Hallo Forenfreunde,
gestern bin ich im web auf ein zwar schon etwas älteres Video einer Experimentalphysik-Vorlesung von Prof. Walter Levin (MIT, Boston) gestossen, die mich zum Staunen gebracht hat. Der behandelte Stoff ist eigentlich physikalisches und elektrotechnisches Grundwissen, 1. Semester. Bessser gesagt, er sollte es sein. Das Thema ist Induktion und Messung induzierter Ströme und Spannungen - ganz elementar also. So eine Vorlesung habe ich auch mal besucht (lang ist es her...). Aber das, was hier zum Schluß ganz einfach abgeleitet und anschliessend vor den Hörern experimentell eindrucksvoll demonstriert wird, war mir neu. Das wurde mir seinerzeit jedenfalls so nie vor Augen geführt und auch in Lehrbüchern nicht in dieser Konsequenz.
Zwar heisst es korrekt in Wikipedia (de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln) zu den Kirchhoffschen Regeln:
"Die Maschenregel ist formal eine Schlussfolgerung aus dem Induktionsgesetz. Sie gilt nur für den Fall, dass innerhalb der Masche keine Änderung des magnetischen Flusses erfolgt ... und somit auch auf magnetischem Weg keine Energie in das Netzwerk eingespeist oder von dort entnommen wird."
Die praktische Auswirkung daraus wird aber erst durch die augenöffnende Demonstration im Video im letzten Teil deutlich (ab 35:15 Min bis Ende):
Ich war sozusagen "platt" zu sehen, dass die Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten in einem elektrischen Kreis bei sich veränderndem Magnetfeld nicht eindeutig ist. Zwei Voltmeter gleichen Typs, beide an dieselben beiden Punkte A und D angeschlossen, können drastisch verschiedene Spannung anzeigen, ja sogar mit entgegengesetzter Polarität. Phänomenologisch ist das schwer begreiflich, dass die gemessene Spannung (Potentialdifferenz) zwischen zwei Punkten in einem Stromkreis davon abhängen soll, wie das Voltmeter (bzw. Oszilloskop) an eben diese Punkte angeschlossen ist. Physikalische Herleitung und praktische Demonstration im Video lassen offensichtlich keinen Zweifel zu.
Prof. Levin hat jedenfalls offensichtlich aus dem akademischen Umfeld Jahrzehnte lang Kopfschütteln und Unverständnis erfahren (mit nicht-wahrhaben- wollen der experimentellen Demonstration und physikalischen Begründung- Dogma über Wissenschaft). Den Äusserungen ist das anzumerken. Ich glaube, eines seiner letzen erklärenden Videos im Kampf gegen diese Ignoranz ist das hier, in dem er auf die vorgebrachten Einwände eingeht:
Aber dennoch....trotz der Logik...ganz verstanden habe ich es auch danach immer noch nicht, warum, ein Voltmeter bei unveränderter Schaltung und Abgriff an denselben Punkten A und D (bzw. A1 und A2 bzw. D1 und D2, die jeweils durch eine hinreichend induktionsarme und niederohmige Cu-Leitung verbunden sind, verschiedene Werte zeigen kann. Das Spannungsmessgerät "weiss ja nicht", ob es selektiv die Potentialdifferenz für die Stromrichtung A-->A2-->D2-->D oder für die Stromrichtung (path) D-->D1-->A1-->A anzeigen soll, selbst wenn diese beiden unterschiedlichen (Strom-) Richtungen die beiden unterschiedliche Potentialdifferenzen zwischen D und A bewirken.
Wie ist es einleuchtender zu erklären, dass es besser verständlich wird?
Oder wo ist der Fehler oder Trick im experimentellen Demo und Levin sitzt einer üblen Täuschung auf? Das klingt mir eigentlich nicht danach.
Was mir allerdings an dem Versuchsaufbau im ersten Video nicht gefällt:
1. Die Messleitungen zu den beiden Voltmetern / Oszilloskopen sind auf dem Tisch liegend flach aufgerollt (Induktivität!). In diesen so hergestellten Messleitungs-Spulen könnte vom äusseren Magnetfeld der Induktionsspule beim Einschalten der Induktionsspule ein Strom induziert werden, der die Anzeige des Messgeräts verfälscht.
