Röhrenradios - Was tauscht ihr aus?

      Hallo Marcus,
      zunächst einmal gut das Du über Dein "Tun" sprich reparieren nachdenkst, das ist gut und wie ich finde richtig.
      C-Typen kann man in einer solchen Industrieschaltung nicht hören, meine Meinung, von daher keine Notwendigkeit die altem zubelassen oder exakt zu ersetzen. Das mit den Gitarrenverstärkern, naja ich glaube selbst High-End-Jünger sind nicht so esoterisch was Klang von Geräten angeht wie Musiker...
      Orginalität, ok, da kann man drüber reden was wie womit in welchem Umfang getauscht werden sollte.
      Nur am Ende machen wir eine Restauration/Reparatur immer nur für uns selber, die Radios sind jetzt ja auch nicht so selten wie eine blaue Maurizius.
      Ich persönlich tausche aus was mir nicht mehr einwandfrei und an dem jeweiligen Platz in der Schaltung(!)nicht mehr betriebssicher erscheint.
      Ich habe mir über die Jahrzehnte (huch es sind ja echt schon mehrere ) einige "Meßverfahren" angeeignet die mich da beratend unterstützen....
      Generell muß man Jogi bzu seiner Auflistung beipflichten, ich empfehle hier ja immer ein altes Röhrenvoltmeter mit großer Analogskala und ewig hohem Meßbereich in Mohm. Damit läßt sich die Prüfung wie Jogie sie oben wiederholt beschrieben hat sehr gut machen und ich behaupte das sich auch der Isolationswiederstand damit hinreichen in einem Abwasch prüfen läßt. Leider scheint hier kaum jemand auf unserer beider Hinweise anzuspringen, schade ist alles preiswert zu haben und mit etwas Erfahrung läßt sich Kpazität schätzen und Isolationswiederstand prüfen in einem Rutsch....
      Viele Grüße Tobias.
      Viele Grüße, Tobias.
      Jogi, Otto und Tobi, ich danke Euch für Eure wertvollen Kommentare.

      Sehe ich genauso wie Tobi wenn er sagt das machen wir für uns selber und Zufrieden muß man sein. Die Sichtungs- und Messerläuterungen von Jogi sind mir sehr hilfreich.

      Ihr könnt sicher sein, dass in meinem Freiburg keine gelben oder eckigen Knallbonbons so eingebaut werden. Das macht mir Augenkrebs. Ich komme aus einer anderen Ecke wo Originalität das absolut einzig Wahre ist. So ein Röhrenvoltmeter wollte ich mir immer schonmal zulegen. Ich muß mal sehen ob Multavi II oder ähnliches Gerät.

      Im Moment formiere ich meine gesammelten Elkos aus meinem Freiburg und stelle mehrheitlich fest, dass die Werte die mein Metra Hit anzeigt, überwiegend noch passig sind. Diese werde ich jetzt nach und nach wieder zurückbauen.

      Noch eine kleine Anmerkung zu Kondensatoren in Gitarrenschaltungen. Ich habe das selbst ausprobiert und behaupte, das man Unterschiede bei Kondensatoren hören kann. Ich habe das in einer Gitarre einmal mit K40 KY- und einmal mit WIMA TFF, Wer 0,022 uF ausprobiert. Die PIO K40 erschienen mir nicht so Höhenreich zu sein wie die WIMA. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck- vielleicht auch Quatsch :)



      Danke und Grüße

      Marcus

      messmalwas schrieb:

      Ihr könnt sicher sein, dass in meinem Freiburg keine gelben oder eckigen Knallbonbons so eingebaut werden.
      Hier gehen m.E. die Meinungen am weitesten auseinander.

      Meine Philosophie ist der Ersatz durch Qualität, bei den gelben Chinaböllern gehe ich konform, die gehören in den Müll.
      Andererseits ist es mir egal, ob die verzerrende Endstufe wegen eines radialen roten WIMA oder eines axialem schwarzen FT Koppelkondensator wieder hervorragend spielt.

      Gruß, Dieter
      Dieter, da möchte ich auch kurz einhaken.
      Weil ich irgendwie die Vermutung hege das meine Ansicht zu solchen Dingen manchmal total in den falschen Hals bekommen wird.

