MI212: Phono Bestückung

      Hallo Tommy,

      zuerst ein Tip: Bei solchen Fragen schadet es überhaupt nicht, den zugehörigen Ausschnitt des Schaltbildes zur Frage dazuzupacken!
      Nicht alle hier Lesenden haben das Schaltbild des 212 auswändig im Kopf.

      Also mache ich das mal (wieder).



      Um präzise quantitative Aussagen zu treffen, müsste man die Schaltung simulieren bzw. durchrechnen.

      Ich wage mich daher hier nur an tendenzielle Aussagen.
      Der Elko im Emitter des Transistors der zweiten Verstärkerstufe bewirkt, je höher seine Kapazität ist, eine bessere Verstärkung niedriger Frequenzen durch T561.

      Gleichzeitig wird an diesem Punkt auch eine Gegenkopplung auf die Basis des T554 abgenommen. Je mehr C553 mit zunehmender Kapazität nun tiefe Frequenzen nach Masse "kurschließt", umso schwächer wird deren Gegenkopplung.

      Beide Effekte, so meine Annahme, führen zu höherer Verstärkung tiefer Frequenzen.

      Geil! Sagt man da erst mal, aber gerade bei Phonovorverstärkern will man das nicht unbedingt (Rumpelproblematik!).

      Daher meine Vermutung: Man hat den C von 47µ auf 10µ reduziert, um ein besseres Rumpelfilter zu realisieren.

      Das ist jetzt - wie so oft - nur ein Schnellschuss, Korrekturen sind erwünscht...
      Achim
      Der Thread ist zwar schon alt -- aber ich hatte gerade ein recht "spaetes" Exemplar des MI 212 auf dem Tisch, und bei dem waren da 47 uF drin, nicht 10 uF. Nach Ulrich's Bild sieht mir das so aus, dass ein Wert dazwischen im Hinblick auf einen Kompromiss zwischen Frequenzgang und Rumpelunterdrueckung optimal waere, vielleicht 22 uF (?).

      Bei den dicken Receivern sitzt da auch meist 47 uF drin, und viele von denen haben dann noch eine hoehere Kapazitaet, eher so 60 uF (bei einigen Exemplaren nachgemessen), das waere dann in der Tat unnoetig viel im Hinblick auf Rumpeln ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo,

      bei 47µ komme ich auf 5Hz bei 10µ entsprechend auf 25 Hz untere Grenzfrequenz. Das Ganze geteilt durch den Gegenkopplungsfaktor bei 25Hz, der aber wegen der RIAA-Kennlinie nicht allzu groß, aber mindestens 2 betragen dürfte.

      Also ca. 12 Hz bei 10µF als untere 3dB-Ecke bei 6dB/Oktave Flankensteilheit ist schon mutig, das reicht in den Hörbereich. Außerdem völlig sinnlos, da der SABA ein sehr gutes Rumpelfilter mit 12dB/Oktave hat.

      Interessanterweise habe ich hier einen Test des 9260 von 1981 aus der Phono Forum, Zitat: "Jedoch ist der Frequenzgang in der Phonovorstufe in den Tiefen verbogen ...... im linken wurden die Frequenzen sogar noch mehr bedämpft. "

      Die damals üblichen Kapazitätsschwankungen bei Elkos und die Tatsache vieler Lieferanten für gleiche Bauteile bei Saba könnte eine Erklärung sein.

      Vorausgesetzt es wurden 10µ bestückt, ab 47µ aufwärts sind keine hörbaren Auswirkungen möglich.


      Dieser Schaltungsteil ist übrigens nicht Teil der Gegenkopplung. Er bestimmt den Frequenzgang der Leerlaufverstärkung.


