Ich bin erstaunt, daß heute noch Argumente herausgekramt werden, um bestimmte Typen von Bauelemente, die als Fehlerquelle bekannt sind, NICHT wechseln zu müssen.
THEMA PAPIERKONDENSATOREN
Die erhöhte Kapazität von Papierkondensatoren in alten Radiogeräten, ursächlich Nebenschlußwiderstand infolge leitfähig gewordenem Dielektrikum, entsteht durch das Meßverfahren von Kapazitätsmeßgeräten.
Verschiedene Meßverfahren -> verschiedene Ergebnisse.
Auf jeden Fall sollte eine erhöhte Kapazität Anlaß zur Prüfung des Isolationswiderstands sein.
Und dann gilt:
Ein Kondensator mit Nebenschlußwiderstand infolge leitfähig gewordenem Dielektrikum ist KEIN KONDENSATOR, sondern eine RC- Parallelschaltung.
Und die steht so nicht im Schaltplan.
Eben.
Dazu sagt @decoder:
"Hygroskopisch" bedeutet wasseranziehend.
Und dazu gehört die Aufnahme von Luftfeuchtigkeit, und zwar durchdiffundierend durch mikroskopische Risse im Isoliermaterial oder der Vergußmasse. Die lange Zeit macht's möglich: Wassermoleküle schaffen es, selbst durch die Strukturen optisch unbeschädigtem Isoliermaterials durchzukommen.
Ebenfalls möglich: Die chemische Zersetzung des biologischen Materials Papier durch eigene Inhaltsstoffe (organische Säuren), selbst bei nie benutzten Teilen.
Nein. Sie altern. Sie können es nicht nur, sie TUN es. Immer.
Aber natürlich gibt es Umstände, die das Leben von Bauelementen stark verkürzen können. Oder verlängern.
Einen Totalkurzschluß müssen sie nicht zwingend bekommen, das ist richtig.
Aber ein Nebenschlußwiderstand infolge leitend gewordenen Dieelektrikums IST bereits ein Defekt.
Elektrisch auf jeden Fall- im Schaltplan sind Kondensatoren angegeben, keine "Kondensatoren mit Widerstandswert". Der Nebenschlusswiderstand kann die Wirkung des Kondenstors beeinträchtigen, und schlimmstenfalls aufheben.
Am bekanntesten ist der defekte Koppelkondensator zur Endröhre, der positive Anodenspannung der Vorröhre an das Gitter der Endröhre gelangen lässt, oft ist Ausgühen, und damit ein Schaden an der wertvollen Endröhre, die Folge.
Aber auch „einfache“ Kondensatoren an Anoden und Schirmgittern der HF- Stufen können im Defektfall die Leistung langsam drücken, Block- und Neutralisationskondensatoren verlieren durch einen Nebenschlusswiderstand ebenfalls ihre Funktion !
Bitte immer mal darüber nachdenken, WIE ein Widerstand parallel zu einem Kondensator wirkt !
ENTSCHEIDUNGSHILFE
Wann ist ein Papierkondensator messbar defekt ?
Es gibt eine Angabe in der „Funk- Technik“ Heft 17/1952.
hier
20 x 10 hoch 3 MegOhm .
Das sind 20 Gigaohm.
Einen solchen Wert erreicht kaum ein sehr alter Papierkondensator. Ich fand... bisher keinen.
WARUM ALLE ?
Nach den Eigenschaften ALLER Papierkondensatoren richten sich die Gesamteigenschaften des Gerätes !
Ein einzelner "halbdefekter" Kondensator wirkt sich für den Radiohörer bemerkbar aus, es gibt vielleicht einen meßbaren Leistungsverlust von einem Prozent.
Bei mehreren defekten Kondensatoren steigt der Leistungsverlust extrem an, da ja jede Stufe infolger der Verstärkung diesen Verlust quasi "mitverstärkt".
So können Gesamtverstärkung, die Trennschärfe, Störungsfestigkeit und/ oder andere Kennwerte "in den Keller sinken".
Ich konnte bisher bei ALLEN Restaurationen einen Qualitäts- oder Leistungssprung nach dem Generaltausch feststellen, ich habe mir aber nicht die Mühe gemacht, dies nach jedem einzelnen Bauteil zu dokumentieren, es wäre, weil ja der Zustand jedes Mal verschieden ist, ein hoher Aufwand für nichts.
Sicherheitsrelevante Kondensatoren bergen sogar- Lebensgefahr !
