Rechteckverhalten von HiFi-Verstärkern

      Rechteckverhalten von HiFi-Verstärkern

      Hallo Forenfreunde,

      angeregt durch die Diskussion anlässlich meinerMessung der Rechteckwiedergabe eines Luxman (LUX) FQ-990 Receivers aus dem Jahr 1971 in einem früheren Beitrag (Luxman FQ-990 - die Zweite) hatte ich mir damals vorgenommen, das Thema nochmal aufzugreifen.

      Ich habe einerseits einen grossen Teil meiner derzeitige Gerätesammlung an Vorverstärkern, Vollverstärkern, Endstufen und Receivern auf das Rechteckverhalten bei 30 Hz und 20 kHz untersucht, aber in einigen Fällen auch Fremdgeräte eingeschlossen. Hier bin ich besonders Wolfram (wkk_54) zu Dank verpflichtet.

      Zur Charakterisierung der NF-Wiedergabeeigenschaften von Verstärkern werden vor allem zweckmässig herangezogen:
      a) Messung von Frequenzgang (Amplitudengang) bei verschiedener Ausgangsleistung und Last
      b) Messung von Klirrfaktor (THD und THD+N) bei verschiedener Ausgangsleistung und Last
      c) Messung von Intermodulationsverzerrungen (IMD und TIM) bei verschiedener Ausgangsleistung und Last

      Diese Messungen verlangen teilweise nach speziellen Gerätschaften. Vor einigen Jahrzehnten konnte man für NF-Messungen in einer typischen normalen Radio-Werkstatt für NF-Messungen aber meist nur das Vorhandensein eines Oszilloskops und eines NF-Signalgenerators voraussetzen. Vielleicht war gerade deshalb in den 70iger Jahren die Prüfung des Rechteckverhaltens eines Verstärkers beliebt, d.h. wie originalgetreu der Verstärker das Rechtecksignal des NF-Generators reproduzieren konnte. Darauf haben die Linearität des Frequenzgangs und dieBandbreite des Verstärkers einen großen Einfluss, darüberhinaus frequenzabhängige Phasenverschiebungen.

      Eine gute Übersicht das Testen von Verstärkern mit Rechtecksignalen und die Interpretation der Ergebnisse findet sich bei Rod Elliott (ESP): Square wave Testing of Amplifiers and Filters ( sound.whsites.net/articles/squarewave.htm )
      Rechtecktests wurden schon in den 50iger Jahren zur Beurteilung von Audio-Verstärkern eingesetzt. Hier ist ein Auszug aus dem Buch von Scroggie aus der Zeit:




      Die hier verglichenen Verstärker stammen alle aus der Hochzeit der "HiFi"-Aera, also von 1968 bis in die 80iger Jahre. Das heisst, sie verfügen über mehr oder weniger "HiFi-tauglicher" NF-Bandbreite und weitestgehendem oder sogar nahezu perfekt linearem Frequenzgang. Es war also nicht angebracht, wollte ich überhaupt Unterschiede erkennbar machen, relativ unkritische Testbedingungen zu wählen. Beispielsweise konnten alle getesteten Geräte ein 1 kHz Rechtecksignal nahezu perfekt wiedergeben. Ich habe deshalb sehr fordernde Bedingungen gewählt, um Unterschiede sichtbar zu machen. So habe ich für den unteren NF-Bereich 30 Hz gewählt (in publizierten Rechtecktests sind dagegen meist 40 Hz oder 50 Hz oder nur 100 Hz üblich). Im oberen NF-Frequenzbereich habe ich bei 20 kHz getestet (sonst meist üblich: 10 kHz).

      Rechteck-Generator: DDS-30 (ELV)
      Generatorpegel: 2 Vss (ss= Spitze zu Spitze Wert)
      Bei Vorverstärkern betrug das Ausgangssignal ca. 1Vss
      Bei Vollverstärkern, Receivern und Endstufen ca 20% unterhalb der jeweiligen Nennleistung lt. Gerätespezifikation an 4 Ohm Last.

      Bei allen getesteten Verstärkern wurde - soweit möglich - auf linearen Frequenzgang geschaltet ("defeat", "linear") und/oder die Klangregler vorher so eingestellt, dass keine Bass- oder Höhenanhebung vorhanden war. Alle waren vorher gründlich überholt worden und nach bestem Wissen fehlerfrei und erfüllten oder übertrafen die Spezifikationen des Herstellers.

      Ein Rechtecksignal einer Frequenz F lässt sich durch die (theoretisch unendliche) Reihe (Summe) der Grundfrequenz und dessen ungeradzahligen (2n-1) Oberwellen darstellen (Fourier-Analyse). Praktisch zeigt die Fourier-Darstellung des von mir verwendeten 30 Hz Rechtecksignals dieses Bild (Grundfrequenz und Oberwellen):



      Man sieht sehr schön, dass für die Wiedergabe der senkrechten Flanken die Überlagerung einer Vielzahl von höherfrequenten ungradzahligen Obertöne erforderlich ist und dass die Amplitude auf logarithmischer Skala linear abfällt. Typischerweise sind die ungeradzahligen Obertöne bis wenigstens zur 20-fachen Grundfreqenz für ein Rechtecksignal erforderlich. Das verdeutlicht, daß insbesondere für die gute Wiedergabe eiesn 20 kHz Rechtecksignal eine sehr gute NF-Bandbreite bis weit über 100 kHz nötig ist. Mein 20 kHz Test stellt daher eine extreme Anforderung.

      An der niederfrequenten Seite (30 Hz) führt der Bassabfall der Linearität zu einer Kippung und Verbiegung des Rechtecksignals, wenn der Verstärker nicht eine sehr gute Amplitudenkonstanz über diesen Bass-Frequenzbereich hat.