      Gruß



      Rolf
      Danke Rolf,

      dann ist die Sache wohl klar: besser bei 47 uF bleiben, was ich bisher auch immer getan habe. Wobei ich diese Elkos immer ausloete und pruefe -- da waren schon haeufiger welche drin, die nicht ganz dicht waren (Spuren auf der Platine, ringfoermig) und die sich auch nicht gut gemessen haben. Ausnahme Rubycon, aber meist waren hier bisher schwarze drin, deren Hersteller ich nicht kenne.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      die 0,6V Betriebsspannung dürften das Hauptproblem sein. Über die Jahrzente ist das wahrscheinlich zu wenig, um die Formatierung aufrecht zu erhalten.

      Das Problem betrifft übrigens aus dem gleichen Grund auch die Elkos in der Gegenkopplung der Endstufen. In meinem 9240S hatte einer der dort eingebauten Elkos auch Elektrolyt verloren und seine Kapazität bei niedrigen Frequenzen um 30% erhöht (!) und bei hohen Frequenzen um ca. 40% reduziert.

      Interessante Konsequenz: Leicht verbesserter Frequenzgang unter 100 Hz im Vergleich zur Originalbestückung. Bei hohen Frequenzen keine Auswirkung, da die Impedanz des Elkos immer noch viel, viel kleiner als der Widerstand des Gegenkopplungswiderstandes war.

      Also trotz eigentlich defekten Elkos keine hörbaren Auswirkungen. Tolerante Technik.

      Gruß

      Rolf
      Moin Rolf,

      danke -- interessanter Punkt. Kenne ich von der bei Audiolabor verwendeten Schaltung -- da sitzt ein Elko drin, der nur ca. 0.7 V Vorspannung hat, und das auf Dauer nicht gut aushaelt. Man kann die Sache etwas verbessern, indem man gute Elkos mit 63 Volt nimmt, und diese bei 50 Volt ueber einen laengeren Zeitraum formiert, bevor man sie (entladen) einsetzt.

      Vielleicht sollte man in der Phonostufe an der Stelle dann lieber einen Tantal mit 47 uF und 6,3 oder 15 Volt einsetzen ? Die sollten da doch weniger anfaellig sein in dieser Hinsicht.

      Was die Treiber betrifft (oder die Gegenkopplungselkos im Allgemeinen): Da setze ich gerne bipolare ein. Mit denen hatte ich dann noch keine Probleme. Es gibt recht gute von Frolyt (die bekommt man z.B. bei Buerklin) oder auch von Nichicon (z.B. bei Darisus). Aber es stimmt, diese Elkos haben oft Spuren auf der Platine gehabt, wenn ich Treibermodule revidiert habe.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo,
      leider ist es mir nicht möglich gewesen diese auf einer Stipvisite nach längerer absoluter Karenz zufällig entdeckte Schaltung nicht in der Luft zu zerreißen.
      Wie so viele Entzerrerschaltungen ist sie derart ... sagen wir mal milde "komisch"... das man als Entwickler kaum dazu schweigen kann. Aber das hat sie andererseits mit vielen Schaltungen damaliger Zeit gemeinsam.

      - Der Kondensator C552 ist ein vaux pas, er erzeugt Verzerrungen, überflüssiges Rauschen und Verbiegungen am Höhenfrequenzgang, eine typische Scheißegal-Entwicklung.
      Da gehört erstens kein AL-Elko hin und zweitens kein so großer. Hier würde mal ausnahmsweise ein guter! Folienkondensator von viel kleinerer Kapazität wahre Klangwunder bewirken, für Kosten von fast nix.
      Warum die Kapazität zu groß ist liegt auf der Hand, jeder von uns kann eine solche Kleinsignal-Eingangsstufe "lesen" und berechnen, und man sieht sofort das an dieser Stelle viel zu viele Subfrequenzen in den Verstärker hinein finden, die schon die erste Stufe rettungslos überfahren können, infolge fliegen aus größeren Lautsprechern bei jeder Plattenunebenheit fast die Sicken heraus. Das kommt von sinnlos zu tiefer Grenzfrequenz des RC-Filters den dieser Kondensator mit bildet, das kommt aber auch von der nicht übersteuerungsfesten, nicht symmetrich begrenzenden ersten Stufe, eben eine Kleinsignalstufe mit Schwerpunkt auf hohe Verstärkung, kleinste Signale und günstiges Rauschverhalten.
      Das Verzerrungsniveau bei nicht ideal glatten und höhenschlagfreien Platten kann so deutlich über 10% liegen. Gut, so kann man mittels enormen K2-Verzerrungen ein vordergründiges Baßfundament simulieren wo garkeines ist.

