Hallo Liebe Forumskollegen,
Wieder eine Frage nicht nur an die Grundig-Experten. Diesmal auf ein Gerät aus Grundigs Spätzeit, schon unter Philips. Es geht um den Fine Arts A 9000, der bei Marantz in Japan gebaut wurde, aber in Fürth mitentwickelt wurde (insbesondere die Vorstufe). Der Endverstärker hat Ähnlichkeit mit Marantz und Philips Geräten derselben Zeit (Philips FA 880-960, Marantz PM55-PM84).
Ich bin mit meinem Latein fast am Ende, wer von Euch hat noch eine Idee?
Der Hybridbaustein Sanyo STK 3102 MkIV (Spannungstreiber vor dem Eingang des Endverstärkers) war - wie leider häufig - defekt. Statt der +/- 58 V lt. Schaltplan (ist das unter Vollast gemessen?) liegen da tatsächlich 10V mehr an, bei mir 68 V in Ruhe, ohne Vollast. Das Datenblatt gibt an: Max. +/- 75 V Versorgungsspannung. Meine Netzspannung ist ca. 232V, da kommen vom Netztrafo 50,5 V statt der angegebenen 46,5V und nach Gleichrichter 68,5 V an. Es empfiehlt sich, - und das habe ich bei einem früheren Fall schon erfolgreich praktiziert - ihn durch den spannungsfesteren Typ STK 3152 Mk3 derselben Familie zu ersetzen. Das ist kein Hexenwerk. So dachte ich auch diesmal.
Gesagt - getan. Danach Gerät geprüft. Schien wieder einwandfrei zu arbeiten. Alle Spannungen stimmen wieder. Volle Leistung vorhanden (>100 W an 8 Ohm und >200 W an 4 Ohm gemessen bei 1 kHz). Ausgangssignal brummfrei.
Nun habe ich mir schon lange angewöhnt, immer als letzte Prüfung Frequenzgang bei Nennleistung und auch den Klirrfaktor zu überprüfen. Und da kam in diesem Fall die Überraschung.
1. Klirrfaktor viel zu hoch - und zwar auf beiden Kanälen gleichermassen. Weit ausserhalb der Spezifikation von 0,005% bei 1 kHz an 8 Ohm bei 100W Nennleistung. Ich messe bereits bei 50W 0,1 % THD bei 1 kHz an 8 Ohm. Bei 20 kHz und 50 W ist es bereits 1% THD und bei Nennleistung mit 16 kHz > 3% THD.
Zum Vergleich Daten von meiner Messung an einem früher reparierten Gerät (auch nach Ersatz des STK): 0,002% THD bei 1 kHz und 50W an 8 Ohm (also innerhalb Grundig Spezifikation).
2. Frequenzgang hängt deutlich vom Ausgangspegel ab. Mein subjektiver Eindruck ist, dies ist hier stärker als ich sonst gewohnt bin. Aber wie gesagt, dies ist nur subjektiv, da ich dazu keine Vergleichsdaten habe.
Klirrfaktor in Abhängigkeit der Ausgangsleistung für 40 Hz, 1 kHz und 16 kHz:
Und hier Klirrfaktor bei 50 W für beide Kanäle an 8 Ohm als Funktion der Frequenz von 20 Hz bis 20 kHz:
Grenzfrequenz und Phasendrehung (bei 40 kHzv relativ zu 1 kHz) als Funktion der Ausgangsleistung an 8 Ohm (ohmsche Last):
Ist diese Grössenordnung der Phasendrehung "normal"? Wenn nicht, sollte man dann einen Fehler in der Gegenkopplung diagnostizieren? Die Gegenkopplung wird durch Abzweigung des Signals am Endstufenausgang über einen Widerstand 18k (R713/R714) auf PIN 2/14 und weiter über einen Koppelkondensator 15p (Keramik C715/C716) auf PIN 5/11 des STK bewerkstelligt. Widerstand und Kondensator sind geprüft und i.O.
Ich habe also zunächst den neu eingebauten STK durch einen zweiten neuen ersetzt, mit der gleichen Serienkennummer - ich hatte beide zusammen gekauft. Es hat sich aber keine wesentliche Aenderung gezeigt. Klirr immer noch genauso hoch wie vorher.
Das Problem besteht unabhängig vom Eingang (also kann die Impedanzwandlerstufe ausgeschlossen werden). Es ist auch unabhängig vom Eingangspegel; wenn bei verschiedenen Eingangspegeln auf denselben Ausgangspegel geregelt wird, ist THD auch immer gleich (und zu hoch).
Status:
1. Alle Halbleiter der Endstufe wurden versuchsweise ersetzt (Transistoren und Dioden, mit Ausnahme des Ruhestromtransistors Q701/Q702) - erfolglos. Ruheströme lassen sich einwandfrei einstellen
2. Alle Widerstände der Endstufe geprüft - alle entsprechen den Sollwerten
3. Alle Spannungen in der Endstufe und am STK geprüft - alle entsprechen den Sollwerten, abgesehen von der etwas höheren Versorgungsspannung aufgrund der höheren Netzspannung. Ich habe deshalb ebenfalls bei genau 220V Netzspannung (mit Regeltrafo) die Klirrmessung wiederholt, aber dasselbe Ergebnis bekommen. Es ist also eindeutig kein Einfluss der höheren Spannung.
