Frage zu Kondensatoren

      Hallo ihr beiden,

      beide habt ihr Recht. Jogi damit, dass die alten Teile besser und zuverlässiger sind als oft und von vielen behauptet, und Achim damit, dass man viel in einem Aufwasch erledigen sollte.
      Ich verfolge seit Jahren beide Strategien. Beispiel Saba-Receiver. Ich betreibe zwei davon (besitze deutlich mehr).

      Im Wohnzimmer einen 9241. Und zwar im 28. Jahr. Als jungen Gebrauchten übernommen im Januar 1989, 3300uF-Elko erneuert. Ein Defekt 1993, linke Endstufe hochgegangen. Damals repariert, aber nicht mehr. Seither, er läuft täglich, gefühlt eine Viertelmilliarde Betriebsstunden. Ohne Ausfälle, nicht einmal ein Birnchen. Alle fiesen alten Elkos und Tantals von 1979 noch drin.

      Im Schlafzimmer einen Freiburg telecommander, seit 12 Jahren. Noch immer freue ich mich daran, vom Bett per Ultraschall die Motoren schnarren zu lassen. Als ich ihn bekommen habe, habe ich ein paar kleinere Fehler behoben, aber sonst nichts getauscht, "erstmal in Probebetrieb!". Aus der Probe sind jetzt eben 12 Jahre geworden. Dabei läuft er jede zweite Nacht durch, weil ich über die Musik einschlafe. Ausfälle: Keine. Alle fiesen alten Elkos und Tantals von 1971 noch drin.

      Dazu mein Freiburg 15, auch im Wohnzimmer: Auch teilemäßig völlig unrestauriert, defektfrei seit ich ihn habe, 1992. Ok, der läuft nicht so häufig und hat auch baujahrsbedingt keine Papierkondensatoren.

      Aaaber! Beim nächsten Defekt werde ich bei den Transistorgeräten eine Generalüberholung machen. Denn, da bin ich eben mein eigener Laien-Kunde, ich habe keine Lust, das Gerät danach wieder aufschrauben zu müssen.

      Bei Geräten innerhalb meiner Sammlung entscheide ich mich bei Transistorgeräten meist für einen Mittelweg - nur die wirklichen Problemkandidaten fliegen raus. Bei Röhrenschaltungen, ob Radio oder Fernseher, fliegen erbarmungslos alle Papierkondensatoren. Denn Sammlungsgeräte sollen auch nach Jahren des Stillstands nicht wieder verrecken. Lohn der Mühe: Man zieht ein jahrelang unbenutztes Gerät aus dem Regal und es spielt einwandfrei.

      Gruß
      Stefan
      Hallo Achim, Stefan, Leute,
      man kann es kaum besser beschreiben wie die Lage sich darstellt, wie es eine Quintessenz unserer Berichte ergibt.
      Jeder Aspekt ist dabei beachtenswert und gerechtfertigt.

      Ich kenne die Reparaturpraxis und die firmeninternen sowie eigenen wohlerarbeiteten Vorgehensweisen ja auch aus der Praxis, da ich von der Pike auf angefangen habe...
      In einer rationell arbeitenden Fachwerkstatt ist nunmal der Anteil der Arbeitskosten das Relevanteste, eine sehr rationelle Vorgehensweise essentiell, dagegen ist der Mengenverbrauch diverser Bauelemente nicht ausschlaggebend, ja nichtmal das Finden des Fehlers im einzelnen Bauteil stellt die Aufgabe dar, sondern das der Fehler nach einer "Aktion" weg ist und auch nicht wiederkommt...
      Nur ich weiß nicht wie normale Verbraucher und Benutzer, Hobbyisten, Liebhaber alter Technik, wenn nicht durch Forenhypes überhaupt sich veranlaßt sehen könnten ihre Schätze förmlich auszuweiden, völlig gegen den Charakter mit ungehörigen Neuteilen voll zu stopfen. Kein Oldtimerbesitzer würde sowas seinem Begierdeobjekt antun, lieber ließe er Stoßstangen nachdengeln und Anlasser-Ritzel von Hand nachfeilen, Nockenwellen hohnen und Kotflügel ausbeulen.

