Körting "Low-Fi" 1968-1970

      Hallo Reinhard,

      das klingt nach vielen Stunden Tüfteln. Gratulation zu den überzeugenden Ergebnissen und danke für die lückenlos nachvollziehbare Beschreibung.

      Du erwähnst, dass es nicht auf Anhieb mit der reproduzierbaren Messung geklappt hat. Lässt Du uns eventuell die wichtigsten Fallstricke wissen? Wie Du sicher weißt, habe ich ebenfalls einmal nach Deiner Anleitung die Trennschärfe ermittelt, mit einfacherem Pegelmesser und anderen HF-Generatoren. Mehr als 50-60 dB Signalunterschied bei 300 kHz kamen bei mir nie zustande, auch mit guten, abgeglichen Empfängern. Das nährt den Verdacht, dass das eher die Grenze meines Messaufbaus war.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Hallo Reinhard,

      es stimmen Theorie und Praxis Deiner Messungen gut überein, das scheint eine brauchbare Methode zu sein.

      Zu den Auswirkungen geringer Trennschärfe fällt mir ein RFT-Receiver (SR3930) ein (VEB Staßfurt). Der fand seinen Weg auf meinen Tisch wegen fehlenden UKW-Empfangs. Ursache war der Ausfall des Doppel-Keramik-Filters aus Ost-Produktion (Die Sorte wie in den SABA-Receivern). Mangels Ersatzteil habe ich den Filter dann durch einen 330 Ohm-Widerstand überbrückt. In der ZF gab es dann nur noch zwei (aktive) Spulenfilter. Aber, alle guten Sender konnten problemlos empfangen werden, nur einige schwache Mono-Fern-Sender wurden bei Annäherungsversuchen plattgemacht. Also für die meisten Empfangsorte und Rundfunkhörer in Deutschland hätte der Receiver es auch so getan. Herstellerangabe für die Trennschärfe war übrigens 60 dB bei 300KHz.

      rft-sammlung.de/sr3930.jpg

      Gruß

      Rolf
      Hallo Christian, Rolf und Mitleser,

      da fällt mir jetzt auf, dass ich noch vergessen hatte, dies zu erwähnen:

      Ich messe THD+N mit ARTA und Steinberg-Audio-Interface UR242 am PC. Für diese Tuner-Messungen sollte die Sampling Rate 32k oder 44,1k verwendet werden, denn der Frequenzbereich oberhalb von 15 kHz sollte nicht miterfasst werden. Mein ASIO-Treiber verweigert sich bei 32k Sampling Rate, deshalb musste ich 44,1k verwenden (44,1k SR erfasst THD+N bis 20 kHz). Daher habe ich noch zusätzlich A-Gewichtung zugeschaltet (über die ARTA Software).


      Zu den Schwierigkeiten der Messung / Fallstricke

      1. Schlecht abgeschirmte Empfänger holen sich HF aus dem Äther, sprich aus dem Raum, von überall her - auch ohne angeschlossenes Antennenkabel. Das wird zu einem grossen Problem, wenn einer der Signalgeneratoren (oder beide) ebenfalls nicht HF-dicht ist/sind oder eine Koax-Kabelverbindung oder sonstiges Element nicht HF-dicht ist. Dann kann aufgrund solcher Lecks ein erheblicher Pegel am HF-Teil anliegen, ohne dass man die in der HF-Pegelmessung erfasst. Auch Koaxialkabel mässiger Qualität machen hier manchmal Probleme.
      In solchen Fällen kann am Antenneneingangskabel ein grösserer HF-Pegel anliegen, als vom Signalgenerator über dessen Ausgang (oder Ausgang des HF-Abschwächers) eingestellt ist. Denn offene / nicht geschirmte Teile am/vor Tunereingang wirken ebenfalls als Empfangsantenne und das wirkt vom Tunereingang zurück bis zur Eingangsbuchse des Combiners. Daran erkennbar, dass sich mit dem Abschwächer, der um bis -60 dB oder -70dB den Generatorpegel senken sollte, nur noch eine Abschwächung von 45 oder 50 dB möglich ist.

      Auswirkung von HF-Leck auf Messgerät:
      Mein HF-Pegelmessgerät arbeitet im nutzbaren (linearen) Bereichvon +13 dBm bis -75 dBm. Von -70 bis -75 dBm steigt der Anzeigefehler allerdings auf bis zu 3 dBm. Absoluter Anschlag (ohne HF) ist bei der Anzeige -78 dBm. Ich weiss also aufgrund guter Kenntnis meines Messgeräts, dass es sinnlos ist, wenn ich versuchen wollte, unterhalb von -75 dBm irgendetwas quantitativ zu messen. Auch ohne jede eingeschaltete HF-Quelle, also ohne angeschlossene oder auch nur eingeschaltete HF-Generatoren im Raum, genügt allein der Anschluss des Innenleiters eines am Ende offenen, abgeschirmten, ca. 1,5 m langen 75 Ohm Koaxial-Antennenkabels an die BNC-Buchse des HF-Sensors, dass dessen Anzeige von -78 dBm auf -60 dBm ansteigt, um 18 dB ! So viel HF fängt sich selbst ein abgeschirmtes Kabel mit offenem Ende "einfach nur so im Raum" ein. Eine schlechte Koax-Kabelverbindung führt also bereits dazu, dass man unterhalb -60 dBm nicht mehr messen kann. Dagegen ist mit einwandfreier Verbindung eine Messung bis -75 dB noch möglich. Der Dynamikumfang wird zu kleinem Pegel allein dadurch um mehr als 10dB verschlechtert. Da aber das Nutzsignal am Tuner nur schwach sein darf (-67 dBm = 100µV an 50 Ohm), wenn bis 80dB Trennschärfe messbar sein sollen (da die Obergrenze des HF-Generators 1 Vrms an 50 Ohm (entsprechend 126dBµV EMF ist), wäre die Einstellbarkeit für 100µV schon nicht mehr möglich, wenn durch die Umstände des Aufbaus oder HF-Lecks der messbare HF-Grundpegel schon deutlich darüber liegt - und dass, ohne dass ein Signalgenerator bereits eingeschaltet wäre.

      Fazit:
      Der einstellbare Pegel des Nutzsenders soll -65 dBm oder kleiner sein und als solcher auch so am Ende des Koax-Kabels vom Generator (oder vom Abschwächer) zum Combiner gemessen werden können. Auf die (meist digitale) Anzeige am Generator selbst kann man sich nicht verlassen. Denn auch die Verbindungen und Kontakte sowie nicht ideal passende Abschlüsse/Wellenwiderstände werden bei diesen kleinen Pegeln doch störend bemerkbar. Eine Durchgangsdämpfung, die eigentlich nur -3 dB haben sollte, hat auch mal gerne -4 oder -5 dB... und so summiert sich das zusammen. Von den -67dBm, die der Generator z.B. an 50 Ohm liefern sollte, sind es dann nur noch vielleicht -71 dBm, die "hinten ankommen" oder noch weniger. Hat man Reflexion auf der Leitung, wird es noch unkalkulierbarer, da die Amplitude (im Schwingungsbauch der Interferenz) grösser wird oder bei destruktiver Interferenz sehr weit zurückgehen kann.

      Ebenso messe ich den einstellbaren Pegel des Störsenders auch direkt am abgezogenen Kabelende direkt am Combiner, also wie auch beim Nutzsender. Auch hier vertraue ich nicht der Ausgangspegelanzeige des Signalgenerators. Theoretisch müsste diese (in dBµV (EMF)) um 6 dB vermindert dem Pegel am Combiner-Eingang entsprechen. Meine Erfahrung ist aber, dass bis dahin bei 100 Mhz irgendwie über Buchsen und Stecker 2 bis 3 dB "abhanden kommen". Ab Combiner weiss ich, dass die Signale von Stör- und Nutzsender von dort aus genau den gleichen Weg nehmen, das gemessene Pegelverhältnis der beiden direkt an den beiden Combiner-Eingängen dort am zuverlässigsten gemessen werden können.