      Rein elektrotechnisch betrachtet kommt es beim Ersatz eines (Koppel)Kondensators weder auf seine Form (wenn nicht ausgerechnet die Form die Funktion im Radio beeinträchtigt) noch auf seine Farbe an, ein guter heutiger Kondensator aus moderner Fertigung, der einer geeignete Klassen (MP/MK... usw.) entspringt, der vor allen Dingen nach den Regeln als "Hochvolt-Bauelement" konstruiert wurde (viele Neuteile sind das nicht mehr, Widerstände bspw. sind garnicht mehr über 200V tauglich auch wenn mehr angegeben ist, manche Kondensatoren sind viel zu klein um die Eigenwärme abzuführen usw.) der man diese Aufgabe lt. Datenblatt zumuten darf, der ist als Ersatz technisch brauchbar.

      Mir persönlich - und das muß mir keiner nachmachen wenn er nicht will - aber einigen anderen wird es genau wie mir gehen - gefällt aber so ein Kondensator nicht in einem guten alten Röhrenradio. Das hat diese Gründe:

      Erstens er sieht nicht so aus wie das auszusehen hat (meiner bescheidenen Meinung nach, kann jeder drüber denken wie er will und es auch machen wie er will).

      Zweitens ich kann dann so ein Radio nicht originalgetreu nennen (was für den Privatverbrauch nicht so schlimm ist wie für den Verkauf unter falscher Behauptung "Original").

      Drittens - und das ist das vermutlich für manche am schwersten Verständliche überhaupt - vielleicht ist mancher moderne Kondensator schon zu gut, soll heißen vielleicht verändert er den Charakter des gewohnten Radios. Das möchte ich persönlich nicht, ich möchte keine Radios verbessern, ich möchte bei einem 1955er Radio so hören, genau so, wie es die Fabrik verließ, wie der Entwickler das in das Radio rein konstruiert hat. Nenne man es wie man will, Nostalgie oder wie von mir aus, wenn ich "am Besten" hören will dann höre ich garnicht mit einem Uralt-Radio sondern mit etwas das auf dem Zenith der jeweiligen Technik erbaut wurde, aber auch das höre ich unverschlechtert, unverbessert, sondern so wie das dann eben aus der Fabrik kam.
      Wenn ich bewußt genießend ein gutes altes Röhrenradio einschalte dann steht das auf dem Rauchertischchen neben meinem Ohrensessel, dann steht daneben ein Glas Pure Malt Whisky aus den Highlands, dann qualmt eine Monte Christo oder ähnliches Kaliber in meiner Hand und dann habe ich die gemütlichen Opa-Pantoffeln an den Füßen und die Hausjacke an. Dazu brauche ich dann weder Kalle Blöd im Radio noch den tollsten selbstoptimierten HIFI-Ton, den höre ich bei Glenn Miller oder bei "Georgia on my mind" eh nicht, weil das Originalmaterial es garnicht hergibt.
      Verbessern, das Optimale herauskitzeln dafür bin ich in der Lage eine andere Spielwiese zu finden, denn als Entwickler von (U-)Elektronik ist es mir nicht fremd und habe ich es unzählige Male getan, mir selber ein mir genehmes Optimum zu entwickeln und aufzubauen, da findet sich dann kein einziges altes Teil drin, alles Neuware moderner, auch eckiger, Ausführung und auf Leiterplatten montiert, oft sind nichtmal Röhren anwesend, eher selektierte Operationsverstärker, handverlesene Transistoren usw. bspw. der Kopfhörer wird dann in Klasse-A von einem Germanium-Transistor samt integrierte Stromquelle (Stromquelle als Last der A-Endstufe senkt den Klirrfaktor nochmal weiter ab) angesteuert.
      Manchmal wenn mich der Teufel der Moderne reitet benutze ich auch eine Bluetooth-Übertragung zwischen Multimedia-PC und V4.1 Kopfhörer (von dem aus kann man den PC fernsteuern). Aber das Röhrenradio bleibt dabei völlig unverbessert originalgetreu ;)

      Außerdem gilt immer noch der Grundsatz, jeder darf sein Bad so kacheln wie er will, von mir aus in Froschhintern-Lila, er darf nur eines nicht, aus Sicherheitsgründen darf er nicht an der Gastherme basteln (im übertragenen Sinn also an den sicherheitsrelevanten Primärteilen eines Radios regelwidrig herumpfuschen).
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „Jogi“ ()

      Ja Dieter, ich habe es oft gelesen hier wie weit die Meinungen darüber auseinandergehen. Ich meine "Jeder nach seiner Fasson".

