Körting "Low-Fi" 1968-1970

      Eine Menge Arbeit, Reinhard ... ich hoffe, am Ende kommt der Erfolg ! Was die Sache mit den Beinchen bei den MJE 15031 betrifft, mache ich mir da ggf. die Mühe, nach dem Anlöten der Drähte jeweils ein kleines Stück Schrumpfschlauch überzuziehen. Dafür habe ich extra eine dünne Variante, die nur gerade über den Draht passt, und dann nicht gross aufträgt. So bleibt die Lüftung unbehelligt (auch ohne Gewebeklebeband), und ein versehentlicher Schluss ist doch ausgeschlossen ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      Schrumpfschlauch habe ich ja überall über den Drähten und den Anschlüssen, auch nur gerade so dick wie der Draht. Nur die letzten 3-5 mm an den Beinchen sind frei, nämlich nach dem Knick. Aber Dein Hinweis bringt mich trotzdem auf eine Idee...man kann vor dem Biegen des Knicks schon auf die Pins ein ganz kurzes Stück Schrumpfschlauch ziehen, dann unmittelbar hinter dem Schlauchende abknicken, Draht anlöten und anschliessend normal über den Draht das reguläre Stück Schrumpfschlauch bis an die Knickkante schieben. Dann bleibt nichts blank!

      Jetzt baue ich aber nichts mehr aus und um. Für's nächste mal gespeichert!

      Gruß
      Reinhard

      kugel-balu schrieb:

      ... ich hoffe, am Ende kommt der Erfolg !


      Hallo Michael, Alle,

      als hättest Du es geahnt?
      Ja, der Verstärker funktioniert! Aber was macht ein Verstärker, was ein Oszillator der Rede nach oft nicht machen will? Er schwingt! Nach diesem Umbau schwingt er jedenfalls mit Hingabe und aus "voller Kraft" mit 100 +/-2 kHz Grundschwingung und einer ganzen Reihe von Oberwellen auf beiden Kanälen - auch ganz ohne Eingangssignal und unabhängig von Lautstärke/Klangregler. Ursache ist also in der Treiber/Endstufe zu suchen - klar, die ist ja auch jetzt breitbandiger umgebaut.



      Das wird mir noch einige Klimmzüge abverlangen - das kommt davon, wenn man in eine für lahme Germaniumveteranen ausgelegte Schaltung schnelle Siliziumtypen einsetzt!
      DAS hatte die Simulation diesmal nicht offenbart. Der Einfluss des Treibertrafos ist dabei auch nicht richtig berücksichtigt (parasitäre Kapazitäten z.B., selbst wenn die eingesetzten Induktivitäten und Gleichstromwiderstände stimmen, beim Umbau habe ich gemessen: primär L= 173mH, R= 60 Ohm DC; sekundär je 2x 100mH, R= 12 Ohm DC). Daher ist der vorher simulierte Phasengang insgesamt nicht richtig.
      Der jetzt nach Umbau gemessene tatsächliche Phasengang hat 180° Phasendrehung bei 90 kHz, also Mitkopplung bei dieser Frequenz. Passt zur 100 kHz Schwingung!




      Jemand eine Idee, wo am besten anzusetzen ist?
      Auf Anhieb fällt mir ein:

      1. Die Gegenkopplung wieder verringern (auf den Originalwert des Gegenkopplungswiderstands = 3,3 kOhm), damit die obere Grenzfrequenz wieder zurücknehmen.
      Simulation ohne Eingangs- und Klangregelstufe:



      Das sieht mir nicht sehr effizient aus. 1,5 kOhm --> 100 kHz -5dB; 3,3 kOhm --> 100 kHz -11dB. Also ist die dadurch erzielte Absenkung bei 100 kHz nur ca. 6dB. Und im Phasengang bringt es auch nicht viel.

      oder
      2. Kondensator zwischen Basis/Kollektor von T562 einfügen, auf ca. 40nF dimensionieren.
      Simulation ohne Eingangs- und Klangregelstufe, 0pF (grün) in 10nF Schritten bis 50 nF:



      Das sieht doch schon besser aus? 100 kHz Absenkung von 14dB mit 40 nF. Der Einfluss auf die Phase ist auch viel stärker. Wenn es in der Praxis jetzt bei 100 kHz zur Mitkopplung kommt, dann sollte die mit 40pF gegenüber dem Ausgangszustand ohne Kondensator erzielte relative Phasenverschiebung von ca. 150° diese Mitkopplung wieder aufheben. Das wäre jetzt mein Ansatz, übersehe ich dabei etwas?