      2. Anpassungsprobleme /Reflexionen
      Wie schon gesagt...Wenn sich alleine durch Annähern des Oberkörpers oder der Handfläche an ein Koaxkabel der angezeigte Pegel erheblich ändert, ist was im Argen mit der Verbindung (stehende Welle, Reflexion) oder dem Abschluss mit korrektem Wellenwiderstand. Dadurch können Knoten und Bäuche entlang der Kabellänge die beabsichtigten Pegel vermasseln. Je kürzer die RG-Koax-Kabel und je hochwertiger die HF-Verbindungen umso kleiner ist dieses Risiko.

      3. Andere Messmethoden
      Eine meiner ursprünglichen Methoden war etwas anders. Ich hatte zunächst mit modulierter HF des Nutzsenders auf einen bestimmten NF-Pegel am Demodulator-Ausgang abgestellt. dann am Nutzsender die Modulation abgeschaltet (Träger stehenlassen) und danach den Störsender zugeschaltet und diesen moduliert. dann den HF-Pegel des Störsenders erhöht, bis die NF einen Wert von um 30 dB unterhalb des ursprünglichen NF-Pegels des Nutzsenders erreichte. Diese Methode hatte sich bei mir in der Folge als weniger zuverlässig herausgestellt und ich kam auch nicht auf Selektivitäten von mehr als 60 dB. Christian, das war die Methode, die ich Dir seinerzeit genannt hatte. Vermutlich deshalb bist Du damit, wie ich auch, nicht über 60 dB Selektivität hinausgekommen. Meine jetzige Methode (modulierter Nutzsender und unmodulierter Störer) mit 30dB SINAD (THD+N =3,2%) Kriterium für die Trennschärfe sind - am Resultat erkennbar - praxisnäher.

      Auch gute, abgeglichene Empfänger aus den 70iger Jahren hatten oft UKW-Selektivitäten (dynamische Trennschärfe), die für +/- 300 kHz im Bereich von "nur" bei etwa 50-60 dB lagen.
      Beispiele (Werksangaben):

      Saba 8200 (Quadro K): 57dB (das ist offenbar "scharf" gemessen/angegeben. Vermutlich deshalb "nur" um ca. 60 dB). Bei anderen Empfängern der 70iger jahre hat SABA gar keine Angaben zur Trennschärfe mehr gemacht. Erst wieder bei der 92xx Serie von 1979/80
      Gundig R40 / R48 / R 2000 / R3000: >60 dB (in Zeitschriftentests tatsächlich ca. 70 dB)
      Grundig ST 6000: >60 dB (vermutlich tatsächlich auch um 70 dB)
      Braun regie 550: 70 dB in Zeitschriftentest, Braun-eigene Angabe mit vermutlich abweichendem Messverfahren (IHFM) war geringer, nur 46 dB

      Ab ca. 1978 deutliche Verbesserung in der Mittelklasse, üblich wenigstens ca. 70 dB/300 kHz:
      Dual CT 18/19: 86 dB (16 FM Kreise)
      SABA 9241 / 9260 / MD292: 80 dB
      Grundig ST 6500: >80dB
      Grundig T9000: >83dB (ZF narrow)

      Hallo Rolf,
      die ZF-Keramikfilter, die RFT verbaut hat, haben offensichtlich massive Ausfallprobleme gehabt. Das war von den damaligen westlichen Filtern (Murata, Toko,...) nicht bekannt.
      Wenn der Körting mit nur seinen 35dB meist ausreichte, glaube ich das gerne, was Du schreibst. Zumal den allermeisten Nutzern Hörern ja auch der direkte Vergleich mit einem trennschärferen Gerät fehlte.

      Eine Trennschärfe von 75 (80) dB bei +/-300 kHz ist übrigens nicht notwendigerweise "gut und ausreichend". Entscheidend dabei ist, dass die Trennschärfe bereits bei 250 kHz wenigstens 30dB oder besser ist. Und in diesem Punkt schwächelte z.B. Yamaha und die meisten anderen "Japaner" bei deren Tunern der 70iger jahre. Dort sehen die Trennschärfekurven immer so aus (auch in Zeitschriftentests beim Yamaha Spitzenreceiver CR-2020) wie in meiner Messung am "kleinen" CT-400. Zu breit im unteren Bereich, erst bei nahe an 300 kHz ok. Ab Beginn der 80iger, als sie begannen, Modelle mit umschaltbarer ZF-Bandbreite anzubieten, änderte sich das und sie waren damit dann trennschärfemässig gleichauf zu europäischen Geräten. Ist ja immer wichtig, in welchem Zeitrahmen man die Daten vergleicht. RFT ist aber sowieso nochmal getrennt zu sehen. der Zugang zu Bauteilen des Westmarktes war ja nicht gegeben (mit Ausnahme von Schmuggelware oder verdeckten Importen via Wien etc.), das hat die kommerzielle Entwicklung in allen Bereichen der Technik verzögert.

      Gruß
      Reinhard

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      Schöner Artikel, Messungen vom versierten Laien durchführbar!

      Es tauchten Abschwächer auf, teilweise im weiten Bereich einstellbar.
      Von den billigen Dingern, schlecht geschirmtes Doppelpoti, halte ich nichts!
      Lieber feste Dämpfungsglieder, sehen meist aus wie ein längerer Koaxstecker, verwenden.

      Dämpfungsglieder kann man sich auch recht einfach selbst bauen.
      Vor vielen Jahren habe ich mal eine einfache Software für Dämpfungsglieder geschrieben:
      dl2jas.com/downloads/atten/attenuator.html
      Normalerweise sind für 100 MHz SMD-Widerstände gut geeignet.
      Die Dämpfung sollte nicht zu hoch sein, pro Dämpfungsglied würde ich nicht über 30 dB gehen.
      Wichtig, jedes Dämpfungsglied muss gut geschirmt sein, kein offener Aufbau!
      Eventuell baut man sich welche für 3, 6, 10 und 20 dB, die man je nach Bedarf zusammensteckt.

      Dämpfungsglieder immer möglichst nahe an der Quelle setzten, nicht unnötig Kabel verwenden.
      Kabel wie RG58 haben ein bescheidenes Schirmungsmaß, so etwa Gegend 60 dB.
      Bei 75 Ω ist hochwertiges Sat-Kabel empfehlenswert.
      Mit einfachen gekauften Kabeln habe ich schon mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht.
      Messkabel, außer man kauft gutes Profizeugs, baut man sich besser selbst!

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Hallo Andreas,
      Zustimmung! Das sind noch einige wichtige Ergänzungen von Dir.

      Ein Abschwächer ist nur nötig, wenn der Signalgenerator selbst keinen enthält, das ist eher selten.
      In der von mir auf dem Foto gezeigten Eichleitung sind drei HF-Stufen-Abschwächer der ganz massiven dicken Sorte im hermetisch geschlossenen Metallgehäuse verbaut.
      Solche "Klötze":

      artisantg.com/itemimages/Trili…MA_View1_201811013115.jpg

      Kein billiger Spass, wenn man die neu kauft. Da ist man für zwei oder drei Stück schnell im dreistelligen Euro-Bereich. Glücklicherweise habe ich die Eichleitung als Schnäppchen für weniger als 20 € aus der Auflösung des Alt-Bestandes von einem HF-Amateur erstehen können.

      Wenn Du mit "billige, schlecht geschirmte Doppelpotis" die versilberten gekapselten Preh-Dämpfungssteller meinst:
      i.ebayimg.com/images/g/xbEAAOSw7BBemYf5/s-l1600.png
      i.ebayimg.com/images/g/-PoAAOSwwYlemYf0/s-l1600.jpg

      ...die waren auch in Profi-Messgeräten, wie HF-Wobblern und Signalgeneratoren, verbaut als es diese Abschwächer von Preh noch gab. Heute sind sie nur noch aus Schlachtgeräten zu bekommen und ganz selten noch NOS.
      Schlechte Erfahrung, wie Du erwähnst, habe ich bisher damit (noch?) nicht. Ich verwende so einen ebenfalls, aber zusätzlich noch in ein dichtes Blechgehäuse eingebaut. Also doppelte Schirmung. Dämpfung geht nach eigener Messung von -3dB bis etwa -63dB damit.

      Koax-Kabelabstrahlung ist sicher auch ein Thema hier! Doppelte Schirmung ist nötig. Kabel so kurz wie möglich.

      Gruß
      Reinhard

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      Liebe "Simulanten" und Rechner!

      Angesprochen wurde die Fehlanpassung, wenn man von 50 auf 75 Ω geht.
      Etwas Reflexionen hat man, ist aber meist vertretbar.
      Für Funksender habe ich mir extra mal inzwischen seltenes Kabel 60 Ω gekauft.
      Davon elektrisch Lambda/4 zwischen 50 und 75 Ω und die Anpassung ist fast perfekt.
      Man kann das auch mit Widerständen erreichen, ist natürlich verlustbehaftet.
      Anbei ein Bild mal eben schnell gezeichnet und kurz gerechnet.



      Alles gängige Widerstände, 120 Ω parallel 270 Ω gibt ca. 83 Ω,
      Wer will, kann ja mal genau rechnen.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Heute habe ich den Messaufbau, den ich inzwischen schon wieder abgebaut hatte (den Schreibtisch brauche ich ja noch für andere Zwecke) wieder aufgebaut. Denn Hans (decoder) hat mir die Messbedingungen der DIN 45301 zukommen lassen. Vielen Dank auch hier nochmal an Hans! Das wollte ich doch gleich ausprobieren.

      Und siehe da, heute "fehlen" mir ca. 5dB bei allen Messungen gegenüber vorher. Woran es liegt...ich weiss es nicht. D.h. z.B. der Yamaha CT-400 kommt jetzt nur noch auf 70 dB bei +/-300 kHz (vorher hatte ich 75 dB messen können). Die Trennschärfe ist ja der Quotient des Störpegels zum Nutzpegel. Da die Pegel logarithmisch (in dB) gemessen werden, ist das die Differenz der dB-Werte. Ich habe festgestellt, dass die niedrigen Werte des Störsenderpegels nahe der Nutzsenderfrequenz nicht mehr so tief herunterkommen wie vorher in meiner Messung. Die grösseren Werte des Störsenderpegels bei grösserem Frequenzabstand haben sich dagegen nicht verändert. Die gesamte Trennschärfekurve wird dadurch etwas gestaucht. Kann nur an der Kabelführung, Kontakten u.dgl. liegen. Ich habe Kabel getauscht, Geräte verschoben,... es hat am Ende aber nichts verändert.

      Christian, das kann evtl. derselbe Grund sein, warum Du auch nicht über 60 dB insgesamt hinaus gekommen bist.


      Nachtrag am 05.08.2020
      Ich habe die Ursachen der 5 dB Abweichung gefunden! Es gab zwei.
      Die Hauptursache war eine Unterschiedliche Einstellung des Leader 3216 Signalgenerators in den Messungen.

      Hier lag das Haupt-Problem: Der Generator hat als Stereo-Signalgenerator zwei wählbare Ausgangseinstellung in "mono": "M" (=L+R; main) oder nur L bzw. R. Das demodulierte FM- Signal in der Stellung "M" ist um 6 dB stärker als das L oder R Signal (da die Summe aus beiden). Der zweite Generator (Radiometer Copenhagen re101) hat diese Wahlmöglichkeit als reiner mono-Generator nicht. Die Frage, über die ich nicht nachgedacht hatte: Welchen Pegel (nach Demodulation im Tuner) liefert der re101 bei gleich eingestelltem Modulationshub? Den, der "M" im Leader 3216 entspricht (+6dB) oder den der L oder R im Leader 3216 entspricht? Es war schnell nachgeprüft - der re101 liefert den 6dB stärkeren Pegel, also der entsprechend "M" vom Leader 3216. Natürlich müssen die beiden Generatoren so eingestellt sein, dass sie bei gleichem Modulationshub im Tuner gleichen NF-Pegel für das demodulierte Signal erzeugen.

      Darüberhinaus war im re101 die Kalibrierung der FM-Modulation nicht mehr genau. Nach Abgleich lieferten beide Generatoren bei gleichem Modulationshub gleiche NF-Amplitude, wenn am Leader 3216 der Ausgang "M" eingestellt war. Der ca. 5 dB Unterschied zur vorhergehenden Messung war danach verschwunden.

      Die Trennschärfemessung gemäss DIN 45301 ergab im direkten Vergleich mit der Messung nach dem 30dB SINAD Verfahren ähnliche Trennschärfekurven. Die absoluten Trennschärfewerte sind mit der 30dB SINAD Methode aber etwas grösser.

      Trennschärfe des Yamaha CT-400, Messung nach DIN und SINAD 30 dB:





      Trennschärfe Grundig R 2000-2 mit SINAD 30dB Methode:




      Die viel bessere Trennschärfe des Grundig bei <300 kHz ist deutlich.


      Messbedingungen für die Trennschärfemessung nach DIN:

      1. Nutzsender-Signalgenerator HF 100 µV, modulieren 1 kHz, Hub 22,5 kHz, mono. NF-Spannungspegel (dB) an NF-Ausgang notieren.
      2. Modulation des Nutzsender abschalten, Träger stehenlassen.
      3. Störsender-Signalgenerator modulieren 1 kHz, Hub 22,5 kHz, mono. Störsenderpegel so weit erhöhen, bis der 1 kHz Pegel am NF-Ausgang 30 dB unterhalb des zuvor notierten Pegels liegt. Es wird hier nur die 1 kHz-Komponente im FFT gewertet (nicht das Rauschen, nicht die harmonischen Verzerrungen)

      Sonst wie zuvor beschrieben.


      Gruß
      Reinhard

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      Hallo Andreas,

      ah, ich weiss jetzt, welche Pegelsteller Du meinst. Die im Fernsehhandel heutzutage angeboten werden.

      Zur Anpassung 50/75 Ohm verwende ich eine 1/12-Wellenleitung aus einem Stück RG59 und einem Stück RG58, in Serie zusammengelötet. Die Länge ist für 96 MHz berechnet. Funktioniert von 80 bis 110 MHz.




      Gruß
      Reinhard

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      Hallo,

      hast Du einen SABA-Receiver, wäre auch mal interessant.

      Man erkennt die unterschiedlichen "Mentalitäten" bei der Auslegung der ZF. Bei den Japanern (Yamaha) liegt der Schwerpunkt auf gutem Klang, bei Grundig auf gutem Empfang. Der Grundig hat aber sicherlich das bessere Trennschärfe/Wiedergabegüte Verhältnis.

      Das ist über die Jahre auch so geblieben. Ich besitze einen Grundig FA T1000 und einen Kenwood KT6050 aus 1994. Beides Geräte der Spitzenklasse mit umschaltbarer ZF-Bandbreite. Der Kenwood hat wide/narrow, der Grundig wide/normal/narrow. Dabei entspricht Grundig-wide genau Kenwood-narrow!

      Wobei bei einem Vergleich in den wide-Einstellungen beider Tuner keinerlei Unterschiede hörbar sind.

      Kenwood-wide: Trennschärfe: 40dB, Klirr: 0,025, Rauschabstand: 76dB
      Grundig-wide: Trennschärfe: 60dB, Klirr: 0,06, Rauschabstand: 74dB

      Gruß

      Rolf
      Ich lese und staune mal wieder stumm vor mich hin. Bin wieder mal begeistert von eurem Forschungsdrang. Ich habe nur einen "ernstzunehmenden" Messsender (okay, auch einen zweiten, der müsste mal repariert werden...) von daher bin ich nicht ausreichend gerüstet für den Versuch. So gilt für mich "don't try this at home".

      VG Stefan
      Messender kann man gar nicht genug haben! :D

      Nein, Quatsch...normalerweise reicht einer!


      Ich konnte mal nicht widerstehen und habe neben dem re101 und dem Leader 3216 auch noch einen älteren Nordmende SW3330 und zwei kleine FM-Handsender von ELV (SUP1 und SUP2). Die Anschaffungen des Nordmende und der ELV-Geräte betrachte ich für mich heute und rückblickend aber als Fehler. Ich habe mich hinreissen lassen, weil sie günstig waren/schienen. Was für "Frau" Handtaschen und Schuhe, ist für "Mann" Bohrmaschiene, Signalgenerator und Oszilloskop. Ihr versteht das !

      Die kleinen ELV Prüfsender sind nicht geschirmt, liefern max. 101 dBµV HF an 50 Ohm (auch wenn beim SUP 2 die Anzeige bis 110dBµ lügt) und die genaue Einstellung des FM Modulationshubs ist von der Stellung von zwei NF-Eingangs-Trimmern, einer zusätzlichen Software-mässigen Einstellung des Modulations-Eingangspegels und einem softwaremässig einstellbaren Hubwert abhängig. Die drei Einstellungen muss man mit einem Referenz-Messsender und FM-Empfänger erst kalibrieren, damit man sicher weiss, mit wieviel Modulationshub man bei welchem NF-Eingangspegel wirklich sendet. Das ist mühsam. Also eine Menge Vorarbeit nötig und man muss sich die kalibrierte Einstellung aufschreiben (und nicht verlegen oder verstellen). Wegen der nicht vorhandenen Schirmung sind die ELV-Geräte bei kleinem HF-Pegel unbrauchbar und auf der hohen Seite sind 100 dB nicht genug. Für diese Trennschärfemessungen also nicht brauchbar.

      Der Nordmende SW 3330 hat nur eine analoge Frequenzanzeige - da muss ich also noch einen genaueren Frequenzzähler zuschalten, das HF-Ausgangssignal hat keine gute Qualität (Klirrfaktor) und ist nicht FM-moduliert/modulierbar und auf 100 dBµV begrenzt, deshalb hier nicht brauchbar.

      Der re101 war dagegen aus meiner heutigen Sicht ein Glücksgriff. Er lief wahrscheinlich ursprünglich bei Grundig (Grundig-Prüf-Aufkleber von 2/2000 ist noch dran). Ich konnte ihn gebraucht kaufen. Es stellte sich aber heraus, daß beim gekauften Gerät die Ausgangsstufe defekt war, konnte ich durch Ersatz der beiden HF-Endtransistoren reparieren. Das HF-Signal des re101 ist qualitativ sehr gut (THD nur 0,1% bei 100 MHz). Der re101 beschränkt sich auf das Wesentliche (nur mono), ist dafür einfach bedienbar und sehr handlich.

      Mein Leader 3216 ist bei mir "Referenz" und lässt fast keine Wünsche offen, ausser, dass er keine Pre-Emphasis bietet (das Nachfolgemodell 3217 hat auch die). Bei FM-stereo-Frequenzgangmessungen korrigiere ich deshalb den NF-Frequenzgang durch ein Filter mit 50µs Zeitkonstante nachträglich (am NF-Tuner- bzw. NF-Verstärkerausgang). Er besticht dadurch, dass er zum Stabilisieren, nicht warmlaufen muss. Er ist auch kalt, direkt nach Einschalten frequenzstabil. Dagegen brauch der re101 eine halbe Stunde Aufwärmzeit.

      Ende der "Mein Haus, mein Pferd, mein Pool,... Angeberei". :love:

      Gruß
      Reinhard

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      Forenfreunde,

      Körting Stereo-Verstärker

      Hier zusammen mit dem Tuner als zusammengehöriges Paar



      S. auch (Michael): saba-forum.dl2jas.com/index.ph…16-Kombi-JPG/?thumbnail=1


      Nachdem der „Low-Fi“ Tuner nun auf Herz und Nieren untersucht ist, möchte ich mich dem zugehörigen Stereo-Verstärker zuwenden.
      Dieser flache Stereo-Verstärker im Stil der späten 60iger Jahre kam von 1968 bis 1970 nacheinander in drei optisch unterschiedlichen Modellvarianten in die Neckermann-Kataloge:

      821/748 (1968) technisch identisch zu Transmare (Telemonde) Verstärker A 500 (Transmare und Telemonde waren zur Neckermann-Zeit Körting Handelsnamen ausserhalb Deutschlands)
      821/764 (1969-1970)
      821/772 (1970-1971)

      Mit Ausnahme des letzten Modells (821/772), in dem für Balance, Bässe und Höhen Schieberegler statt der normalen Rundpotis eingebaut waren, sind im Innenleben die Varianten technisch identisch. Das technische Konzept des Körting Verstärkers war zum Zeitpunkt seines Erscheinens im Jahr 1968 bereits schon nicht mehr auf „dem Stand der Zeit“, denn es war eine typische 1964-1966er Konstruktion, die auf Übertrager-Kopplung zwischen den Treibern und Stromverstärker-Endstufen und Germaniumtransistoren setzte. Stand der Technik war 1967 aber bereits die eisenlose Endstufe (z.B. Grundig SV 80) und ab 1968 Silizium-Transistortechnik. Man vergleiche z.B. mit dem SABA
      HiFi-Studio 8080 von 1968. Hinter dem damals modern wirkenden optischen Erscheinungsbild der späten 60iger in Flachbauweise verbarg sich also beim Körting (leider) eine technisch schon sehr veraltete Konstruktion.

      Dieser Stereo-Vollverstärker kommt mit nur 10 Transistoren / Kanal (Spar-Rekord!) aus. Ein zusätzlicher Transistor als Linearregler für die stabilisierte Versorgung des Vorverstärkers und Phono-Entzerrers macht also nur 21 Transistoren insgesamt. Er ist übrigens im wesentlichen baugleich mit der NF-Verstärkersektion der ELAC HiFi Receiver 3200T und 3300T, die auch von Körting stammen (1968); dort sind in der sonst identischen Endstufe 4 x AD167 statt AD166 verbaut.

      Er leistet 2 x 10W (Sinus) an 4 Ohm bei Vollaussteuerung.
      An der Rückseite sind bei den Lautsprecherausgängen auch die gleichen DIN-LS-Ausgänge für einen Kopfhörer vorhanden. Sie werden von den LS-Buchsen einfach parallel abgezweigt. Buchsenkontakte in den Kopfhörerausgangs-Buchse schalten den zugehörigen Lautsprecherausgang ab, wenn ein Stecker in den KH-Ausgang eingesteckt wird. Mit der Modellvariante 821/764 wurde eine Buchse für den DIN-Kopfhörerwürfelstecker eingeführt.

      Wie auch beim vorher hier besprochenen zugehörigen „Low-Fi“ Körting Tuner (821/616 und 821/667) diktierte ganz offensichtlich der Rotstift, um ein Gerät anbieten zu können, dass im Preis um ca. 50% unter dem des Marktes lag. Denn Körting verkaufte bei Neckermann vornehmlich über den Preis. Im Fachhandel konnte man die Körting Geräte in Deutschland nicht kaufen, lediglich im benachbarten westeuropäischen Ausland konnte Körting selbst verkaufen, dort wurde dieser Stereo-Verstärker als Transmare A 500 angeboten. Bei Neckermann kostete der Verstärker bei Erscheinen 259,- DM. HiFi-Stereo-Verstärker des Wettbewerbs der unteren Mittelklasse lagen typisch bei ca. 500-600 DM.

      Um diesen niedrigen Verkaufspreis zu realisieren (an dem ja auch noch Neckermann seine Handelsspanne hatte), war nicht nur die veraltete Germaniumtechnik mit Übertragern vor der Endstufe als „Kröte“ zu schlucken (obwohl...Übertrager kosten, es war also vermutlich eher der Aufwand einer Neukonstruktion, die man vermeiden wollte?), sondern es wurde auch auf alles verzichtet, was damals für die Funktion nicht unbedingt notwendig erschien. Andererseits wollte man mit HiFi nach DIN 45500 werben und tat dies auch. Sowohl im Katalog war ausdrücklich erwähnt, dass der Verstärker die DIN 45500 erfüllt und am Netzkabel war ein rot-glänzender Anhänger „HIFI DIN 45500“ angebracht. Nur wusste der typische Kunde nicht, was das technisch bedeutete, er nahm es einfach so, wie es gedacht war, als Qualitätsausweis.

      Was aus heutiger Sicht sofort auffällt, ist die hier beim Körting Verstärker nicht abschaltbare gehörrichtige Lautstärke-Funktion (Loudness, Contour), die bei praktisch fast allen im normalen Hörbetrieb verwendeten Lautstärken
      eine zunehmende Anhebung zu niedrigen Frequenzen und auch zu hohen Frequenzen bewirkt, mit dem Minimum bei ca. 1 kHz (Badewannen-Frequenzgang). Erst im letzten Drittel vor Rechtsanschlag des Lautstärkestellers wird bei diesem Stereo-Verstärker die Anhebung erst zurückgenommen, sonst beträgt sie bei Mittelstellung von Bass- und Höhenregler immer +15 dB bei 40 Hz und 12 dB bei 10 kHz.

      Einen im gesamten Frequenzbereich von 20 Hz bis 20 kHz flachen Amplituden-Frequenzgang erhält man nur bei Rechtsanschlag des Lautstärkereglers, wobei das NF-Eingangssignal nur gerade so gross sein darf, dass die zulässige Vollaussteuerung des Verstärkers noch nicht überschritten wird – sonst verabschieden sich die Endstufensicherungen oder die inzwischen seltenen und teuren Endtransistoren AD166 oder beide! Linearer Frequenzgang ist also nur unter spezifischen Laborbedingungen realisierbar. In der Praxis hat kein Zuspielgerät ein so geringen und noch variablen Ausgangspegel, um diese Bedingung einzuhalten. Auch ist zusätzlich noch eine leichte Nachkorrektur mit Bass- und Höhenregler erforderlich. Bei Messungen der Verzerrungen spielt das eine wichtige Rolle, denn dafür muss im Bereich der zu messenden Frequenzen des Nutzsignals und der Verzerrungskomponenten ein möglichst Brett-gerader Amplituden-Frequenzgang eingehalten werden.

      Unter Hörbedingungen ist auch bei praxisgerechten Eingangspegeln von bis zu 1Veff trotz der immer wirksamen physiologischen Lautstärke Tiefen- und Höhenanhebung eine näherungsweise Linearisierung des Frequenzgangs von ca. 60 Hz bis 20 kHz (+/- 2 dB) durch Einschalten des Höhenfilters („Scratch“) und anschliessende Frequenzgangkorrektur mit Höhen- und Bass-Steller möglich.

      Linearer Frequenzgang bei Rechtsanschlag des Lautstärkestellers und entsprechend kleinem Eingangspegel





      Frequenzgang bei Mittelstellung der Klangregler (1W an 4 Ohm bei 1 kHz)





      Näherungsweise linearer Frequenzgang mit eingeschaltetem Scratch-Filter und Korrektur mit Bass-/Höhensteller





      Die Loudness-Anhebung für Mittelstellung der Klangregler ist bei 40 Hz angenehm, nicht zu gross, dagegen ist die Anhebung bei 10 kHz stärker als es zur physiologischen Lautstärkekorrektur angebracht wäre, denn demnach sollte sie nur ca. +7 dB bei 10 kHz betragen, bei diesem Körting ist es fast doppelt so viel. Hier muss ich an die Beschreibung des zugehörigen Tuners denken, in der es heisst, dieser Stereo-Verstärker sei speziell zur Verwendung mit dem genannten Tuner entwickelt worden. Jetzt macht diese Bemerkung auch Sinn: Am Körting Tuner hatte ich in meinen vorangegangenen Messungen eine nicht normgerechte Deemphase mit einer viel zu starker Absenkung zu hohen Frequenzen festgestellt. Dieses Manko des Tuners wird also durch die (zu starke) Höhenanhebung der Loudness-Funktion des Verstärkers wieder (teil-)kompensiert. Ausserdem war die Ausgangsspannung des Tuners für allgemeine Verwendung an anderen Verstärkern zu niedrig (angegeben waren 80 mV Ausgangsspannung, bei UKW hatte ich bis zu 250mV gemessen). Ich hatte deshalb bei meinem Tuner einen Pufferverstärker nachgerüstet, der den Ausgangspegel auf allgemein übliche 800 mV erhöht und die Deemphase des Tuners auch unabhängig von der Eingangsimpedanz des angeschlossenen Verstärkers macht, so dass ein unter allen Anschlussbedingungen ausreichend kräftiges und mit korrekter Deemphase entzerrtes Tuner-Ausgangssignal resultiert.

      Der Körting Stereo-Verstärker fällt durch seine ausgesprochen hohe Eingangsempfindlichkeit von nur 60 mV für seine Hochpegeleingänge (Tuner, Band, Phono-Kristall) auf. Er kommt also mit der niedrigen Ausgangsspannung des zugehörigen Tuners (ohne die von mir vorgenommene Pufferverstärker-Nachrüstung) klar. Ich erinnere mich noch, dass ich für einen mir angenehmen Klang mit dem zugehörigen Tuner an diesem Verstärker die Höhen sogar noch über die Mittelstellung hinaus (also zusätzlich zu den sowieso bereits vorhandenen +12dB Loudness bei 10 kHz) aufdrehen musste (auf ca. 3 Uhr), aber die Bässe abgesenkt habe.

      Auf eine elektronische Endstufen- und Lautsprecherschutzschaltung wurde ganz verzichtet (Kosten!). In der Betriebs-/Serviceanweisung ist dazu vermerkt:
      „Kurzschluss in den Lautsprecherzuleitungen führt unbedingt zur Zerstörung der Endtransistoren. Besonders kritisch sind hierbei die (Löt-)Verbindungen in den Lautsprecher-Steckern. Bei Vorliegen defekter Endtransistoren sollten deshalb alle im Leitungsweg der
      Lautsprecher befindlichen Steckverbindungen, Verlängerungskabel sowie die Lautsprecher selbst einer genauen Prüfung auf Kurzschlussgefahr unterzogen werden (KD 148).“


      In der Version für das Ausland (Transmare bzw. Telemonde A 500) wurde mangels einer Schutzschaltung ein zusätzlicher Sicherheitsschalter, von Körting „Reduktion“ bezeichnet, für die Lautsprecher-Ausgänge an der Rückwand angebracht. Dafür befand sich ein 3,9 Ohm Widerstand seriell vor jedem der beiden Lautsprecherausgänge, so dass auch bei einem Kurzschluss in den Lautsprecherzuleitungen oder dem Lautsprecher selbst, die Mindest-Lastimpedanz von 4 Ohm nicht unterschritten werden konnte und die verfügbare Ausgangsleistung reduziert war. Erst nach der endgültigen Verlegung der Lautsprecherleitungen und bestätigter einwandfreier Funktion sollten mit diesem Sicherheitsschalter die beiden 3,9 Ohm Widerstände überbrückt werden. Offenbar hatte es zahlreiche Endstufenausfälle bei neuen Geräten aufgrund defekter Lautsprecheranschlüsse/Lautsprecherstecker gegeben. In der Inlandsversion für Neckermann hatte man sich diese Serienwiderstände und den Schalter gespart. Die Rückwand hat zwar beim Modell 821/772 den vorgesehenen Ausschnitt für den Schalter, er ist aber nicht bestückt.


      In der Serie wurden mehrere Änderungen durchgeführt:

      Im Phono-VV und auf der Treiberplatine wurden die Germaniumtransistoren AC191 im späteren Produktionsverlauf stufenweise durch Si-Transistoren BC179 bzw. BC154 oder 2N4288 ersetzt. Rauscharmut? Eine Anpassung der Schaltung war dafür hier nicht erforderlich. Aber natürlich verändern sich dadurch die im Schaltplan angegebenen Spannungen (an BCE) dieser Transistoren. In der letzten Version 821/772 (1969-1970) waren mit Ausnahme der End-Leistungstransistoren (AD166) und der (Vor-)Treibertransistoren (AC124, AC132) sonst nur Si-Transistoren verbaut.

      Das folierte Pressholz-Gehäuse wurde anfangs (1968) noch ohne Lüftungsschlitze in der Oberseite gefertigt, hatte nur die Lüftungsschlitze im Boden unter den AD166 Leistungstransistoren (mein Exemplar). Dadurch entsteht ein Wärmestau, da die warme Luft nicht schnell genug über die Rückwand abströmen kann. Die Lüftungsschlitze in der Oberseite müssen aber schon nach kurzer Zeit im Laufe 1968 eingeführt worden sein, denn von Abbildungen kenne ich das Modell 821/748 nicht ohne obere Lüftungsschlitze.

      Die Anordnung der Klangregler – Höhenregler links und rechts daneben Bassregler widerspricht der Intuition, nach den man den Regler für höhere Frequenzen rechts erwartet und den für kleine Frequenzen links – statt umgekehrt. Auch dies wurde mit Einführung der Modellvariante 821/764 berichtigt (und der Balance-Steller umgesetzt), mit der auch die in der Tiefe gekürzten Gehäuse eingeführt wurden und eine geänderte Anordnung der Baugruppen und Platinenlayout, bei der die Endtransistoren nicht mehr am Boden der Chassiswanne angeschraubt waren sondern an der Rückwand – leichter zugänglich im Fall eines Ersatzes. Gleichzeitig wurde – vermutlich auf Drängen von Neckermann – der ehemals „Körting“ Schriftzug durch „Neckermann“ darunter ergänzt und wanderte von rechts nach links auf der Frontplatte, bei der auch die seitlichen Schrauben eingespart wurden. Die Betriebsanzeige-Lampe machte dafür den Weg in die Gegenrichtung. Das Gehäuse ab der Modellvariante 821/764 wirkt aufgrund der verkleinerten Proportionen weniger „wertig“ als die tiefere Vorgängerversion, das gilt ebenso für die entsprechende Gehäuseänderung beim zugehörigen Tuner, wenn von „wertig“ bei dem Modell überhaupt gesprochen werden kann.

      Das Innenleben des Verstärkers ist recht übersichtlich.






      Netzteil:

      Auffällig ist die von der allg. Konvention abweichende Spannungsversorgung. Hier liegt „+“ an Masse und die Betriebsspannungen sind gegenüber Masse alle negativ. Das heisst auch, dass nur pnp-Transistoren Verwendung finden. Diese Auslegung (negative Versorgungsspannung) findet sich beim zugehörigen Körting Tuner ebenfalls wieder, der ja von einem Kofferradio für Betrieb im Auto abgeleitet ist.

      Der kleine Trafo kommt bei der spezifizierten Vollaussteuerung mit 10W (Sinus) Ausgangsleistung an 4 Ohm schon in Atemnot, was am deutlichen Einbrechen der Trafo-Sekundärspannung erkennbar ist, selbst wenn nur einer der zwei Kanäle ausgesteuert wird. Das Lämpchen der Betriebsanzeige verdunkelt sich bei diesem Test im Rhythmus der eingespeisten Sinus-Bursts. Die Stromversorgung ist also...naja man kann sagen „auf Kante genäht“. Aber sie reicht ja.

      Ein flacher Selen-Plattengleichrichter , Typ B30C1200– bei meinem Gerät von SEL, aber auch Siemens und AEG wurden verbaut – gefolgt von einem 2500µF/35V Ladeelko, macht bei 220V Netzspannung aus 24V Sekundärwechselspannung -33V Gleichspannung („+“ liegt an Masse). Bei unseren heutigen 240V sind es am Ende -36V, Elko Nennspannung damit gerade schon überschritten. Spannungsumschaltung (auf andere Netzspannungen) ist nicht vorgesehen. Mehr Leistung war dem Verstärker auch beim 240V Netz nicht zu entlocken, es blieb bei 10W/4 Ohm. Hat man dabei versehentlich den Bassregler zu weit offen, bläst es die 1,25A Schmelz-Sicherung in der Spannungsversorgung der belasteten Endstufe. Also soll bei 1A Stromaufnahme eines Endstufenkanals spätestens Schluss sein – die Versorgungsspannung ist dabei von den ursprünglichen -36V (ohne Signal) bereits auf ca. -26/-28V eingebrochen.

      Es wird anhand der Bauteiledaten (Lade-Elko 35V, Gleichrichter B30C1200) und dem beobachteten Verhalten klar, dass 10W Sinus Ausgangsleistung an 4 Ohm Last ein Grenzwert ist, der bei Dauerbetrieb das Netzteil dieses Verstärkers erkennbar überfordert. Es ist also kein Party-Verstärker, zu dem wir Jugendliche im Alter von 16 diesen Verstärker mangels monetärer Knappheit aber gerne gemacht haben!
      Vermutlich findet man heute DESHALB so wenige Exemplare, die die Zeiten überlebt haben – ganz im Gegensatz zum zugehörigen Tuner, der ständig und überall noch gebraucht und funktionsfähig zu haben ist.
      An der Rückwand steht nicht, dass es innen zwei Schmelzsicherungen an den Endstufen gibt, die man ersetzen kann und meist läuft er danach wieder wie vorher. Vielleicht landeten deshalb auch Exemplare unschuldig auf dem Müll?
      Aus den -36V wird noch über eine Abzweigung mit einem Linear-Regeltransistor AC132 (ja – fast alles ist hier noch Germanium) die -24V für die Versorgung der Vorverstärker (Phono- und NF-Eingangsverstärker) gewonnen.


      Phono-VV für Magnetsysteme:

      Ganz links sitzt hinter den NF-Eingangsbuchsen die kleine Platine mit dem einstufigen Phono-Entzerrer mit 2xAC191 Germaniumtransistoren. Er liefert bei 1 kHz eine Verstärkung von V=18 und für sich isoliert gesehen, alles andere als eine RIAA-Norm-gerechte Entzerrung. Damit haben nach meiner Beobachtungen alle einstufigen Phono-Entzerrer (die es heute so ja gar nicht mehr gibt) ihre Probleme gehabt. Speist man also hier in den Phono-MM-Eingang (Phono I) ein RIAA-normgerecht vorverzerrtes NF-Signal ein, so kommt aus dem Phono-Entzerrer ein Amplituden-Frequenzgang mit starkem Anstieg der Amplitude zu höheren Frequenzen heraus und nicht, wie man doch eigentlich erwarten sollte, ein flacher ebener Verlauf. Mit dem Höhenregler am Verstärker lässt sich diese Anhebung aber nahezu perfekt kompensieren, so dass man am Ende doch noch den flachen Frequenzgang erreicht – und angesichts dieser sparsamen Schaltung ziemlich gut, genau innerhalb +/- 1,5 dB von 30 Hz bis 16 kHz.




      Frequenzgang mit „reverse-RIAA“ Eingangssignal am Phono-VV-Eingang und bei „Berichtigung“ mithilfe der Klangregler


      Der "Zacken" bei 50 Hz ist ein Mess-Artefakt.

      Hat man ein Magnetsystem am Phonoeingang angeschlossen, also wirklich den Plattenspieler, so wird die Induktivität der Magnetspule, deren Serienwiderstand und die Kabelkapizität Bestandteil der Entzerrerschaltung und der Frequenzgang linearisiert sich dadurch ebenfalls innerhalb von +/- 1,5 dB. Also alles gut! Auch in meiner Erinnerung – in meiner Jugend hatte ich einen Plattenspieler, der einen Phono-Entzerrervorverstärker benötigte und an diesem Verstärker betrieben - ohne dass mir irgendwelche Klangmängel, wie fehlender Bass oder Höhen oder zuviel davon, in Erinnerung sind.

      Hier eine Simulation (LTSpice) des einstufigen Körting Phono-Entzerrer-Vorverstärkers mit einem Impedanzmodell des Magnetsystems Audio technica AT13 und einem „reverse-RIAA“ (wie Plattenschneide-Kennlinie) vorgeschaltet. Im Ergebnis sieht man sehr schön die resultierende gute Entzerrung mit fast ebenem, flachen Verlauf (innerhalb +/- 1,5 dB).





      Ich habe nachträglich die beiden Germaniumtransistoren, wie später auch von Körting praktiziert, durch rauscharme Siliziumtransistoren ersetzt (BC560C). Die beiden Kohleschichtwiderstände 1,5 MOhm habe ich durch Metallfilmwiderstände ersetzt und auch die Kleinelkos erneuert. Diese hatten alle noch korrekte Kapazität aber erhöhten ESR (Zeichen für Alterung).

      Links vorne – vor dem Phono-Entzerrer ist das hochohmige (600 kOhm) Lautstärke-Poti, die Eingangspforte für alle NF- Eingänge. Diese Position am Eingang des NF-Vorverstärkers war seinerzeit üblich, hat aber einen Nachteil für den Fremdspannungsabstand. Auch bei leiser Lautstärke liegt nämlich immer – Lautstärke-unabhängig - der volle Rauschpegel des Vorverstärkers an.

      Noch vor dem Lautstärke-Poti überbrückt ein MONO-/STEREO – Schalter optional beide Kanäle. Dieser Schalter muss für Stereowiedergabe gedrückt sein, das ist entgegen der verbreiteteren Konvention (z.B. SABA), dass der Stereo-Verstärker automatisch in Stereo arbeitet und für MONO-Betrieb eine Taste gedrückt werden muss.



      NF-Vorverstärker

      Der zweistufige NF-Vorverstärker wurde bereits seit Serienbeginn 1968 mit Silizium-Transistoren bestückt (BC179B, BC154, 2N4288). Er hat eine Verstärkung von V=15 (23,5 dB). Mit der nachfolgenden Treiberstufe/Endstufe ist die Gesamtverstärker (ohne Phono-Entzerrer-Vorverstärker) V=180 (45 dB).

      In der Simulation mit LTSpice (BC179B Transistor-Modell) hat der VV eine Verstärkung von V=14,9 in sehr guter Übereinstimmung mit der Körting-Angabe und liefert über das gesamte NF-Spektrum ein klirrarmes Ausgangssignal (THD für 1,5V Ausgangsamplitude ist lediglich 0,1% für 1 kHz und auch 20 kHz).




      es geht gleich weiter....


      Gruß
      Reinhard

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      Fortsetzung....

      Treiberplatine

      Zwischen Ausgang des NF-Vorverstärkers und Eingang der Treiberplatine ist die Kuhschwanz-Schaltung des Klangregelnetzwerks plaziert. Dabei gibt es keine Besonderheiten.

      Den Eingang der Treiberplatine bildet ein Impedanzwandler in Kollektorschaltung/Emitterfolger mit einem Germaniumtransistor AC191 in der ersten Modellvariante, der in der Folge durch den Siliziumtyp BC179 ersetzt wurde. Der hochohmige Ausgang des Klangregelnetzwerks wird damit an den niederohmigen Eingang der nachfolgenden Treiberstufe angepasst. Die Verstärkung ist knapp unter eins, V= 0,95. Der Klirrfaktor am Ausgang des Impedanzwandlers ist immer noch klein, simuliert mit BC559B 0,14% (bei 1 kHz und 20 kHz).

      Auf den eigentlich ersten Transistor der Treiberstufe (AC151r, in der Folge ersetzt durch BC179) wird das NF-Signal vom Endstufenausgang über 3,3k parallel zu 1000pF gegengekoppelt. Die Kapazität des 500µF Elko bestimmt die untere Grenzfrequenz, hier ca. 20 Hz. Ein Defekt bzw. Kapazitätsverlust dieses Elkos wird bei Messungen also unmittelbar am Amplituden-Frequenzgang des Verstärkers erkennbar. Diese Elkos sind bei meinem Exemplar noch voll intakt.

      Ich bin über die Auslegung von Übertrager-Schaltungen nicht im Bilde, vermute aber, dass die beiden grossen 2500 µF Elkos (einer je Kanal) das Frequenzverhalten der Übertragerinduktivität kompensieren? Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
      Anstelle der Treibertransistoren AC117 sind häufig AC124 verbaut. Sie müssen die Primärwicklung des Übertragers „treiben“, sind deshalb im Kühlkörper auf das Chassis geschraubt. Die Hauptfunktion der Treibertransformatoren ist die Phasenteilung und Phasenumkehr (engl.: phase splitting), um die Endtransistoren, die in Gegentakt arbeiten, zu "füttern".




      Was die Primär-und Sekundärinduktivitäten und ohmschen Widerstände der Wicklungen der Übertrager betrifft, stehe ich im Dunkeln. Ich habe dafür einfach mal Werte geraten und ein wenig probiert und bin bei 2H primär und 2x 0,5H sekundär gelandet. Die Simulation arbeitet aber auch ganz ähnlich, wenn ich diese Werte halbiere (etwas weiter hinten habe ich die Induktivitäten und Widerstände der Wicklungen ausgemessen).

      Die Sekundärwicklungen der Übertrager, jeweils eine für die positive und die negative Halbwelle, werden von je einem AC132 „getrieben“. Die 4x AD166 besorgen schliesslich die Stromverstärkung, deren Ruheströme werden von den AC132 bereitgestellt und von den 560 Ohm Widerständen sowie den Mittenspannungs-Einstellpotis wesentlich beeinflusst. In der Stromversorgung der AD166 befindet sich für jeden Kanal eine Sicherung 1,25A/MT, die (hoffentlich) auslöst, wenn dem Verstärker mehr als Nennleistung abgefordert wird. Wie schon anfangs geschrieben, dürfte DAS bei sehr vielen Exemplaren irgendwann eingetreten sein, ebenso wie ein versehentlicher Schluss in den Lautsprecherleitungen, der die CE-Strecke der Endtransistoren über die Ausgangs-Koppelelkos NF-mässig (AC!) kurzschliesst.

      Im Schaltplan gibt es eine Besonderheit:
      Zwischen Basis und Emitter der AC132 sind die 10 Ohm Widerstände mit einer gestrichelten Leiterlinie überbrückt. Schaut man sich die Platine genau an, so entsprechen die gestrichelten Leiterzüge jeweils einer ganz dünnen, nur ca 2mm langen Drahtbrücke auf der Platine zwischen Basis und Emitter der AC132. Die 10 Ohm Widerstände sind damit wirkungslos. Mir ist aber immer noch nicht klar, was das bewirken soll. Eine Sicherungsfunktion?

      Endstufenschaltung:





      Wiedergabe-Eigenschaften

      Zum Frequenzgang hatte ich ja schon geschrieben. Im Prinzip reicht der Übertragungsbereich von 20 Hz bis 60 kHz (-3dB), wenn man die entstehenden Verzerrungen dabei außer acht lässt. Körting gibt als Leistungs-Bandbreite 30 Hz bis 16 kHz an, was bereits im Vergleich zum genannten Amplituden-Frequenzgang aufzeigt, dass der Klirrfaktor hier die Grenzen bestimmt.

      Ich habe bei Verzerrungen wie Klirrfaktor (THD), statische Intermodulationsverzerrungen (IMD 250 Hz : 8 kHz 4:1) und dynamische Intermodulationsverzerrungen (IMD(100), TIM) gemessen und dabei leider keine guten Ergebnisse gefunden. Um es gleich vorwegzunehmen:

      Keine guten Ergebnisse bei den Verzerrungen für mein Gerät – das erhebt keinen Anspruch auf Gültigkeit für diesen Verstärkertyp generell, denn bei meinem Gerät gibt es die Besonderheit, dass es nicht, wie von Körting in allen Schaltplänen ausschliesslich angegeben und nie anders berichtet, AD166 Endtransistoren enthält, sondern stattdessen AL 103 (ATES), mit anderen Grenzwerten. ich kann an den Lötstellen nicht erkennen, ob die AL103 schon werksseitig verbaut wurden oder nicht. Ich vermute aber eher, dass sie bei einer früheren Reparatur eingebaut wurden, passender wären dafür AL102 als Ersatz für AD166 gewesen. Jedenfalls stelle ich schon mit einer einfachen Widerstandsmessung an den vier AL103 fest, dass sie untereinander auch sehr unterschiedlich ausfallen.
      Entweder das, oder die im Arbeitspunkt bei nur -18V noch nicht hinreichend lineare Verstärkung der AL103 (im Gegensatz zu AD166) vermasselt mir im oberen NF-Frequenzbereich (>5 kHz) THD, IMD und DIM Verzerrungen und das selbst bei kleinerer Ausgangsleistung.

      Die Ergebnisse der Klirr- und Verzerrungswerte an meinem Exemplar mit AL103 kann ich so zusammenfassen:
      Die sowieso schon nicht guten von Körting angegebenen und von der DIN 45500 verlangten Höchstwerte für Klirrfaktor und Intermodulation werden deutlich überschritten. Es sind zwar am Oszilloskop keine Sinus-Verzerrungen erkennbar, lassen sich aber bis über 3% THD bei 10 kHz und darüber in der FFT-Analyse messen. Überschreitungen finde ich sowohl bei geringer Leistung (0,1W an 4 Ohm), als auch bei mittlerer (1W) und hoher Leistung (10 W).

      Ich gehe stark davon aus, dass die überhöhten Verzerrungswerte die Folge der nicht vorgesehenen AL103 und/oder dessen Ungleichheit untereinander sind und keinesfalls ein typisches Merkmal dieses Verstärkertyps an sich sind.
      Sonst konnte ich sowohl beim zuvor untersuchten zugehörigen Körting Tuner als auch hier bei diesem Verstärker die von Körting angegebenen Daten in den Messungen wiederfinden. Elac gibt für die Receiver 3200T und 3300T, mit den fast gleichen NF-Verstärkersektionen (aber mit AD167 und etwas höherer versorgungsspannung) wie im Körting Verstärker den Klirrfaktor zu <1% bei Vollaussteuerung (Sinus Nennleistung nach DIN 45500)und Leistungsbandbreite bis 15 kHz an. Bei 15-16 kHz wird offenbar bei dieser Verstärkerkonstruktion 1% Klirr bei halber Nennleistung erreicht. Das bestätigt mich in der Schlussfolgerung, dass a) die Körting Angaben korrekt sind und b) in meinem Gerät die Crux bei den AL103 liegt.

      Körting Daten:

      das > Zeichen ist offensichtlich hier ein Druckfehler, es muss < 1% heissen.

      Meine Messwerte am "AL103"-Exemplar:



      Was tun?

      In Ermangelung von zwei Paaren möglichst gleicher AD166 oder AD167 und bei den heutigen Mondpreisen für diese Veteranen, plane ich, die Endstufe auf Silizium „umzustricken“. Wesentliche Änderungen sollten in diesem Fall dafür an der Endstufenschaltung nicht nötig sein. Nach Simulation verhält sich die Endstufe zwar wählerisch, was die Transistortypen angeht, insbesondere hinsichtlich des resultierenden Ruhestroms, aber nach Simulation (LTSpice) sollte folgender Ersatz ohne weitere Schaltungsänderungen und mit gutem Ergebnis möglich sein:

      1. Beide Treibertransistoren (AC117 bzw. AC 124) und die vier AC132 der Endstufen werden durch BD140 ersetzt. (korrigiert am 15.09.2020)
      2. Die Leistungstransistoren LA103 (bzw. AD166) werden durch MJE15031 ersetzt
      3. Die Mittenspannungen werden mit den beiden Trimmpotis auf -18V (heutige Netzspannung 238V, dadurch Versorgungsspannung heute -36V) neu abgeglichen.
      4. Es ist darauf zu achten, dass der Ruhestrom der Endtransistoren 70mA nicht wesentlich überschreitet und 5mA nicht unterschreitet. Nach dem Umbau muss bei der ersten Wieder-Inbetriebnahme (ohne NF-Signal) sichergestellt werden, dass die Stromaufnahme der Endstufe entsprechend begrenzt und kontrolliert wird. Nötigenfalls Neuanpassung der Widerstände R1006/R1010 (R1005/R1009), um den Ruhestrom in den Sollbereich zu bringen.

      In der Simulation beträgt bei Vollaussteuerung und 20 kHz (10W an 4 Ohm) mit dieser Änderung THD von 0,6-0,7%. DIN 45500, die dieser Verstärker anschliessend wieder einhalten soll, schreibt <1% für Aussteuerung von -20dB bis Vollaussteuerung von 40 Hz bis 12.5 kHz vor. Wenn die für die Siliziumendstufe simulierten Werte ungefähr zutreffen, sollte sich die Leistungsbandbreite nach dem Umbau über 16 kHz hinaus vergrössern und der Klirrfaktor im gesamten NF-Bereich bis 20 kHz unter 1% bleiben - also besser als das Ge-Original werden. In der Simulation "kann" die wie geplant auf Si umgebaute Endstufe sogar 20 kHz bei 15W Sinus/4 Ohm bei 1% THD. Das werden wir ja sehen....

      Derzeit liege ich (gemessen) mit den 4x AL103 bei THD im Bereich 2-3% für 12,5 kHz und Vollaussteuerung.

      Ich berichte weiter.


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Michael,

      gab es auch nur in den Spargeräten der unteren Klasse. Liefert nicht die hohe Verstärkung, die eigentlich nötig ist und hält den Frequenzgang nicht so gut ein. Beides hat Körting aber relativ gut hinbekommen. Den Frequenzgang durch gute Auslegung der Schaltung. Die hohe Gesamtverstärkung des Körting (über 40 dB für Hochpegeleingang) macht die schwächere Verstärkung des Entzerrers zum Teil wieder wett. Dennoch kommt er bei einem Phono-Eingangspegel von 2 mVeff damit nicht auf Vollaussteuerung, dafür benötigt er 3,3 mV. Aber laut genug wird es trotzdem, auch wenn das System nur 2 mV liefert.

      Graetz hat im Belcanto 300 auch nur einen 1-stufigen Entzerrer-VV. Dafür gilt, wie bei Körting - ordentliche Entzerrung gibt es nur nur unter Einbeziehung des Magnetsystems am Eingang. Der ist aber in der RIAA-Einhaltung mit ca. +/- 2 dB etwas schlechter als der von Körting (ca. +/- 1,5 dB) und wurde im Graetz Belcanto 301 durch einen wesentlich besseren 2-stufigen abgelöst. Die Plattenspieler-Firmen hatten offenbar für 1-stufige Entzerrer-VV nicht viel übrig. Körting hat ja seine Technik an ELAC geliefert, die ELAC unter eigenem Label vertrieben hat. Aber Elac hat immer darauf geachtet, dass ein besserer Entzerrer-VV von Körting eingebaut wurde als Körting das bei den von sich und Neckermann vertriebenen Geräten gemacht hat -auch wenn sonst fast alles 1:1 gleich war. Kann man sehr schön beim ELAC 3200T sehen, dessen NF-Teil sonst im wesentlichen baugleich zum von mir oben beschriebenen Körting Stereo-Verstärker ist.

      Von Dual sind mir auch nur 2-stufige Entzerrer-VV bekannt.

      Wo bekommt man ein "Ersatzschaltbild" des Magnetsystems her, das man für die korrekte Simulation der RIAA-Entzerrung bei einem 1-stufigen Entzerrer-VV braucht? Das ist von Rod Elliott (ESP) beschrieben; sound-au.com/articles/cartridge-loading.html

      Bei meinem System Audio Technica AT13 habe ich die von Rod Elliott beschriebene Messung (cartridge response) bei einer Eingangs-Amplitude von 10mVs am Magnetsystem gemacht und daraus die Parameter (semi-inductance) ermittelt. So komme ich zum Ersatzschaltbild für das AT13. Die für das Ersatzschaltbild in der "Response-Messung" simulierte Response-Kurve ("Modell") vergleicht man mit der Response-Messkurve und variiert die Werte bis zur bestmöglichen Übereinstimmung. Ich habe ganz gute Übereinstimmung, also ist mein Ersatzschaltbild brauchbar.

      Die Summe von L1 und L2 ergibt die vom Hersteller des Systems angegebene Magnetsystem-Induktivität. R2 ist der DC-Widerstand des Systems, manchmal wird der vom Hersteller auch angegeben. Es muss also nur das Verhältnis von L1/L2 und der Parallelwiderstand R3 so angepasst werden, dass das Modell die Messkurve reproduziert.






      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 13 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Ah ja, Rod Elliott ... mit dem hatte ich schon diverse Male Kontakt. Macht sehr geradlinige und sorgfältige Projekte, alles in "no-nonsense" Ausführung. Und ist auch angenehm kommunikativ. Sein kleiner Phono-MM ist mit ICs bestückt, und auch noch zweistufig ausgeführt. Das Resultat kann sich aber sehen und hören lassen. Und schön klein ist es auch ...

      Man kann bei ihm auch Platinen bestellen, nur momentan nicht, wegen derzeit kaum funktionierender Post von "down under" ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Reinhard,

      da muss ich auch noch meinen Senf dazu geben. Ein Test von Körting Low-Fi aus 1972, offensichtlich diese Gerätelinie, für 299DM.
      Die Testergebnisse entsprechen übrigens weitgehend Deinen Erkenntnissen, siehe z.B. Frequenzgang Phono: +12dB/20Khz Abweichung von der RIAA_Kennlinie.

      Allerdings sehe ich gerade, ist das Innenleben gereift:
      audiovintage.fr/leforum/viewtopic.php?t=33781

      Bilder
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