      Ich bin nach vielen Stunden des Überlegens doch eindeutig auf Jogis Welle. Ich habe zum Beispiel bei meinen Beiden Tannhäuser 56 die Kondensatoren mit "ERO" Banderolen "getarnt".

      Einfach nur weil ich Bock drauf hatte und es schöner fand wenn man da reinschaut. Man kann mich dafür auslachen- macht aber nichts. Ich bin zufrieden und das ist Hauptsache :)

      Der entscheidende Satz von Jogi in Bezug auf mein Freiburg 3DS ist halt : Ich will so Radio hören wie 1954. Das ist zwar auch ein bischen Voodoo aber was solls. Ich will es trotzdem auch so.

      Und wenn auch nur die Kondis so aussehen wie original. Heißt, ich stelle mir jetzt blaue Saba Banderolen her und beklebe damit die Kondensatoren. Gelbe und eckige möchte ich einfach nicht haben.

      Wie gesagt, die originalen Elkos werde ich auch nach und nach wieder einsetzen. Sicherheitsrelevante Teile sind natürlich neu.

      Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich mit dem Gleichrichter verfahre. Im Moment habe ich den mit N4007 bestückt+ 100ohm Widerstand. Selengleichrichte bekommt man ja noch über die Bucht. Aber taugen die denn noch was ? Die liegen doch auch schon Jahre unbenutzt rum.

      Also , Diodengleichrichtung mit Vorwiderstand oder doch Selengleichrichter. Wie habe Ihr das gelöst und was sind Vor- und Nachteile ?

      Gruß

      Marcus

      messmalwas schrieb:

      Also , Diodengleichrichtung mit Vorwiderstand oder doch Selengleichrichter. Wie habe Ihr das gelöst und was sind Vor- und Nachteile ?
      Ich liste einfach mal meine Erfahrungen auf:

      - Selengleichrichter sind sehr oft in Ordnung. Wenn er sehr warm bis heiß wird und die Ausgangsspannung unter dem Soll ist, muss er raus

      - Diodenbrücken brauchen keine Kühlung, Ausgangsspannung leicht zu korrigieren. Allerdings hatte ich schon nagelneue Brücken eingebaut, die sich als defekt herausstellten. Ich verwende B500/C1500, kosten so gut wie nix.

      Gruß, Dieter

      messmalwas schrieb:

      Wie gesagt, die originalen Elkos werde ich auch nach und nach wieder einsetzen. Sicherheitsrelevante Teile sind natürlich neu.

      Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich mit dem Gleichrichter verfahre. Im Moment habe ich den mit N4007 bestückt+ 100ohm Widerstand. Selengleichrichte bekommt man ja noch über die Bucht. Aber taugen die denn noch was ? Die liegen doch auch schon Jahre unbenutzt rum.

