Siemens Spitzensuper 51 SH 906 W

      Hallo,


      von Zeit zu Zeit möchte ich u.a. über Radiogeräte berichten, die man als Meilensteine der Rundfunktechnik bezeichnen kann.
      An anderer Stelle werden sie auch zutreffend als Radiogiganten bezeichnet.


      Dies ist erst mal kein Reparaturthread. Vielmehr möchte ich mit Euerer Hilfe technische Besonderheiten herausarbeiten und die teils seltenen Radios in Bildern vorstellen.
      Wenn aber die Restauration des jeweiligen Gerätes ansteht, habe ich vor, den Reparaturbericht anzuhängen.


      Dieser Siemens Spitzensuper aus dem Jahre 1950 ist unrestauriert und befindet sich seit 3 Jahren in meinem Besitz.





























      "Optisch eines meiner schönsten Radios".


      Technische Daten:

      Neun Röhren: ECH42-EF41-EAF42-EF42-EB41-EM4-EAF42-EL12 (F2a11)-AZ12

      AM: 8 Kreise
      Vorkreis-Oszillatorkreis-drei ZF-Bandfilter mit je zwei Kreisen, dazu 1 ZF-Saugkreis

      FM: 10 Kreise
      Vorkreis-Oszillatorkreis-vier ZF-Bandfilter mit je zwei Kreisen, dazu 1ZF-Saugkreis

      FM-Demodulation: Ratio-Detector

      Wellenbereiche: UK-3xK-M-L

      Schwundausgleich: verzögert auf drei Röhren

      Lautsprecher:
      Tiefton :25cm Durchmesser elektr.-dyn., 11000 Gauss
      Hochton: 9cm Durchmesser perm.-dyn., 7500 Gauss







      Je ein stetig regelbares Hoch- und Tiefregister, kombiniert mit Bandbreiten-Oktavschaltung, gehörrichtige Lautstärkeregelung.
      Eine neu entwickelte Siemens-Hochleistungs-Endpentode F2a11,
      KW-Bereiche gespreizt.






      Leistungsaufnahme: ca. 95W

      Preis: 650,--DM


      Neuartig bei einem Rundfunkempfänger und wohl auch einmalig war die Anordnung der hochfrequenten Abstimmelemente in einer Spulentrommel, die sonst nur bei hochwertigsten kommerziellen Empfängern zu finden war.

      Wird über den Wellenschalterknopf der Skala die Trommel auf einen Wellenbereich gedreht, dann greifen die Messerkontakte des entsprechenden Trommelsegments in Federbuchsen der festen Schaltung.
      Die nicht aktiven Segmente sind abgeschaltet bzw. geerdet.

      Damit wurde mechanisch und elektrisch stabiler Aufbau erreicht.:



      Die Spulentrommel gab u.a. die Möglichkeit, die eingebauten Wellenbereiche gegebenenfalls für besondere Wünsche oder Bedürfnisse (z.B. Export) leicht austauschen zu können.

      Die Gesamtempfindlichkeit beträgt im Langwellenbereich ca. 9µF, im Mittelwellenbereich ca. 6µF, in den Kurzwellenbereichen ca. 20µF, im UKW-Bereich bei 15KHz Hub ca. 90µF.

      Der Siemens Spitzensuper 51 stellt sicherlich technisch als auch optisch etwas Besonderes dar. Ich stufe ihn noch seltener ein als z.B. einen Grundig 5005 oder sogar einen Telefunken T5000/ T5001. Wenn überhaupt Geräte bei ebay auftauchen, dann oft ohne die Lautsprecher, mit verrostetem Chassis oder schlechtem Gehäuse:







      Mich würde interessieren ob er klanglich und von der Empfangsleistung her gesehen an einen Grundig495W herankommt.
      Gegenüber vielen frühen UKW-Geräten hat der Siemens den Vorteil des verbauten Hochtöners. Im Saba Freiburg W10 z.B. vermissen wir ihn ja.

      Gruß Udo
      Hallo Hans,

      vielen Dank für das Schaltbild!

      Ich werde die nächsten Tage noch Bilder von der Chassisunterseite einstellen.

      Dann folgen auch einige Fragen.

      Leider wurden bei diesem Gerät nur keramische Scheibentrimmer verbaut, keine Philips Tauchtrimmer.