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 15 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,

      Wie schon von Dir vorgeschlagen, Maßnahme 2 ist sicher die bessere.

      Die Gegenkopplung zu verringern, dürfte das Problem eher verschlimmern.
      In den Lehrbüchern ist beim Stabilitätsverhalten stets davon die Rede, dass die Frequenzkurve der offenen Schleifenverstärkung minus Verstärkung mit aktiver Gegenkopplung maßgeblich ist. Diese Differenz muss bei 180 Grad Phasendrehung kleiner 0 dB aufweisen. Daraus leitet sich m.E. eine weitere Möglichkeit ab. Du könntest durch lokale Gegenkopplungen die offene Schleifenverstärkung senken, z.B. durch passende Kollektor- und Emitter-Widerstände. Die Emitterwiderstände dürften in dem Fall nicht mit Kondensatoren gebrückt werden.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Moin Reinhard,

      interessant -- wäre es vielleicht möglich, die aktuelle Schaltung mit den jetzt verwendeten Bauteilen hier nochmal aufzuhängen? Wenn man nicht alle Schritte genau verfolgt hat, wäre das vielleicht einfacher zum Mitdenken ... mir scheint der Vorschlag von Christian mit einer Beeinflussung der lokalen Gegenkopplungen sehr vielversprechend, das habe ich schon bei diversen Endstufen als letztlich zielführende Massnahme gesehen ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Christian, Michael,
      Danke für Eure Vorschläge!

      Ein Kerko mit 39 nF zwischen Basis und Kollektor von T562 beseitigt das Schwingen wie erwartet. Das konnte ich gerade noch verifizieren.

      Allerdings hat das Ausprobieren zu lange gedauert, ein Kanal hat das Schwingen nicht überstanden und die Sicherung geworfen, mit Transistorschaden. Der andere arbeitet jetzt auch nicht mehr stabil. - vielleicht ist noch mehr im Argen, was Stabilität und Belastbarkeit betrifft. Frequenz- und Phasengang konnte ich nicht mehr messen.

      Ich muss erst wieder alles durchprüfen und in Ordnung bringen, bevor es weitergehen kann. Wird einige Tage dauern. Schwingen ist jedenfalls mit dem 39 nF Kerko kein Thema mehr. Ich fürchte, dafür kommen später noch andere Hürden.

      So sieht es bis hier und heute aus:
      (Spannungen gemessen)





      Gruß
      Reinhard
      Hallo Reinhard,

      Du hattest ja freundlicherweise schon eine LT-Spice-Datei des Verstärkers gepostet. Damit habe ich heute etwas gespielt, um Loop-Gain und Phasengang zu untersuchen. Kurz gesagt: Mit den Originaldaten des Übertragers lässt sich keine Unstabilität finden. Auch hinzugefügte Kapazitäten zwischen den Windungen in der Größenordnung von 100pF - 10 nF zeigten erst einmal keinen Einfluss auf den Frequenzgang. Sobald man jedoch den Koppelfaktor ein klein wenig absenkt, ergeben sich völlig andere Bedingungen.



      Hier ist die geänderte Simulationsschaltung mit parasitären Elementen am Übertrager und einem Koppelfaktor von 99%

      Dabei ändert sich der Frequenzgang gewaltig und erzeugt nun eine Polstelle bei 100 kHz:



      Rot: ohne Miller-C, weiß: mit 39 pF (Korrektur: richtig sind 39 nF) an T562


      Die Simulation der Schleifenverstärkung passt auch dazu. Sie zeigt einmal, dass sie mit ca. 32 dB recht gering ist. Zum Anderen wird deutlich, dass ohne Deinen zusätzlichen Kondensator die Schaltung schwingfähig ist, da die rote Kurve bei 0dB 360° Phasendrehung aufweist.



      Der Miller-Kondensator verschafft bei 99% KF ca. 30° Phasenreserve. Nicht reichlich, aber es genügt.