      Ergebnisse der Messungen:


      A) 30 Hz Rechtecksignal

      Zunächst die Ergebnisse mit dem 30 Hz Rechtecksignal. Da die Geräte aus ganz verschiedenen Jahren mit unterschiedlichem technischen Entwicklungsstand, Preis, usw. stammen, ist ggf. der dirkte Vergleich unfair. Ich habe deshalb auch das Herstelljahr und den Endverbraucher-Verkaufspreis angegeben. So kann man die Unterschiede besser einordnen.

      Im Oszillogramm sind jeweils oben das Generatorsignal und unten dasVerstärkerausgangssignal an 4 Ohm Last dargestellt.







      Bei den Verstärkern/Receivern von um 1970 hat der LUX (Luxman) FQ-990 eine herausragend gute 30Hz-Rechteckwiedergabe. Bei Geräten aus diesem Zeitraum folgt mit deutlichem Abstand die Gruppe bestehend aus SABA 8080 (F), Saba 8120 (G) und Revox A50, die sich gegenseitig nichts schenken und in gleichem Maß einen moderaten Bassabfall anzeigen. Mit weitem Abstand schlechter schneidet nur der Sansui 2000 A ab. Man muss aber hier zugute halten, dass er einen Elko-gekoppelten LS-Ausgang hat, alle anderen Testgeräte haben direkt gekoppelte Lautsprecherausgänge.

      Bei der Gruppe der Verstärker von um 1980 führt bei der 30 Hz Rechteckwiedergabe die Grundig-Endstufe A 5000 das Feld an, ist noch leicht besser als der 10 Jahre ältere LUX FQ-990 Receiver. Es folgt der Grundig Vorverstärker SXV 6000 und dann, erst mit Abstand, die Gruppe Grundig R 2000, Grundig XV 5000 und Saba 9241. Diese sind bei 30 Hz aber den 10 Jahre älteren Saba 8080, 8120 und Revox A50 nicht überlegen.

      Gibt es auch Verstärker mit "perfekter" 30Hz Rechteckwiedergabe (oder sogar 20 Hz)? Ja, aber jüngeren Datums, also nicht direkt vergleichbar. Das sind vollständig direkt-gekoppelte Verstärker (also ohne Elko-Kopplung zwischen den Stufen). Als Beispiel hier das 30Hz Rechtecksignal einer Yamaha M-4 Endstufe:




      und sogar 20 Hz Rechteckwiedergabe (auch 10 Hz, aber das konnte ich aufgrund des Bildschirm-Flackerns bei dieser kleinen Frequenz bei meinem Analog-Scope nicht mehr fotografieren):




      Direktgekoppelte Verstärker datieren i.a. von/nach 1980, müssen also als "eine Klasse für sich" gesehen werden.



      B) 20 kHz Rechtecksignal






      Bei den Verstärkern/Receivern von 1970/71 führt hier der LUX FQ-990 zusammen mit Saba 8080 (F) deutlich vor Revox A50 und Sansui 2000 A. Ganz und gar nicht erwartet hatte ich, dass der Saba 8120 (G) Receiver hier gegenüber seinem "kleineren Bruder 8080" weit abfällt. Zwar hat der Saba 8120 Receiver eine kräftiger Endstufe (40W Sinus/Kanal) mit 8x 2N3055 Transistoren, aber selbst nach Saba-Daten sind beim 8120 Abstriche hinsichtlich Leistungsbandbreite gegenüber dem 8080 hinzunehmen. Also keine Fehlmessung meinerseits, sondern wahr. Die Anstiegsgeschwindigkeit beim 8120 (G) habe ich bei 30Vss Rechteck zu 3V/µs gemessen. Dazu später noch mehr.

      Bei den Geräten von 1980 und jünger ist generell eine bessere Flankensteilheit erkennbar als bei den 70iger-Jahre Verstärkern. Ich vermute den Grund in der besseren slew rate der neueren "schnelleren" Leistungstransistoren, die die Bandbreite deutlich verbessert haben. Das beste Ergebnis mit dem 20 kHz-Rechtecksignal hatte ich mit dem Grundig Vorverstärker XV 5000 und der Grundig Endstufe A 5000. Danach folgen Grundig R 2000, SXV 6000. Der Saba 9241 schneidet aber nicht deutlich besser als der Saba 8080 (F) ab, allerdings bei sehr viel grösserer Ausgangsleistung beim 9241.


      C) Interpretation

      Im großen und ganzen spiegelt in diesem Vergleichstest die Güte der Rechteckwiedergabe die Bandbreite der betreffenden Verstärker wider (Frequenzgang bzw. Leistungsbandbreite). Ich habe in den Abbildungen oben jeweils den gemessenen Amplitudenabfall bei 30 kHz und 50 kHz angegeben; man sieht in etwa die Korrelation zur Flankensteilheit. Auch bei den 30 Hz Messungen habe ich den Amplitudenabfall noch bei 20 Hz und 10 Hz angegeben. Darüberhinaus vermag ich aus diesen Rechteckmessungen keine weiteren Schlüsse zu ziehen. Vielleicht sieht jemand von Euch noch mehr? (zum 8120 kommt noch etwas).

      ...und noch meine "Rechteck-Verstärker Referenz" Yamaha M-4 mit 20 kHz:




      Reinhard

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      Lieber Reinhard, besten Dank für den interessanten Beitrag!

      Viele Leser können vermutlich nicht sehr viel mit dem Rechtecktest anfangen.
      Schnell hast Du Fourier erwähnt und etwas erklärt, hier ergänzend:
      Gemäß Fourier kann man jedes periodische Signal in Sinus- und Cosinusschwingungen zerlegen.
      Gerade an scharfen Kanten, Rechteck, kann man so das Übertragungsverhalten hoher Frequenzen abschätzen.
      Je runder das Signal wird, um so schlechter das Verhalten bei hohen Frequenzen.