      - Der Kondensator C553 bildet als RC-Filter zusammen mit R561 eine Wechselstromgegenkopplung. Bei fallender Frequenz steigt sein Blindwiderstand. Ihn ausgerechnet auch noch mit 47uF (das forum nimmt immer noch nicht den üblichen Klammergriff für das mju an) zu groß zu machen ist ein doppelter Blödsinn. So kann er garkeine sinnvolle Aufgabe übernahmen, weder als Subfilter (Rumpelfilter) noch als das wofür er eigentlich vorgesehen ist, nämlich als Begrenzer für den Baßanstieg der Entzerrungs-Kennlinie. Gemeinsam mit der Premphasis sowie der Auslegung des Teil-RIAA-Filterwerks in der Spannungsgegenkopplung ergibt sich nämlich nicht die nach RIAA vorgeschriebene Polstelle ab der der Baßanstieg wieder in einen linearen Bereich übefürht wird sondern hier wird im besseren Fall ab ca. 50 Hz abgesenkt und im Schlimmfall von 47uF sogar die Kurve noch überzogen und damit der Baßbereich hoffnungslos weiter angehoben als nach Norm vorgeschrieben.

      - Beides zusammen führt zu einem völlig aus der Norm fallenden Tiefenfrequenzgang. Egal wie man den C553 dimensioniert.

      Nimmt man den Plattenschnitt nach der neueren IEC-Kennlinie an, dann liegt diese Schlatung noch mehr daneben. Denn diese sieht nicht nur die Linearisierung ab 50Hz vor sondern eine zusätzliche Abfilterung der Subfrequenzen (eingeplanter Rumpelfilter). Nimmt man den älteren Schnitt nach DIN oder nach CCIR39 an (Schellackplatten, ältere 7" Platten der DGG. ältere LP der DDG) dann bekommt man noch miesere Verhältnisse, der ohnehin schon falsche Anstiegspunkt der Baßerhöhung wird dann nochsorgt dann für ein absoölut unerträgliches Wummer-Dümpfel-Zischel-Klangbild, so ähnlich als ob die Loudness-Schaltung wild geworden wäre.

      Als Krönung hat man dann einen für den Eingang sehr gut verwendbaren Kondensator C563 in den Ausgang gelegt. Was soll das? Hier kann er garnichts mehr retten, das Klangbild ist an der Stelle schon gegen die Norm vergeigt und im Fall von unebenen Platten zusätzlich stark verzerrt. Er wirkt dann nur noch dazu das die völlig verdrehten Bässe eventuell ein wenig zurücktreten. Überig bleiben dann die besonders aufdringlichen mittleren Bässe und die auch genau in diesen Bereich fallenden Verzerrungsprodukte aus den zuvor (evt., die Bedingungen sind schon öfters benannt) übersteuerten Tiefbässen.

      Btw. gibt es ähnliche Schaltungen auch in sehr gut. Grundig (sogar umschaltbar auf weitere Kennlinien und andere Eingänge als TA-mag.), Kroha (wie bei Grundig multifunktional zusätzlich TA-ker.), Intermetall (TA/Mikro), RIM (TA Baßanhebung einstellbar auf DIN oder RIAA /Mikro) DUAL (TA-mag.) machen es perfekt vor.

      Fazit, ich würde hier den Teufel tun und "mehr Bässe" über noch größeren C553 einstellen. So wie es mal ursprünglich entwickelt wurde ist es das kleinere von zewi Übeln.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Jogi,

      wie passt das zu Post 3 ?

