Yamaha CA-1010 Verstärker in der Midlife Crisis

      Yamaha CA-1010 Verstärker in der Midlife Crisis

      Im Bericht über die Reparatur meiner Lautsprecher hatte ich schon auf die Probleme dieses Verstärkers hingewiesen. Nun ist er also dran mit der Reparatur.
      Den Verstärker habe ich 1978 neu gekauft. Ich weiß noch genau, wie ich dieses Schwergewicht samt Karton mühsam die Treppe hinaufgeschleppt habe, ich hatte zu dieser Zeit wegen einer Knieverletzung einen Gips am Bein.
      Der CA-1010 war wie geschaffen für meine Zwecke. Er liefert ausreichend Leistung, hat vielfältige Anschlussmöglichkeiten (2 MM/MC Plattenspielereingänge, 2 Tonbandanschlüsse, Trennstelle Vor-Endverstärker, Aux, Tuner), einen Schalter zur Absenkung um 20 dB, um den Regelbereich des Lautstärkereglers bei kleinen Lautstärken zu optimieren, Lautstärke / Balanceregelung mit 6-fach Poti, Bass mit 4-fach, eine unglaublich schwere Verarbeitung des Chassis, üppig dimensionierte Kühlkörper, einen wirklich der Leistung angemessenen Netztrafo, schaltbaren Class A Betrieb, eine massive Alufront, alle Drehknöpfe sind aus massivem Alumiium gedreht, 2 VU meter, Einen Rec-Out Schalter zur unabhängigen Wahl der Signalquelle für die Tapeausgänge...

      Das kam mir alles sehr gelegen, das Klangbild war zudem sehr neutral und unaufdringlich. So habe ich die meisten meiner damaligen Lautsprecherbauprojekte über mehr als 10 Jahre mit diesem Verstärker begleitet.

      Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte - und das Gerät ist nun 40 Jahre praktisch täglich in Betrieb - gab es Kontaktprobleme bei den Drehschaltern für die Eingangswahl. Das ließ sich zunächst durch Reinigen beheben, dann, vor wenigen Jahren habe ich einen der Drehschalter erneuern müssen.
      Weiterhin wurde in den 90ern die Zeitverzögerung für das Lautsprecherrelais immer länger, schließlich schaltete sie gar nicht mehr. Ein Transistor in der Verzögerungsschaltung war ausgefallen.
      Ein paar Jahre später trat ein störender Brumm aus. Die Elkos im Netzteil, das alle Spannungen außer denen für die Endstufen erzeugt, mussten ersetzt werden. Die Netzteilplatine ist unter(!) dem Chassis über Kopf montiert, schlecht belüftet und wird durch 3 Längstransistoren kräftig aufgeheizt - der klassische Designfehler. Unter den Kühlblechen der Längstransistoren war die Platine schon dunkelbraun durchgebacken, daher erfolgte die Verlegung dieser Transistoren mit eigenen Kühlkörpern ans Chassis.
      Dann war wieder alles in Ordnung und viele Jahre vergingen, in denen die Lautsprecher vor sich hinalterten, immer schlechter wurden, bis ich sie dieses Jahr reparieren ließ und die Frequenzweiche überarbeitet habe.
      Danach hätte alles perfekt sein müssen, war es aber nicht. Die Ursache war zunächst unklar. Hatte sich mein Gehör so stark verändert? War bei der Reparatur der Lowther Mitteltöner etwas schief gelaufen?
      Es zeigte sich, dass all das nicht zutraf, sondern dass der Yamaha in diesen Jahren eben auch mitgealtert war, von mir unbemerkt.
      Die Symptome sind:
      1. Unberechenbare Wackelkontakte an den original Lautsprecherklemmen.
      2. Kanalungleichheit
      3. Ein vornehmlich in den Mitteltönern hörbarer Brumm mit unschönen schnarrenden Obertönen auf beiden Kanälen, der allerdings nur an den Hornlautsprechern mit ihrem sehr hohen Wirkungsgrad hörbar ist und daher nicht auffiel, solange die Mitteltöner nicht in Ordnung waren.
      4. Verfärbungen des Klangbilds
      5. Wackelkontakte am Schiebeschalter, der Vorverstärker und Endstufe auftrennt.