      Etwas Kritik habe ich.
      Du hast die Endstufen bei annähernd Volllast gemessen, entspricht nicht normaler Hörgewohnheit.
      Ich komme aus der Hochfrequenztechnik, kenne die Probleme realer Verstärker beim Frequenzgang.
      Miss mal bei 1/10 der maximalen Leistung, also die Gegend um 3 bis 10 Watt!
      Grob ist das immer noch zehnfache gewöhnliche Zimmerlautstärke.
      Die allermeisten Verstärker verhalten sich da ganz anders als im Grenzbereich.
      Die Grenzfrequenz eines Transistors wird üblicherweise für einen optimalen Arbeitspunkt angegeben.
      Der liegt üblicherweise weit unter dem Punkt der maximal erzielbaren Ausgangsleistung.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Lieber Andreas,

      der von mir verlinkten Artikel von Rod Elliott zur Erklärung des Rechtecktest, den ich auch aus diesem Grund ja vorangestellt hatte, erläutert, dass Frequenzen von 10 kHz oder darüber nur zu einem Hundertstel oder noch weniger des Pegels niederfrequenter Signale im Klangspektrum vorhanden sind. Nicht umsonst benötigen Hochtonchassis (z.B. Kalotten) in Lautsprecherboxen, die für eine Nennbelastbarkeit von 50W ausgelegt sind, ja nur eine maximale Belastbarkeit von nur ca. 5W. Insofern ist insbesondere der Rechtecktest mit 20kHz bei Verstärkerleistung im oberen Bereich nicht "hörentsprechend". Das habe ich auch nicht bezweckt. Der Fachmann weiß es, dem noch nicht mit dem Rechtecktest Vertrauten war dieser Artikel deshalb von mir zum Lesen anempfohlen. Er bezieht sich ja in diesem Punkt auf Deinen Einwand.

      Ich habe bewusst bei ca. 20% unterhalb der Spitzenspannung gemessen, die bei einem Sinus zu der vom Hersteller angegebenen Nennleistung führt und bin an dieser Stelle nicht auf einen für alle Geräte gleichen und viel geringeren Pegel, z.B. 0,5 oder 1 oder 2 Volt Spitzenspannung an 4 Ohm Last gegangen. Das hätte zwar gleiche und weit weniger kritische Bedingungen für den Test hergestellt, aber Abweichungen bei höherer Leistung nicht aufgezeigt. Du hast natürlich recht, dass das absolut nichts mit Hörgewohnheit zu tun hat. Es ging mir an dieser Stelle aber nicht darum, aus dem Rechteckverhalten "Klang" bei 50mW, oder 1W (=Hörgewohnheit) sichtbar zu machen, sondern darum, Unterschiede im Grenzbereich der Nennbelastbarkeit hervorzukitzeln - ich halte das für legitim. In vielen Fällen - wie Du auch schreibst - zeigen sich deutliche Abweichungen vom Idealverhalten erst im Grenzbereich. Bei manchen Geräten deutlicher (wie beim Saba 8120, der zur Nennleistung hin deutlich Bandbreite einbüßt) als bei anderen (wie z.B. Saba 8080, der diesbezüglich viel gutmütiger ist).

      Der Vergleich bei kleiner und einheitlicher Leistung, den Du vorschlägst, ist auch sinnvoll, aber hat eine ganz andere Zielsetzung. Ich hatte ja schon geschrieben, daß diesbezüglich zum 8120 noch "was von mir kommt". In diesem fertigen aber noch nicht postierten Beitrag wird das Rechteckverhalten in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung gezeigt, wie Du vorgeschlagen hast. Der Saba 8120 wäre alleine nach dem obigen Test zu schlecht weggekommen, arbeitet aber natürlich unter Hörbedingungen sehr ordentlich.

      Ich bin über Deinen Kommentar froh. Dadurch werden die teilweise nicht unbedingt allen offensichtlichen Stolpersteine aufgedeckt. In den publizierten Tests (HiFi-Stereophonie und andere) werden die Pegelbedingungen der dort gezeigten Rechtecktests selten genannt.

      Laß Dich überraschen,
      Gruß
      Reinhard

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      Lieber Reinhard,

      interessant -- hast Du eine Erklaerung, warum der 9241 bei 20 Hz nicht sauberer "steht" ? Das hat mich ein wenig ueberrascht.
      Sehen wir da das Netzteil einknicken ? Von der Bandbreite her kann das eigentlich nicht sein ...

      Es gab mal einen Leistungstest mit einer Metaxas Solitaire Endstufe, die noch 20 kHz recht sauber als Rechteck bei 80 W (oder so in etwa) rausgab --- weil die Bandbreite ueber 500 kHz betraegt. Aus anderen Gruenden heikel, aber man musste dem Ding attestieren, dass es ueber eine gewisse Lockerheit im Betrieb und im Klangbild verfuegt, das andere Verstaerker nicht aufweisen. Ich habe das damals immer darauf zurueckgefuehrt, dass breitbandige Endstufen nichtlineare Effekte erst bei hoeheren Frequenzen zeigen (dafuer aber u.U. anfaelliger auf Einstreuung reagieren).