4. Kein DC auf den Ausgängen
5. Bei 200 W an 4 Ohm schaltet die Schutzschaltung bei Frequenzen von < 10 Hz und >40 kHz ab. Ich denke dies ist kein Fehler sondern bei diesem Gerätetyp normal.
6. In der Vorstufe wurde der Opamp versuchsweise durch LM 833 ersetzt - erfolglos, Klirr unverändert
7. Die Ausgangsrelais und alle Schalter arbeiten ohne Kontaktprobleme und ohne Aussetzer. Der zu hohe Klirrfaktor ist beidkanalig und reproduzierbar. Er ist auch unabhängig von der Schalterstellung "Defeat" und "Loudness".
Was ich noch auf dem Plan habe (Bauteile bestellt):
a) Versuchsweiser Austauch der Ruhestromtransistoren Q701 und Q702
b) Versuchsweiser Austausch der FETs QE01-QE04 des Differenzverstärkers der Vorstufe (der Opamp QE05 wurde schon erfolglos erneuert)
c) STK habe ich aus anderer Quelle bestellt, werde ich nochmals erneuern, für den Fall eines Defekts oder Fälschung des derzeit verbauten.
Wenn dann immer noch erfolglos, bin ich an diesem Punkt:
- beide Endstufen sind fehlerfrei
- Netzteil, Siebelkos, Spannungsversorgungen sind symmetrisch und fehlerfrei
- Vorstufe (QE01-QE04 und QE05) ebenfalls fehlerfrei
Kann es sein, dass gefälschte, minderwertige STK im Umlauf sind? Was kann ich noch übersehen haben?
Herzlichen Gruss,
Reinhard
PS:
Noch eine Warnung: Vor allen Arbeiten (Messen, Löten) müssen unbedingt alle 4 grossen Siebelkos über einen Widerstand 100 Ohm, 2 W entladen werden. Zwei der grossen Elkos (die am nächsten vor dem STK Hybrid stehen) entladen sich nicht von selbst und haben noch nach mehreren Tagen soviel Energie, dass es bei einem Masseschluss (z.B. beim Löten / Entlötlitze) heftige Entladung mit hohem Stromfluss geben kann.
Wieder eine Frage nicht nur an die Grundig-Experten. Diesmal auf ein Gerät aus Grundigs Spätzeit, schon unter Philips. Es geht um den Fine Arts A 9000, der bei Marantz in Japan gebaut wurde, aber in Fürth mitentwickelt wurde (insbesondere die Vorstufe). Der Endverstärker hat Ähnlichkeit mit Marantz und Philips Geräten derselben Zeit (Philips FA 880-960, Marantz PM55-PM84).
Ich bin mit meinem Latein fast am Ende, wer von Euch hat noch eine Idee?
Der Hybridbaustein Sanyo STK 3102 MkIV (Spannungstreiber vor dem Eingang des Endverstärkers) war - wie leider häufig - defekt. Statt der +/- 58 V lt. Schaltplan (ist das unter Vollast gemessen?) liegen da tatsächlich 10V mehr an, bei mir 68 V in Ruhe, ohne Vollast. Das Datenblatt gibt an: Max. +/- 75 V Versorgungsspannung. Meine Netzspannung ist ca. 232V, da kommen vom Netztrafo 50,5 V statt der angegebenen 46,5V und nach Gleichrichter 68,5 V an. Es empfiehlt sich, - und das habe ich bei einem früheren Fall schon erfolgreich praktiziert - ihn durch den spannungsfesteren Typ STK 3152 Mk3 derselben Familie zu ersetzen. Das ist kein Hexenwerk. So dachte ich auch diesmal.
Gesagt - getan. Danach Gerät geprüft. Schien wieder einwandfrei zu arbeiten. Alle Spannungen stimmen wieder. Volle Leistung vorhanden (>100 W an 8 Ohm und >200 W an 4 Ohm gemessen bei 1 kHz). Ausgangssignal brummfrei.
Nun habe ich mir schon lange angewöhnt, immer als letzte Prüfung Frequenzgang bei Nennleistung und auch den Klirrfaktor zu überprüfen. Und da kam in diesem Fall die Überraschung.
1. Klirrfaktor viel zu hoch - und zwar auf beiden Kanälen gleichermassen. Weit ausserhalb der Spezifikation von 0,005% bei 1 kHz an 8 Ohm bei 100W Nennleistung. Ich messe bereits bei 50W 0,1 % THD bei 1 kHz an 8 Ohm. Bei 20 kHz und 50 W ist es bereits 1% THD und bei Nennleistung mit 16 kHz > 3% THD.