      Also , Diodengleichrichtung mit Vorwiderstand oder doch Selengleichrichter. Wie habe Ihr das gelöst und was sind Vor- und Nachteile ?
      Originale renommierte Marken-Elkos, wenn man sie sich gut zurecht formiert hat, oder sie von sich aus noch gut sind, sind auf alle Fälle bei mir die erste Wahl. Sie fliegen dann heraus wenn sie zum Sicherheitsrisiko werden, Elkos dürfen im Betrieb in einem Röhrenradio bei fehlerfreier Beschaltung nicht von sich aus heiß werden, keine Flüssigkeit verlieren, nicht aufblähen oder ähnlichen Unsinn treiben. Der oft bemängelte permanente Reststrom ist bei Elkos hingegen lebensnotwendig, es fließt immer etwas Strom der die Oxydschicht erhält und regeneriert, Entwickler wissen das und haben das einkalkuliert, es schadet einer mit Hirn gemachten Schaltung nicht. Muß ich mal einen Elko ersetzen, was bei den alten Schätzen sehr sehr selten vorkommt, dann besorge ich mir originalgetreuen Ersatz.
      Geht das nicht - ich sehe keinen Grund warum das nicht gehen sollte, alle diese Geräte sind Großseriengeräte und es gibt sicherlich Unmengen an Brüdern und Schwestern, auch welche die nur noch als Schlachtgeräte taugen, man hat also immer Ersatz wenn man früher an keinem Sperrmüllhaufen vorbeigehen konnte, oder es gibt jemanden der Ersatz hat - dann tut es rein technisch sicher auch ein neuerer Hochvolt-Elko. Aber sieht das schön aus und gereicht das dem Radio zu verdienter Ehre? Nein. Es geht wohl aber keiner will das. Warnen kann ich nur vor zweifelhafter Ware des Halbleiterzeitalters, die Typen dieser Art sind zwar klein, erschreckend klein manchmal, aber sie stellen eine ständige Explosionsgefahr dar, da die Innereien schnell zu klein sind, wenn sie mal wirklich Wärme ableiten müssen, sowas versaut dann das gesamte Gerät mit Schlabber und Papierschnipseln.

      Es ist mir noch nie passiert, daß ich einen Selen-Gleichrichter nicht hätte in Gang bringen können (formieren), zerlegen und restaurieren und wieder zusammensetzen können, im schlimmsten Fall gegen einen gleichwertigen ersetzen können. NOS-Typen können durch lange spannungslose Lagerung deformiert sein, können aber müssen nicht, man kann sie nach meiner Erfahrung einfach formieren und dann sind sie wieder brauchbar. Einige wenige werden nie mehr brauchbar weil eine Pille im Brückengehäuse überhaupt nicht mehr mitmacht, die kann man zerlegen, die Pille gegen eine aus einem gleichen Schlacht-Gleichrichter ersetzen und schon klappt es wieder. Zerlegen mußte ich aber noch nicht oft und die wenigen Male waren problemlos. Bei offenen Selen-Gleichrichtern mit großen Platten (hohe Leistung bspw. Akku-Ladegeräte) habe ich schon öfter Platten bearbeitet (das Zinkoxyd ist manchmal angegriffen, die Geräte stehen ja in einer KFZ-Werkstatt-Umgebung wo diverse Einflüsse die Platten angreifen können), kein Problem wenn man sich merkt wie die vielen kleinen Teile auf der durchgehenden Achse montiert sind, damit einem beim Wiederzusammenbau kein Kunstfehler unterläuft...
      Bei mir gab und gibt es in keinem Sammelgerät, dazu gehör(t)en bei mir auch Tonbandkoffer mit Röhrentechnik, und in keinem anderen Gerät bspw. aus der Nachrichtentechnik, Übertragungstechnik, Medizintechnik, ELA-/PA-Technik, Geräte in denen die originalen Selen-Gleichrichter durch was anderes ersetzt worden wären.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Jogi“ ()

      Guten Tag in die Runde.

      Zunächst kurz zu einem Thema von Marcus:

      "So
      ein Röhrenvoltmeter wollte ich mir immer schonmal zulegen. Ich muß mal
      sehen ob Multavi II oder ähnliches Gerät. "
      Ein Röhrenvoltmeter ist nicht ein Messgerät FÜR Röhrengeräte, sondern ein Messgerät, das MIT einer Röhrenschaltung arbeitet. Das Multavi II ist ein historisches passiv arbeitendes Multimeter. Es ist kein Röhrenvoltmeter.
      Der Witz an einem Röhrenvoltmeter, also die wesentliche Eigenschaft, die es zu Röhrenradio-Zeiten den damals üblichen Multimetern (wie dem Multavi II) voraus hatte, ist sein hoher Innenwiderstand, der Messfehler verringert und bestimmte Messungen überhaupt erst möglich macht.

      Diesen hohen Innenwiderstand bietet dir heute jedes Digital-Multimeter. Daher sind Röhrenvoltmeter für normale Messanwendungen im alten Radio reine Technik-Nostalgie und haben ihren digitalen Urenkeln nur den analogen Zeiger voraus, der feine Schwankungen schön sichtbar macht.