      Aber wie gesagt, beide Vorgehensweisen am rechten Fleck eingesetzt, sind nicht grundverkehrt. Zumindest dann wenn Experten dies wohlüberlegt und gut begründbar so machen. Der Laie, der Bastler, der Liebhaber der selber Hand anlegen möchte, sollte sich jedenfalls wohl überlegen welcher Arbeitsweise er sich anschließt, weder geht es dabei um Zeit noch um Geld, einen guten und dem Original würdigen Kondensator einzeln für 5 Euro kann sich jeder Schüler heute leisten, und er kann auch abwarten bis ein Bauteil kaputt geht, bevor er es ersetzt.
      Die Fehlersuche muß er eh lernen, es zählt dabei keine Ausrede, niemand kann ohne ein Fach zumindest unter Anleitung (wie hier) zu durchleuchten, ohne einige Grundlagen kapiert zu haben, eine beliebige Sache tun, weder die Bremsen an seinem Wagen reparieren noch die Oma am Herz operieren, und auch nicht am Radio basteln. Müßte ich Bäume pflanzen, dann müßte auch erstmal einer daneben stehen der sagt: "Das Grüne nach oben"

      ~ a weng nachkomprimiert ~
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Jogi“ ()

      Ich habe eine Frage zu einem Entstörkondensator vom Netzteil an einem Röhrenradio, im Grunde könnte man diese wohl entfernen, aber es tut auch nicht weh wenn sie verbaut werden sofern man qualitativ hochwertige und dem Einbauort entsprechende verbaut.

      Dort sind 500pf Kondensatoren verbaut gewesen mit einer Spannungsbelastbarkeit von 500 V.

      Wie ergibt sich die Kapazität ? Welchen Zweck hat diese Kapazität und was wäre wenn man diese Kapazität erhöhen würde ? Könnte man also z.B. einen Entstörkondenstaor mit 1 µF statt der 500 pF verbauen ? Wäre das gut, schlecht oder egal ?

      Grüße

      Rainer
      Hallo Rainer.

      Ich sehe, das Thema lässt dir keine Ruhe.

      Zunächst mal: In deinen Sabas waren es 5000 pF (5nF), nicht 500, oder?

      Ein Kondensator stellt für Wechselstrom einen Widerstand dar, er lässt ihn sozusagen "hindurch" (als sogenannten Blindstrom). Wieviel (Blind-)Strom fließen kann, wie hoch also der (Wechselstrom-)Widerstand des Kondensators ist, hängt
      - erstens von der Kapazität des Kondensators ab (je mehr, desto mehr) und
      - zweitens von der Frequenz der Wechselspannung (je höher, desto mehr).

      Beispiel:

      Für 50 Hertz Frequenz (Netz-Wechselspannung!) hat ein Kondensator von 5000 pF einen Widerstand von 635 kiloOhm. Da fließt also sehr wenig Strom (etwa 0,4mA).
      Ein Kondensator von 50 µF (aha, der Elko im Röhrenradio-Netzteil!) hat für die 50Hz-Spannung nur einen Widerstand von nur 63 Ohm! 50µF schließen also den 50 Hertz-Anteil auf der Anodenspannung weitgehend kurz. Ergebnis: es brummt weniger.

      Zurück zum kleinen 5000pF. Vor oder hinter dem Netztrafo hängt er an einer 50Hz-Wechselspannung, und mit seinen oben erwähnten 635kOhm stellt er da kaum etwas an. Ganz anders aber wenn ihm Hochfrequenz unterkommt: Für 1 MHz, als einer typischen Mittelwellen-Radiofrequenz (und auch Störfrequenzen in diesem Bereich!), stellt er einen Widerstand von nur 32 Ohm dar. Für 10MHz sogar nur 3,2 Ohm! So hohe Frequenzen fließen also über die 5000pF einfach nach Masse ab, oder anders gesagt, werden kurzgeschlossen. Damit hat er seine Funktion als Ent-Störer erfüllt.

