Körting "Low-Fi" 1968-1970

      oldiefan schrieb:


      der Punkt Ge-Leistungstransistoren (AD166, AD167, AL102) war, glaube ich, weiter vorne schon mal angetönt.
      Die waren in Kleinmengen sauteuer, ca. 10 DM/Stück. Deshalb muss Körting die in einer Riesenstückzahl mit entsprechendem Preisnachlass bzw. Restbestände von den Herstellern/Distributoren eingekauft haben und hatte dann vermutlich "viel Lager". Sonst hätte es sich nicht gerechnet, noch bis 1970/71 damit Geräte im untersten Preis-Segment (Neckermann) zu fertigen.


      Hallo Reinhard,

      Es sei denn die von Marketing wollte unbedingt was neues, aber der Sponsor stellte kein Budget zur Verfügung oder die Ressourcen wurden irgendwo anders eingesetzt; wenn die von Marketing dann nur eine Präsenz Regler wollten, weiterhin dann aus Produkt Management Perspektive mit die Funktionalität und Spezifikationen zufrieden sind, weswegen dann eine ganze neu Konstruktion ?

      Solche Überlegungen spielen vor allem beim Ressourcen beschrankte unternehmen; ob das bei Körting auch der Fall war weiß ich nicht, aber das Markt Segment (und dabei gehende) Distributionskette war für Körting eindeutig ein andere als den Größeren Wettbewerb die sich die Investitionen in R&D und neue Technologie dann auch leichter Leisten könten.

      Mann konnte das verwenden von Ge-Technologie schon am ende der sechziger Jahren als ‘Technology Debt‘ einstufen, aber die künden war es eigentlich doch egal. Den Herr des Hauses Träumte vielleicht von einem 8080, aber der Frau des Hauses wollte statt der alte Käfer ein VW K70 für die Familie. Am ende reichte das Geld dann vielleicht für ein 8035 aber dann war das Angebot von Neckermann da; sie: “Der reicht doch auch oder ?" ; er: "Aber die Spezifikation reichen doch gar nicht ...... “ ; Errrr ... damit kommt er vielleicht ins stobern und hat er sein Plädoyer verloren.

      Das geht mir auch jetz zo weil ich einen BMW E60S M5 gesehen habe. Das ist dann ja nur Spielzeug.
      Raymond

      Carpe Diem

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      Hallo Raymond,

      das kann auch sein.

      Da wir von 1970 sprechen...bis wann wurden AD 166 gefertigt? (Neckermann / Körting Verstärker Nr. 821/772 war Herstellungs-Jahr 1970). Dann ist 1970 vielleicht auch das letzte Jahr der AD166 Herstellung?
      Wenn die Produktion von AD166 früher gestoppt wurde, kann allerdings nur noch mit Restbeständen, bzw. AL102 o.ä., gefertigt worden sein.

      Gruß
      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      Heute nennt man das “nicht mehr Empfohlen für Neuentwicklungen“. Das heißt, wenn ein Entwickler (oder Produkt Manager) trotz diese aussage anders beschließt, ist das Risiko auch seins. Das kann Mann durch eine Vorrat Lage absichern, das begriff ‘Last Time Buy‘ wird nicht ohne Grund durch Nachhaltigkeit Entwickler gefürchtet.

      Das wäre bei Unterhaltung Technik weniger eine rolle weil man ein Reservierung machen kann und damit das Problem Kommerziell losen; das ist heutzutage stand der dinge. In die Industrie mit ganz anderen Anforderungen spielt das aber eine Entscheidende Rolle wird aber auch stets schlimmer weil die Chipsektor eigentlich gar nicht mit lange leben Zyklus Rechnung hallte mochte; das kann Mann dann nur mittigeren, fordert aber eine ganz andere Entwicklung Strategie und klar auch andere Kompetenzen von Entwickler.

      Na gut, ende sechziger Jahren war schon klar das Germanium Obsolete sein wird. Wenn die letzte Fab’s für Germanium tatsachlich außer dienst gestellt wurden ist ein anderer Frage, das kann durchaus ein Jahrzehnt später sein um die Service nachfrage (vor allem aus die Industrie) erledigen zu können.
      Raymond

      Carpe Diem
      Die Körting Schaltung (baugleich in Siemens, ELAC) macht auch in diesen Punkten nicht glücklich:

      Die Klangstellerstufe (Bass- und Höhenregler) geht auf die Entwicklung von Peter J. Baxandall zurück, daher auch "Baxandall tone control" genannt. Die verwendete passive Version verlangt, dass die Ausgangsimpedanz der vorhergehenden Stufe möglichst klein, auf jeden Fall aber konstant ist. Denn der Frequenzgang des passiven Klangstellernetzwerks ändert sich ja in Abhängigkeit der Ausgangsimpedanz der Signalquelle. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, einen Lautstärkeregler direkt vor den Eingang des Klangregelnetzwerks zu plazieren, denn damit würde sich die Klangcharakteristik mit dessen Einstellung ändern.