      Insbesondere bietet das Röhrenvoltmeter gegenüber dem heutigen digitalen Multimeter keinen Vorteil, wenn es um die Prüfung von Kondensatoren geht. Mit deinem Metra-hit bist du gut bedient, das ist ein sehr gutes Gerät.


      "Im Moment formiere ich meine gesammelten Elkos aus meinem Freiburg und
      stelle mehrheitlich fest, dass die Werte die mein Metra Hit anzeigt,
      überwiegend noch passig sind. Diese werde ich jetzt nach und nach wieder
      zurückbauen."

      Das Messgerät zeigt dir allerdings nur die Kapazität an, nicht den Reststrom. Jeder Elko hat einen Reststrom, der ist bauartbedingt immer vorhanden (siehe Jogis Post) - er darf aber nicht zu groß sein, das deutet auf Fehler hin. Das heißt: Du solltest auch diesen messen. Der Reststrom ist der NACH AUFLADUNG des Elkos verbleibende Dauerstrom. Er liegt bei einem neuwertigen 50Mikrofarad/350Volt-Elko unter 1mA. Hat ein alter Elko , sagen wir, 3mA (und zwar auch nach längerem Betrieb), so ist das auch noch hinnehmbar - 10mA allerdings nicht mehr. Hier kündigt sich, insbesondere, wenn der Strom bei mehrstündigem Betrieb eher zu- als abnimmt, ein baldiges Lebensende an.

      Meine Empfehlung: Miss die Netzteilelkos auf Reststrom, bevor du sie wieder einbaust.
      Ich habe in über 30 Jahren Radiosammeln, -betreiben und restaurieren allerdings verdammt wenig Ärger mit originalen Netzteilelkos gehabt. Ich lasse sie meist drin, aber nicht nach Gutdünken, sondern nach Messung.

      SO. Und nun noch meine 50 Pfennig zum Thema Kondensatortausch außerhalb von Elkos.

      Wenn man AUSSAGEKRÄFTIGE Messungen an Kondensatoren macht, kommt man sehr schnell auf den Trichter, welche Kondensatoren taugen und welche nicht.

      Mit einem üblichen Ohmmeter stellt man höchstens Totalausfälle fest. Denn mit einer Messspannung von einem oder zwei Volt und einem Messbereich von 2MOhm ergeben sich keine Aussagen zur Tauglichkeit von Kondensatoren in (hochohmigen!!) Röhrenschaltungen unter Anodenspannung(!).

      Ich empfehle daher allen meine Messmethode, die etwa 1 Gigaohm unter Anodenspannung erfasst. Das Equipment dazu habt ihr alle.
      Man braucht erstens eine glatte Anodenspannung. Liefert jedes Röhrenradionetzteil, wenn man die Schaltung nach den Elkos abklemmt, also im Leerlauf. Für "ambulante" Messungen habe ich einen überzähligen kleinen Röhren-Netztrafo in ein kleines Gehäuse gesetzt. Es liefert nicht stabilisierte, aber gesiebte 300 Volt. Daran wird der zu prüfende Kondensator IN REIHE mit einem Digitalmultimeter, das in den höchsten SPANNUNGSbereich geschaltet ist, angeschlossen. Wir messen also den Strom durch Prüfling und Ri des DMM (in der Regel 10MOhm) anhand der Spannung am Ri des DMM. Und müssen nur noch überschlägig rechnen. Einfachstes Beispiel: DMM zeigt 150 V. Bei Uges = 300 V und Ri(DMM) = 10MOhm ist der Isolationswid. Rc ebenfalls = 10MOhm. Dieser Kondensator wäre ein Fall für die Tonne.
      Oder: DMM zeigt 10 V an. Dann hat der Kond. 290 MOhm. Bei 3 V am DMM hat der C rund 1GOhm.

      Die Praxis zeigt dann: Alle, aber wirklich alle alten Papierkondensatoren (von Laien gerne Teerkondensatoren genannt) wie Wima Tropydur, Ero 100 usw. bringen bei diesem Test grottenschlechte Werte. Dagegen zeigen auch historische Folienkondensatoren wie KT 1800 oder Tropyfol II und natürlich Wima MKS durchweg sehr gute Ergebnisse, von moderner Qualtitätsware ganz zu schweigen.