Wenn Sie eine Auto- Kurbelwelle eines Oldtimers machen lassen, wäre es Pfusch, wenn nur die Hälfte der Kurbelwellenzapfen geschliffen werden. Gleiches gilt für Ventilführungen, Ventilsitze, auch Radlager, und vieles mehr. Nach einem halben Menschenalter ist es einfach ein Gebot der Vernunft, auch -scheinbar- weniger abgenutzte Teile mitzuwechseln, zumal das Ende der nicht überholten Teile erfahrungsgemäß extrem schnell kommt, wenn einige Teile erneuert wurden.
Auch Haus- und Möbelrestaurationen, eigentlich ALLE Restaurationen alter Gegenstände... bedingen oft umfangreiche Vorarbeiten, obwohl „es ja noch SO gehen würde“.
Regel einer guten Reparatur/ Restauration: Wenn man weiß, daß nahezu alle Teile einer Bauart unbrauchbar sind, wechselt man auch alle.
Was anderes ist es übrigens bei Röhren: Da diese oft sehr weit unterhalb der Leistungsfähigkeit betrieben werden, sind sie sehr lange brauchbar.
THEMA ELEKTROLYTKONDENSATOREN
Einige Typen sind als Ausfallkandidaten bekannt, insbesondere solche im Pertinax- Rohr, mit Teer- Verguß beidseitig, sowie einige Ausführungen im Vollplast- Gehäuse.
Es gibt aber viele Fabrikate im Metallgehäuse, sowohl Lötausführung, als auch Schraubbecher, die seit über 50 Jahren ihren Dienst tun, und sie werden es voraussichtlich noch lange tun.
Elkos VOR den 50er Jahren wechsle ich allerdings immer.
Elkos gehören zu den Bauelementen, die ich sehr selten wechsle, und einige 50er Jahre- Geräte haben eine Unmenge davon (Fernsehgeräte).
Elkos konnten früher hohe Toleranzen haben (Toleranz schreibt man übrigens mit EINEM "L" !!!).
Restströme sind bei Elkos in Röhrengeräten selten kritisch, das änderte sich bei Transistorgeräten.
Kleine Elko- Kapazitäten kann man durch Nicht- Elko- Ausführungen ersetzen, das mache ich gelegentlich bei Ratiodetektor- Elkos.
BETRACHTUNGEN ZUR ORIGINALITÄT
Ein Bauteilewechsel gegen moderne Bauelemente würde natürlich die optische Originalität verändern, technisch ist ein Kunstfoliekondensator genau das, was der Entwickler des Gerätes verwendet hätte, wenn dieses Material seinerzeit zur Verfügung gestanden hätte. Physikalisch ist die Funktion absolut gleich.
Es gibt jedoch die Möglichkeit der „Abtarnung“ moderner Bauelemente in historischen Gehäusen, sowie ein „Stilnachbau“, siehe
hier
hier
hier
Ich persönlich lehne übrigens die Nachempfindung der Gebrauchsspuren alter Bauelemente ab- ein fachlich korrekter Wechsel –mit Bauelementen in optisch korrekter Bauform- DARF m. E. selbst bei museumsgerechter Restaurierung sichtbar sein, und gehört zur Geschichte eines Gerätes.
Warum soll man vortäuschen, dass ein Gerät mit den ursprünglichen Bauelementen uralt geworden ist, wenn dies nicht stimmt...?
Zumindest sollte ein Austauschdatum auf den Baueelementen erkennbar sein.
FAZIT
Der generelle Austausch von Papierkondensatoren ist eine fachlich korrekte Maßnahme bei Restaurationen, nicht mehr, und nicht weniger.
Alles andere ist „zum Spielen bringen“, ohne besonderen fachlichen Anspruch. Wenn das reicht... dann ist es ja auch ok.
Nach bisherigen Erfahrungen brauchen viele Typen Elektrolytkondensatoren erst bei erkennbarer Minder- oder Nichtfunktion getauscht werden.
Für Originalitätsfanatiker sei gesagt, dass die Funktionen moderner Kondensatoren physikalisch gleich sind, ein Verkleiden der Bauelemente in ein historisches Gehäuse sollte eigentlich allen Ansprüchen Genüge tun.
Olaf (br16)
THEMA PAPIERKONDENSATOREN
Die erhöhte Kapazität von Papierkondensatoren in alten Radiogeräten, ursächlich Nebenschlußwiderstand infolge leitfähig gewordenem Dielektrikum, entsteht durch das Meßverfahren von Kapazitätsmeßgeräten.