      Ansonsten noch eine kleine Warnung bzgl. der Fourier-Analyse: Beim Rechtecksignal konvergiert die Reihe nicht gleichmaessig, nur punktweise --- was an den Sprungstellen die als Gibbs'sches Phaenomen bekannten Ueberschwinger produziert. Was man davon nun sieht und was nicht, wird auch davon abhaengen, wie der Eingang der Endstufe ausgelegt ist. Wenn moeglich, sollte man einmal mit einem Trapez-Signal mit einstellbarer Flankensteilheit vergleichen. Da verschwindet das Gibbs-Phaenomen, und man kann die Arbeitsweise der Endstufe (und deren Symmetrie) m.E. noch besser sehen.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo,

      die Gegenkopplung der Endstufen in den SABA-Receivern der 92xx-Serie ist als Tiefpass ausgelegt. Das führt beim Übertragungsverhalten der Endstufe zu Hochpassverhalten. Man kann das ändern, indem man den Gegenkopplungselko nach Masse vergrößert. Dazu wurde hier im Forum schon einiges untersucht, probiert und dokumentiert. Dann verbessert sich auch das Rechteckübertragungsverhalten bei 30Hz.

      Allerdings machen Frequenzen von unter 50/60Hz in "normalen" Wohnräumen sowieso keinen Sinn, da durch stehende Wellen, Druckkammereffekte, usw. die Gesamtwiedergabe oft deutlich verschlechtert wird.
      Ein Schneider-Receiver spielt hier (20qm, Dachschräge, gute Dämpfung) den Saba 9240s (und alle anderen mit elkolosem Ausgang) im Bassbereich mühelos an die Wand, obwohl, nein weil der Schneider einen 2200µF-Ausgangselko hat. Man merkt deutlich, dass die Wiedergabe von Frequenzen unter 60Hz in einem solchem Raum den Klang insgesamt verschlechtert.

      Ich halte auch den Test mit 10Khz für ausreichend, weil die erste Oberwelle für Menschen dann schon unhörbar ist.

      Die alte DIN-Norm mit ihren 40hz - 16Khz war aus meiner Sicht der Realität in deutschen Wohnzimmern und in deutschen Gehörgängen optimal angepasst.

      Und wenn man sich dann noch anschaut was von den tollen Rechtecken nach der Frequenzweiche noch an den Lautsprechern ankommt und noch schlimmer, was diese dann daraus machen, kann man solche Rechtecktests relativ entspannt zur Kenntnis nehmen.

      Ansonsten stimme ich Reinhard zu, am aussagekräftigsten sind die Tests bei niedrigen Leistungen, eher 2 als 5 Watt, denn die sind für das "normale" Hörverhalten am wichtigsten. Und 2W sind schon ziemlich laut. Lässt man bei Vorführungen Zuhörer mit dieser Leistung hören schätzen die oft das 10-fache: " Das waren doch bestimmt 20W".

      Gruß

      Rolf

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      Lieber Andreas, Michael, Rolf und Mitleser,

      mein oben gezogenes und nicht überraschendes Résumé war, dass die erhaltene Qualität des Rechtecksignals bei der hohen Frequenz (20 kHz) und an der Nennbelastbarkeit mit der herstellerseitig angegebenen Leistungsbandbreite einigermassen gut korreliert.

      Grob gesprochen, ist die Leistungsbandbreite der Frequenzbereich, innerhalb dessen bei halber Nennleistung (P -3dB) der Referenzklirrfaktor (meist 1% THD) nicht überschritten wird. In grober Näherung kann man dafür auch die Eckpunkte des Frequenzgangbereichs setzen, innerhalb dessen der Referenzklirrfaktor nicht überschritten wird und der Pegel gerade um 3dB abgefallen ist.

      Auffällig war das relativ ungünstige Abschneiden des Saba HiFi-Studios 8120 (G) im Rechtecktest bei 20 kHz in der Nähe der Nennleistung, um so mehr, da der "kleinere Bruder", Saba HiFi-Studio 8080 sich hierbei keine Blöße gab. Das Modell 8120 ist die Super-Luxus-Version der 8040, 8050, 8080 Serie mit damals stolzen 2x 40W sinus (wie Revox A50) an 4 Ohm Ausgangsleistung und 8 Leistungstransistoren 2N3055 der 1. Generation (Hersteller: ATES). Das Modell 8120 hat zwar äusserlich sehr viel Ähnlichkeit mit den kleineren Geschwistern der 80xy Serie, selbst beim 1. Blick in die Innereien - von den viel grösseren Aussenabmessungen des 8120 abgesehen, aber weite Bereiche der Schaltung sind doch stark verschieden. Insbesondere gilt das für den gesamten NF-Verstärker-Bereich. Der 8120 verspricht das Maximum an Rundfunkempfangsleistung und Qualität (und hält dieses Versprechen auch) und eine überlegene Verstärkersektion. Beim letzteren gibt es aber offenbar ein gemischtes Bild.

      Die Technischen Daten (SABA) verdeutlichen was ich meine (in seinem Beitrag zur Revision des 8120 hatte früher Achim / nightbear das schon erwähnt): Zwar leistet die Endstufe des 8120 10W mehr und hat 8 statt 4 Endtransistoren, aber Leistungsbandbreite (und Dämpfungsfaktor) fallen nach Saba's Daten schlechter aus als beim 8080. Das korreliert mit der deutlich schlechteren Rechteckwiedergabe des 8120 gegenüber dem 8080, beide bei einer Spitze-Spitze Ausgangsspannung von 24Vss an 4 Ohm Last gemessen.




      Das am Scope gespreizte 20 kHz-Rechteck des 8120 (G) erlaubt, eine Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) von 3V/µs zu bestimmen.




