RIFA oder Es hat Bumm gemacht

      RIFA oder Es hat Bumm gemacht

      Hallo und frohe Weihnachten,

      meine Frau macht Rheinischen Sauerbraten und ich habe endlich mal Zeit etwas zu berichten.

      Vor einigen Wochen machte mein Philips Scope plötzlich "Bumm" und fing sofort an stark zu qualmen. Der Gestank war unerträglich, Stecker raus und nichts wie aus dem Zimmer.

      Es hat mehrtägiges Lüften benötigt, um den Geruch loszuwerden.

      Es handelt sich um ein Philips-Digital (!) Scope von 1992, natürlich noch mit Röhre:

      PO_1.jpg

      Jetzt war Zeit sich mal der Sache anzunehmen. Nach dem Einschalten ca. 10 Minuten einwandfreie Funktion, und dann wie oben. Das Bild zeigt den Zustand übrigens ca. 10 Sekunden nach dem Abschalten:

      PO_2.jpg

      Bei der Demontage fanden sich alte Bekannte, X2-Kondensatoren von RIFA. Einer etwas geschädigt:

      PO_32.jpg

      Interessant ist das nächste Photo. Was da so glänzt sind Teile der Alu-Folie, man kann sie auch schon auf dem vorhergehenden Bild erkennen (schwarze Pfeile):

      PO_4.jpg

      Diese Schnipsel hatten sich auch großzügig über die Elektronik verteilt, bis hin zu 10 cm Entfernung. Viele leitende Aluschnipsel inmitten von Messtechnik und Leistungselektronik. Das ist mir zufällig vor dem Zusammenbau aufgefallen. Da hätte es wahrscheinlich nochmal "Bumm" gemacht.
      Nach der Reparatur sah es dann so aus. Der schräge Einbau kommt von einem abweichenden Rastermaß. Mal schauen, wie lange Siemens an der Stelle hält:

      PO_5.jpg

      Kurz vor dem Zusammenbau fiel dann noch ein Batteriepack ins Auge. Das dient dem Erhalt der Einstellungen, bzw. der gespeicherten Kurvenformen. Dieses ist seit 1992 noch nie getauscht worden, Gedächtnislücken hatte das Gerät aber auch noch nicht. Des Rätsels Lösung: Nach 23 Jahren schaffen die beiden Philips-Mignon-Batterien noch über 3 Volt, allerdings bei einem Innenwiderstand von 40 Ohm. Da der Backup-Strom aber nur 25µA beträgt, funktioniert es trotzdem. Es fällt auf, dass nahezu alle Bauteile in diesem Gerät von Philips selbst stammen. So kann man Produktqualität garantieren.

      PO_6.jpg

      Nun, er tut es wieder, die neuen Backup-Batterien stammen von Varta, sind "Made in Germany" und wahrscheinlich wird mein Gedächtnisverlust in 20 Jahren größer sein als der des Scopes.

      Fazit: Wenn ein Kondensator so richtig platzt, macht es Sinn die Umgebung auf verteiltes, leitfähiges Innenleben zu überprüfen.

      Gruß

      Rolf

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      Diese Kondensatoren machen nicht selten Feuerwerk!

      Bei Rifa ist mir aufgefallen, daß eigentlich nur Kondensatoren betroffen sind ab 20 Jahre aufwärts.
      Die habe ich mir mal näher angeguckt, nicht selten sieht man teilweise recht feine Risse im Gehäuse.
      Mein Verdacht, der Wickel zieht dann langsam Luftfeuchtigkeit, wodurch die Spannungsfestigkeit sinkt.
      Letztens habe ich eine Leuchtstofflampe aus DDR-Produktion angeschlossen, ca. 35 Jahre alt.
      Die war die ganze Zeit im Dornröschenschlaf, war noch unbenutzt im Originalkarton.
      Auch da war ein VDE-Kondensator vorhanden, vermutlich zur Kompensation der Blindleistung.
      Der hat unter Spannung keine Stunde durchgehalten, Bumm habe ich noch ein Stockwerk tiefer gehört.
      Die Sicherung LSS 16 A flog und im Lampengehäuse war passend zur Weihnacht Lametta verteilt.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo,
      ich möchte noch für die vielleicht unerfahrenen Bastler anmerken, das ich jene C´s immer(!) gegen geeignete(X-/Y-Kodierung beachten) Neue austausche, selbst wenn die Meßtechnisch noch einwandfrei erscheinen.
      Speziel die Kanidaten in den Bildern des Skope´s sind ohne Ansehen zu ersetzen. Man findet auf dem Müll nicht selten Consumertechnik mit durchgegangener Feinsicherung, wo sich als einziger reeller Verursacher des Defekts eben jene C´s finden ;) .
      Viele Grüße und ein hoffentlich frohes neues Jahr, Tobias.
      Viele Grüße, Tobias.
      Hallo Manni,