      Bisher war in allen Phono-Modulen von Saba, die ich auf dem Tisch hatte (und das waren einige, sicher mehr als 20, aus verschiedenen Geraeten, sprich Receiver, MI 212 etc.) 47 uF Elko drin. Nie ein 10 uF wie in Tommy's Frage.

      Im Betrieb finde ich den Phono-Eingang ganz in Ordnung, mir ist da jetzt nicht aufgefallen, dass er schlechter waere als einer von Dual. Seltsam hin oder her ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Sagnix,

      Du hast natürlich Recht. Es gibt zwei Gegenkopplungen, einmal das RIAA-Netzwerk und dann noch R561, C553 und R553. Letztere legen die "Leerlaufverstärkung" fest, auf der dann die RIAA-Entzerrung aufsetzt. R561 und R553 stabilisieren noch zusätzlich die DC-Arbeitspunkte der Schaltung.


      Hier mal der Frequenzgang ohne RIAA-Netzwerk, man erkennt schön die Wirkung (durchgezogene Linie) von C553 (10µ):

      MI212 Entzerrer ohne RIAA.JPG

      Hier mal der Frequenzgang mit RIAA-Netzwerk, man erkennt immer noch die Wirkung von C553 plus überlagerter RIAA-Kennlinie. Hier kämpft die Bassanhebung der RIAA-Kennlinie mit dem Bassabfall der Leerlaufverstärkung. Bei 30 Hz gewinnt die Leerlaufverstärkung, denn mehr als sie kann, geht halt nicht:

      MI212 Entzerrer RIAA.JPG


      Und damit ist auch klar das der Gegenkopplungsfaktor der RIAA-Entzerrung hier keine Rolle spielt, wie oben irrtümlich von mir angenommen. Deswegen stimmen auch die Eckfrequenzen im Diagramm von UK64 jetzt auch mit meiner Berechnung weitgehend überein.

      Mit 10µ bekommt man dann ein schönes Rumpelfilter, mit 47µ dann aber höchstens eine schwache Trittschalldämpfung.



      Gruß



      Rolf

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „KOR“ ()

      kugel-balu schrieb:

      Jogi,

      wie passt das zu Post 3 ?

      Bisher war in allen Phono-Modulen von Saba, die ich auf dem Tisch hatte (und das waren einige, sicher mehr als 20, aus verschiedenen Geraeten, sprich Receiver, MI 212 etc.) 47 uF Elko drin. Nie ein 10 uF wie in Tommy's Frage.

      Im Betrieb finde ich den Phono-Eingang ganz in Ordnung, mir ist da jetzt nicht aufgefallen, dass er schlechter waere als einer von Dual. Seltsam hin oder her ...

      Besten Gruss,

      Michael


      Das Diagramm aus #3 ist offenbar aus dem alleingestellten Entzerrer-Vorverstärker unter Fütterung mit einem Linear-Generator errechnet/simuliert, Michael.
      Das kann man machen, es berücksichtigt aber nicht die Gesamtwirkung über alles.

      Was sich daraus aber auch schon deutlich ergibt ist der Regelverstoß gegen die RIAA-Normierung. Wie von mir oben benannt.
      Die Polstelle 50Hz (3180uS) im Wiedergabezweig soll die Baßanhebung auf eine lineare Kennlinie zurückführen, nicht wie die Kurve zeigt die tieferen Frequenzen generell absenken. Das deshalb, damit die Kurve weder nach Plus-Unendlich noch nach Minus-Unendlich tendiert, zu starker Anstieg treibt den Verstärker in die Begrenzung > Verzerrungen, Clipping. Zu starker Abfall bis zur Phasendrehung 180° der Filterkette macht den Verstärker schwingfreudig (Mitkopplungsneigung) und ist das Gegenteil kontrollierter, straffer Betriebsverhältnisse.