      Nun habe ich den Verstärker diese Woche aus dem Regal ausgebaut, ihn temporär durch meinen Grundig SV140 ersetzt (der sich ganz hervorragend verhält und zumindest derzeit wesentlich besser klingt) und zerlegt. Die Reparatur kann beginnen.
      Achim

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      Als erstes habe ich mir die beiden Endstufenbausteine vorgenommen. Sie sind leicht auszubauen, die Anschlüsse für die Versorgungsspannungen sind gesteckt.
      Die wenigen vorhandenen Elkos wurden ersetzt. Alle 4 Treiber und alle 4 Endstufentransistoren wurden bei beiden Kanälen ausgebaut und mit neuer Wärmeleitpaste wieder montiert, die alte Paste war knochentrocken. Dabei zeigte sich auch eine beschädigte TO3 Glimmerscheibe mit einem glatten Durchbruch. Das ist bei den anliegenden Spannungen zwar kein Unglück, aber riskant. Daher wurde sie ersetzt.





      Die Printseiten der Platinen wurden von - auch heute nach 40 Jahren noch - nach "Japanelektronik" stinkendem Flussmittel befreit. Der Lötstoplack ist einwandfrei.



      Ob weitere Handlungsbedarf besteht, ob Kanalungleichheiten zwischen den Endstufen bestehen oder andere Fehler vorhanden sind, wird der Testlauf zeigen. Es geht erst einmal um die ganz allgemeinen unbedingt erforderlichen Reinigungs- und Wartungsarbeiten.

      Auch die stark verschmutzte (Kamnineffekt) Bestückungsseite wurde gereinigt. Auf einen Ersatz der Trimmpotis habe ich vorerst verzichtet, beim Abgleich werde ich ja sehen, ob eine saubere Einstellung gegeben ist. Zudem ist mir diese japanische Bauform bislang nicht negativ aufgefallen.
      Jede Endstufe hat 2 Ruhestrompotis - Eins für Class B und eins für Class A.



      Bei der Montage der Endstufentransistoren habe ich interessehalber die Kapazitäten nach Masse gemessen. Sie liegen je nachdem, wie fest man die Schrauben anzieht, zwischen ca. 200 und 400 pF. Also liegen 4 Glimmerkondensatoren in der Endstufe ;)
      Achim

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      Inzwischen habe ich mich zum Netzteil vorgearbeitet. Da für die Platine der allgemeinen Stromversorgung noch Teile im Zulauf sind, fiel mein Blick auf die Stromversorgung der Endstufen bzw. die "Elkoplatine" mit Gleichrichtern, Ladeelkos und Relais.
      Oben auf einem der Ladeelkos, es sind original Nippon Chemicon 18.000µF 63V verbaut, sah ich eingetrocknete Flüssigkeitsreste. Auf alten Fotos waren die nicht vorhanden. Kein gutes Zeichen. Also wurden beide Elkos ausgebaut und es zeigte sich, dass sie schon reichlich eingenässt hatten:







      Was für ein Ärger. Die Kapazitätsmessung erhärtete den Verdacht. Einer hat noch 9500µF, der andere 7900µF. Damit kann die Endstufe bei kleinen und mittleren Leistungen noch leben, der Brummfehler änderte sich auch bei Umschaltung in den A-Betrieb nicht, wo ja die Stromaufnahme deutlich höher ist. Daher glaube ich nicht, dass diese Ladeelkos die Ursache für den Brumm waren.

      Ich habe mir gleich Ersatz besorgt: 2 Stück Rubycon 22.000µF 63V mit demselben Formfaktor (51 x 86 mm) und 3000h bei 105°C.



      Sie liegen präzise bei ihrem Nennwert und sollten lange halten. Allerdings haben sie keine Lötösen (da findet man heute praktisch nichts mehr mit diesen Werten im hohen Qualitätssegment), sondern massive M5 Schraubanschlüsse.

      Nun sind hier die Anschlusstutzen 10mm dick und liegen zentrisch im Abstand von 22mm auf der Unterseite. Die alten Nippon Chemicon hatten ihre Lötösen in engerem Abstand und nicht zentrisch. Es gibt also Anpassungsarbeit.
      Dazu wurden die Schlitze in der Platine auf runde Löcher mit 11-12 mm aufgedremelt, die Elkos so weit von oben eingeschoben, dass die Stutzen mit den Gewinden bündig an der Printseite der Platine sind und mit der Befestigungsschelle krisensicher fixiert. Der Anschuss erfolgte dann mit 1,5mm² Kupferdraht den ich an den Anschlüssen zur Öse bzw. omegaförmig gebogen habe. Dann wurde er bis zum nächsten Stützpunkt geführt.



      Da kann der Strom jetzt aber fließen!

      Sitzt, wackelt nicht, hat keine Luft.