      Diese keramischen Scheibentrimmer dürften ihre Werte über die Jahrzehnte stark verändert haben und alle ausgetauscht werden müssen.

      Sehe ich das richtig?

      Gibt es noch entsprechenden Ersatz, möglichst in ähnlicher Bauform?

      Gruß Udo
      Hallo Udo.

      Diese Trimmer sind dann immer defekt, wenn sie einem Klima ausgesetzt waren, welches nicht als Raumklima anzusehen ist.
      Es gibt diese Trimmer als neu nicht.

      Kleinere mit D= 10mm und D= 7mm.
      Die setze ich oben auf die defekten drauf.
      Man muss hat entscheiden, was ich stets mache: original und keine Musik, oder Musik und nicht mehr original.

      Von meinen Radios, sind max. 10% spielfähig, meine ich.
      Wenn ich einen davon einschalte, raucht der oder dergl.
      Irgend ein Teil ist dann oft und sicher wieder defekt!

      Wenn ich lache, bin ich auch nicht mehr "Original" ;-))

      hans
      3DS Udo postete
      ...
      Die Gesamtempfindlichkeit beträgt im Langwellenbereich ca. 9uF, im Mittelwellenbereich ca. 6uF, in den Kurzwellenbereichen ca. 20uF, im UKW-Bereich bei 15KHz Hub ca. 90uF...
      Vermutlich wolltest Du die Empfindlichkeit in µV angeben. :)

      Bei Keramiktrimmern sehe ich keine Probleme bezüglich Alterung. Man darf sie keinesfalls mit irgendwelchen nichtflüchtigen Kontaktsprays behandeln, weil sich dann durch das zusätzliche Dielektrikum die Kapazität ändert. Wenn die Leitschicht (Silber) nicht total schwarz ist, sehe ich keinen Handlungsbedarf.

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo Hans,

      das Gerät war wohl auch mal Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen, denn das Chassis hat etwas Flugrost angesetzt. Nichts dramatisches und auf den Bildern nicht zu sehen. Von unten allerdings.
      Bei einem der Trimmer ist die Schraube abgebrochen. Ist er dadurch unbrauchbar geworden?
      Woher beziehst Du die von Dir erwähnten Ersatztrimmer und welche genaue Bezeichnung oder Bestellnummer haben sie?


      Zitat: dl2jas postete:
      Vermutlich wolltest Du die Empfindlichkeit in Mikrovolt angeben.

      Hallo Andreas,
      klar wollte ich das. Aber wo befindet sich das entsprechende Zeichen auf der Tastatur?

      Gruß Udo
      Hallo Udo,

      das ist ein beeindruckendes Radio! Es hat in der Tat einige Besonderheiten und ist sehr sauber aufgebaut.
      Ein separater Hochtöner war anno 50 ja auch nicht überall Standard.
      Der Netztrafo scheint eine deutlich bessere Qualität zu aben als die Saba Trafos.

      Die Trommeltechnik fand sich übrigens auch im TV-Bereich bei den VHF-Kanalwählern wieder.

      Die auf die Keramik aufgedampfte Silberschicht setzt sich an der Oberfläche mit den Schwefelbestandteilen der Luft zu Silbersulfid um -> siehe Variometerkerne bei Saba. Solange der Prozess nicht zu weit fortgeschritten ist, müsste sich die Veränderung durch nachstimmen ausgleichen lassen.
      Achim
      Hallo Achim,

      wie verhält es sich aber wenn eine Trimmerschraube abgebrochen ist? Hat der Trimmer dann noch Funktion?

      Ich verstehe noch nicht wie die keram. Scheibentrimmer aufgebaut sind und funktionieren.

      Bei den Philips-Tauchtrimmern ist mir das klar.

      Woran siehst Du, daß der Siemens-Netztrafo eine deutlich bessere Qualität hat als die Saba-Netztrafos?

      Gruß Udo
      Hallo Udo,

      auf der Oberseite der Trimmer siehst Du eine halbkreisförmige Silberschicht. Das ist der eine Belag des Kondensators. Im unteren Teil, dem Stator, befindet sich noch eine ebenso geformte Schicht. Sie ist der zweite Belag. Je nach Drehwinkel stehen sich nun unterschiedlich große Flächen gegenüber und damit ergeben sich unterschiedliche Kapazitäten. Die Schraube zum Drehen des Stators ist grundsätzlich nicht an der Bildung der Kapazität beteiligt. Wenn also ein Metallstückchen seitlich vom Schlitz weggebrochen ist, stört das - außer beim Einstellen - nicht.