      Hinzu kommt das beim Schnitt nicht wie bei der Wiedergabe-Entzerrung "nur" per elektrische Filterung die Verlaufrichtung der Amplitude umgekehrt wird, die sog. Eckfrequenz dabei eher einer "Rundfrequenz" ähnelt sondern die Schneidemaschine jeweils abrupt auf den Punkt von konstanter Schnelle auf konstante Amplitude wechselt (Vice versa natürlich auch). Kurzum ergäben sich aus der Eigenart exakt an der Polstelle ansetzende "eckige" 45°-Verläufe im Bode-Diagramm an die die "runde" elektrische Entzerrung in Bezug auf magnetische Abtaster bestmöglich anzugleichen ist. Man sollte also wirklich nah bei den Eckfrequenzen bleiben und nicht so larifari drum herum mauscheln. Und da gibt es in der Vorschrift keine Polstelle die da lautet: na so ungefähr in etwa und wenn man will auch ganz anders und mit einem Bauteil das +100/+50% Toleranz aufweisen darf, je nach Witterung und Laune circa 3200-3800uS, nein es heißt exakt und undiskutierbar 3180uS und es heißt auch nicht das die Kurve ganz wegkippen soll, sondern das ab da die lineare Verzerrung bei Null zu liegen hat = waagerechter Verlauf im Bode-Diagramm.

      Wie wenig einem das Gehör über manche Vorgänge sagt, sei damit genügend erwähnt.

      Wer an sowas Spaß hat und genügend Zeit der mag das simulieren, aber das macht nur Sinn, wenn man dabei dem Generator die Eigenschaften der konkreten Schneidkennlinie aufgibt und nicht bloß die der Wiedergabekennlinie. Dafür muß man ihn aber vorbereiten, wie obiges Angemerkte zu erkennen gibt reicht es aber nicht aus für einen real eckigen Verlauf bloß ein rundes Filternetzwerk hinter einem einfachen Linear-Generator mit zu simulieren. Dann vergibt man sich nämlich die lustigsten Fehler und die womöglich wie wild überscheingenden Kurvenverläufe an den Polstellen.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Merci, interessant ...

      Noch eine Anmerkung: Die RIAA Kennlinie sieht m.W. ja gar kein Rumpelfilter vor, die spaetere IEC Empfehlung plaediert fuer eines mit Eckfrequenz 20 Hz. Vielleicht hat Saba hier in der Tat zunaechst eine Trittschalldaempfung realisieren wollen, und bei spaeten Modellen dann auf 10 uF erniedrigt ? Natuerlich haengt das alles vom verwendeten System ab, bei MM ja bekanntermassen kritisch.

      Daher "teste" ich die Phono-Eingaenge auch mit einem Anti-RIAA Filter, was natuerlich auch seine Nachteile hat. Aber es hat sich insofern bewaehrt, dass man echte Fehler schnell bemerkt, soweit sie von defekten oder stark streuenden Bauteilen herkommen. In der Praxis bin ich dann mit diesem Phono-Pre gut klargekommen, wenn ich ein MC HIghOutput System angeschlossen habe. Blieb mir meist auch nicht viel anderes uebrig, denn MM-Syteme habe ich selten verbaut.

      Besten Gruss,

      Michael
      Stimmt Michael, die RIAA-Kennlinie nach dem Normentwurf von 1955/56, zurückgehend auf die schon zuvor bewährte RCA-Kennlinie, kennt drei Polstellen oder Eckfrequenzen, wenn man so will.

      Den Begriff Eckfrequenz verwende ich nicht so gerne dafür, weil sich bei so gut wie allen dann das Bild von Hoch- und Tiefpaßfiltern vor dem geistigen Auge auftut, die bei einer Nulllinie anfangend in eine der beiden Zeigerrichtungen (Bode-Grafik/Frequenzschrieb) eine angsam beginnende und auch langsam wieder auslaufende Absenkung vornehmen, alternativ eine Anhebung wenn die Filterelemente in den Gegenkopplungszeig gezogen werden. Die Schneidkennlinie ist aber anders, die hat keine verrundeten Übergänge und auch keine 0,707-Faktoren im Übergangsbereich, sie klappt an der Polstelle abrupt um 45° weg wenn man sie denn elektrisch messen wollte.