      Aber genau DAS macht Körting in seiner Schaltung. Der Balanceregler, prinzipiell ist er ja nichts anderes als ein Lautstärkeregler, nur mit linearer Widerstandscharakteristik, ist von Körting direkt vor die Klangstufe gesetzt. Damit ändert sich der Frequenzgang der Klangregelstufe in Abhängigkeit von der Balance-Einstellung. Das führt im Endeffekt zu der Einschränkung, dass man den Balanceregler nicht aus der Mittenposition verstellen kann, ohne dass sich damit auch der Klang des damit geschwächten Kanals merklich ändert (Höhenverlust). Daran kann ich nichts ändern.



      Die "ordentliche" Lösung wäre hier gewesen, zwischen den Balanceregler-Ausgang und den Eingang des Klangregelnetzwerks eine Emitterfolger-Transistorstufe zwischenzuschalten, ein Kostenfaktor seinerzeit! Darauf wurde verzichtet. Und so verbiegen nicht nur Bass-und Höhensteller bei dieser Konstruktion den Ton, sondern auch der Balanceregler.

      Weiterhin fällt beim Körting Klangregelnetzwerk auf, dass C474/C475 in einigen Gerätemodellen mit 1000 pF und in anderen mit 1500 pF (ELAC 2300T, 3300T, Siemens RS11) bestückt wurden, so als hätte man sich nicht für einen Wert entscheiden können.
      Tatsächlich ist keiner der beiden Werte "richtig". Mit 1000 pF gibt es eine Senke bei ca. 500 Hz im Frequenzgang (wenn man die standardmässige Loudness deaktiviert) und mit 1500 pF gibt es einen Buckel bei 200-300 Hz.

      Hier der Frequenzgang bei 10 W an 4 Ohm mit der Körting 1000 pF Bestückung beim Neckermann-Körting "low-Fi" Stereo-Verstärker gemessen (Loudness durch Rechtsanschlag des Lautstärkereglers eliminiert, Generatorpegel dafür entsprechend klein):
      Man sieht schön die ausgeprägte Senke, die ca. 0,5 bis max. 1 dB beträgt (etwas abhängig von der "besten= linearen) Einstellung von Bass- und Höhenregler.




      In der Simulation beträgt diese Senke (grün, 1000 pF), bzw. mit 1500pF (blau) der Buckel jeweils 0,6 dB. Erwartungsgemäss liegt der "beste" Wert in der Mitte: ca. 1200 bis 1300 pF (rot= 1250 pF):




      Es ist sehr einfach, das zu korrigieren, ein 250 pF Styroflexkondensator wird auf der Lötseite einfach parallel zu den 1000 pF Kondensatoren gelötet. Der noch zwischen 100 und 200 Hz verbleibende kleine Buckel von ca. 0,3 dB ist nicht wegzubekommen, aber damit kann man gut leben, jedenfalls ist die vorher mehr als doppelt so große Abweichung - bedingt durch "ungenaue" Kapazität gut begradigt.


      Eine weitere kleine Änderung werde ich noch machen:
      In den von Körting für Siemens und ELAC produzierten Geräten war eine abschaltbare Loudness, auch Contour genannt, vorgesehen. In den für Neckermann und den Körting Eigenmarken produzierten Typen war diese "Linear-Taste" leider eingespart. Dafür gab es eine sehr entbehrliche "Stereo-Mono" Taste, die man praktisch nie benötigt, denn am Stereotuner gab es ja bereits eine Mono-Taste und andere Signalquellen würde man sehr selten auf Mono schalten wollen. Was bietet sich also an? Klar, die Stereo-Taste für die Umschaltung "Contour - Linear" benutzen und Stereo (Kanaltrennung) permanent vorsehen, dann wird dieser Schalter frei.

      Originalausführung mit zwangsmässiger Loudness (nicht abschaltbar) und dem Mono-Stereo-Schalter (II), der für Stereo immer gedrückt sein muss:




      Der Mono-Stereo-Schalter kann "umfunktioniert" werden, um damit zwischen gehörrichtiger Lautstärke und linearer Wiedergabe umzuschalten (Loudness = aus). Das sieht dann so aus:




      Eine kleine Lochraster-Zusatzplatine nimmt die beiden 100 pF Kondensatoren auf und stellt die Anschlusspunkte für die Verbindungen zur Verfügung. Sie wird oberhalb des Druckschalters angebracht und mit ihm verbunden.