      Zurück zu den alten schlechten Papiertypen: Hier sollten sich die Geister scheiden, denn der Fachmann kann beurteilen, ob ein ohmscher Widerstand von sagen wir 20MOhm AN EINER BESTIMMTEN STELLE der Schaltung entweder EGAL oder NOCH TOLERIERBAR oder aber INAKZEPTABEL ist. Ein C mit Rc von 20MOhm ist als Koppelkondensator vor dem g1 der Endröhre völlig inakzeptabel, in einem mittel- bis niederohmigen Klangregelnetzwerk dagegen okay.

      Daher kann man meines Erachtens nicht pauschal für oder gegen die Methode "alle alten Papiertypen raus" sein, sondern es kommt auf das Fachwissen des Einzelnen an. Mit dem Tausch ALLER Papierkondensatoren ist man eben auf der sicheren Seite. Prima für Nicht-so-fitte. Der alte Fuchs kann dagegen etliche Typen im Gerät lassen, denn er weiß, welche drin bleiben dürfen und welche nicht, und kann so die Originalität zum Teil erhalten.

      Davon unabhängig ist natürlich das "Verkleiden" moderner Typen mit alt aussehenden Banderolen etc. ein guter Kompromiss: Man hat (vernünftige Wahl beim Einkauf vorausgesetzt, hast Recht, Jogi!) gute Ware im Radio und die Schaltung sieht trotzdem einigermaßen authentisch aus.

      Und wie ist es mit dem "Originalklang"? Es ist eindeutig. Die heute so fiesen Papierdinger waren damals, 1955, einwandfrei. Eine Binsenweisheit, die aber mal festgestellt werden muss. Dem Originalklang kommt man daher am nächsten, wenn das Gerät mit einwandfreien Kondensatoren ausgestattet ist. Und das ist heute nunmal leider die Neuware von heute. Oder wenigstens die einwandfreien Folienkondensatoren von 1965. Mit Sicherheit aber nicht die heute fehlerhaften Papierkondensatoren von 1955. Leider.
      AUGENfällig wird das übrigens, wenn man nicht nur Radios von 195x repariert, sondern (wie ich) auch Fernseher. Wenn ein TV von damals heute noch im Originalzustand gerade so eben ein Bild macht, dann ganz sicher eines mit allen nur erdenklichen Geometrie- und sonstigen Fehlern. Tauscht man dann alle alten Papierkondensatoren gegen neue oder einwandfreie alte Folienkondensatoren, erhält man regelmäßig ein einwandfreies Bild, bei dem oft nur noch minimale Einstellarbeiten notwendig sind.

      Und nochmal zu dir; Marcus:

      "Die PIO K40
      erschienen mir nicht so Höhenreich zu sein wie die WIMA. Aber das ist
      nur mein persönlicher Eindruck- vielleicht auch Quatsch :-)"

      Letzteres, mein Bester, letzteres. :)

      Beste Grüße an alle
      Stefan
      Hallo,

      selbst wenn 60 Jahre alte Kondensatoren noch in Ordnung sind hätte ich Bedenken wie lange sie wohl noch halten werden. Ich nutze meine Radios intensiv. In 10 Jahren und vielleicht 1000 Betriebsstunden mehr wären sie schon 70 Jahre alt... Ich hätte da Bedenken. Mit neuen Bauteilen ist man für lange Zeit auf der sicheren Seite. Die Altteile kann man ja aufheben.

      Gruß Udo
      Danke für die inhaltsreichen Texte !
      Stefan, ich schrieb Röhrenvoltmeter. Das ist natürlich falsch und und war nicht so beabsichtigt.
      Die Meßmethode mit Restrom werde ich unbedingt bei den Elkos versuchen herzustellen.Danke für den informativen Hinweis.
      Die Papierwickelkondensatoren mit Teerabdichtung lasse ich aber außen vor. Da bin ich Udos Meinung zur Langzeitstabilität. Aufheben werde ich die natürlich.
      Nun nochmal zu den K40 Y-9. Ich habe auch schon viel gelesen dazu und auch, das es da wohl keine messbaren Belege gibt.Der Glaube versetzt wie immer Berge :)
      Ich meine aber Unterschiede zu hören. Einbildung oder nicht Stefan- ich weiß es aufgrund fehlender wissenschaftlich belegbarer Messmethode nicht :)
      Fakt ist aber wohl, das diese Kondensatoren der Originalbestückung recht nahe kommen.
      Also kann man sie ja bedenkenlos einbauen. Ich probier das mal an ein oder zwei Punkten. Mal sehen was oder ob überhaupt hörbar dabei herauskommt.
      Danke und Grüße
      Marcus
      Ich probier das mal an ein oder zwei Punkten. Mal sehen was oder ob überhaupt hörbar dabei herauskommt.