      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      Hallo Stefan, der Kondensator ist sogar einstellbar, durch die beiden Schrauben. Je besser der Wärmekontakt, je dünner der Glimmer, je fester der Anpressdruck, umso höher die Kapazität.

      Heute habe ich ein weiteres Detail erledigt. Der Koppelschalter zwischen Vor- und Endverstärker begann schon wenige Jahre nach dem Kauf Probleme zu machen. Immer wieder setzte ein Kanal aus. Ich habe diesen Schiebeschalter nun durch einen Miniaturkippschalter japanischer Herkunft ersetzt und den Knebel auf halbe Länge gekürzt, damit er nicht so leicht irgendwo anstößt oder hängenbleibt.



      Achim
      Achim,

      die Probleme an den beiden NT-Elkos: Können die durch die Blechhalterung verursacht worden sein ? Das sieht auf dem Bild doch
      wie eine Korrosion im Bereich der Schelle aus ?

      Besten Gruss,

      Michael

      p.s.: Bei dem Schalter an der Rückseite könnte man evtl. noch eine Ziermutter spendieren, und zwei kurze Schrauben in die jetzt verbliebenen Löcher setzen --- dann könnte man das locker für die Version ab Werk halten ... (was natürlich nur Optik ist).

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      Hallo Rolf,

      die technischen Daten sehen für damalige Verhältnisse gut aus. Die feinere Rastung der Klangregler beim 2010 ist das Ergebnis aufwändigerer gekapselter Potis. Eigentlich ist der Punkt aber irrelevant, weil die Potis beim 1010 stufenlos auf jeden Wert zwischen den Rastungen eigestellt werden können. Die Rastpunkte sind extrem schmal.
      Wie man wohl die höhere Leistung beim 2010 bei grundsätzlich praktisch identischem Aufbau realisiert hat? Die Endstufentransisturen sind (glaube ich) dieselben. Möglich dass die Ub der Endstufen höher sind.

      Hallo Christian,

      solche Kondensatoren gab es früher sogar Mit einer Schraube wurde das Kondensatorpaket mit Glimmerscheiben zusammengequetscht. Das müsste so einer sein:



      Klar, manche Drahtreste werden bei mir aufgehoben, wenn sie nicht allzu verbogen sind. Die aus Aluminium allerdings nicht ;)

      Hi Michael,

      feucht ist es im Gerät ja nie geworden. Das ganze Chassis strahlt noch blitzblank mit seiner gelblichen Verzinkung. Die Flüssigkeit ist m. E. oben aus dem Elko ausgetreten, wie beim anderen auch, dann heruntergelaufen und in den dünnen Spalt zwischen Elko und Schelle gezogen, dann unten wieder ausgetreten. Auch auf der Platine darunter - man sieht es auf dem Foto nicht so gut - ist massig Brühe eingetrocknet, die typisch riecht und sich nicht entfernen lässt.
      Ich hatte den Veratärker immer wieder mal offen, habe auch alles gereinigt, wahrscheinlich habe ich die senkrechte Kriechspur, sofern überhaupt noch sichtbar, weggewischt.
      Auch der Kapazitätsschwund von über 50% ist eigentlich nur durch Elektrolytverlust zu erklären. Das hat ja 40 Jahre Zeit gehabt!
      Überhaupt sind die Nippon Chemicon ziemlich enfach gebaut, was Gummidichtung und Lötösen angeht. Da sind die heutigen Spitzenprodukte in einer ganz anderen Liga.

      Den Trennschalter behalte ich im Auge. Erst mal sehen, ob er 100% kontaktsicher funktioniert...

      Heute habe ich - und das hat mich fast den ganzen Nachmittag gekostet - die Lautsprecheranschlüsse erneuert. Hier die original Yamaha Billigkrätze:



      Ihr glaubt nicht, wieviel Ärger diese Dinger im Laufe der Jahrzehnte gemacht haben. Nie war die Kontaktgabe einwandfrei und stabil, dünne Leitungen hielten nicht, dickere waren nach kurzer Zeit wieder locker, 4 mm² ließ sich nur mit größter Fieselei verklemnmen.
      Grund scheint die lächerlich kleine Kontaktfläche zu sein. Eine winzige Scheibe mit Zäckchen (die auch korrodiert) drückt das Kabel auf eine kleine Kontaktzunge. Übelste Billigware. Blöderweise habe ich sogar einen der Klemmblöck vor Urzeiten noch durch ein Originalersatzteil ersetzt, weil eine Arretierungsschraube beim Festziehen mit zwei Fingern(!) grußlos abgebrochen war.