      Die Simulation (LTSpice) der NF-Schaltung des 8120 (G) mit den 2N3055 Endstufentransistoren bestätigt die Rechteckformen bei 10 kHz und 20 kHz bei 24Vss Ausgangssignal. Also kein Irrtum, keine Falschmessung sondern hier erwartungsgemäss! Übrigens sieht man hier, daß nur das 20kHz-Rechteck den 8120 an seine Grenze treibt, das 10kHz Rechtecksignal zeigt noch keine Auffälligkeit und ist noch nahezu mustergültig. Das genau ist der Grund, weshalb ich 20kHz als Testfrequenz gewählt hatte und nicht 10 kHz und warum ich im den oberen Leistungsbereich gemessen habe. Bei all diesen Verstärkern sieht 10 kHz immer noch "recht schön" aus, Unterschiede sind schwerer auszumachen. 10 kHz Rechteck, besonders bei verminderter Leistung, bedeuten für diese Verstärker bereits keine große Herausforderung, das können sie alle "mit links". Aber das 20 kHz Rechtecksignal trennt ganz klar die 1970-Generation (Leistungsbandbreite 30-40 kHz) von der 1980 Generation (Leistungsbandbreite >70 kHz).




      Offensichtlich ist dieses Verhalten Ausdruck der auch von Saba genannten schlechteren Leistungsbandbreite des 8120 im Vergleich zum schwächeren 8080. Es stellt sich die Frage, in wieweit der Übetragungsbereich des 8120 leistungsabhängig ist, also ob bei geringerer Ausgangsleistung eine grössere Bandbreite also auch bessere höherfrequente Rechteckwiedergabe resultiert.

      Tatsächlich ist die Bandbreite der 8120 Endstufe in stärkerem Maß leistungsabhängig. Das zeigt die Messung des Frequenzgangs bei verschiedenen Ausgangsleistungen. Bei 5W Ausgangsleistung erreicht die Bandbreite 70 kHz.




      Dementsprechend verbessert sich auch das 20 kHz Rechtecksignal wenn die Spitzenspannung reduziert wird.




      Der 8080 Receiver zeigt diese starke Abhängigkeit nicht. Dennoch darf die Endstufe des 8120 mit seinen 2N3055 (ATES) Transistoren der 1. Generation als sehr robust gelten. Im Gegensatz zur späteren Generation dieser Transistoren, haben sie lt. SGS/ATES Datenblatt nur eine eine Stromverstärkungsbandbreite (fT) von 800 kHz, die spätere 2n3055 Serie, hier noch nicht verbaut, hat dagegen schon 2,5 MHz. Aber gerade diese erste Serie der 2N3055 gilt als nahezu unzerstörbar.

      Warum der Frequenzgang des 8080, dessen Endstufentransistoren auch nur eine fT von 800 kHz nach Datenblatt haben, dennoch so viel weniger leistungsabhängig ist, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Die Schaltung an sich und ihre Simulation mit LTSpice erhellen die Leistungsabhängigkeit nicht, da die Simulationsparameter des 2N3055 dort nicht leistungsabhängig eingehen. Hier kommt als Erklärung wohl zum Tragen, was Andreas schon schrieb: Die Grenzfrequenz ist arbeitspunktabhängig. Vermutlich ist diesbezüglich der im 8080 verbaute Transistortyp Motorola EJ5027 gutmütiger als der ATES 2N3055 im 8120.

      Sollte nun der 8120 Receiver schlechter klingen, da er die Höhen nicht so gut wiedergibt? Nein, das nicht, da immer noch ausreichend klirrarme Verstärkung im geamten, auch oberen Frequenzbereich zur Verfügung steht, wie dauch die relativ gute 20 kHz Rechteckwiedergabe bei 12Vss zeigt. Leistungshungrig ist vor allem der Bassbereich - nicht der Hochtonbereich.


      Liebe Grüße,
      Reinhard

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      Hallo Reinhard,

      erstaunliche Übereinstimmung von Theorie und Praxis! Hast Du wirklich die gesamte NF-Schaltung in LTSpice simuliert?

      Ich frage mich woher die verringerte Bandbreite beim 8120 kommt. Nach Durchsicht des Schaltplans fällt mir nur noch die Eingangskapazität der 2N3055 ein. Im Netz habe ich nur einen Wert die BE-Strecke für einen BUV47 gefunden: 1093pF. Allerdings stark abhängig von den Betriebsbedingungen.
      Es wäre interessant, ob an der Basis der Endstufen die Rechtecke schon verschliffen sind, dann wäre die Ursache die verdoppelte BE-Kapazität durch die parallelgeschalteten Endstufentransistoren.

      Schau doch mal was Spice dazu meint.

      Gruß

      Rolf
      Hallo Rolf,

      ja, den gesamten NF-Bereich habe ich in LTSpice abgebildet. Dabei sind in der NF-Vorstufe die meisten Kleintransistoren als npn- oder pnp-default gesetzt oder BC550/560 oder ähnlich. Bei der Treiberstufe habe ich die in in LTSpice verfügbaren Equivalenztypen genommen. Endstufe: 2N3055H ist im Spice Modell ja anwählbar abgebildet. Offenbar ist im Modell die slew rate des2N 3055 gut getroffen. Aber die ganze Vor- und Treiberschaltung trägt auch bereits was bei. Der Revox A50 ist etwas besser, obwohl er auch mit den langsamen 2N3055 arbeitet.



      Zu Deiner Frage: Ich schaue mal nach.

      Gruß
      Reinhard
      Rolf,

      Deine Frage war gut!

      Zu meiner Überraschung sagt LTSpice:

      1. Kein Unterschied in der 20kHz Rechteckform zwischen LS-Ausgang und an Basis der Endtransistoren oder Eingang der Treiberstufe, d.h. der Hund liegt schon davor, in der Vorstufe begraben!
      2. LTSpice zeigt schon gleich nach der ersten Verstärkerstufe hinter dem Lautstärkesteller die erste Verringerung der Anstiegsrate. Bis zum Eingang der Treiberstufe wird das Rechteck noch breiter. Die Vorstufe im 8120 ist hier der Schuldige! Sie ist nicht breitbandig genug. Die Vorstufe im 8120 ist ganz anders als im 8080.

      Ich suche mal weiter, ob ich den ursächlichen Bereich noch weiter eingrenzen kann.