      Hier muß man Empire walten lassen wenn man einen Entzerrer-Vorverstärker entwickelt, dabei ist nicht nur dieser Faktor zu berücksichtigen, es kommt dazu das die Kennlinie aufnahmeseitig keine Phasendrehung kennt, ein elektrisches Filter im Wiedergabezweig aber schon und je niedriger die Frequenz ist desto stärker macht sich die Phasendrehung negativ bemerkbar. Im Bode-Diagramm Amplitude^Frequenz sieht man nichts davon, da kann also auch eine lineare Ideallinie (gemessen oder simuliert), die faktisch eh kaum erreichbar ist, schon falsch sein. So einfach kommt man der Sache eben nicht bei. Hinzu kommen all die Gegebenheiten und Abbildungsfehler einer so einfachen, geradezu primitiven Verstärkerschaltung, die vermutlich mal so angefangen hat weil man dazu nicht viel denken mußte, sondern einfach eine altbekannte ECC83-Standard-Schaltung in eine Transistorschaltung überführen konnte. Schon diese hatte ihre Schwächen die durch die Stromsteuerung des Transistors nicht besser wurden sondern noch neue Probleme dazu kamen.

      Siemens hatte sich damals da ganz nett aus der Affäre gezogen, dort verwendete man lineare Transistor-Grundschaltungen in der Kombination Impedanzwandler - Vorverstärker - Aufholverstärker - Impedanzwandler, kompensierte diese bestmöglich und schaltete das Entzerrernetzwerk nach alter Väter Schule jeweils passiv zwischen zwei Transistorverstärker, kompensierte die Phasen- und Frequenzfehler empirisch und trieb die Verstärkung so hoch das sie sowohl die nötige Amplitudenerhöhung als auch den Verlustausgleich des Passivwerkes erreichte. Infolge bekam man ein kaum mehr sinnvoll nachmeßbares oder simulierbares Filter, das in Verbindung mit genau den passenden Transistoren exakt die Kennline wie gefordert erreichte und das mit minimalen Phasendrehungen und Partialauslöschungen im realen Betrieb. Diese Schaltung hielt sich nur kurz, die Transistoren wurden immer besser, der Neubau für serienreife Produkte hätte bei jedem Typenwechsel eine komplette Neuoptimierung bedeutet, viel zu aufwendig in der Produktion, wo man die Transistoren in der Drangzeit manchmal öfter wechselte als die Socken.

      Aber kommen wir zurück auf den Baß-Boost und die gewohnte Filtertechnik.
      Hier folgt noch eine Besonderheit die man beachten muß, nämlich bei der ersten Polstelle (3180uS). Diese ist kein Hochpaßfilter, man darf sie nicht mit einem Hochpaß erzeugen, jedenfalls nicht so wie es das Schaltbild auslegt. Diese Polstelle senkt nicht in erster Linie eigenständig die Subfrequenzen ab (in der Gesamtheit des Übertragungsweges wirkt sie natürlich dann doch so ähnlich), sie linearisiert die zu tiefen Frequenzen steigende Frequenzanhebung wieder zu einer Nulllinie, die dann entsprechend oberhalb der definierten Nullinie verläuft aber planparallel zu dieser verlaufen soll. Der eckige 45° Rücklinearisierungspunkt ist 50Hz wenn es nach der RIAA geht.

      Ein dediziertes Subfilter (Rumpelfilter, DC-Filter oder wie auch immer) sieht die IEC ab etwa den achziger Jahren vor. Dann ist auch eben von dieser die Rede, nicht mehr von RIAA. Es gibt dann vier Polstellen der Wiedergabekurve die bei 20...30Hz, 50Hz, 500Hz, 2120Hz liegen.
      Später kam man dann noch auf die Idee eine fünfte Polstelle einzuführen, das elrebte die breit aufgestelle Massen-Phonoindustrie dann aber schon nicht mehr. Es war dem Otto-Normalverbraucher der nach CDs lechzte auch völlig egal. Diese Polstelle sollte den ungezügelten Anstieg der Schneidkennlinie im Ultraschallbereich entgegenwirken, man verwendete ja inzwischen Prozeßrechner und weitere Maßnahmen um die Höhen immer stärker und heller auf die Platten zu bringen, verbunden mit der Gefahr das diese in besonders höhenlastigen und nach oben unbegrenzten Verstärkern (wir erinnern uns an gewisse Pupbertätsblähungen - mein Verstärker kann aber noch 100kHz und deiner bloß 50kHz) Störungen hervorrufen könnten... da wollen wir nicht weiter drüber nachdenken, es lohnt in praxi nicht den Grips zu verschleißen.