      Nun habe ich etwas aufgerüstet und Hirschmann 35A Polklemmen eingebaut. Das Anfertigen der Aluplatte mit all ihren Bohrungen ist bei derart schwülheißem Wetter wie heute nicht zu empfehlen. Ich habe ja nicht so ein CNC-Maschinchen mit Wasserstrahl zum Schneiden bei mir zu Hause stehen...



      Die Beschriftung stimmt überall noch :)
      Hinten ist auch alles krisenscher verschaltet, an Kabelschuhe gelötet und mit Federringen verschraubt.



      Da muss ich hoffentlich in diesem Leben nicht mehr drangehen. Das sieht jetzt aus, wie alle guten Verstärker in späteren Jahren.
      Bananenstecker habe ich auch schon besorgt.

      P.S.: Da muss ich mir erst meine Fotos anschauen, damit mir auffällt, dass der Spannungswahlschalter auch eine 230V Position hat. Da hat Yamaha im Jahr 1977 schon prophetisch die EU Nennspannung vorausgesehen ;)
      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      Ja Michael, das hätte ich vor Jahrzehnten schon machen sollen.
      Aber der Amp steht ganz unten im Regal, wiegt fast 20 KG und es ist jedesmal ein RIESENakt, ihn auszubauen.
      Daher nehme ich mir diesmal Zeit (was man leider bei den eigenen Geräten fast nie tut!),versuche längerfristig für Ruhe zu sorgen. Es haben sich einfach zu viele Fehler angesammelt.

      Die große Netzteilplatine ist heute auch fertig geworden. Der Printseite sieht man an, dass sie schon einiges mitgemacht hat. 2 x wurden die Elkos ersetzt, 2 Längstransistoren nach extern verlegt (siehe Röstspuren), sie wurden seitlich auf eigenen großen Kühlkörpern am Chassis montiert, der dritte hat einen Kühlkörper bekommen. Die Einschaltverzögerung war defekt. Man sieht, dass hier und da Leiterbahnen repariert werden mussten, das Material ist nicht besonders robust. Dann gabs noch nach gründlicher Entfernung des Stinkeflussmittels eine neue Beschichtung mit Lötlack. Mir ist unbegreiflich, wie das 40 Jahre alte Flussmittel heute noch dermaßen stinken kann.



      Alle Elkos sind jetzt Rubycon ZL und ZLJ mit reichlicher Spannungsfestigkeit, die Bipolaren Elkos in der Schutzschaltung sind jetzt durch WIMA Mini-MKS ersetzt, der 10 R MOX-Widerstand für die Beleuchtung istz jetzt wieder ein passender MOX-Typ,





      Was überhaupt nicht gut ist bei diesem Gerät, ist die unzureichende Beschriftung der Bestückungsseiten der Platinen. An Widerständen steht nur "R", an Kondensatoren nur "C" etc, ohne Positionsnummer.
      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      Erst einmal habe ich heute alles fertiggemacht, so dass jetzt nur noch die Endstufen fehlen.



      Diese wurden dann eingebaut und angeschlossen.



      Nun war wieder alles komplett und das Gerät konnte durch schlagartiges Eintecken des Netzsteckers "ganz vorsichtig hochgefahren" werden.
      Man denkt bei diesen größeren Verstärkern mit ihren hohen Leistungen schon immer kurz daran, dass man nicht doch etwa einen Ladeelko falsch gepolt eigebaut haben könnte...
      Das war hier aber nicht der Fall, der Verstärker läuft.

      Die Wackelkontakte am Koppelschalter und an den Lautsprecheranschlüssen sind auf jeden Fall beseitigt.
      Allerdings werden die Endstufen (und Treiber) für B-Betrieb deutlich zu warm. Da müssen erst einmal die Ruheströme geprüft und ggf. angepasst werden. Zuvor messe ich, ob alle Betriebsspannungen auf den Nennwerten sind.
      Achim
      Zum Ruhestrom:
      Es stellte sich heraus, dass die Werte sogar zu niedrig waren.
      Der Spannungsabfall über dem 0,47 Ohm Emitterwiderstand eines der Endstufentransistoren wird für Class-B Betrieb auf 25mV eingestellt, für Class-A auf 280mV.
      Das bedeutet bei plus/minus 55,5V Betriebsspannung der Endstufen bei Class-B eine Verlustleistung von rund 3W pro Endstufentransistor, also 12W pro Kanal und 24W insgesamt. Eigentlich kein Wunder, dass die Kühlkörper sich bei den derzeitigen Temperaturen gut aufwärmen.

