Loewe-Opta Globus 1784W

      Hallo Freunde,

      mir ist zur Reparatur der Loewe Globus von 1956 zugelaufen. Alles in allem mach das Gerät einen wertigen Eindruck. Endstufe Gegentakt mit 2 EL84, 4 Lautsprecher (3D), Klangregister...
      Generell ist der Zustand gut, Trafos zwar oberflächlich etwas angerostet, aber das Chassis ist (ähnlich Grundig) mit einer goldfarbigen Lackierung versehen.
      Das Gehäuse hat eine noch schöne Lackierung, ich denke, neben Aufpolieren wird daran nichts gemacht, es soll auf Wunsch der Besitzerin auch noch "Patina" haben, nicht wie ein Neugerät aussehen.







      Eingeschaltet habe ich es nicht, es gibt da einige Wackelkandidaten, z.B. Entstörkondensatoren (ERO Papier) auf Netzspannungsseite, die zuerst ersetzt werden müssen. Aber sonst, abgesehen von einigen Papierkondensatoren auch unter der Haube eine gute Bestückung, Siemens Styroflex und Keramikkondensatoren.



      Geplant ist in den nächsten Wochen nach Tausch der paar Kondensatoren ein vorsichtiges Hochfahren. Ich bin mal auf den Klang gespannt.

      Als kleines Gimmick hatte das Radio unten auf der Abschirmplatte einen eingeklebten Schaltplan. Der hat leider optisch schon kräftig gelitten, ich sehe mal, was daran noch zu retten ist.
      Gruß, Gunnar
      Jetzt komme ich auch gleich zu einer ersten Frage.

      Es ist ein Siemens Säulengleichrichter B250 C125 N2 eingebaut. Wie sind die Erfahrungswerte von euch dazu? Bei unauffälligem Verhalten drin lassen, und einige Jahre weiter betreiben? Oder besser gleich ersetzen?
      Wir haben hier ja schon öfter die Diskussion um die Glr Typen gehabt.
      Gruß, Gunnar
      Schönes Gerät, Loewe Opta besaß ich auch mal lange Zeit in Form einer Truhe mit Wahnsinns-Klangvergnügen heute annähernd unbekannten Ausmaßes und eines allen diesbezüglichen widrigen Einflüssen ausgesetzten und doch nicht kleinzukriegenden Küchenradios. Die Technik bei Loewe Opta war langlebig und mit guten Qualitätsteilen (Siemens, viel Styroflex, Kohleschicht/Drahtwickel-Widerstände usw.) bestückt. Die Kondensatoren leben fast ewig. Auch der Selen-Säulengleichrichtiger hält üblicherweise.

      All das setzt natürlich einen sachgerechten Umgang/Lagerung voraus.
      Fachgerechte Inbetriebnahme nach Standzeiten ist auch selbstverständlich, will man nicht das einem was um die Ohren platzt. Neben Elkos rekonditionieren sich auch Selengleichrichter wenn sie nicht geschädigt worden sind.

      Daher:
      Niemals von Zustand unbekannt auf volle Energie schalten, sondern über längere Zeiträume die Netzspannung sachte steigern, bei maximal halber Netzspannung beginnen und kleine Schritte machen, das kann ruhig den Tag über oder auch zwei dauern. Man überwacht diesen Vorgang natürlich engmaschig, auch die Temperaturentwicklung kritischer Teile.

      /Alles bekannte und hier (und in diversen Antik-Radio-Foren) mehrfach beschriebene Vorgehensweisen./

      Ist bis hier alles i.O. und gibt es keine Funktionsstörungen, stand das Gerät auch wie es sich gehört schön trocken dann muß nichts was nicht defekt ist ausgetauscht werden.
      Ausnahme sind wie oft erwähnt die Primär-Entstörkondensatoren ungeachtet ihrer Verfassung, hier steht die Vorschrift im Vordergrund.
      Sollte sich der Selen-Gleichrichter als zu stark abweichend und auch nicht mehr rekonditionierbar erweisen, kann man noch versuchen ihn mit Ersatz einzelner Platten wieder in Form zu bringen. Diese müssen passenden Typs sein, neuere Typen und Formfaktoren haben andere Sperrwerte, das führt zum Scheitern.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Hallo Gunnar,

      bei den alten Gleichrichtern, ob Platte oder Säule, habe ich immer zwei Kriterien im Vordergrund:

      - die Sekundärspannung
      - die Wärmeentwicklung

      Meistens gehen die beiden Faktoren Hand in Hand, heute habe ich an einer Capella 753 weiter gearbeitet, da war die Sekundärspannung 30 V zu niedrig und gleichzeitig wurde der GR richtig heiß, Da gibt es keine zwei Meinungen.

      Tendenziell leben die schwarzen Säulen häufig länger als die silbernen Platten, warum weiß ich nicht.

      Gruß, Dieter
      Die Verlustleistung in der Säule dürfte ziemlich genau der in einem Flachgleichrichter entsprechen. Der Flache wird besser gekühlt, wenn er aufs Chassis geschraubt ist, erscheint also nicht so heiß.

      Womöglich waren die Säulen nicht zufällig schwarz, sondern wegen der besseren Wärmeabstrahlung.
      Achim
      N´Abend
      Achim, Dieter, die Beobachtungen sind alle richtig und wichtig.
      Die Platten in den Säulengleichrichtern haben andere Grenzwerte als die Flachgleichrichter, daraus folgend ein divergierendes Wärmeverhalten.

      Wenn die Spannung so einer Säule sattsam zu niedrig ist und bleibt, bei deutlicher Hitzeentwicklung, wurde eine Platte hochwahrscheinlich bereits geschädigt, eine Kettenreaktion von Überhitzung und Beschädigung weiterer Platten setzt sich in Gang.
      Ausgangspunkt ist der Kardinalfehler das Radio spannungslos herumstehen zu lassen, der Gleichrichter baut ab. Schaltet man dann mit einem Schlag ein, haben die Platten nicht mehr ihre notwendige Sperrspannung und ehe sich das wieder geben kann stirbt die schwächste schon langsam. Gleichzeitig ist der (generell noch meistens reversible) Standschaden natürlich auch an anderen Bauteilen eingetreten, das gesamte Radio zieht zu hohen Strom und der Gleichrichter - schwach wie er schon ist - wird noch mehr überfordert.

      Daher das "Einspielen" von Radios in unbekanntem Ablagerungszustand.
      Die Elkos formieren wieder und belasten den Gleichrichter nicht so stark, die NOCH NICHT GEQUOLLENEN potentiell hygroskopischen Wickelkondensatoren (überwiegend die bekannten Typen sind gefährdet) trocknen ohne Schaden zu nehmen wieder - das Öl in den Papierlagen weist das H2O2 ab, welches wieder ausdunstet ohne die bekannte Emulsion zu bilden die dann aus dem Kondensator heraus sifft. Was alles erfolglos ist, wenn der Kondensator schon bei hoher Spanung kaputt gedudelt wurde, also gequollen, geplatzt oder Emulsion ausgelaufen ist - wie die dann aussehen wissen wir alle. Und wenn erstmal Emulsion entstanden ist, dann ist der Isolator dahin und der Kondensator schrott.

      Manche meinen es übrigens gut und trocknen ihre Neuzugänge erstrmal eine Woche lang auf einer Ablage über der Konvektions-Heizung, das ersetzt nicht das Einspielen, fördert aber die Trocknung noch feuchtigkeitsgeschädigter Kondensatoren. Das Radiogehäuse wird vorher außen eingeölt, damit der Lack und das Furnier nicht unter der Trocknung leiden, innen soll es ruhig auch trocknen.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.