Was dein Multimeter nach seiner Methode heraus gibt hat u.U. nur sehr peripher was mit der realen Kapazität eines Bauelementes zu tun.
Nimm drei Meßmethoden und du bekommst drei unterschiedliche Ergebnisse.
Verschiedene Meßverfahren -> verschiedene Ergebnisse.
Auf jeden Fall sollte eine erhöhte Kapazität Anlaß zur Prüfung des Isolationswiderstands sein.
Und dann gilt:
Ein Kondensator mit Nebenschlußwiderstand infolge leitfähig gewordenem Dielektrikum ist KEIN KONDENSATOR, sondern eine RC- Parallelschaltung.
Und die steht so nicht im Schaltplan.
Kondensatoren sind weltliche Gegenstände, sie haben keinen geheimwissenschaftlichen Status, unterliegen den normalen, bekannten physikalischen und chemischen Gesetzen wie die Natur sie uns auferlegt.
Eben.
Dazu sagt @decoder:
Alle sind Papiertypen und bekanntlich hygroskopisch.
"Hygroskopisch" bedeutet wasseranziehend.
Und dazu gehört die Aufnahme von Luftfeuchtigkeit, und zwar durchdiffundierend durch mikroskopische Risse im Isoliermaterial oder der Vergußmasse. Die lange Zeit macht's möglich: Wassermoleküle schaffen es, selbst durch die Strukturen optisch unbeschädigtem Isoliermaterials durchzukommen.
Ebenfalls möglich: Die chemische Zersetzung des biologischen Materials Papier durch eigene Inhaltsstoffe (organische Säuren), selbst bei nie benutzten Teilen.
Sie können altern...
Nein. Sie altern. Sie können es nicht nur, sie TUN es. Immer.
Aber natürlich gibt es Umstände, die das Leben von Bauelementen stark verkürzen können. Oder verlängern.
können defekt werden, müssen es aber nicht zwingend.
Einen Totalkurzschluß müssen sie nicht zwingend bekommen, das ist richtig.
Aber ein Nebenschlußwiderstand infolge leitend gewordenen Dieelektrikums IST bereits ein Defekt.
Elektrisch auf jeden Fall- im Schaltplan sind Kondensatoren angegeben, keine "Kondensatoren mit Widerstandswert". Der Nebenschlusswiderstand kann die Wirkung des Kondenstors beeinträchtigen, und schlimmstenfalls aufheben.
Am bekanntesten ist der defekte Koppelkondensator zur Endröhre, der positive Anodenspannung der Vorröhre an das Gitter der Endröhre gelangen lässt, oft ist Ausgühen, und damit ein Schaden an der wertvollen Endröhre, die Folge.
Aber auch „einfache“ Kondensatoren an Anoden und Schirmgittern der HF- Stufen können im Defektfall die Leistung langsam drücken, Block- und Neutralisationskondensatoren verlieren durch einen Nebenschlusswiderstand ebenfalls ihre Funktion !
Bitte immer mal darüber nachdenken, WIE ein Widerstand parallel zu einem Kondensator wirkt !
ENTSCHEIDUNGSHILFE
Wann ist ein Papierkondensator messbar defekt ?
Es gibt eine Angabe in der „Funk- Technik“ Heft 17/1952.
hier
20 x 10 hoch 3 MegOhm .
Das sind 20 Gigaohm.
Einen solchen Wert erreicht kaum ein sehr alter Papierkondensator. Ich fand... bisher keinen.
WARUM ALLE ?
Nach den Eigenschaften ALLER Papierkondensatoren richten sich die Gesamteigenschaften des Gerätes !
Ein einzelner "halbdefekter" Kondensator wirkt sich für den Radiohörer bemerkbar aus, es gibt vielleicht einen meßbaren Leistungsverlust von einem Prozent.
Bei mehreren defekten Kondensatoren steigt der Leistungsverlust extrem an, da ja jede Stufe infolger der Verstärkung diesen Verlust quasi "mitverstärkt".
So können Gesamtverstärkung, die Trennschärfe, Störungsfestigkeit und/ oder andere Kennwerte "in den Keller sinken".
Ich konnte bisher bei ALLEN Restaurationen einen Qualitäts- oder Leistungssprung nach dem Generaltausch feststellen, ich habe mir aber nicht die Mühe gemacht, dies nach jedem einzelnen Bauteil zu dokumentieren, es wäre, weil ja der Zustand jedes Mal verschieden ist, ein hoher Aufwand für nichts.