      Es müssen nur die 18k Widerstände und 100 pF-Kondensatoren am Lautstärkeregler entfernt werden und für jeden der beiden Kanäle je eine abgeschirmte NF-Leitung zu den beiden Mittelabgriffen des Lautstärkepotis gelegt werden. Dabei darf nur eine der beiden Seiten der Abschirmung mit Masse verbunden werden. Grund: Die reguläre Masse von den Eingangsbuchsen über das Lautstärkepoti, die Klangregelstufe zum Vorverstärker wird schon über die Abschirmung dieser NF-Leitungen "durchgereicht". Daneben darf es keinen zweiten Masseweg geben, sonst gibt es ggf. eine Brummschleife.

      Genauso wurde es gemacht:




      Und die 250 pF Korrekturkondensatoren an der Klangregler Platine "huckepack" ergänzt:





      Und hier das Ergebnis:
      Linear-/Contour sind jetzt mit der Drucktaste frei wählbar und der Frequenzgang bei gedrückter "neuer" Linear/Contour-Taste ist nun nach Anbringung der Korrekturkondensatoren so brettgerade (ohne "Delle"), wie ich mir das bei "linear" vorgestellt habe. Ein nahezu frequenzunabhängiger Unterschied beider Kanäle von knapp 1 dB geht auf Kosten des nur mässigen Gleichlaufs des Lautstärkepotis. Für ein Gerät dieser Klasse ist das noch akzeptabel.




      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hi Michael,
      es war aber gar nicht schrecklich!
      ;)

      An so einem Gerät kann man ja einiges lernen. Man kann daran auch was machen, ohne dass dadurch ein grösserer monetärer Wert aufs Spiel gesetzt wird. Und man freut sich, wenn es am Ende technisch besser dabei herauskommt, als es vorher war. Also gibt es so als Ergebnis auch gleich noch die Belohnung inklusive.

      Also Hi-End Tuning in der reinsten Form sozusagen - kennst Du ja!
      Ach hatte ich schon den "Röhrenklang" erwähnt? (Spass muss sein!)

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Frank,

      eine "echte" Lineartaste wäre eine sog. "Defeat-Taste", mit der die Klangregelung ganz umgangen wird. Das ist diese nicht, sie schaltet nur Loudness (Contour) ab. Bass- und Höhenregler liegen immer noch im Signalweg.

      Fast Lust, ... X/

      ich hoffe auf "fast", denn die erforderliche Frustrationstoleranz ist bei diesem Modell nicht ohne. Nur um noch mal daran zu erinnern, die für vernünftiges Geld nicht mehr beschaffbaren Germanium-Leistungstransistoren waren weit ausserhalb ihrer Spezifikationen und sehr stark verschieden gewesen, die Messwerte klangrelevanter Eigenschaften des Verstärkers waren daher unterirdisch. Der Umbau auf Si-Transistoren war nicht einfach und und....

      Für das gleiche Geld (20 €) bekommt man ja leicht viel Besseres. Aber ich wollte ja Diesen, rein aus romantisch-nostalgischen Gründen.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Fragt Ihr Euch, was der ganze Aufwand denn "gebracht" hat? Hat es sich gelohnt?

      Heute Abend/Nacht habe ich ausgiebig über diese Körting Anlage die ein mal pro Jahr gesendete SWR 1 Hitparade Baden-Württemberg gehört. Die Schlussrunde dieser "berühmten Sendung" ist übrigens morgen Abend, darf ich nicht verpassen (gibt es auch im SWR-1 Live Stream und am PC mit Bild). Das war die richtige Sendung um Musik geniessen zu können.

      Was soll ich Euch zur Wiedergabequalität sagen? Nur so viel: Bei mir sind KEINE Wünsche offengeblieben. Und ich bin kritisch da rangegangen.
      Ich habe über Kopfhörer gehört.

      DerEmpfang mit dem "Low-Fi"-Stereo-Tuner war störungsfrei und klar, brumm- und rauscharm (nicht so perfekt, wie es ein Grundig T 9000 kann), aber zumindest so, dass das leise Hintergrundgeräusch selbst in ruhigen Sprechpausen nicht auffiel. Die Stereobühne empfand ich als so breit, wie man sie sich nur wünscht. Gute rechts-links und Raumzuordnung war möglich. Klang voll und mit klaren Höhen, ohne schrill zu sein, ohne zu zischeln oder sonst nervig zu sein. Der Sender kam dabei stark und ohne Störungen rein, mit ca. 2 mV HF.

