Philips FT-980 Tuner

      Hallo,

      ich versuche mich gerade in die UKW Empfangs- und Empfängertechnik einzulesen. Bei meiner Suche nach Informationen bin ich über diesen Thread (und auch noch andere) gestolpert. Da der Bereich relatives Neuland für mich ist, stellen sich mir natürlich jede Menge Fragen, von denen ich ein paar hier loswerden möchte. Vielleicht hat ja jemand die Zeit und auch die Lust darauf zu antworten. Als Versuchsobjekt habe ich vor etwas längerer Zeit meinen alten Technics Tuner ST-Z450 ausgegraben. Er hat "nur" ein Mitsumi Frontend von der Stange und nicht so ein strukturiertes Frontend wie der FT-980, aber ich denke für den Anfang reicht er aus.

      Wenn ich es richtig verstanden habe, gelangt das Signal von der Antenne an den Frontendeingang, wo ein erster Filter (Bandpass?) sitzt, der den Frequenzbereich schon einmal begrenzt, bevor das gefilterte Signal einen Verstärker erreicht. Hinter diesem Verstärker wird das Signal dann weiter, z.B. mit Hilfe von weiteren Schwingkreisen mit Kapazitätsdioden, auf die gewünschte Frequenz begrenzt bevor es die Mischstufe erreicht. Dort wird dann die Empfangsfrequenz mit der der lokalen Oszillatorfrequenz gemischt. Am Ausgang dieser Mischstufe liegt dann die Zwischenfrequenz (10,7 MHz) mit dem "Nutzinformationen" an, welcher dann weiter zum ZF-Filter wandern. Ich hoffe das war, wenn auch etwas knapp, halbwegs OK?

      Meine Fragen wären nun wie folgt:

      Wie groß ist eigentlich die Bandbreite des Signals bevor dieses den Verstärker erreicht und wie groß ist diese noch an der Mischstufe ? Ich meine bei einem Senderraster von 200 KHz kann diese doch eigentlich nicht mehr so breit sein, oder?

      Leckt die lokale Oszillatorfrequenz ggf. auch rüber zum ZF-Filter? Ich habe im Moment leider kein Oszilloskop hier, sondern nur einen Frequenzzähler, der mir eine um 10,7MHz höhere Frequenz anzeigt als die Empfangsfrequenz. Diese zeigt er mir aber am Ausgang zum Mikroprozessor (PLL Controller) als auch am Ausgang zum ZF-Filter an.

      Da mir die Funktionsweise der induktiven- und magnetischen Kopplung noch nicht so klar sind, kennt jemand Informationsquellen die für den Einstieg hilfreich sein könnten?

      Viele Grüße

      Michael
      Hallo Michael,

      ja, Deine Kurzbeschreibung der Frontend-Funktion eines Überlagerungsempfängers ist durchaus zutreffend. Vorselektion am Eingang, HF-Verstärkung, Oszillator, Mischer, Auskoppelfilter. Das sind die grundlegenden Funktionseinheiten dieser Teile. Im Detail gibt es etliche Variationen: Eingangskreis abgestimmt oder fest, Zwischenkreis, separater Oszillator oder selbstschwingende Mischstufe, zwei bis vier abgestimmte Kreise, Abstimmung mit Drehko, mit Spulenkernen, mit Kapazitätsdioden, HF-Verstärkungsregelung, AFC...

      Zu Deinen Fragen:

      Der Vorkreis am Eingang ist meist relativ breit angelegt. Manchmal sogar so breit, dass er das komplette FM-Band ohne Veränderung der Abstimmung durchlässt. Aber auch die folgenden Kreise besitzen im Vergleich zum Frequenzraster Scheunentor-Charakter. In der Regel beträgt die 3-dB-Bandbreite 2-3 MHz. Das hat vor allem etwas mit der erreichbaren Güte der Schwingkreise zu tun. In ungefähr dieser Breite liegt es auch am Mischkreis an. Der Mischerverstärker hat als Arbeitswiderstand dann jedoch einen auf die wesentlich niedrigere ZF abgestimmten Schwingkreis, bzw. Bandfilter. Bei etwa gleicher Güte selektiert dieser dann schon auf etwa 400 kHz Bandbreite. Erst die folgenden ZF-Stufen, es handelt sich um nichts anderes als nacheinander geschaltete Bandpassverstärker, bringen die endgültige Selektion auf etwa 200 bis 250 kHz. Dieses Signal geht in den Demodulator, bei diskreten Schaltungen ein Ratiodetektor, bei ZF-ICs fast immer ein Quadraturdemodulator.