Sicherheitsrelevante Kondensatoren bergen sogar- Lebensgefahr !
Schon garnicht muß man unreflektierte, generalisierte Schmeiß-weg-Aktionen an ihnen verbrechen.
Wenn Sie eine Auto- Kurbelwelle eines Oldtimers machen lassen, wäre es Pfusch, wenn nur die Hälfte der Kurbelwellenzapfen geschliffen werden. Gleiches gilt für Ventilführungen, Ventilsitze, auch Radlager, und vieles mehr. Nach einem halben Menschenalter ist es einfach ein Gebot der Vernunft, auch -scheinbar- weniger abgenutzte Teile mitzuwechseln, zumal das Ende der nicht überholten Teile erfahrungsgemäß extrem schnell kommt, wenn einige Teile erneuert wurden.
Auch Haus- und Möbelrestaurationen, eigentlich ALLE Restaurationen alter Gegenstände... bedingen oft umfangreiche Vorarbeiten, obwohl „es ja noch SO gehen würde“.
Regel einer guten Reparatur/ Restauration: Wenn man weiß, daß nahezu alle Teile einer Bauart unbrauchbar sind, wechselt man auch alle.
Was anderes ist es übrigens bei Röhren: Da diese oft sehr weit unterhalb der Leistungsfähigkeit betrieben werden, sind sie sehr lange brauchbar.
THEMA ELEKTROLYTKONDENSATOREN
Einige Typen sind als Ausfallkandidaten bekannt, insbesondere solche im Pertinax- Rohr, mit Teer- Verguß beidseitig, sowie einige Ausführungen im Vollplast- Gehäuse.
Es gibt aber viele Fabrikate im Metallgehäuse, sowohl Lötausführung, als auch Schraubbecher, die seit über 50 Jahren ihren Dienst tun, und sie werden es voraussichtlich noch lange tun.
Elkos VOR den 50er Jahren wechsle ich allerdings immer.
Elkos gehören zu den Bauelementen, die ich sehr selten wechsle, und einige 50er Jahre- Geräte haben eine Unmenge davon (Fernsehgeräte).
Elkos konnten früher hohe Toleranzen haben (Toleranz schreibt man übrigens mit EINEM "L" !!!).
Restströme sind bei Elkos in Röhrengeräten selten kritisch, das änderte sich bei Transistorgeräten.
Kleine Elko- Kapazitäten kann man durch Nicht- Elko- Ausführungen ersetzen, das mache ich gelegentlich bei Ratiodetektor- Elkos.
BETRACHTUNGEN ZUR ORIGINALITÄT
Ein Bauteilewechsel gegen moderne Bauelemente würde natürlich die optische Originalität verändern, technisch ist ein Kunstfoliekondensator genau das, was der Entwickler des Gerätes verwendet hätte, wenn dieses Material seinerzeit zur Verfügung gestanden hätte. Physikalisch ist die Funktion absolut gleich.
Es gibt jedoch die Möglichkeit der „Abtarnung“ moderner Bauelemente in historischen Gehäusen, sowie ein „Stilnachbau“, siehe
hier
hier
hier
Ich persönlich lehne übrigens die Nachempfindung der Gebrauchsspuren alter Bauelemente ab- ein fachlich korrekter Wechsel –mit Bauelementen in optisch korrekter Bauform- DARF m. E. selbst bei museumsgerechter Restaurierung sichtbar sein, und gehört zur Geschichte eines Gerätes.
Warum soll man vortäuschen, dass ein Gerät mit den ursprünglichen Bauelementen uralt geworden ist, wenn dies nicht stimmt...?
Zumindest sollte ein Austauschdatum auf den Baueelementen erkennbar sein.
FAZIT
Der generelle Austausch von Papierkondensatoren ist eine fachlich korrekte Maßnahme bei Restaurationen, nicht mehr, und nicht weniger.
Alles andere ist „zum Spielen bringen“, ohne besonderen fachlichen Anspruch. Wenn das reicht... dann ist es ja auch ok.
Nach bisherigen Erfahrungen brauchen viele Typen Elektrolytkondensatoren erst bei erkennbarer Minder- oder Nichtfunktion getauscht werden.
Für Originalitätsfanatiker sei gesagt, dass die Funktionen moderner Kondensatoren physikalisch gleich sind, ein Verkleiden der Bauelemente in ein historisches Gehäuse sollte eigentlich allen Ansprüchen Genüge tun.
Olaf (br16)