp moderner Bauart? Ich nenne als Beispiele für verbreitete und "angesehene" Verstärker Ayon, Unison, Quad. Aus Deutschland Einstein, LUA, neuerdings wieder T + A. Nicht zu vergessen Welter aus der Eifel, die lange Zeit gute Röhrenverstärker (Vor- und Endstufen) auf den Markt brachten. Schließlich auch die sündhaft teuren Exoten wie Graaf, Lamm, KR Audio Kronzilla, aus Japan Audionote, oder die Röhren-Neuauflagen von Luxman.
      Es ist vollkommen klar, dass jeder (Röhren-)Verstärker einen Kompromiss darstellt! Die Frage war aber doch, wie groß ist der Kompromiss bei einem VS 110 im Vergleich zu einem der genannten neuen Geräte? Diese Antwort dürfte spannend werden.
      Könnte außerdem jemand aus dem Kreis der Profis mal so freundlich sein, die verschiedenen VS-Modelle (vorrangig den VS 110) technisch zu definieren? Die HiFi-Szene ist voller Schlagworte wie "Trioden- und Pentodenschaltung in Ultralinearschaltung". Meistens wird das auch noch mit bestimmten Klangmerkmalen verknüpft. Laien finden da nicht durch. Also, sagnix, tu mir (und allen anderen Laien) den Gefallen. Was für Euch Profis selbstverständlich ist, ist für uns wichtig.
      Danke sagt lowfly
      Mir gefällt es sehr gut, wenn sich die Diskussion mit den Berichten über den Fortschritt der Arbeiten mischt. Spätere Leser müssen dann zwar wie im Film mehrere Handlungsstränge (Plots) simultan verfolgen, aber das macht die Sache spannend.

      In diesem Sinne hier ein Bild der Defeatschaltung für das Klangregelnetzwerk:



      Sie ist genau nach dem Entwurf in Post 090 realisiert, umgeht also das gesamte Klangregelnetzwerk und die vorgelagerte Verstärkerstufe.

      Die Umschaltung erfolgt sehr präzise, eine Pegelanpassung war nicht nötig.
      Um die Verwendung von 4 Umschaltkontakten kommt man nicht herum, weshalb der blaue Japanische Minuaturkippschalter zum Einsatz kommt. Die Auswahl an handelsüblichen Schaltern ist für 4xUm sehr klein.

      Zuerst hatte ich einen Test gemacht, bei dem hinter dem Netzwerk umgeschaltet wurde (dafür genügen 2xUm) und am Eigang das Klangregelnetzwerk angekoppelt blieb. Das funktioniert erwartungsgemäß nicht, der passive Zweig des Klangregelnetzwerks (ohne die GK-Komponente) beeinflusst den Klang (Tiefpass).



      Ein kurzer Satz noch zu den Röhrenschaltungen:

      Die Triode ist das klassische Röhrensystem. Ihr großer Vorteil liegt in der Verzerrungsarmut.
      Im VS-110 sind alle Verstärkerstufen außer der Gegentaktendstufe mit Trioden aufgebaut. Zum Einsatz kommen bis auf eine Ausnahme die rauscharmen ECC808.

      Je nach Funktion der Stufe gibt es noch unterschiedliche Varianten, wie Trioden betrieben werden können. Die normalen Verstärkerstufen, bei denen es auf hohe Verstärkung ankommt, sind in Kathodenbasisschaltung ausgeführt.

      Die Stufe mit der ECC83 hinter dem Klangregelnetzwerk ist in Anodenbasisschaltug (als Kathodenfoger) aufgebaut, wobei man die hohe Eingangsimpedanz dieser Schaltung nutzt, um den (hochohmigen) Ausgang des Klangregelnetzwerks nicht zu belasten. Die niedrige Ausgangsimpedanz des Kathodenfolgers war dann u.A. für die Fernregelung vorteilhaft.

      Die letzte Stufe vor der Endstufe ist ebenfalls eine Triode, die als Anodenspannungsteiler geschaltet ist, um anoden- und kathodenseitig ein um 180° gegenphasiges Signal zur Ansteuerung der Endröhren auskoppeln zu können.

      Die beiden Endröhren hingegen sind Pentoden. Ihr großer Vorteil liegt in der hohen möglichen Verstärkung, erkauft mit höheren Verzerrungen.
      Im VS-110 werden die Endröhren in der klassischen Pentodenschaltung betrieben, das Schirmgitter G2 wird mit reiner Gleichspannung angesteuert. So erhält die Endstufe den höchsten Wirkungsgrad.

      Die Idee der Ultralinearschaltung besteht darin, der Schirmgitterspanung jeder Endröhre zusätzlich das NF-Signal zu beaufschlagen und so eine Verzerrungsmindernde lokale Gegenkopplung zu realisieren. Je weiter in Richtung der Anodenanschlüsse des Ausgangsübertragers die Anzapfungen für die Schirmgitter liegen, umso strammer die Gegenkopplung, im Extremfall hat man es dann de facto wieder mit einer Triode zu tun. Wenn es auf niedrigste Verzerrungen ankommt oder man es mit Röhren zu tun hat, die stark klirren, ist diese Variante von Vorteil. Wie Peter schon sagte, sinkt damit aber auch die Verstärkung.