      Im Class-A Betrieb (Ub der Endstufen plus/minus 23V) ist die Verlustleistung pro Transistor satte 14W, also 112W Verlustleistung insgesamt. Da wird der Kühlkörper und die ganze Endstufe schon ziemlich heiß und es riecht nach dem alten Flussmittel.

      Das Abgleichen mit den alten Trimmpotis ist nicht zufriedenstellend möglich, ich werde sie wohl noch ersetzen, vorzugsweise gegen Spindeltrimmer.
      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      112W Verlustleistung ist schon eine Ansage!

      Eben hatte ich eine Überholung einer Yamaha B-2x Stereoendstufe (Kampfgewicht 28 kg) abgeschlossen, die auf dem linken Kanal gelegentlich einen Brumm produzierte (Lötstellen nachgelötet und Kleinelkos erneuert). Dort arbeitet eine Class-A Endstufe (35W/Kanal) und eine Class A-B Endstufe gemeinsam im Brückenbetrieb. D.h. Class-A ist permanent "an". Auch die verbrät im Leerlauf über die Kühlkörper 108W. So viel Freude sie in den Ohren macht (exzellente Basskontrolle, Druck ohne Ende), momentan ist es hier im Süden (Freiburg 32°C) eindeutig zu warm für Class-A. Wenn die Fenster geschlossen bleiben müssen (um nicht die Nachbarschaft zu beschallen), heizt sich der Raum schnell auf (Leistungsaufnahme bei 2x 240W Nennleistung: 1,3 kW). Ist also eher was für den Winter, man braucht dann gar keine Heizung beim Musikhören.



      Gruss,
      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      freut mich, dass es Spaß macht. Wenn man Reparaturberichte liest, ist das ja immer auch eine Quelle von Ideen und Inspiration. Später, beim selben Gerät oder einem ähnlichen erinnert man sich und kann die Erfahrungen anderer Techniker nutzen. Manchmal tut man das sogar unbewusst.
      So geht es mir umgekehrt auch beim Verfolgen solcher Berichte, wie Du sie z. B. auch häufig von HiFi Komponenten hier beiträgst. So spart man Arbeit und langes Überlegen bei zukünftigen Reparaturen.
      Aber auch, wenn man ein Gerät nicht kannte, oder nie in die Finger bekommen wird, ist es spannend und lehrreich.

      Wegen der Abwärme habe ich auch früher schon meist auf den Class-A Betrieb verzichtet. Aus dem Blickwinkes des Technikers weiß ich auch um die beschleunigte Alterung der Elektronik bei hohen Temperaturen. Da ist man dann noch weniger geneigt, so ein Gerät thermisch zu stressen.

      Gerade habe ich nachgemessen. Im Class-B Modus ohne Aussteuerung bei offenem(!) Gehäuse haben die Endstufentransistoren 44°C, die Treiber zwischen 58 und 60 °C.
      Ich erinnere mich auch, dass das Gerät in den ersten Jahren ordentlich Wärme über die Lüftungsschlitze abgab, lin letzter Zeit fühlte man kaum noch eine Erwärmung. Da waren die Ruheströme wohl schon länger zu niedrig, ich habe sie in 40 Jahren auch nie nachgestellt und wenn es irgendwo schön kühl bleibt, ist man auch nicht alarmiert.

      Epoxy beim B2x - sehr ordentich! Und 0,1F von Elna...
      Achim
      Hallo Achim,

      ja, Du erinnerst Dich! Der Brummfehler war jetzt neu aufgetreten, nachdem ich vor einigen Jahren einen massiven Ausfall auf diesem kanal behoben hatte. Ducrch die Wärme verspröden auch thermisch gestresste Lötstellen. Daher wohl jetzt der Brummfehler, ein Alterungseffekt. Ich hoffe, ich habe beim Nachlöten den Übeltäter auch wirklich erwischt und der Fehler ist danach nicht "rein zufällig" verschwunden. Mit Epoxy hatte ich seinerzeit die gebrochenen LS-Terminals restauriert.

      Sogar 2 x 0,1F/6,3V ELNA in der Class-A Stufe und dazu nochmal 2x 22000 µF/80V in der AB-Stufe, beides jeweils pro Kanal. Wenn einer der vier 100'000 µF Elkos dieser speziellen Form defekt würde, wäre das nahe am GAU, denn es gibt dann vermutlich ein Beschaffungsproblem.