      ich habe schon viele Varianten geplatzter Kondensatoren gesehen, aber das ist mit Sicherheit der Schönste!

      Und dann auch noch von NIPPON CHEMI COM, die eigentlich sehr zuverlässig sind.

      Übrigens eine schöne Variante die Isolationsabstände zwischen Netz- und Niederspannungsseite zu überbrücken. Die abgewickelte Alu-Folie reicht ja problemlos bis zu dem Motor auf der rechten Seite, und die Netz-Sicherung ist offensichtlich noch in Ordnung. Ist der Videorecorder dann noch an der Hifi-Anlage angeschlossen, kann der Griff zum voll massiven Alu-Lautstärkeregler tödlich sein. Und alles war doppelt schutzisoliert.

      Gruß

      Rolf

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      Auch WIMA macht BUMM

      Hallo,

      heute morgen habe ich begonnen meine Lagerbestände zu durchforsten, um ein bisschen auszumisten. In der Entstörkondensatorkiste finde ich vermeintlich alte Bekannte. Aber sie sind nicht von RIFA sondern von WIMA, die Vergussmasse scheint aber die Gleiche zu sein. Die Kondensatoren sind unbenutzt und liegen seit mindestens 20 Jahren im Keller.

      Wima 1.jpg

      Bei genauerem Hinsehen ergibt sich, dass drei der Kondensatorgehäuse Risse aufweisen:

      Wima 2.jpg

      Nochmal: Diese Kondensatoren waren niemals in Betrieb! (Vielleicht schließe ich ja mal einen an.)

      Offensichtlich hat man den Herstellern Materialeigenschaften versprochen, die aber nicht langzeitstabil sind.

      Somit kann ich mich der Empfehlung von Tobias nur anschließen, die Kondensatoren mit der durchsichtigen Vergussmasse müssen standardmäßig gewechselt werden. Egal von welchem Hersteller.

      Gruß

      Rolf

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      Hallo Achim,

      genaueres wissen wir in ca. 20 Jahren. Wobei es wahrscheinlich auch vermessen ist, eine solche Lebensdauer überhaupt zu erwarten.

      Mir ist kürzlich mal aufgefallen, dass X2-Kondensatoren aus Fernost-PC-Schaltnetzteilen nach einigen Jahren oft nur noch einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Kapazität haben. Allerdings platzen sie wohl eher selten. In jedem Fall ist aber die entstörende Wirkung der Filter dann nicht mehr gegeben.

      Gruß

      Rolf
      Moin moin.
      Nichts hat das ewige Leben.
      Eigentlich erstaunlich wie lange diese Schutzkondensaotren durchhalten, wenn man mal den Blick auf ihre Dauermißhandlung lenkt.

      Unsere Stromversorgungenetze sind in den letzten Jahren zum größten anzunehmende Dreck aller Zeiten geworden. Sinusförmig ist nur der Traum von Netz, Transienten und Kurvenformen aller Art bis zu mehreren Tausend Volt sind die Regel anstatt die Ausnahme, jeder, aber auch wirklich jeder speist heute Unmengen von Dreck rückwärts ins Netz ein mit seinen Computern, Schaltnetzteil-Elektronik, ESL-Lügenlampen usw. dazu kommen Rundsteuergeräte, Schaltstöße von Industrieanlagen, von Netz-Umschaltanlagen usw. Der Menge aller aufzuzählen wäre ein Werk für sich.