      Gruß
      Reinhard
      Die Simulation habe ich variiert, um einen Eindruck zu erhalten, wie sie reagiert.

      Zusammengefasst kann ich jetzt sagen, dass es keinen "einzigen" Verursacher der Bandbreiteneinschränkung gibt, sondern mehrere Dinge spielen zusammen. Die Idee, einfach in der Vor- oder Endstufe etwas zu tauschen oder zu ergänzen....nein, das wäre zu simpel. Bei SABA verstand man das Handwerk natürlich.

      Es gibt allerdings ein Kernproblem, den Lautstärkesteller direkt am Engang des NF-Teils (Band-Eingang). Naturgemäss ist der Lautstärkesteller mit 5 Abgriffen (auch für die gehörrichtige Lautstärkeanpassung) bei mir nur unvollkommen in der Simulation zu erfassen. Ich behandle ihn in der Simulation wie einen einfachen Spannungsteiler. Nun gibt es einen deutlichen Unterschied, ob ich einen Eingangspegel (V1) hinter dem Lautstärkepoti mit höherem Generatorpegel und weniger weit geöffnetem LS-Poti oder mit niedrigerem Generatorpegel und weiter geöffnetem Lautstärkepoti realisiere. Es ändern sich damit ja jeweils auch die Fusspunktwiderstände des LS-Potis (nach Masse) und damit die Eingangs- und Ausgangsimpedanz des Lautstärkestellers. Hier ist für meine Simulation die "black box", die bereits im Zusammenspiel mit dem Eingangskoppelkondensator (2,2 µF) und dem 100pF Kondensator von Basis nach Masse des Eingangstransistor-Paars, das zur Impedanzanpassung (hohe Eingangsimpedanz, niedrige Ausgangsimpedanz, keine Verstärkung) dient, die 20kHz-Rechtecksignalform beeinflusst. Ohne genau bekannten Eingangs- und Ausgangswiderstand des Lautstärkepotis für eine bestimmte Simulations-Situation, sind die weiteren Möglichkeiten der Analyse zu sehr eingeschränkt.




      Das mal beiseite, für den konkreten Fall (Vss 12V 20kHz Rechteck an LS-Ausgang, 4 Ohm Last) hier die Simulation der Rechteckverläufe an verschiedenen Punkten:



      Es ist erkennbar, dass die Rechteckflanken bereits am Eingang der Treiberstufen abgeschrägt sind, tatsächlich hat die Treiberstufe selbst einen relativ kleineren Einfluss. Die Form findet sich so auch an der Basis der Endtransistoren und am Verstärkerausgang.
      Ich komme aber hier nicht auf einfache Weise weiter. Es geht ja auch nicht darum, den Saba 8120 neu zu erfinden.


      Gruß
      Reinhard
      Lieber Michael und Rolf,

      Ihr hattet noch die kleine Abweichung beim 30Hz Signal beim Saba 9241 angesprochen.

      Dazu:
      Der 9241 ist vollständig revidiert.
      Der Gegenkopplungselko C1116 im 9241 ist -abweichend von der 22µF Originalbestückung - im vorliegenden Fall, wie empfohlen, ein 47µF-bipolar Elko, zusätzlich parallel ein Wima MKS-2 2,2µF.

      Ich kann jetzt nicht sagen, ob es darauf zurückzuführen ist. Dem Höreindruck hat diese kleine Anpassung jedenfalls nicht geschadet.

      Gruß
      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      Dein Verdacht bzgl. der Reglerplatte könnte zutreffen. Beim 8080 entfällt schon mal der 100pF im Eingang und das LS-Poti hat 50KOhm anstatt 150KOhm beim 8120. Bei Mittelstellung des LS-Potis (75K // 75K) ergibt sich ein Innenwiderstand von 37,5 KOhm. (Loudnessanzapfung mal vernachlässigt). Die Eingangskapazität von T451 kommt dann noch zu den 100pF dazu, nehmen wir mal an 50pF, zusammen also 150pF. Macht einen Tiefpass (37,5KOhm// 150pF) mit einer Grenzfrequenz von 28Khz (-3dB). D.h. die erste Oberwelle des Rechtecksignals wäre schon deutlich im Dämpfungsbereich des Tiefpasses und somit die "runde" Ecke erklärt.

      Beim 8080 wären es 25KOhm und 50pF und somit ein Tiefpass mit einer Grenzfrequenz von 128 KHz. Da kämen die ersten drei Oberwellen noch durch.

      Versuch die Simulation doch mal ohne den 100pF im Eingang.

      Gruß

      Rolf

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      Danke auch für die Messungen bei unterschiedlicher Ausgangsleistung!

      Man kann gut sehen, daß die Bandbreite -3 dB bei geringerer Leistung besser wird.
      Das ist allgemein bei Linearverstärkern so, nicht typisch für den 8120.

      Es kam die Idee, den Schaltungsteil vor der Endstufe zu "verbessern".
      Davon rate ich ernsthaft ab.
      Die Gefahr ist sehr groß, daß man sich Schwingneigung einhandelt.
      Auch mit damaligen Mitteln konnte man günstig recht hohe Frequenzen realisieren.
      Kleines Amateurfunkprojekt von mir, Verstärker mit BC639 oder 2N2222A:
      dl2jas.com/selbstbau/linamp/linamp.html
      Der Verstärker geht annähernd linear bis 50 MHz, nicht kHz.
      Mitkopplungen verhindert man meist in der Vorstufe, macht sie nicht unnötig schnell.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Unabhängig von Rolf fiel mir der 100pF Kondensator C452 (C752) ins Auge und die nachfolgende Simulation ergab, dass damit die Bandbreitenschwäche des 8120 effektiv angegangen werden kann. Allerdings war Rolf mit dieser Erkenntnis schneller :thumbup: Während ich noch simulierte, hatte Rolf das hier schon gesetzt! Passt!

      ich will Euch das Simulationsergebnis trotzdem nicht vorenthalten, es ist schlagend! Verringern von C452 / C752 auf 47pF wäre die Lösung und sollte die Bandbreite herstellen:






      Oder anders gezeigt, hier der simulierte Frequenzgang bei Variieren von 100pF (unterste Kurve bis 0pF (oberste Kurve in 20pF Schritten. Die gemessene Bandbreite mit C=100pF ist für -3dB etwas geringer als die LTSpice-simulierte (je nach Ausgangsleistung).