      Du bringst es auf den Punkt, das voneinander Lernen ist der schöne Nebeneffekt, abgesehen davon, dass es nie langweilig wird.

      Ich habe die Kühlkörper-Temperatur beim B2x leider nicht gemessen (hätte ich machen sollen, ich habe ein IR-Laser Temperaturmessgerät, aber hier leider nicht benutzt). Die mächtigen Kühlkörper waren aber so warm, dass ich sie länger mit den Fingern nicht mehr anfassen mochte. Also wohl etwa 40°C. Das mit dem "nicht mehr anfassen können" ist ja individuell sehr unterschiedlich. Ich bin da eher empfindlich.

      Gruss,
      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      solche Fehler können ausgesprochen tückisch sein. Absolut sicher, sie beseitigt zu haben ist man erst nach langem Probelauf bzw. jahrelanger normaler Nutzung.
      ELNA ist ja ein erstklassiger Hersteller der ersten Stunde, der sich zeitweise gerade bei Audio-Elkos hervorgetan hat. Auch die restliche Produktpalette ist sehr hochwertig. Leider ist der Marktanteil trotz Top-Qualität weltweit eher klein geblieben, auch die großen Distributoren haben nur wenige Werte im Programm.

      Heute wurde der Yamaha testweise an die "richtigen" Lautsprecher angeschlossen.
      Die Kanalungleichheit beim Pegel besteht nicht mehr.
      Der Brumm war zuerst stärker ;) Nach Montage der Abdeckhaube der Eingangsplatine und der Bodenplatte ist der Brumm rechts verschwunden, links noch schwach wahrnehmbar, wenn man 25cm vor dem Mitteltöner horcht. Er klingt wie ein durch Einstrahlung verursachter Brumm mit surrenden / schnarrenden Obertönen. Er ist bezeichnenderweise im Mitteltöner, nicht im Basskanal hörbar.
      Das VU-Meter für den rechten Kanal zappelte bei eingespeistem Sinus. Ursache ist offenbar das Trimmpoti für die 0dB Einstellung. Diese Bauform ist wohl heute nach 40 Jahren einfach nicht mehr 100% kontaktsicher.
      Jetzt kommen erst einmal ausgiebige Hörtests und eine genaue Beobachtung des Verhaltens, während die Trimmer im Zulauf sind.
      Für die 4 Ruhestromeinstellungen habe ich jetzt Vishay Folientrimmer bestellt
      farnell.com/datasheets/2007648.pdf
      Extrem niedrige Toleranz und Temperaturkoeffizient, Betrieb bis 150°, vollkommen stetig und leerlauffrei präzise mit 23 Umdrehungen einstellbar...da bin ich mal gespannt, billig sind sie nicht gerade.
      Achim

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      Ich liefere noch ein paar Fotos von der übrigen Elektronik nach.

      Da wäre zunächst die Ansteuerschaltung für die beiden VU-Meter:



      weiterhin die Klangregel-und Filterplatine, hier der linke Teil mit dem 4-fach Poti für die umschaltbare Bassregelung



      und die Höhensektion, daneben das 6-fach Poti für Balance und Lautstärke



      die große Platine mit den Eingangsbuchsen, den Drehschaltern, Phono MM/MC Vorstufe und weiteren Verstärkerstufen



      und noch ein Blick auf die beiden ans Chassis verlegten Längstransistoren aus dem allgemeinen Netzteil.



      Hier bleiben sie schön kühl und können keinen weiteren Schaden am Basismaterial mehr anrichten.


      Bis die Trimmpotis eintreffen, versuche ich, dem im linken Kanal noch verbliebenen Brumm auf die Spur zu kommen. Er ist nur links und er ist auch vorhanden, wenn End- und Vorverstärker durch den Schalter getrennt sind und in der Cinchbuchse für die Endstufeneinspeisung ein Kurzschlussstecker steckt.
      Der Brumm entsteht also im Bereich der Endstufe. Hier sieht man die Verkabelung (Bild voch vor der Überarbeitung entstanden):



      Grün nachgezeichnet sieht man die anbeschirmte Leitung von der Trennplatine zur linken Endstufe. Um sie als Ursache auszuschließen, werde ich sie an der Endstufe ablöten und den Eingang kurzschließen.
      Wenn es dann noch brummt, bleibt nur die Endstufe selbst, oder die Verkabelung der Stromversorgung als Ursache. Die Verkabelung ist allerdings mit der für die rechte Seite identisch.
      Achim

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