      Das Kernpaket des Netztrafos ist bei diesem Radio ausgezeichnet erhalten. Trotz des Alters und der Feuchtigleit sieht man keine Korrosion und keine Auftreibungen. Zudem ist der Wickelkörper ein Spritzgussteil aus Kunststoff und noch in Form. All das spricht für die Qualität.
      Bei den Saba Trafos stört mich der Wickelkörper aus Pappdeckel immer etwas. Die Pappe verzieht sich, gibt nach und die gesamte Wicklung kann aus der Form geraten, was gerade für dunne Drähte nicht gut ist. Möglicherweise ist es allerdings andererseits ganz gut, wenn der Pappdeckel bei Temperaturschwankungen etwas nachgibt, um mechanische Spannungen zu vermeiden. Wenn er aber seitlich so weit nachgibt, dass die äußeren Windungen seitlich abrutschen, kann das nicht gut sein.

      Ach ja: Setz die Bilder ruhig mit 800x600 ein.
      Achim
      Hallo,

      im Trafobau hat Siemens eigentlich schon immer überzeugt !

      In der Hochspannungstechnik hat man von Siemens Trafos geschwärmt, während es bei anderen Bauteilen, wie z.B. HS-Isolatoren hieß: "Möchten Sie etwas Ordentliches oder etwas von Siemens?"

      Vermutlich hat die Qualität der HS-Trafos nach unten abgefärbt.

      Gruß, Dieter
      Hallo Udo,

      Respekt,wirklich ein echter Meilenstein mit beeindruckendem Outfit und das in einem Spitzenzustand.
      Fast bin ich der Meinung das Gerät so zu belassen.Selber war ich mal im Besitz eines Siemens Spitzensupers von 54 welcher mich ehrlich gesagt nicht wirklich überzeugte.Ab diesem Zeitpunkt hat Siemens nichts vergleichbares mehr auf den Markt gebracht,abgesehen von den Schatullen natürlich.

      Gruß
      Peter
      Skyline postete
      ...nichts vergleichbares mehr auf den Markt gebracht,abgesehen von den Schatullen natürlich.

      Gruß
      Peter
      Hallo Peter,

      auch die brauchen lange und schaffen es nicht wirklich, die Hörer zu überzeugen.

      Zunächst beeindrucken die Größe und das schöne Ambiente der Schwingtüren, aber klanglich haben die Modelle mit den Breitbändern nicht wirklich viel zu bieten.

      Ausnahme: die M47 mit ihren Hochtönern klingt m.E. am besten.

      Selbst die P48 hat außer massig Schalldruck klanglich nicht viel auf der Pfanne,

      meint Dieter
      Hallo Dieter,

      dazu kommt auch,daß der gesamte Schaltungsaufbau bezogen auf das Chassis mit seinen Bauteilen im Vergleich,beispielsweise zu einem Saba,nicht die gleiche Güteklasse aufweist.Widerstände und Kondensatoren sind recht willkürlich verbaut worden,zudem sind fast alle Kondensatoren miteinander und an das Chassis verklebt.Das macht die Sache bei einer anstehenden Instandsetzung nicht gerade einfacher.

      Peter
      Hallo,

      danke Euch allen für die sehr guten Erklärungen und Hans für die Zeichnung. Jetzt weiß ich endlich wie die Keramiktrimmer funktionieren, welcher Unterschied zwischen den Trafos besteht, und wie ich das "Mikro-Zeichen" in den Text bekomme.

      Peter, Du hast recht, daß die Kondensatoren mit einem Kleber der genau wie UHU aussieht am Chassis festgeklebt sind. Bilder werden ja noch folgen.
      Es sieht nicht so ästhetisch aus weil man mit Kleber nicht gespart hat und auch Leimfäden gezogen hat.
      Siemens hat sich bei dieser Methode aber sicher was gedacht. Ich könnte mir vorstellen, daß die Kondensatoren dadurch gut abgeschirmt sind.
      Der Kleber lässt sich übrigens recht gut entfernen.

      Gruß Udo
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