      Die Warnung von Andreas hinsichtlich des Risikos Schwingneigung ist verstanden! Auf keinen Fall sollte man auf den Kondensator verzichten...verringern auf 68pF vielleicht, als Kompromiss? Ich hätte ja Lust, es zu versuchen. Nur der Ausbau und Einbau der Reglerplatte ist der Horror pur.

      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,

      Deine Simulation bringt Theorie und Praxis schön zusammen. Die klanglichen Auswirkungen dieses Tiefpasses dürften sich in Grenzen halten, egal ob 68 oder 100pF.

      Das Tiefpassverhalten hängt ja auch von der Stellung des LS-Potis ab. Bei kleinen bis mittleren Lautstärken verschiebt sich die Grenzfrequenz in Richtung 60Khz (LS-Poti: 20Kohm // 130KOhm). Bei dieser LS-Regler-Stellung sollte dann auch die Rechteckwiedergabe mit 100pF in etwa Deiner Simulation mit 47pF entsprechen.

      Einen Vorteil, ob gewollt oder nicht, hat die Schaltung. Durch die Verringerung der Bandbreite des Frequenzganges bei großen Leistungen können keine TIM-Verzerrungen auftreten.

      Das wird aber nicht der Grund für den 100pF gewesen sein. Die Eingangsstufe aus T451 und T452 enthält aus meiner Sicht eine schaltungstechnische Todsünde. Und zwar regelt der Balanceregler die Verstärkung dieser Stufe. Er ist sozusagen als variabler Gegenkopplungswiderstand ausgelegt. Und somit ändern sich in Abhängigkeit von der Stellung des Balancereglers die Übertragungseigenschaften und vor allen Dingen die Phasenreserve. Möglicherweise fängt die Schaltung ohne den 100pF bei einer bestimmten Stellung des Balancereglers oder einer Kombination aus Balance - und LS-Regler an zu schwingen.

      Wenn Du Lust hast könntest Du mal in diese Richtung simulieren. Meine LTSpice-Kenntnisse sind leider stark verkümmert.

      Gruß

      Rolf

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „KOR“ ()

      Hallo Rolf,

      ich sehe auch in der Simulation, daß das Teilungsverhältnis des Lautstärkepotis die Rechteckform in dem Sinne verändert, wie Du schreibst. Aufgrund der zusätzlichen Widerstände R442 und R443 am LS-Poti wird der Gesamtwiderstand weniger als 150k sein und auch das tatsächliche Teilungsverhältnis etwas anders, da die beiden genannten Zusatzwiderstände ja fest bleiben, aber nicht bekannt sind, wo sie am LS-Poti abgreifen, d.h. wie sie in das Verhältnis eingehen. Aber für die grundsätzlichen Überlegungen ist das nebensächlich.

      Ich kann auch sehen, dass unter bestimmten Bedingungen (Teilungsverhältnis, Eingangspegel) bei verminderter Kapazität von C452 das Rechteck Überschwinger bekommen kann. Bei 100pF sind diese Überschwinger nur schwer zu erzeugen. Den Einfluss des Balancestellers habe ich bisher nicht ausprobiert, kann mir aber gut vorstellen, dass Du dort auch recht hast. Alles zusammen sind es viele Parameter zum variieren. Ich denke, daß man bei SABA den 100pF mit Bedacht so dimensioniert hat, wie er ist. Besonders, da - wie wir jetzt wissen - er ja dafür verantwortlich ist, dass die Leistungsbandbreite des 8120 schlechter angeben werden musste als beim SABA 8080 Modell. Sicher hat man das seinerzeit bei SABA auch hinterfragt und bedacht als man sich auf 100pF festgelegt hat.

      Die Reglerplatine ist nicht mal eben schnell herausgenommen und ein Bauteil ausgetauscht. Angesichts dessen und aller abschliessenden Erkenntnisse und Überlegungen, werde ich den 100pF Kondensator nun doch nicht ändern.

      Gruß
      Reinhard
      Hallo Michael, Rolf, Mitleser,

      nachdem hinsichtlich des 20 kHz-Rechteckverhalten des Hifi-Studio 8120 (G) nun die offenen Fragen ja geklärt sind, hatte ich noch "Nachsitzen" zum Saba Ultra-HiFi professional 9241, was dessen oben gezeigte 30Hz-Rechteckwiedergabe betrifft.