Zum Vergleich Daten von meiner Messung an einem früher reparierten Gerät (auch nach Ersatz des STK): 0,002% THD bei 1 kHz und 50W an 8 Ohm (also innerhalb Grundig Spezifikation).
2. Frequenzgang hängt deutlich vom Ausgangspegel ab. Mein subjektiver Eindruck ist, dies ist hier stärker als ich sonst gewohnt bin. Aber wie gesagt, dies ist nur subjektiv, da ich dazu keine Vergleichsdaten habe.
Klirrfaktor in Abhängigkeit der Ausgangsleistung für 40 Hz, 1 kHz und 16 kHz:
Und hier Klirrfaktor bei 50 W für beide Kanäle an 8 Ohm als Funktion der Frequenz von 20 Hz bis 20 kHz:
Grenzfrequenz und Phasendrehung (bei 40 kHzv relativ zu 1 kHz) als Funktion der Ausgangsleistung an 8 Ohm (ohmsche Last):
Ist diese Grössenordnung der Phasendrehung "normal"? Wenn nicht, sollte man dann einen Fehler in der Gegenkopplung diagnostizieren? Die Gegenkopplung wird durch Abzweigung des Signals am Endstufenausgang über einen Widerstand 18k (R713/R714) auf PIN 2/14 und weiter über einen Koppelkondensator 15p (Keramik C715/C716) auf PIN 5/11 des STK bewerkstelligt. Widerstand und Kondensator sind geprüft und i.O.
Ich habe also zunächst den neu eingebauten STK durch einen zweiten neuen ersetzt, mit der gleichen Serienkennummer - ich hatte beide zusammen gekauft. Es hat sich aber keine wesentliche Aenderung gezeigt. Klirr immer noch genauso hoch wie vorher.
Das Problem besteht unabhängig vom Eingang (also kann die Impedanzwandlerstufe ausgeschlossen werden). Es ist auch unabhängig vom Eingangspegel; wenn bei verschiedenen Eingangspegeln auf denselben Ausgangspegel geregelt wird, ist THD auch immer gleich (und zu hoch).
Status:
1. Alle Halbleiter der Endstufe wurden versuchsweise ersetzt (Transistoren und Dioden, mit Ausnahme des Ruhestromtransistors Q701/Q702) - erfolglos. Ruheströme lassen sich einwandfrei einstellen
2. Alle Widerstände der Endstufe geprüft - alle entsprechen den Sollwerten
3. Alle Spannungen in der Endstufe und am STK geprüft - alle entsprechen den Sollwerten, abgesehen von der etwas höheren Versorgungsspannung aufgrund der höheren Netzspannung. Ich habe deshalb ebenfalls bei genau 220V Netzspannung (mit Regeltrafo) die Klirrmessung wiederholt, aber dasselbe Ergebnis bekommen. Es ist also eindeutig kein Einfluss der höheren Spannung.
4. Kein DC auf den Ausgängen
5. Bei 200 W an 4 Ohm schaltet die Schutzschaltung bei Frequenzen von < 10 Hz und >40 kHz ab. Ich denke dies ist kein Fehler sondern bei diesem Gerätetyp normal.
6. In der Vorstufe wurde der Opamp versuchsweise durch LM 833 ersetzt - erfolglos, Klirr unverändert
7. Die Ausgangsrelais und alle Schalter arbeiten ohne Kontaktprobleme und ohne Aussetzer. Der zu hohe Klirrfaktor ist beidkanalig und reproduzierbar. Er ist auch unabhängig von der Schalterstellung "Defeat" und "Loudness".
Was ich noch auf dem Plan habe (Bauteile bestellt):
a) Versuchsweiser Austauch der Ruhestromtransistoren Q701 und Q702
b) Versuchsweiser Austausch der FETs QE01-QE04 des Differenzverstärkers der Vorstufe (der Opamp QE05 wurde schon erfolglos erneuert)
c) STK habe ich aus anderer Quelle bestellt, werde ich nochmals erneuern, für den Fall eines Defekts oder Fälschung des derzeit verbauten.
Wenn dann immer noch erfolglos, bin ich an diesem Punkt:
- beide Endstufen sind fehlerfrei
- Netzteil, Siebelkos, Spannungsversorgungen sind symmetrisch und fehlerfrei
- Vorstufe (QE01-QE04 und QE05) ebenfalls fehlerfrei
Kann es sein, dass gefälschte, minderwertige STK im Umlauf sind? Was kann ich noch übersehen haben?
Herzlichen Gruss,
Reinhard
PS:
Noch eine Warnung: Vor allen Arbeiten (Messen, Löten) müssen unbedingt alle 4 grossen Siebelkos über einen Widerstand 100 Ohm, 2 W entladen werden. Zwei der grossen Elkos (die am nächsten vor dem STK Hybrid stehen) entladen sich nicht von selbst und haben noch nach mehreren Tagen soviel Energie, dass es bei einem Masseschluss (z.B. beim Löten / Entlötlitze) heftige Entladung mit hohem Stromfluss geben kann.