      Hätte er nun wie du vorschlägst 1µF, wäre der Widerstand bei 10 MHz nur noch 16 Milliohm. Keine rieseige Verbesserung gegenüber 3,2 Ohm. Dafür aber für die 50Hz-Spannung nur noch 3200 Ohm. Da würde also schon ein recht großer unerwünschter Strom fließen: An der Anodenspannungs-Wicklung von z.B. 250 Volt schon 78mA nach Masse, mehr als der Anodenstrom des ganzen Radios. Darüber hinaus wäre ein 1µF-Kondensator entsprechender Spannungsfestigkeit damals etwa faustgroß und sauteuer gewesen. Der Wert von 5000 pF ist also für seine Aufgabe sehr gut geeignet.

      Ist der 5000pF-Kondensator VOR dem Netztrafo angeordnet, kommt noch der Sicherheitsaspekt dazu: Schon damals waren 5000pF vom Netzeingang gegen Gerätemasse (Chassis) der zulässige Maximalwert, denn ein größerer Wert würde einen nennenswerten Strom bei Berühren des Chassis vom Netz über den Kondensator über das Chassis über deinen Körper fließen lassen.
      Damit das nicht passiert, waren und sind eben nur 5000pF zulässig und heute zusätzlich für den netzseitigen Kondensator nur Exemplare der besonders zuverlässigen Klasse Y2 erlaubt.

      Jetzt klar?
      Schöne Weihnachtsgrüße
      Stefan
      Hallo Dieter, Hallo Stefan!

      Dankeschön, ja, es interessiert mich schon sehr da ich im Grunde schon halbwegs wissen möchte wieso ich was mache.

      Der Kondensator ist so ein unterschiedlich nutzbares Bauteil, daher ist es schwerer zu verstehen als ein Widerstand, der für ja nur eine "Barriere" darstellt, und das ist relativ Simpel.

      Der hohe Widerstand von 635 kOhm bei 50 Hz bedeutet ja aber dann dass der Kondensator, der an diesem Einbauort nicht als Batterie tätig ist, ( was für mich bis dato immer die Definition eines Kondensators war bevor ich lernte dass es Elkos und Kondensatoren gibt, was für einen Nichtfachmann etwas verwirrend ist weil genau das selbe Bauteil an der einen Stelle als "Elko" arbeitet und an anderer Stelle als Widerstand eingesetzt wird und an der Nächsten Stelle wieder als Filter arbeitet....)

      Im Wildbad 125 ist dieser Kondensator der nach dem Netzteil geschaltet ist total ausgelaufen und auf dem Chassis lag der Propf aus Teer....entsprechend auch nichts mehr lesbar auf dem Teil.

      Kann man da auch herraus schliessen dass der Kondensator dort aufgrund des doch recht hohen Widerstandes von 635 kOhm den er darstellt / ist so "warm" wird / wurde ?
      Ich habe mirt die Links von Dieter jetzt nicht sehr genau angeschaut - werde ich aber noch tun - definitiv :)

      Grüße

      Rainer

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „Rawa 71“ ()

      Lieber Rainer,

      dein Interesse an der Materie ist erfreulich und unterstützenswert. Aber wir können dir hier in einem Radioforum keinen Crashkurs in Elektrotechnik geben, das sprengt bei Weitem den Rahmen. Auch die Grundlagen der Elektrotechnik sind nicht mit drei, vier Posts zu vermitteln. Die Grundlagen, und nur diese, ohne ins wirklich Eingemachte zu gehen, sind in der Berufsfachschule Gegenstand eines Schuljahres!

      Trotzdem, nicht verzagen. Besorge dir ein entsprechendes Buch "Einführung in die Elektrotechnik", kann ja ruhig alt sein, schau dir Tutorials auf Youtube an und die entsprechenden Wikipedia-Seiten. Angefangen bei Adam und Eva, d.h. Strom, Spannung, Widerstand, Ohmsches Gesetz. (Dann wirst du schonmal sehen: nein, 'hoher Widerstand gleich hohe Wärmeentwicklung' stimmt nicht!)
      Und wenn's dir Spaß macht, wirst du ganz automatisch immer tiefer in die Materie eindringen.
      Wir hier werden dir gerne helfen, wenn's hakt.

      Beste Grüße
      Stefan