      Der Wahn nach immer tieferen übertragenen Frequenzen ist bei der Schallplatte eh sinnlos. Unterhalb von 50Hz ist so gut wie nichts mehr an Nutzsignal, es sei denn ein jeder hört sich nur Orgel-Schallplatten im direktschnitt bespielt auf gewaltigen Dom-Orgeln an die noch dazu auch nicht bei der Studioproduktion die wohl eher die Regel ist nach unten abgefiltert wurde. Der wirklich klangprägende Teil der Kennlinie liegt um ein vielfaches höher. Das ist auch der Grund warum selbst miserabel zu messende Verstärker mit "Seegangskennline" noch erstaunlich gut klingen können. Es kommt auf exakte Auslegung der zweiten Polstelle an und auf bestmögliche Parallelität und Ausgeglichenheit aller linearen Abschnitte, dann klingt der Entzerrer gut. Hier nämlich muß der Verstärker straff arbeiten, die Gegenkopplung bestmöglich greifen und keine Schwingeffekte (Wellengang) das Bild verderben.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Alternative

      Hi Jogi,

      haettest Du evtl. mal einen Plan fuer eine aus Deiner Sicht "guten Alternative" zum Saba-Modul ?

      Ich haette durchaus Interesse daran, mal eine aufzubauen, und dann zu vergleichen, im Geraet.

      Gerne auch eine Version mit einer etwas hoeheren Verstaerkung, damit MC HIghOutput noch etwas
      besser passt (ca. Faktor 2-3 mehr).

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Jogi,

      und wie beurteilst du den DUAL TVV 46? Ist an Einfachheit nicht zu schlagen, ist Spätsechziger-Technik, aber a) finde ich, dass der gut klingt, b) wurde er immerhin mit Dual 1019 und 1219 ausgeliefert und c) habe ich den mal zusammen mit Kollegen im Labor (immerhin mit Audio Precision System 1) durchgemessen und wir wurden sehr positiv überrascht. Hat im Bassbereich auch ein klammheimliches Rumpelfilter, kam aber sonst in Punkto Frequenzgang und Klirr sehr gut weg. Hier die Schaltung:

      Gruß
      Stefan
      Dateien
      Moin Stefan.
      Natürlich habe ich seit vielen Jahren für besonders hochwertige und präzise Entzerrerverstärker ganz andere Vorstellungen als ein Zweitransistormodell antiquierter Machart, das sei aber nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Direkt zum TVV46 muß ich sagen das ich den für gelungen halte und er zu meinem Standard-Baustein für alle Fälle gehört, wann immer man unkompliziert und ohne Beschaffungsnöte an einem Samstag-Nachmittag mal eben einen TA-Entzerrer benötigt.
      Oder auch um damit eben mal einen alten Kofferplattenspieler auf sein bestmögliches Niveau zu heben.