      Ich denke eher nicht, wenn da einer einen Unterschied zu anderen Kondensatoren hören kann dann ist es mein Hund, aber der kann auch das Gras wachsen hören und zuckt zusammen, wenn im Nachbardorf ein Floh hustet.
      Gruß Otto
      Udo Du meinst den bipolaren 10uF Elko ? Ja den habe ich durch einen Leclanche ersetzt.Damit bin ich sehr zufrieden.

      Heute habe ich mal einen K40Y-9 eingelötet und .... ja... keine Ahnung. Stefan hat wohl Recht. Wer Recht hat gibt einen aus :)

      Na Otto dann hast Du wohl auch einen Border Collie so wie ich. Jaja, die sind sehr empfindsam. Das kann ich wohl bestätigen. Das mit den Flöhen hat er mir aber noch gar nicht erzählt.

      Ich frage ihn mal.

      Grüße

      Marcus
      Verzeiht mir die vielleicht dumme Frage aber wir haben ja jetzt schon öfter über Elkos und Formierung bei Nennspannung gesprochen. Zwersetztes Dielektrikum und Leckstrom.
      Wie ist denn das jetzt, wenn man z.B. einen neuen Elko ( es geht nur um Elkos) an einer Stelle einlötet wo zum Beispiel 125 Volt anliegen. Der Elko aber eine Nennspannung von -sagen wir 450 Volt hat.
      Hier wäre ja nur ungefähr ein Viertel der Nennspannung angelegt. Ist das irrelevant oder zersetzt sich im Laufe der Zeit auch das Dielektrikum- bzw. altert der Elko dadurch unverhältnismäßig schnell und wird unbrauchbar.
      Nach welcher Regel ersetzt Ihr Elkos, wenn nötig ?
      Danke und Gruß
      marcus
      Hallo.
      die Frage welcher Kondensatortyp und Formfaktor sich eignet klärt die Physik und die Bauteilkunde, für Esotherik ist wenig Platz. Nicht "Kondensatorklang" ist dabei das Kriterium sondern die Vermeidung ungeeigneter Typen für den Einsatzzweck, die dann am Ende irgendwelche Parameter derart negativ beeinflussen das die Leistungsfähigkeit des Gerätes leidet. Folgen für den Klang sind dabei bei grober Mißachtung vorstellbar. Mit linksgezwirbelter Zauberfolie auf aspikgebeiztem Träger hat das alles nichts zu tun - Schlangenöl.

      Man muß sich zuerst einmal klar machen was in einem Radio für Einsatzzwecke vorliegen und kann dann aus den Datenblättern der Kondensator-Hersteller das Passenste heraussuchen. Auch hier gibt es natürlich wieder mehrere Lösungen für einen Einsatzzweck.
      Grundsätzlich hat man an Einsatzzwecken:
      Kopplung, Siebung, Schwingkreis, Entstörung.
      Wenn man diese nicht auseinander hält geht es sicher schief.

      Am deutlichsten kann man eine Fehleinschätzung beim Typ AL-Elko erkennen.
      Da werden schonmal Typen mit Eigenschaften der HF-Leistungs-Elektronik (ESR) verbaut oder welche die viel zu klein sind für die Hochvolt-Röhrentechnik und gebraucht werden aber gute Stütz- und Sieb-Elkos mit einem angemessenen Volumen zur Wärmeabfuhr.