      Die Frequenz des lokalen Oszillators liegt bei korrekt arbeitenden Mischteil stets um die ZF höher als die Empfangsfrequenz. Bei FM streut sie durchaus und ist z.B. bei niedrig eingestellter Empfangsfrequenz mit einem zweiten Radio in unmittelbarer Nähe meist deutlich als Rauschen nachweisbar. Am Frontend-Ausgang liegt sie stets in etwa gleicher Größenordnung an und wird erst bei auf einen anliegenden Sender abgestimmtem Radio von der ZF übertroffen. Die ZF-Amplitude hängt direkt von der Empfangsfeldstärke ab. Das kann man gut mit einem Oszi beobachten, wenn man den über einen kleinen Kondensator, z.B. 100 - 470 pF, am Mischteilausgang anschließt und mal die Sender durchstimmt. Spätestens bei einem starken Sender müsste dann auch der Frequenzzähler die ZF anzeigen.

      Zwecks Literatur: Stöber mal etwas nach Beiträgen von Prof. Dietmar Rudolph bei rm.org.

      Viele Grüße,
      Christian
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      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Hallo Michael,

      ergänzend zur Erklärung von Christian:

      Die Bandbreite des Sendesignals (und damit der gewünschten Mindest-Bandbreite über die Empfängerstufen) ist keine absolute Grösse. Sie hängt bei Hörfunk-UKW vom Modulationshub ab und davon, ob Du auch stereo und RDS empfangen möchtest.

      Bei heutigem Hörfunk-UKW (Funkamateur-FM ist schmalbandiger und soll hier nicht betrachtet werden) beträgt das zu übertragene NF-Spektrum 15 kHz. Zusätzlich muss bei Stereo der Pilottton von 19 kHz übertragen werden sowie das zur Gewinnung der beiden Stereokanäle zum unterdrückten 38 kHz Hilfsträger beidseitig liegende L-R Signal. Dieses reicht also von 38 - 15 = 23 kHz bis 38 + 15 = 53 kHz. Darüber folgt noch das Signal für RDS bei 57 +/- 2 kHz. Zusammen also 59 kHz.


      Die erforderliche Bandbreite ergibt sich damit allgemein aus der "Carson Bandbreite-Regel ( de.qwe.wiki/wiki/Carson_bandwidth_rule ) zu B = 2 x (59 kHz + 47,5) kHz = 213 kHz, wenn ein Gesamt-Modulationshub von +/-47,5 kHz (= 40 kHz + 7,5 kHz Pilotton-Deviation) zugrundegelegt wird.
      Legt man den theoretisch (maximal) zulässigen Hub von +/- 75 kHz zugrunde,ergibt sich sogar eine Bandbreite von B = 2 x (59 + 75) kHz = 268 kHz.

      Deshalb ist das UKW-Senderaster nach Konvention 300 kHz. Geografisch nahen FM Rundfunksendern sind i.d.R. nominale Mittenfrequenzen von sogar mindestens 400 kHz auseinander zugeordnet. Die Trennschärfe von UKW-Radios wird üblicherweise ebenfalls auf 300 kHz oder 400 kHz Frequenzabstand gemessen und bezogen. Bei einem Senderraster von nur 200 kHz könnte man auch mit guten UKW-stereo Hörfunkempfängern keine hinreichende Sendertrennung erzielen. So ein Rasterabstand ist nur "machbar", wenn die Sender so weit voneinander entfernt sind, dass sie sich deshalb nicht gegenseitig stören können, also an einem Ort nicht beide empfangbar sind.