      Ich nehme an, man war bei Telewatt im Fall des VS110 davon überzeugt, auf eine Ultralinearschaltung verzichten zu können, etwa weil man die EL503 für klirrarm genug hielt und / oder weil man die volle Leistung herausholen wollte.
      Die Ultralinearschaltung war bei den Vorgängermodellen vorhanden (die hatten aber auch TV-Endröhren) - man hätte sie also ohne Weiteres auch beim 110er beibehalten können - hat man aber nicht.

      Nun, wie Hans in seinem Artikel gezeigt hat, ging die Rechnung nicht ganz auf. Die Verzerrungen bei Frequenzen über 10KHz sind relativ hoch. Um hier wirklich _alles_ richtig zu machen, hätte man einen noch weiter optimierten, teureren Ausgangsübertrager mit 2-Kammertechnik verwenden müssen, was, wie wir hier vermuten, zu teuer war.

      Noch ein interessanter Aspekt: Die Betriebsart der Endröhren.
      Der Ruhestrom einer Endstufe beträgt 150mA. Er ist die Summe aus den Anoden- und Schirngitterströmen beider EL503 des Kanals.
      Somit wird hier ohne Aussteuerung eine Verlustleistung von rund 45 Watt umgesetzt! Das ist schon fast die Nennleistung, was mich annehmen lässt, dass man sehr weit Richtung oder im A-Betrieb liegt.
      Hier gilt nun wiederum als Besonderheit, dass die Übernahmeverzerrungen minimal sind (und die sind die fürs Ohr unangenehmen) und dass auf Seiten des AÜ andere Anforderungen gelten. Diese kommen ceteris paribus mit kleineren Kernen (ja sogar ohne Luftspalt?) aus, weil eine konstante Vormagnetisierung durch das Gleichfeld besteht.
      Achim
      Salü bin über das in der bucht gestossen.Bissle viel finde ich,das ohne Tubs.
      http://www.ebay.de/itm/Klein-Hummel-Saba-Telewatt-VS-110-Stereo-Rohrenverstarker-EL-503-Telefunken-/280804405000?pt=Radio_TV_Musik&hash=item41613f2f08

      Ja was würde ich dan für meinen bekommen,ist noch alles top.Naja den behalte ich erinnerung an Vater und halt Sound mässig.
      http://www.ewu56.de/fertig.jpg
      Der Schwarzwälder.
      Die Preise scheinen in der Tat anzuziehen...

      Davon unbeeindruckt versuche ich weiter, während das Anschlusspanel noch in der Fertigung ist, weitere Details zu optimieren.
      So erscheinen die kleinen Miniaturkippschalter (siehe Post 114) mittlerweile ungeeignet. Sie würden nur wenig aus der neuen Frontplatte herausragen und passen von den Proportionen her nicht zu den Drehknöpfen und dem Format der gesamten Front.
      Daher habe ich sie gestern durch Drehschalter mit 6mm Achse ersetzt. Sie können nun mit Metalldrehknöpfen, die zu den neuen Knöpfen für die Potis passen, bestückt werden. All das wird Hannes zu gegebener Zeit seinen persönlichen Vorlieben entsprechend umsetzen.

      Hier sieht man den unterforderten Monoumschalter:



      In der rechten Hälfte der Frontplatte liegt an derselben Position der Umschalter "Klangregelung - Defeat" Die erforderliche dritte abgeschirmte Leitung versteckt sich erfolgreich hinter den anderen Beiden:



      Hier sieht man die Frontplatte im Rohbau. Alle Knöpfe sind Provisorien, die Frontverblendung fehlt noch:



      Die Anordnung mit Netzkippschalter rechts, 5 Drehknöpfe für Eingangswahl, Balance, Lautstärke, Bässe und Höhen im unteren Drittel in einer Reihe, mittig oberhalb von Balance und Lautstärke den Monoschalter und mittig oberhalb von Bass- und Höhenregler den Defeatschalter empfinde ich als geradlinig und funktional.

      Man erfährt bei diesem Projekt wieder ganz deutlich den Prozesscharakter der Arbeit. Es ergeben sich Alternativen und Verbesserungen wie auch Anpassungen. Zu Beginn der Arbeiten lässt sich nicht alles planen und absehen, Flexibilität und Reflexion führen zu besseren Ergebnissen - wie ich hoffe ;)
      Achim
      Achim, meine Anmerkung bzgl. der Preisentwicklung war keinesfalls als Vorwurf zu verstehen, im Gegenteil, ich bin mir sicher, dass dieses Projekt zu einem Spitzengerät führen wird; ich finde es auch lobenswert, dass hier im Rahmen der Arbeit Verbesserungen diskutiert werden und auch in den Prozess einfließen, wodurch sicher ein hervorragendes (wenn auch vielleicht vorläufiges) Unikat entsteht
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten