Empfehlungen für Phonovorverstärker für 2 x Saba Freiburg 11 bzw. 125?

      Moin Christian und Reinhard,

      ich möchte noch auf einen kleinen Punkt hinweisen, der m.E. praxisrelevant ist: Man spricht meist von MM versus MC, und das hat ja auch lange gestimmt. Weil MC-Systeme in der Regel glattere Frequenzgänge aufweisen, sind irgendwann auch MH-HighOutput Systeme entwickelt worden, die zwar immer noch leiser als MM sind, aber doch so auf die halbe Spannung kommen. Auch die haben glattere Frequenzgänge, dafür kann man aber die Nadel nicht (selber) tauschen. Dabei dann aber gedacht für Eingangswiderstand 47 kOhm, wie bei MM.

      Eines der ersten, das richtig erfolgreich wurde, war das Sumiko Blue Point Special, später kamen welche von vielen Firmen, heute hat jede Firma welche im Programm. Gerade in D haben sie grosse Vorteile, weil sie deutlich weniger empfindlich auf die Eingangskapazität der Phonostufe reagieren. Außerdem, und das ist der hier relevante Punkt, haben sie eine geringere Impedanz und rauschen weniger. Sprich: Bei der Simulation des Rauschverhaltens einer MM-Stufe ist es m.E. auch sinnvoll, diese Systeme mit in den Blick zu nehmen.

      Besten Gruss,

      Michael

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      Ich werfe mal den Fachbegriff in den Raum: Rauschanpassung

      Bei besseren Empfangsvorverstärkern HF macht man üblicherweise Rauschanpassung.
      Diese macht man nur in der ersten Stufe, die das Gesamtrauschen maßgeblich bestimmt.
      Das ist bezüglich Eingangsimpedanz Halbleiter fast immer eine Fehlanpassung.
      Gute Hersteller geben diese bei Rauschoptimum in Abhängigkeit von der Frequenz an.

      Zugegebenermaßen kann man das nicht 1:1 auf Audioverstärker übertragen.
      Allein schon deswegen, weil die Frequenz über mehrere Dekaden geht.
      Manche Hersteller von NF-Halbleitern geben aber einen Arbeitsbereich an, wo mit niedrigem Rauschen zu rechnen ist.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Also, bei dem "kleinen" Meracus ist offenbar etwas in diese Richtung unternommen worden, sonst wären die Rauschdaten nicht so gut, wie sie sind. Ich muss den jetzt mal in ein Gehäuse bauen und anhören, denn ein wenig skeptisch bin ich wegen der geringen Betriebsspannung. Mal sehen, ob ich das am WE schaffe ...

      Besten Gruss,

      Michael
      So, Aufbau erfolgt. Kleines Gehäuse für die Platine, extern versorgt von einem Netzteil mit symmetrischen 15 V. In der Schaltung dann einfach die 1 kOhm Vorwiderstände mit 22 Ohm überbrückt, dann können die Z-Dioden drin bleiben und sind einfach ohne Funktion.

      Läuft einwandfrei, aber ...
      (1) man braucht die höhere Verstärkung bereits für MM, sonst ist das zu leise;
      (2) wie man damit MC betreiben soll, ist mir unklar --- allenfalls noch MC HighOutput.

      Das Rauschen ist wirklich angenehm gering, aber der Klang der kleinen Platine ist momentan noch nicht sonderlich lebendig. Mal sehen, was sich da noch tut, muss erst einmal einen Tag laufen. Die Platine hat sicher ein paar Jahre rumgelegen, die Elkos sind sicher nicht mehr alle richtig formiert. Werde also später nochmal berichten.

      Besten Gruss,

      Michael

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      kugel-balu schrieb:


      (1) man braucht die höhere Verstärkung bereits für MM, sonst ist das zu leise;
      (2) wie man damit MC betreiben soll, ist mir unklar --- allenfalls noch MC HighOutput.


      Hallo Michael,
      Du kannst zwischen 35 dB und 40 dB Verstärkung umschalten. 40 dB reicht nicht für MC sondern nur für weniger wirkungsstarke MM. Gute MC-VV haben 60 dB.

      Klang:
      Mit 10k am Ausgang nach Masse (Last) hinter dem Auskoppelkondensator stimmt die Entzerrung nicht. Mit 100k stimmt's.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Danke Reinhard, das habe ich mal geändert, ebenso wie den Tausch der 1000 uF in der Gegenkopplung gegen frische, bipolare Exemplare. Jetzt, nach ein paar Stunden am Netz, ist es recht OK, aber der Klang ist immer noch hörbar anders als bei der alten Version. Dünner im Klang (oder vielleicht auch einfach nur etwas heller), aber so, dass Stimmen an Volumen verlieren. Was sagt denn die Simulation zur Qualität der Entzerrung ?

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      die Qualität der Entzerrung hat grosse Mängel (mit den von Dir genannten Bauteilewerten in der Gegenkopplung). Fehlender Bass, schon unterhalb 1 kHz!
      Das kommt vom zu kleinen Ausgangs-Lastwiderstand (10k). Also den besser ganz weglassen. Die nächste Verstärkerstufe, an die der Phono-VV angeschlossen wird, sollte eine Eingangsimpedanz von > 100k haben. Eine gesonderte Last an der Phono-Stufe brauchst Du nicht. Die ist hier sogar schädlich.

      Bei der Umschaltung der Verstärkung ändert sich bei diesem Phono-VV auch etwas die Entzerrung. Die Entzerrung kann entweder für 35 dB genauer angepasst werden (wenn man einige der Werte leicht ändert) ODER entsprechend mit etwas anderen Werten für 40 dB. Sie stimmt dann aber nicht für "die andere Einstellung" mehr gleichgut. Immer vorausgesetzt, dass der 10k Widerstand am Ausgang vorher entfernt wurde.

      So sieht's mit den von Dir für die Schaltung angegebenen Bauteilewerten aus. Kein Wunder, dass es "dünn" klingt.

      35 dB Verstärkung:


      40 dB Verstärkung:



      Der beste Kompromiss für beide Verstärkungseinstellungen:

      Den 150k Widerstand auf 164k vergrössern.
      Für beide Verstärkungen sieht es damit danach so aus (kein Ausgangs-Lastwiderstand mehr!), Eingangsimpedanz der nachfolgenden Verstärkerschaltung 100 k:




      Wenn die nachfolgende Verstärkerschaltung nur relativ geringe, z.B. 47 k Eingangsimpedanz hat, müsstest Du den Widerstand in der Gegenkopplung (der bei Dir ursprünglich 150k war) weiter auf 180k vergrössern (und natürlich den Ausgangs-Lastwiderstand ganz weglassen).
      Für den Fall wird das so:




      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Lieber Reinhard,

      besten Dank --- bin ja froh, dass Deine Rechnung zu meinem Hören passt ... ;) Ich werde das mal mit 180 k probieren, denn 47 k Impedanz ist recht realistisch, und den Ausgangswiderstand ganz weglassen kann man nicht, weil man sich dann Knackser einhandelt ...

      Auf jeden Fall hat diese einfache Schaltung dann keinen guten Stand gegen die ältere, oder gegen den Supra. Und ich denke, dieses Ergebnis ist jetzt mal symptomatisch: Ich bin mir sicher, dass relativ viele Phono-Vorstufen "da draussen" auch nicht besser aussehen, und dann ist sofort klar, wieso man auch Unterschiede hören und klar reproduzieren kann !

      Besten Gruss,

      Michael

      Nachtrag: Hab's geändert --- und mit 180 k ist die "Verdünnung" praktisch weg. Also aus meiner Sicht klar besser. Ich finde immer noch den alten Phono insgesamt stimmiger, aber das kann ich jetzt nicht mehr so genau festmachen, und wir sind auch wieder an so einem Punkt, wo das "genau gleich laut einstellen" schwierig ist ... also die Aussage nicht wirklich belastbar.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      Hallo Michael,

      180k an der Stelle, wo Du anfangs 150k hattest, erhöht allerdings dann die "Bassamplitude" unzulässig stark, falls der angeschlossene Verstärker deutlich mehr als 47k Eingangsimpedanz hat. Das heisst, diese Schaltung ist schlecht "universal" (isoliert) als Phono-Pre verwendbar, sie verlangt jeweils nach separater elektrischer Anpassung an den Verstärker, an den man diesen Phono-VV anschliesst.

      Auch in der Simulation von Rauschabstand mit angeschlossenem Magnetsystem (oder Ersatznetzwerk, gem. der oben von Christian verlinkten Publikation) und Übersteuerungsreserve (bei 1 kHz) kommt der Meracus nur auf einen hinteren Platz. Die Zickigkeit der Entzerrung mit dessen starker Abhängigkeit von der Eingangsimpedanz des nachgeschalteten Verstärkers kommt noch dazu.

      Vergleich von Simulationsergebnissen:


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Ein etwas größer angelegter Vergleich von Rauschabständen (Simulationen), die der in der Publikation von Altmann (aie.de/RauschenPhono.pdf) dargelegten Messmethode folgt (M. Altmann, Zum Rauschen von Tonabnehmern und Phonoverstärkern) hat aufschlussreicheund überraschende Ergebnisse hinsichtlich des Einflusses offengelegt, den die Art des Abschlusses des Phono-Eingangs darauf hat. Überraschend war, dass einige der für MM angebotenen Phonovorverstärker, für die bei 1 kOhm Abschluss und besonders bei niederohmigem Abschluss des Eingangs sehr gute Rauschabstände ermittelt werden können, unter realen Bedingungen sehr viel schlechtere Rauschabstände haben, während andere sich dabei nur relativ wenig verschlechtern.

      "Reale Bedingungen" heißt, daß am Phono-VV-Eingang ein Magnetsystem (MM-Cartridge) angeschlossen wird bzw. dessen Modell mit einer Induktivität bzw. dem standardisierten Ersatzmodell (Netzwerk 1 oder 2 aus der zitierten Publikation von M. Altmann) in der Rauschsimulation berücksichtigt wird.

      Ein typisches Phono-MM-Magnetsystem hat eine frequenzabhängige Impedanz, die im oberen Audio-Frequenzbereich auf Werte im zwei- bis sogar dreistelligen Kiloohmbereich ansteigt (Netzwerk 1 als Modell eines MM-Systems hat 3,3 kOhm Ausgangsimpedanz bei 1 kHz und 135 kOhm Ausgangsimpedanz bei 16 kHz).




      Das Modell des Magnetsystems Audio Technica AT13 kommt bei 16 kHz auf über 60 kOhm Ausgangsimpedanz:




      Selbst MM-Magnetsysteme "niederohmigerer" Bauart haben eine Ausgangsimpedanz von ca. 30 kOhm oder mehr bei 16 kHz.
      In jedem Fall ist also ein MM-Magnetsystem am Eingang eines Phono-Vorverstärkers als "hochohmig" im oberen Audiofrequenzbereich zu betrachten.



      Anbieter / Hersteller von Phono-Entzerrer-Vorverstärkern für MM-Systeme (moving magnet type) geben in den meisten Fällen nicht an, auf welche Messbedingungen (Eingangsbeschaltung) und Bezugspegel sich der in den technischen Daten genannte Rauschabstand bezieht. Das macht die Daten von verschiedenen Geräten/Herstellern nicht vergleichbar.

      DAS ist ein Ärgernis.
      Noch mehr ist ein Ärgernis, daß selbst in den Fällen, in denen genauere technische Angaben zu den Messbedingungen gemacht werden, sich diese immer auf entweder niederohmigen Abschluss des Eingangs (oder niedrigen Generatorwiderstand) oder auf Abschluss von 1 kOhm (oder ähnliche Grösse) beziehen. Dieso ermittelten Rauschwerte lassen sich nicht auf Bedingungen mit höherohmigem Abschluss extrapolieren. In keinem Fall ist bekannt, dass in den publizierten technischen Daten ein hochohmiger Abschluss oder gar der Abschluss mit einem MM-Magnetsystem oder einem Modell eines solchen Magnetsystems in den Daten genannt werden.

      Ich selbst war zunächst dieser "schlechten Praxis" gefolgt und habe weiter vorne in diesem Thread (Meracus Phono Messdaten) den Rauschabstand ebenfalls NUR bei Eingangsabschluss mit 1 kOhm angegeben. Erst nach den Erkenntnissen aus den Rauschsimulationen wurde mir bewusst, dass diese Messbedingung für die Rauschbewertung eines MM-Phonovorverstärkers völlig ungeeignet ist.

      Das ist keine "neue" Erkenntnis. Auch in der Publikation von Altmann und von anderen wird sie thematisiert und sogar ausdrücklich geschrieben, dass Entwickler und Hersteller sich dessen bewusst sind und sogar firmenintern z.T. Messungen unter realen Bedingungen zwar machen, diese (schlechteren) Ergebnisse aus Marketinggründen aber nicht publizieren. Offenbar hält sich bis heute die Industrie daran, wie an eine virtuelle Absprache.

      Einige der Diskussionsbeiträge in einem Nachbarforum beleuchten diese Thematik kurz - auch eine Demonstration, die zeigt, dass sie grundsätzlicher Natur und nicht unbekannt ist, allerdings auch dort wieder ohne Konsequenzen auf dort vorgestellte Vergleichstests von Phonovorverstärkern.

      Auszüge aus: audiosciencereview.com/forum/i….26829/page-6#post-922662

      "As the experts have explained on this forum many times, but most continue to ignore ..., the tests are largely meaningless due to the method of testing .... The problem is, most of us listen to moving magnet cartridges in the real world which have significant inductance, not short circuits. The fact that the problem with the test methodology has been shown to be flawed, …unless the signal generator has the inductance, the SINAD test also misses the current noise contribution.

      ...For example could you show results with a range of inductances? ...
      Perhaps a typical, a worst case, and best case cart model comparison? At least engage and embrace the conversation while soliciting for ideas about possible solutions rather than sweep it under the rug? There is a big problem in the industry where manufacturers give meaningless quoted specs. "SNR = 90dB" doesn't mean much just sitting there all by itself without the conditions of the testing. My frustration comes since in general most of the reviews seem really great then there is this glaring ommission in the greatness. Once you see it , it is the only thing you can see. "

      Praktische Erfahrung, die damit übereinstimmt:

      diyaudio.com/community/threads…rtridge-connected.306967/


      "I made a design for a phono stage and after building it on PCB I find it to be a bit on the noisy side. The noise I'm referring to is hiss only, so no hum. Now the excessive noise is only present when a phono cartridge is connected to the stage without having a record on. When I ground the inputs, the stage is almost silent. Based on this, one could conclude the noise is coming from the cartridge.
      However, if I connect the same cartridge to my Cambridge Audio 551P phono stage, the noise is considerably lower.
      I'm puzzled what could be the cause of this. Both stages have the same gain, input resistance and input capacitance. And both have an equally low noise floor with grounded inputs.
      So the bottom line question is: is there any other 'mechanism' that can cause noise (hiss) as soon as a cartridge is connected to a phono stage?"



      In den Fällen, in denen die Schaltung bekannt ist, kann eine Simulation unter Einbeziehung der Induktivität / des Modells des MM-Tonabnehmers oder eines standardisierten Netzwerkmodells (z.B. Netzwerk 1) rasch eine Antwort auf die Frage liefern, wie rauscharm der Phono-Entzerrer-VV mit einem (standardisierten) Magnetsystem (bzw. standardisiertem Netzwerkmodell) im Vergleich zu einem anderen mit ebenfalls bekannter Schaltung ist.

      In der Folge wird auch Christian noch weiter auf dieses Thema (current noise contribution of MM-phono cartridges) eingehen.


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Teil 1: Warum erhöht die Induktivität des Pickups das Rauschen (MM)

      Eine ideale Induktivität ist frei von thermischem Rauschen. Es sollte mit Netzwerk 1 am Eingang also nur der 1k-Widerstand eine Rolle spielen. Trotzdem erhöht die Induktivität deutlich das Rauschen. Warum? Kurz gesagt: Sie bildet mit den vorhandenen Kapazitäten im Eingang einen Parallel-Schwingkreis. Der liegt parallel zum 47-k-Eingangswiderstand, auch bezüglich der von diesem Widerstand emittierten Rauschspannung. Man kann sich den Schwingkreis bei der Resonanzfrequenz als sehr hohen Widerstand vorstellen, der aber keine eigene Rauschspannung abgibt. Weit außerhalb der Resonanz wirkt nur noch der ohmsche Widerstand der Wicklung, im Ersatznetzwerk 1 mit 1 kOhm vorgesehen.




      Reinhards Berechnungen für die Impedanz des Pickup-Netzwerks beziehen nur die 125 pF-Kapazität des Pickups mit ein. In Summe liegen da aber meist noch 100 pF vom NF-Kabel und 47 pf + x Eingangskondensator parallel. Damit ergibt sich dann eine Resonanzstelle im NF-Bereich, deren Peakhöhe vom 47 kOhm-Widerstand bestimmt wird.
      Liegt nur der 1-kOhm-Widerstand am Eingang (parallel zu 47k Eingangswiderstand), bestimmt dieser die effektive thermische Rauschspannung, die dann mit ca. 4 nV/Wurzel(Hz) relativ gutmütig ist. Beim Schwingkreis wird rund um die Resonanzfrequenz durch dessen hohe Impedanz der 47k-Eingangswiderstand mit seinem Rauschanteil voll wirksam. Der bringt es dann auf knapp 28 nV/Wurzel(Hz).



      Oberes Diagramm: thermische Rauschdichte am Eingang des Verstärkerelements (Basis Transistor oder Opamp-Eingang), die allein die passiven Elemente erzeugen.
      Flache Kurve: 1k am Eingang,
      Kurve mit Maximum bei ca. 11 kHz: 500 mH Impedanz, Kapazität Pickup: 125 pF, zusätzlich 200 pF vom Kabel und vom Verstärkereingang.
      Mit dieser Rauschspannung wird der Verstärker gefüttert, das heißt, hier ist noch keine Entzerrung und auch keine Gehörkorrektur berücksichtigt. Diese Darstellung ist aber besser geeignet, um den Einfluss des Schwingkreises zu verdeutlichen.
      Bei den unteren Kurven ist nur der Endwert interessant. Das ist der berechnete Signal-Rauschabstand am Verstärkereingang, einmal mit Induktivität: -64,8 dB, einmal ohne: -78,8 dB. Schon die Entzerrung, die dafür sorgt, dass hohe Frequenzen wesentlich weniger verstärkt werden als tiefe, aber auch die gehörkorrigierte Bewertung bügeln den Unterschied zu einem großen Teil wieder aus.
      Außerdem gilt: Sobald die Nadel durch die Rille saust, tritt das Verstärkerrauschen in den Hintergrund.

      Der Schwingkreis hat aber nicht nur Wirkung auf das thermische Rauschen. Bei ungünstiger Auswahl der Verstärkerelemente am Eingang sorgt er auch dafür, dass das Stromrauschen dominant in Erscheinung tritt.
      Beispiele dazu folgen. Wenn mir die nicht ganz triviale Messung kleinster Rauschamplituden glückt, auch mit Daten aus der echten Welt.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Sehr gute Diskussion -- an deren Ende der eine oder andere vielleicht doch mal etwas ernsthafter über MC HighOutput nachdenken könnte ... denn die sind kaum leiser, haben das Impedanzproblem nicht, sind weitgehend unempfindlich gegen Kabel- und Eingangskapazität, und produzieren meist auch glattere Frequenzgänge. Nur die Nadel kann man nicht selber tauschen ... man kann halt nicht alles haben ;)

      Besten Gruss,

      Michael

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      Zugegeben, da die Impedanz eines MC-Tonabnehmersystem mit ca. 10-20 Ohm niedrig ist, wird dafür hauptsächlich das equivalente Spannungsrauschen des Eingangs relevant und das Stromrauschen kann dann - anders als bei MM-Systemen - vernachlässigt werden.

      Aber so schnell wollen wir die Diskussion noch nicht abbrechen, auch wenn es dabei NUR um MM-Tonabnehmersysteme geht. Denn MM-Systeme verdienen ja eine angemessene Signalaufarbeitung im Phono-Entzerrer-(Vor-)verstärker.


      Hier ein etwas prominenteres Beispiel, wie es schiefgehen kann.

      SUPRA "entzaubert" (mit MM-Systemen)

      Kommen wir zu einem mal sehr beworbenen Beispiel: SUPRA
      Vor einiger Zeit habe ich bereits mal eine Phonovorstufe besprochen, Omtec Vorstufe VA-602, Revision

      die auf dem Entwurf der bekannten Phono-Vorstufe SUPRA aus dem Magazin ELEKTOR, Juli/August 1982 basiert. Dabei handelt es sich um einen Phono-Entzerrer-Vorverstärker mit einer Verstärkung von 35 dB in der Standard-Version, der mit dieser Verstärkung also für MM-Magnetsysteme gedacht ist.

      Die der SUPRA entsprechende Variante ist diese:



      Gegenüber der originalen SUPRA sind hier lediglich ganz kleine Änderungen in der Gegenkopplung gemacht, damit die RIAA-Entzerrung noch besser eingehalten wird. Diese kleine Anpassung ist für die Rauschbetrachtung unwesentlich. Die nachfolgenden Ergebnisse stehen so also im wesentlichen auch für die originale SUPRA Phono-Vorstufe von 1982.

      Das herausragende Merkmal dieses Schaltungsentwurfs soll lt. ELEKTOR besonders geringes Rauschen sein, da die Eingangsstufe aus jeweils vier parallelen Transistoren besteht, da sich die (unkorrelierten) Rauschbeiträge der parallelen Transistoren quadratisch addieren. Er wird dort ausdrücklich als "Superrauscharmer Vorverstärker" bezeichnet, tatsächlich nennt ELEKTOR dazu einen "Signal/Rauschabstand bei abgeschlossenem Eingang" von S/N >86 dB.

      "Bei abgeschlossenem Eingang" lässt aber bei mir inzwische die Alarmglocken klingeln! Wenn kein Widerstandswert für den Abschluss genannt ist, heisst das nicht selten "nach Masse abgeschlossen (kurzgeschlossen). Wird der Leser also so hinter die Fichte geführt? Ahnt Ihr es schon?


      Für die Rauschsimulation wird das Netzwerk 1 als Modell eines MM-Magnetsystems mit 500 mH und 1 kOhm DC-Widerstand verwendet und das Rauschen am Ausgang über einen A-Gewichtungsfilter bewertet.

      MM-Phono-VV wie Typ SUPRA (ELEKTOR 1982), jeweils vier parallele Transistoren, mit Phonokabel-Kapazität 100 pF:



      Ergebnis, spektrale Rauschdichte, A-gewichtet:



      Spektrale Rauschdichte In Rauschspannung (rms) umgerechnet: 38,4 µV(rms)
      Bei nach Konvention üblichen Bezugswert für 5mV (1 kHz) Eingangsspannung vom Magnetsystem und 35 dB Verstärkung (= 56,5-fach bei 1 kHz) dieser Phonostufe errechnet sich daraus bei 1 kHz ein Ausgangspegel von 283 mV(eff) und ein Rauschspannungsabstand von 38,4 µV/283 mV = -77,4 dB(A) wenn ein Magnetsystems vom Typ "Netzwerk 1" am Eingang angeschlossen ist. Das erscheint nicht so großartig, gab Elektor doch um 9 dB besseren >86 dB S/N-Abstand an.

      Wird der Eingang dagegen lediglich mit einem 1 kOhm Widerstand abgeschlossen, was ja anwendungsfremd aber nicht unüblich ist, ist die Rauschspannung nur 14,9 µV, was einen Rauschspannungsabstand von -85,6 dB(A) ergibt. Das passt schon fast zu dem bei ELEKTOR genannten S/N-Abstand von >86 dB. Bei ganz niederohmigem Abschluss des Eingangs nach Masse (Schluss) kommt die Simulation auf den Bestwert von -91,9 dB(A). Also heisst bei Elektor sehr wahrscheinlich "Abschluss des Eingangs": Nach Masse kurzgeschlossen.

      Mit MM-Magnetsystem am Eingang ist jedenfalls die Glorie vorbei und der SUPRA Phono-Vorverstärker rauscht damit deutlich stärker und - wenn ich die entsprechenden Simulationen an anderen einfachen Phonovorverstärkern zum Vergleich nehme (Tabelle weiter oben im vorigen Beitrag von mir) - etwa ähnlich stark wie diese auch.

      Also andere Phono-Vorstufen bevorzugen, die mit MM-System beim Signal/Rauschabstand nicht so stark einbrechen. Nur woher weiss der Kunde, welche das sind?
      Oder doch MC bevorzugen, um in jedem Fall auf Nummer Sicher zu gehen?

      Christian wird uns bald noch mehr dazu sagen können.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Moin Reinhard,

      besten Dank -- ich erinnere mich nicht, diese Diskussion schon einmal in dieser Breite und Tiefe gesehen zu haben. Idealerweise sollten wir am Ende auch folgende Fragen beantworten können:

      - Welche Schaltungen sind für MM besonders gut geeignet ?
      - Welche Parameter der MM-Systeme sind besonders kritisch, welche Werte zu ungünstig ?
      - Welchen Einfluss spielen die in D meist sehr hohen Eingangskapazitäten ?

      Nach allem bisher vorgestellten Material müsste es eigentlich schon herauskommen, dass die klassische Elektrometerschaltung mit NE 5534 AN eher besser als das Gros der Alternativen ist ... vielleicht kannst Du da auch noch einmal einen Blick auf die Schaltung aus dem MAS Ikarus werfen ?

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      ich denke Christian wird zu OpAmp EVV und verschiedenen OpAmps noch schreiben. Dem möchte ich nicht vorgreifen.

      Generell hängt die Verschlechterung des S/N-Abstands bei Magnetsystem im Vergleich zum 1 kOhm Widerstand noch von der Impedanz des Magnetsystems ab. Geringere Impedanz ist günstiger. Bei "Standardisierung " auf das Netzwerk 1 als MM-Modell (das hat ja eine relativ hohe Impedanz) beträgt die Verschlechterung typisch ca. 3-5 dB. Das also als Richtwert für die im allgemeinen einzukalkulierende Verschlechterung durch das MM-System am Eingang.

      Was man daraus mitnehmen kann:
      Ein für "Eingang abgeschlossen" angegebener S/N-Abstand eines Phono-Vorverstärkers ist also für ein MM-System im Durchschnitt um 5 dB abzuwerten.
      In Einzelfällen ist die Verschlechterung nur sehr geringe < 3 dB oder in den schlechteren Fällen > 5 dB bis 9 dB.
      Am Ende zählt nur, was unterm Strich "über alles" - also mit Magnetsystem - herauskommt.

      Verschlechterung beim SUPRA war 9 dB, also dort deutlich mehr (schlechter) als "typisch", was dort durch das sehr niedrige Spannungsrauschen z.T. wieder wettgemacht wird, so dass im Endergebnis der S/N-Abstand auch mit MM-System immer noch gut und nicht zu beanstanden ist (aber eben nicht mehr "superrauscharm").

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Alles gut --- kritisch wird das Ganze, wenn jemand eine insgesamt sehr rauscharme Kette hat und z.B. mit Hornlautsprechers Musik zu sich nimmt ... und dann kann dieser Effekt, dass ein "hiss" entsteht, also Rauschen besonders im oberen Bereich, sehr störend werden. Oder über Kopfhörer ... im normalen Wohnzimmerbetrieb mit den üblichen Boxen bleibt das m.E. immer unkritisch.

      Michael
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