2. Die Messleitung zum linken Oszilloskop ist weiter von der Induktionsspule entfernt aufgerollt als die rechte Messleitung.
3. Das linke Oszilloskop ist von der Induktionsspule auch weiter entfernt als das rechte. Das lässt vermuten, dass die Windungszahl der aufgerollten rechten Messleitung grösser ist als der rechten.
4. Wenn die Feldlinien der sehr kräftigen Spule ausreichend weit herausreichen und die aufgewickelten Messleitungen erreichen, wird in der näheren rechten Messleitung ggf. eine grössere Spannung induziert als in der linken.
5. Hängt die Polarität der vom Oszilloskop angezeigten Spannung auch von der Wickelrichtung der zur Spule gewickelten Messleitung ab?
Im zweiten Video zur Entkräftung von Gegenargumenten erklärt Levin, dass die Leitungen vernachlässigbare Induktivität hätten. Seine Erklärung berücksichtigt aber nicht die erkennbare Wicklung zu je einer flachen Spule auf dem Experimentiertisch. Das macht mich etwas stutzig. Stimmt es wirklich, dass das Magnetfeld der induzierenden Spule nicht bis zu den Wicklungen der Messleitung reichen kann?
Auch:
Kennt Ihr praktische Konsequenzen/Beobachtungen bei Messungen in der Radiotechnik, die das experimentelle Resultat in den Videos bestätigt oder widerlegt?
Ich weiss nicht, ob ich hier einen "alten Hut" aufmache. Ich hoffe, nicht.
Einfach kann man das vorgeführte Experiment zu Hausevermutlich nicht nachstellen. Man müsste ja im Kreis mit den beiden Widerständen einen Strom von 1 mA induzieren, um am 900 Ohm Widerstand einen Spannungsabfall von 0,9V zu bekommen.
Wie seht Ihr das?
Gruß
Reinhard
gestern bin ich im web auf ein zwar schon etwas älteres Video einer Experimentalphysik-Vorlesung von Prof. Walter Levin (MIT, Boston) gestossen, die mich zum Staunen gebracht hat. Der behandelte Stoff ist eigentlich physikalisches und elektrotechnisches Grundwissen, 1. Semester. Bessser gesagt, er sollte es sein. Das Thema ist Induktion und Messung induzierter Ströme und Spannungen - ganz elementar also. So eine Vorlesung habe ich auch mal besucht (lang ist es her...). Aber das, was hier zum Schluß ganz einfach abgeleitet und anschliessend vor den Hörern experimentell eindrucksvoll demonstriert wird, war mir neu. Das wurde mir seinerzeit jedenfalls so nie vor Augen geführt und auch in Lehrbüchern nicht in dieser Konsequenz.
Zwar heisst es korrekt in Wikipedia (de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln) zu den Kirchhoffschen Regeln:
"Die Maschenregel ist formal eine Schlussfolgerung aus dem Induktionsgesetz. Sie gilt nur für den Fall, dass innerhalb der Masche keine Änderung des magnetischen Flusses erfolgt ... und somit auch auf magnetischem Weg keine Energie in das Netzwerk eingespeist oder von dort entnommen wird."
Die praktische Auswirkung daraus wird aber erst durch die augenöffnende Demonstration im Video im letzten Teil deutlich (ab 35:15 Min bis Ende):
Ich war sozusagen "platt" zu sehen, dass die Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten in einem elektrischen Kreis bei sich veränderndem Magnetfeld nicht eindeutig ist. Zwei Voltmeter gleichen Typs, beide an dieselben beiden Punkte A und D angeschlossen, können drastisch verschiedene Spannung anzeigen, ja sogar mit entgegengesetzter Polarität. Phänomenologisch ist das schwer begreiflich, dass die gemessene Spannung (Potentialdifferenz) zwischen zwei Punkten in einem Stromkreis davon abhängen soll, wie das Voltmeter (bzw. Oszilloskop) an eben diese Punkte angeschlossen ist. Physikalische Herleitung und praktische Demonstration im Video lassen offensichtlich keinen Zweifel zu.