      Der "Low-Fi" Stereo-Verstärker konnte damit mithalten und spielte als würdiger Partner.
      Die Störgeräusche, die ich damit mal hatte (100 Hz Brummen und auch hörbares Rauschen) waren kein Thema mehr. Nach der Aufwärmzeit wurde der Verstärker gefühlt noch ruhiger (ESR der Filterkondensatoren sinkt mit zunehmender Temperatur).
      Frequenzgang in "linear"...das ist nichts für mich and für Kopfhörer, das klingt an allen Anlagen für mich grausam dünn und saftlos! Also Loudness muss für meinen Geschmack eingeschaltet sein, ist dann aber zu viel des Guten. Mit Höhen- und Bassregler nehme ich die Loudness immer so weit zurück, bis es für mich "richtig" klingt. Der Klang des verwendeten Kopfhörers hat darauf einen grossen Einfluss. Viele der heute angebotenen Kopfhörer haben mit HiFi nicht viel am Hut, sie sind m.E. zu basslastig. Solche und sehr bassstarke Boxen könnte man ggf. mit "Linear-Wiedergabe" verwenden, aber nicht neutral klingende.

      Jetzt könnte ich noch das ganze Repertoire an Geschwurbel bringen...wie... der Klang ist, transparent, offen, räumlich, durchgezeichnet.....alles schwierige Beschreibungen, finde ich, da nicht sauber zu definieren und zu messen. Deshalb sagte ich: Alles davon, ja so habe ich empfunden. Meine vorher geringeren Erwartungen wurden jedenfalls deutlich übertroffen. "Low-Fi", das wie HiFi klang. Mehr kann man sich bei diesen Geräten kaum wünschen.

      Meine anfangs geringeren Erwartungen gehen auf meine Erinnerung zurück, als ich diese Geräte um 1969/70 neu gekauft besessen hatte. Damals spielten sie "ok", aber erzeugten bei mir keinen "oh/ah"-Effekt. Im Gegenteil, der Verstärker hatte ein stärkeres Grundrauschen (was mich immer gestört hatte) und die "Bühne" (mir fällt keine treffendere Beschreibung ein) hatte ich damals als nicht so eindrücklich breit empfunden, wie heute an den modifizierten Geräten. Allerdings habe ich ja sowohl am heute gehörten Tuner als auch am Verstärker über Monate viele und ganz erhebliche Änderungen und Optimierungen gemacht. Kein "snake oil" sondern immer mithilfe von Simulationen und messbaren Daten. Ein Vergleich "damals-heute" ist also nicht ganz fair. Die gemessenen technischen Daten der überarbeiteten/veränderten Geräte übertreffen ja die Technischen Daten der originalen Geräte in vielen Punkten bei weitem. Ausserdem kann man sich nie völlig frei davon machen, dass eine selbst investierte Arbeit oder selbst investiertes Kapital tendenziell eine eigene Bewertung positiv beeinflusst - auch wenn ich diesen Bias natürlich hier verneinen möchte.

      Jedenfalls jetzt klanglich so gut, dass ich noch häufiger damit hören möchte.

      Besten Gruß
      Reinhard
      Hallo,
      habe diesen interessanten Aufsatz gerade mal wieder durchstöbert. Der Grund - natürlich die AD166-Transistoren. Habe die Tage nämlich einen kleinen Receiver bekommen. Alles voll mit Silizium - bis eben auf die Endstufe.
      Ich denke das Teil ist ziemlich rar. radiomuseum.org/r/metz_495.html
      Ich konnte nicht widerstehen, weil das Echtholzgehäuse für das Alter noch so schön ist. Es wird allerdings etwas dauern, bis ich mich mit dem Gerät befassen werde und hier natürlich in einem neuen Beitrag beschreiben. Winter-Bastelarbeit halt!

      Grüße
      Frank
      Wohl einer der letzten von Metz mit Germaniumtransistoren.
      Ist übrigens technisch sehr viel ausgereifter als der Körting zu der Zeit! Und auch die Daten sind entsprechend besser.

      Wenn die AD166 dort noch gut sind, rate ich, sie drinzulassen und nicht auf Si umzubauen. Andernfalls steht Dir hier Hilfe bereit, wenn Du willst. Der Umbau müsste anders erfolgen als beim Körting Verstärker, wäre aber einfacher.

      Gruß
      Reinhard
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