      Der TVV46 gibt eine sher gut ausgewogene Überalles-Entzerrung, ohne dabei den Bereich von 0,5dB Abweichungen zu verlassen. Er nutzt in den Tiefbässen diesen Bereich nach oberhalb der Schneidkennlinie aus, hält sich bei den lästigen Dröhnbässen und unteren Mitteltönen dezent auf genau der Achse (Abweichung 0dB) und steigt in den Höhen noch nicht zu brilliant oder gar nervig schrill wieder leicht an. Dennoch enthält er einen sehr wirkungsvollen Rumpelfilter der bei optimaler Frequenz nach Abfangen des normgerecht verlaufenden Baßanstiegs relativ steil abfällt. Rumpeln wird damit sicher kaum hörbar, was mit den Reibradantrieben von DUAL auch bei schon eingesetzter Verhärtung des Zwischenrades gut korrespondiert.
      Er schafft es dabei erstaunlicherweise die typischen Brummfrequenzen eines hochempfindlichen Eingangs nieder zu halten, in keinem der Punkte 50/100/150Hz ist eine Resonanz mit der Entzerrungskurve zu befürchten (Maxima liegt bei über 60 und unter 1ooHz).

      Hier wurde auch gut erkennbar auf genau die angesprochenen Fehler des SABA verzichtet.
      Er ist phasenstabil, die Entzerrung wird phasenrichtig für alle Polstellen an einem einzigen Punkt erzeugt, es wird nicht in einen dem Arbeitspunkt vorbehaltenen Netzwerk zusätzlich mit einem frequenzabhängigen Bauteil herum gedreht.
      Außerdem ist der (auch etwas große) Eingangskondensator in allen Fällen die mir in die Finger fielen korrekterweise nicht als AL-Elko sondern als Tantal-Elko ausgelegt. Man muß also weder fürchten sich den Tonabnehmer durch zu hohen Reststrom abzufackeln, noch gibt es eine Arbeitspunktverstellung an der Basis von T1 solange hoher Reststrom fließt (wir erinnern uns, Tantal-Elko = dauerhaft niedriger Reststrom sowie genügende Langzeit-Konstanz für Kopplungsaufgaben und Hochpaßwirkung beiFiltern lediglich 1.Ordnung). Unter normaler Vorspannung ist auch der zusätzlich erzeugte Klirrfaktor kaum relevant, jedenfalls war er im Laboraufbau mit den anwesenden Meßmitteln (besser als 0,01%) garnicht mehr feststellbar.

      Noch besser gefällt mir der TVV47, er kompensiert zusätzlich zu den Vorzügen des TVV46 auch noch evt. Transistor-Fehler und Transistor-Verzerrungen durch cd-gekoppelte 2-stufige Komplementär-Auslegung. Das Netzwerk ist außerdem nicht mehr nach oben offen und somit transistorabhängig (parasitäre innere Kapazitäten) sondern wird irgendwo oberhalb relevanten Übertragungsbereichs bewußt abgeregelt. Das nun allerdings ein gutes Konzept des gesamten Verstärkers sowieso nicht dem Entzerrer überlassen sollte.

      @Michael, wie wärs mit diesem, dem TVV46/47 von DUAL - Pläne weltweit im Netz auf vielen Servern. MC war nie mein Ding, habe ich mir selber auch nicht gekauft.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

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      Ja, danke -- den 46er hatte ich mal aufgebaut, fand ihn auch erstaunlich ordentlich. Den 47er muss ich mal suchen, den kenne ich nicht.

      MM versus MC -- immer so eine Sache. Aber ich meinte ja MC HighOutput. Hatte lange ein Sumiko Blue Point Special laufen, spaeter Benz Glider, die holen m.E. schon deutlich mehr aus der Rille als viele der einfachen MMs ... kosten natuerlich auch schon mehr. Was mich aber am meisten fuer sie eingenommen hat sind die geringeren Nebengeraeusche bei sauberer Platte (mag am Schliff liegen) und das geringere Rauschen (was am geringeren Innenwiderstand liegt). Und bevor da jemand skeptisch ist: Ich besitze eine Plattenwaschmaschine, und benutze die auch. Das macht natuerlich wirklich einen Unterschied, vor allem, wenn man mal gebrauchte Platten auflegen will ...

      Besten Gruss,

      Michael

      Nachtrag: Zum TVV 47 finde ich einige verschiedene Versionen in dem Sinne, dass unterschiedliche Bauteilewerte angegeben sind. Hat jemand ein "veraessliches" Bild mit den originalen Werten ?

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()