      Das nachfolgende Frequenzspektrum einer UKW-Übertragung wurde z.B. an einem UKW-Stereo-RDS-Radio gemessen. Du kannst die einzelnen Komponenten (L+R bis 15 kHz; Pilotton 19 kHz, L-R beidseitig zum unterdrückten Hilfsträger 38 +/-15 kHz; RDS bei 57 +/-2 kHz) bis 59 kHz erkennen:


      Quelle: youtube.com/watch?v=Uj91tMbpN2M

      upload.wikimedia.org/wikipedia…KW-Rundfunk-Basisband.svg


      Für guten, verzerrungsfreien Stereoempfang ist auch bei nur gemässigtem Modulationshub eine Bandbreite von wenigstens 200 kHz erforderlich, praktisch meist 200-300 kHz. Wenn z.B. beim Empfänger ggf. eine kleinere Bandbreite angegeben ist, muss das aber kein Widerspruch sein, denn die schmale Bandbreite ist beim Empfänger mit einem sehr niedrigen Signalpegel gemessen, so niedrig dass die Begrenzung noch nicht eingesetzt hat. Der praktische Stereoempfang findet aber bei viel höherem Signalpegel "in der Begrenzung" statt, d.h. die von den Filtern "durchgelassene Bandbreite" ist in der Begrenzung natürlich viel grösser.

      Zeitgenossen, die sich durch schmalbandigere Keramikfilter (<200 kHz) im ZF-Teil die Selektion (Trennschärfe) verbessern wollen, müssen inkaufnehmen, dass sie das L-R Signal (bis 53 kHz) auf Kosten guter Stereowiedergabe (NF-Bandbreite, Signal-Rauschabstand und Klirrfaktor) beschneiden.

      Herzlichen Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Vor kurzem wurde ein Gesetz verabschiedet (EU?), das besagt, dass jedes neu verkaufte Radiogerät einen DAB-Teil enthalten muss. Also die Voraussetzung, dass man dann den UKW-Rundfunk abschalten kann und man das neue Gerät nicht wegwerfen muss (meine Interpretation, danach riecht es). Das Ganze macht mich etwas depressiv. Im Hintergrund werkeln wohl einige Lobbyisten an der UKW-Abschaltung. Was haltet ihr davon?
      Ja, das könnte so stimmen. Bisher ist die Verbreitung und die Beliebtheit von UKW ja immer noch weitgehend ungebrochen, und hier wurden die Lizenzen bis 2030 verlängert. Dabei haben auch einige Überlegungen zum Katastrophenschutz eine Rolle gespielt, wie mir ein Bekannter vom THW bestätigt hat. Eine gewisse Unabhängigkeit durch viele lokale Sender ist nicht über Nacht ersetzbar.

      Aber langfristig will man UKW loswerden. Und da bisher vieles nicht geklappt hat, muss man da EU-weit Vorsorge treffen, wie jetzt mit dieser Bestimmung. Was uns aber nicht davon abhalten muss (und es auch nicht soll), hier weiter zu berichten, und für möglichst viele Tuner eine Revisions- und Abgleichanleitung verfügbar zu machen. Dann werden wenigstens bis 2030 noch genug davon laufen ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Ohne eure Laune noch verschlechtern zu wollen, aber so sieht's außerhalb der EU aus:
      SCHWEIZ: Totalabschaltung aller UKW-Sender der SRG im August 22 (nächstes Jahr!!), die Privaten folgen im Januar 23. Beschlossene Sache.
      NORWEGEN: Der UKW-Rundfunk wurde 2017 komplett abgeschaltet, kleine private Lokalradios dürfen, letzter Stand, noch bis 2027 weitersenden.

      Im Nachbarland Schweden (EU) ist die Zahl der UKW-Sender für Private in den letzten Jahren dagegen nochmal deutlich erhöht wordem.

      VG Stefan
      Klar, das ist ein langsam aussterbendes Betätigungsfeld ... aber mir reichen die kommenden Jahre erst einmal, denn ich mache ganz gerne mal einen 9141 TC fit, und überrasche dann andere Leute mit dem Ergebnis. Klar, das Ding ist gross, klingt aber gut (ordentliche Boxen vorausgesetzt), und auch Radio macht Spass. Dabei voll fernbedienbar ... wenn ich dann sage, über 40 Jahre alt, gibt's regelmäßig ungläubige Gesichter.

      Und mein eigentliches Ziel ist eh ein anderes: Die jetzige Generation ist mit PC-Boxen und dem letzten Mist aufgewachsen, und hat leider GAR keine Vorstellung mehr davon, was möglich ist. In Konzerte geht die Mehrheit auch kaum noch (ja, viele nicht einmal mehr vor die Haustür). Da ist so "alter Schrott" dann doch ein Eye-Opener ... und den Spass geniesse ich regelmäßig ... wobei die Qualität stimmen muss. Es gibt auch viel echten Schrott aus damaliger Zeit, mit dem kann ich nichts anfangen.

      Michael