      Tatsache ist das diese Kondensatoren nach Jahrzehnten Einbaudauer eine hohe Anzahl an Durchschlägen mit anschließener Selbstheilung geschluckt und hingenommen haben, ehe sie eines Tages dann abrauchen. Das wurde durch die Netzspannungsanhebung durch die EU-Schlauköpfe noch drastisch verschlimmert, noch mehr Durchschläge lassen den Moment des Ausfalls immer weiter nach vorne rücken. Daher gebetsmühlenartig ja auch mein Tip Netz-Schutzkondensatoren generell und ohne Beachtung ihres Zustands immer auszutauschen, ehe man alte Geräte nach Jahren im nassen Keller anschmeißt. Nicht selten räuchern sie sonst binnen kurzer Zeit los und vermiefen die ganze Stube.

      //Erst neulich fing eine meiner Set-Top-Boxen mitten in der Nacht an zu qualmen, es droht Erstickungstod, wenn man nicht wie ich Rauchmelder anwendet. Die Box lief ca. 24/12*365 und hatte schon gut ein Dutzend oder mehr Blitzereignisse miterlebt. Nun war sie fällig, das gesamte Schaltnetzteil rauchte infolge ab und einige Chips warfen ihr Deckelchen bis unter den Gehäusekasten. Der Fehler kam aus dem Netz, wie eigentlich immer, der Feinschutz und die Funkenstrecke hatten ausgelöst, der Varistor seine Pflicht getan - alles zusätzliche Schutzglieder vor meinen diversen Geräten, nach einer nicht mehr schönen geschweige denn billigen Menge von Ereignissen verbaut - und doch reichte der Rest aus den RIFA anzustecken und in den Himmel zu schicken.//

      Innen bestehen die C ganz klassisch aus selbstheilendem Metallpapier, nur sind neuere Typen auch noch viel kleiner als richtig alte. Sie gehen also eher schneller kaputt als Typen aus den Vierzigern/Fünfzigern.
      Geplatzte oder tonnenförmig aufgeblähte Vergußhüllen deuten meist auf ein aufgedunsenes Innenleben, das sich von der Hülle nicht mehr in seinem Expansionsdrang aufhalten läßt. Aufblähen tut es sich wenn es undichte Stellen gibt, da Papier hygroskopisch ist und durch eine zu große Belastung und dadurch zu viele "Ver"heilungen. Die Kapazität sinkt dabei tendentiell außerdem spürbar.
      Auch kann ihr Verhalten im Alter paradoxe Züge annehmen. Man verbaut sie weil sie unentflammbar (schwer jedenfalls) sind, aber haben sie Unmengen an Heilprozessen hinter sich gebracht dann haben sie dadurch Einschlüsse angesammelt die sie bei Entflammung nicht mehr verlöschen sondern so vor sich hin puffend auf kleiner flamme brennen lassen.

      Also immer weg mit dem Zeug bei reparaturen und Wiederinbetriebnahmen, je kleiner der formfaktor desto höher die Gefahr und alles was vor der Netzharmonisierung verbaut wurde, läuft schon seit ca. 30 Jahren auf Höchtsverschleiß.
      Ich schrieb ja schonmal das man sich für Röhrenradios besser originalgetreue extrem große Papierkondensatoren besorgt (die natürlich schon eine Zulassung haben müssen, nur alt und dick das reicht nicht), als diese Miniteufelchen, womöglich vor 35 Jahren ins Regal gelegt, zu verwerten.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Da kann ich nicht viel weiterhelfen, Micha.
      Ich arbeite aus Gesundheitsgründen mit rapider Exponentialkurve kaum noch an Geräten, wenn doch dann habe ich meistens noch was in der Hinterhand aus alten Zeiten oder kenne einen der einen kennt...
      Konvolute bekommt man eigentlich bei fast allen "üblichen Verdächtigen" und da ist immer auch und gerne mal was Gröberschlächtiges dabei. Oder ich bemühe den industriellen Leistungselektronik-Bedarf um eimerdicke Kondensatoren zu bekommen.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.