      Ändert man die Art der Isolation (bspw. gern getan Papier auf Kunststofffolie) dann ändert man auch die Eigenschaften, bei heikler Schaltung kann das Nachteile mit sich bringen. Unterschiedliche Materialien haben unterschiedliche Impedanzverläufe. Auf extrem dünne Kunststoffe gedampfte Leitschichten sind empfindlicher als rel. dicke Aluminium-Folien zwischen getränkter Zellulose. Nicht umsonst gibt es noch heute Papierkondensatoren zu kaufen. Der Klang wird zwangsläufig schlecht, wenn der Koppel-Kondensator mal etwas von den gut 200V auf das Steuergitter einer Endröhre durchläßt. Hier sollte man schon wissen was man tut und nicht einfach in die Wühl-Kiste greifen. Ebenso bei verlustarmen Kondensatoren im HF-Bereich, und weitere Knackpunkte. Anererseits kann man einen alten inkontinent gewordenen Kleckerfritzen auch nicht drin lassen bis die Röhre mit den Backen glüht.

      ---

      Marcus, nachformiert wird auf U-nenn, also bei einem 450V-Typen auf eben diese. Natürlich schrittweise, damit nicht die volle Spannung gleich schon bei noch nicht aufgebauter Sperrschicht anliegt. Der Hersteller hat ab Werk neue Kondensatoren schon überformiert, wenn es gute Qualitätskondensatoren sind. Elkos werden nicht am absoluten physikalischen Limit betrieben, die Angabe der Nenn-Spannung ist auf der sicheren Seite.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Ich ergänze mal etwas Jogis Ausführungen.

      Beim Ersatz nehme ich gern eine etwas höhere Spannungsfestigkeit, nicht viel höher.
      Nehmen wir als Beispiel einen Kondensator 10 µF und 15/16 V an einer Kathode.
      Nächst höherer gängiger Spannungswert ist dann 25 Volt.
      Viele meinen, Elkos mit 105 oder 125 °C seien viel besser.
      Da bin ich sehr skeptisch bei üblicher älterer Unterhaltungselektronik.
      Solche Elkos sind meist für Schaltnetzteile konzipiert, z.B. Computer.
      Nicht selten habe ich beobachtet, daß sie gegenüber Typen 85 °C einen höheren Leckstrom haben.
      Im Signalweg würde ich somit diese "Computer-Elkos" nicht einbauen.
      Gute Elkos 85 °C werden selten, es gibt sie aber noch, nicht nur NOS.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Marcus postete:
      Zitat:

      Wie ist denn das jetzt, wenn man z.B. einen neuen Elko ( es geht nur um Elkos) an einer Stelle einlötet wo zum Beispiel 125 Volt anliegen. Der Elko aber eine Nennspannung von -sagen wir 450 Volt hat.
      Hier wäre ja nur ungefähr ein Viertel der Nennspannung angelegt. Ist das irrelevant oder zersetzt sich im Laufe der Zeit auch das Dielektrikum- bzw. altert der Elko dadurch unverhältnismäßig schnell und wird unbrauchbar.

      Hallo,

      Marcus fragt ob ein völlig "unterfordeter" Elko (125V liegen an, der Elko hat aber eine Spannungsfestigkeit von 450V) schneller altert bzw. unbrauchbar wird. Bei Betrieb des Gerätes wird er ja nie richtig formiert.

      Würde mich auch interessieren.

      Gruß Udo
      Da habe ich wieder ein Thema angeschnitten...

      Bei Elkos im Signalweg habe ich es durchaus schon erlebt, daß sie sich beim Messen formierten.
      Messspannung war etwa 12 Volt, also deutlich mehr als beim üblichen Digitalmultimeter.
      Anscheinend mochten die es nicht, über Jahrzehnte nur ca. 1 Volt DC zu sehen.

      Bei Elkos im Netzteil muss man nicht kritisch sein, da geht auch 105 °C, heute üblich.
      Bei Netztrafo 50 Hz sind sie nicht nötig, schaden aber auch nicht.
      Ein etwas höherer Leckstrom stört im Netzteil nicht, macht auch keine nennenswerte Erwärmung.
      Elkos im Netzteil werden dann warm, wenn ernsthaft Strom bei hoher Frequenz fließt.
      Beim Netztrafo haben wir nach dem Gleichrichter 100 Hz, beim Schaltnetzteil viele kHz.
      Elkos 105 °C haben bei gleichgerichteter Netzfrequenz weniger Eigenerwärmung als ihre Vorfahren.
      Somit dürfen sie auch kleiner vom Volumen sein, weniger Kühlfläche.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com