      Michael, Deine Vermutung, dass die Abweichung (kurzer gerader Verlauf an der Linken Seite der Wiedergabekurve) vielleicht dadurch verursacht ist, daß ich in der Sättigung war (also über der Maximalleistung des 9241), hat sich bei der Wiederholung der Messung heute bestätigt. Aufgrund des Scheitelfaktors (crest factor) von 1 bei einem Rechtecksignal aber nur von 0,707 bei einem Sinussignal kommt man leicht zu hoch in der Leistung, wenn man den Generator von Sinus auf Rechteck schaltet, ohne darauf extra zu achten. Geringe Pegelrücknahme, entweder am Generator oder am Receiver, hat diese Anomalie sofort beseitigt. Hier das Bild knapp unter Maximalleistung (aber noch nicht in der Sättigung):



      Man könnte denken, dass diese stark gekrümmte Verzerrung durch den 9241 (unterer Strahl im Scope) des vom Generator gelieferten perfekten Rechtecks (oberer Strahl im Scope) zu einer starken Klangveränderung führen müsste. Das ist aber nicht so, denn das FFT (Fourier-Analyse) des 9241 Rechteckwiedergabesignals ist (bis auf den 5dB kleineren Pegel, da ich hier einen Spannungsteiler verwende, sonst wäre das Signal vom 9241 Lautsprecherausgang zu groß für die Messung) praktisch ununterscheidbar von dem am Anfang dieses Themas oben gezeigten FFT des perfekten 30 Hz Generator-Rechtecksignals. Das heisst, die Krümmung ist in diesem Fall vorwiegend phasenbedingt, nicht amplitudenbedingt, was am linear konstanten Amplituden-Frequenzgang von 30 Hz bis über 1 kHz ebenfalls erkennbar ist . Anders gesagt, es gibt eine Phasenverschiebung zwischen der 30Hz Sinus-Grundwelle und seinen höherfrequenten ungeradzahligen Oberwellen. Die Phasenverschiebung rührt daher, dass das 30 Hz Rechtecksignal nicht sehr weit von der unteren Grenzfreqenz des Verstärkers liegt, der für dieses Signal einen Hochpass darstellt. Solche "Phasenverzerrungen" sind aber im allgemeinen unhörbar.



      Der zu dieser Messung zugehörige Frequenzgang (Sinus) ist unauffällig. Der Abfall bei 30 Hz (gegenüber dem 1 kHz-Referenzwert) ist kaum merkbare 0,3dB, bei 20Hz 0,6dB und bei 10Hz 2dB. Dieser 9241 hat in der Treiberstufe den Kondensator C1116 (werksmässig 22µF) durch einen 47 µF Wert ersetz, das verbessert die Basswiedergabe durch Verschieben des Abfalls zu niedrigerer Frequenz etwas (Rolf hatte das oben auch schon erwähnt).



      Dennoch glänzt der 9241 in Sachen "Bass" nicht in der Spitzengruppe sondern belegt wegen der überdeutlichen Phasenverzerrung nur den vorletzten Platz in meinem Vergleich. Sowohl der 10 Jahre ältere 8080 als auch der 8120 schneiden hier sichtbar besser ab. Aber da Phasenverzerrungen nicht gehört werden....ich sagte es schon. ^^

      Hier noch die für den 9241 berichtigte Gesamtzusammenfassung aller getesteten Geräte für die 30Hz Rechteckwiedergabe:





      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Lieber Reinhard,

      ich moechte noch eine Anmerkung zum C 1116 machen: Rechnerisch reicht der, aber m.E. eher knapp. Da ich aber beim Ausmessen wirklich vieler Elkos aus der Zeit immer wieder deutlich hoehere Kapazitaeten vorfand, bin ich bei Revisionen an dieser Stelle generell auf 47 uF gegangen, denn neue 47 uF haben selten weniger als 40 uF oder mehr als 60 uF -- also ein sinnvoller Bereich an dieser Stelle. Die alten 22 uF lagen oft zwischen 30 ... 40 uF, somit ist das kaum eine Aenderung im Vergleich zur Originalbestueckung. Damals waren die Toleranzen hoeher, mit groesseren Abweichungen nach oben.

      An dieser Stelle habe ich recht haeufig rote Roedersteine vorgefunden, die haben dann eher so um 35 uF gehabt. Ich habe auch Versuche mit 100 uF gemacht, fand da aber keinen Vorteil (klanglich), waehrend mir 47 uF bipolar, gebrueckt mit 2.2 uF Folie,
      einen Tick besser gefiel als die Originalbestueckung.

      Rolf hat zwar recht mit seinen Bem. zum Bassbereich und der Wiedergabe in Raeumen, aber es gibt auch noch einen Einfluss der Hochpasseigenschaft bis vielleicht 200 Hz. Mit der Aenderung war der TT-Bereich einfach eine Ecke "knackiger" als vorher. Ich meine, Du haettest damals nach dem Umbau von einer aehnlichen Tendenz berichtet.

      Besten Gruss,

      Michael

      p.s.: Mein 9241 ist z.Zt. mal wieder im Einsatz, mit kleinen Boxen von Totem Acoustic (Model One, eine kanadische Firma, bei uns weniger bekannt, aber ziemlich gut). Die Boxen sind anspruchsvoll (etwa wie Dynaudio, deren Chassis sie auch verwenden), und laufen an vielen Verstaerkern aus der Zeit eher nicht gut. Am 9241 allerdings problemlos, macht wirklich Spass. Der 9241 ist so revidiert wie hier im Forum berichtet. Am deutlichsten hat sich die Ueberarbeitung der Treiber- und Endstufen bemerkbar gemacht. Speziell die Ergaenzung von 4 x 1000 uF von unten an den Endstufenplatinen (also nach den duennen Klingeldraehtchen), die ja auch ein Tipp von Rolf war (?), ergab eine Zunahme an Praezision und "punch" -- gerade im Bereich kleiner und mittlerer Lautstaerken.
      Lieber Michael,

      volle Zustimmung!
      Der hier gemessene 9241 hat exakt die von Dir favorisierte Änderung von C1116 (47µF bipolar dazu parallel 2.2µF Folie). Die Verbesserung im Bassbereich konnte ich seinerzeit, als ich diese Änderung aufgrund Deiner Empfehlung untersucht hatte, anhand des gemessenen Amplitudengangs bestätigen. Der oben abgebildete Frequenzgang (-0,6dB bei 20 Hz) und das dazugehörige gemessene Rechteckverhalten ist also schon mit Deiner vorgeschlagenen Modifikation.

      Gruß
      Reinhard

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