Prof. Levin hat jedenfalls offensichtlich aus dem akademischen Umfeld Jahrzehnte lang Kopfschütteln und Unverständnis erfahren (mit nicht-wahrhaben- wollen der experimentellen Demonstration und physikalischen Begründung- Dogma über Wissenschaft). Den Äusserungen ist das anzumerken. Ich glaube, eines seiner letzen erklärenden Videos im Kampf gegen diese Ignoranz ist das hier, in dem er auf die vorgebrachten Einwände eingeht:
Aber dennoch....trotz der Logik...ganz verstanden habe ich es auch danach immer noch nicht, warum, ein Voltmeter bei unveränderter Schaltung und Abgriff an denselben Punkten A und D (bzw. A1 und A2 bzw. D1 und D2, die jeweils durch eine hinreichend induktionsarme und niederohmige Cu-Leitung verbunden sind, verschiedene Werte zeigen kann. Das Spannungsmessgerät "weiss ja nicht", ob es selektiv die Potentialdifferenz für die Stromrichtung A-->A2-->D2-->D oder für die Stromrichtung (path) D-->D1-->A1-->A anzeigen soll, selbst wenn diese beiden unterschiedlichen (Strom-) Richtungen die beiden unterschiedliche Potentialdifferenzen zwischen D und A bewirken.
Wie ist es einleuchtender zu erklären, dass es besser verständlich wird?
Oder wo ist der Fehler oder Trick im experimentellen Demo und Levin sitzt einer üblen Täuschung auf? Das klingt mir eigentlich nicht danach.
Was mir allerdings an dem Versuchsaufbau im ersten Video nicht gefällt:
1. Die Messleitungen zu den beiden Voltmetern / Oszilloskopen sind auf dem Tisch liegend flach aufgerollt (Induktivität!). In diesen so hergestellten Messleitungs-Spulen könnte vom äusseren Magnetfeld der Induktionsspule beim Einschalten der Induktionsspule ein Strom induziert werden, der die Anzeige des Messgeräts verfälscht.
2. Die Messleitung zum linken Oszilloskop ist weiter von der Induktionsspule entfernt aufgerollt als die rechte Messleitung.
3. Das linke Oszilloskop ist von der Induktionsspule auch weiter entfernt als das rechte. Das lässt vermuten, dass die Windungszahl der aufgerollten rechten Messleitung grösser ist als der rechten.
4. Wenn die Feldlinien der sehr kräftigen Spule ausreichend weit herausreichen und die aufgewickelten Messleitungen erreichen, wird in der näheren rechten Messleitung ggf. eine grössere Spannung induziert als in der linken.
5. Hängt die Polarität der vom Oszilloskop angezeigten Spannung auch von der Wickelrichtung der zur Spule gewickelten Messleitung ab?
Im zweiten Video zur Entkräftung von Gegenargumenten erklärt Levin, dass die Leitungen vernachlässigbare Induktivität hätten. Seine Erklärung berücksichtigt aber nicht die erkennbare Wicklung zu je einer flachen Spule auf dem Experimentiertisch. Das macht mich etwas stutzig. Stimmt es wirklich, dass das Magnetfeld der induzierenden Spule nicht bis zu den Wicklungen der Messleitung reichen kann?
Auch:
Kennt Ihr praktische Konsequenzen/Beobachtungen bei Messungen in der Radiotechnik, die das experimentelle Resultat in den Videos bestätigt oder widerlegt?
Ich weiss nicht, ob ich hier einen "alten Hut" aufmache. Ich hoffe, nicht.
Einfach kann man das vorgeführte Experiment zu Hausevermutlich nicht nachstellen. Man müsste ja im Kreis mit den beiden Widerständen einen Strom von 1 mA induzieren, um am 900 Ohm Widerstand einen Spannungsabfall von 0,9V zu bekommen.
Wie seht Ihr das?
Gruß
Reinhard
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