      Eine weitere Absenkung des Koppelfaktors auf 98 oder 95% senkt die Resonanzfrequenz weiter ab, auch die Phasenreserve schmilzt wieder dahin. Du hattest also schon den richtigen Riecher. Die realen Werte des Übertragers bestimmen entscheidend die Stabilität des Verstärkers mit.
      Deutlich mehr Phasenreserve, auch ohne den Millerkondensator, ergibt sich durch Weglassen von C544, dem 68 pF-Kondensator in der Rückkopplung von der Primärwindung des Übertragers. Das begrenzt auch den Frequenzgang nicht. Ob es allerdings in der Realität negative Auswirkungen hat, kann nur eine Messung zeigen, da das Übertragermodell in der Simulation ja noch immer jede Menge Unbekannte birgt.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 8 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hallo Reinhard,

      Noch ein paar Worte zu den Transistoren T028 und T029. Meines Erachtens sind diese nicht an der Signalverstärkung beteiligt. Sie beeinflussen nur die Vorspannung der BE-Strecken der Enstufentransistoren in gewissem Maße.
      Zur Vorspannungserzeugung dienen in erster Linie die beiden Widerstände R008 und R012. Die besagten Transistoren sind nun parallel so eingebaut, dass ihre C-B-Diode leitet. Aus meiner Sicht dienen sie deshalb lediglich der Temperaturkompensation. Erhöht sich ihre Temperatur, steigt der Strom, der durch sie fließt. Der Gesamtwiderstand aus dem jeweiligen Parallelwiderstand von 22 Ohm und der Diodenstrecke sinkt, und der Ruhestrom der Endstufentransistoren wird dadurch abgeregelt.

      Damit das bei Si ebenfalls funktioniert, müssten die Widerstände R008 und 012 so erhöht werden, dass an ihnen eine Spannung von ca. 0,55 - 0,6 V abfällt. Trotzdem bin ich mir bei der Funktion nach Austausch auf Si-Typen unsicher, da die Diodenstrecke eines Si-Halbleiters ja eine deutlich abweichende Kennlinie zu Germanium besitzt. Eventuell musst Du Dir die Schaltung bezüglich der Stabilität des Endstufenruhestroms nochmals anschauen.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hallo Christian,

      Wow! :thumbsup: DAS ist wieder mal eine super gute Analyse von Dir!

      So kann das unerwünschte Schwingen bei 100kHz noch das Treibertrafo-Modell verfeinern!
      Ich überlege jetzt, beides zu machen, den 39nF Kondensator an T562 gesetzt zu lassen (Du schriebst 39pF, aber mit 39pF geht's nicht, Du meinst auch 39nF, oder?) und zusätzlich den von Dir angesprochenen 68pF in der Gegenkopplung des Primärkreises des Treibertrafos auch zu entfernen. Frequenzgangnachteile erwarte ich dadurch nicht.

      Nur, dass ich das ganze Ding ja nach den aufgetretenen Defekten jetzt wieder ganz auseinanderrupfen muss, davor graut mir, der Rest ist ja Fun pur!

      T028 und T029: Da war ich bisher nicht richtig schlau draus geworden.
      Wenn ich die Widerstände R008 und R012 vergrössere, bekomme ich zwar etwas mehr Spannungsabfall und kann mit 33 Ohm auch 0,6V erreichen. Gleichzeitig geht aber der Ruhestrom hoch. Um den wieder zu bändigen, muss ich entweder wieder R008 und R012 verkleinern oder R010 weiter erhöhen, was den gesuchten grösseren Spannungsabfall über R8 und R12 wieder zunichte macht. Ich denke, ich lass die erstmal in Ruhe und löse erst mal die vorhandenen Probleme statt mehrere Baustellen gleichzeitig aufzumachen. D.h., da mir eine Endstufe "durchgeht" (1,25A Sicherung auslöst) muss ich prüfen, ob nicht einer von R008 oder R012 hochohmig geworden ist und deshalb der hohe Ruhestrom die Sicherung frisst. Andernfalls ist wohl einer oder beide Transistoren defekt.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Christian, Mitleser,

      von Christian war erläutert worden, dass die beiden "Vor"-Transistoren (AC 132) im Endstufenteil keine Verstärkungsfunktion haben sondern wegen der direkten Verbindung von Basis und Emitter als Dioden arbeiten, die den die Vorspannung und damit den Ruhestrom der Endtransistoren beeinflussenden Widerständen R8 und R12 parallel liegen.

      Ich wiederhole die von Christian gegebene Erklärung sinngemäss:

      Bei Erwärmung der Leistungstransistoren sinkt auch deren pn-Schwellenspannung, der Ruhestrom steigt an, dadurch verstärkt sich die Erwärmung,...das schaukelt sich hoch, bis es zum Ausfall des Leistungstransistors kommt, wenn keine thermische Kompensation vorgesehen ist.
      Der Sinn und Zweck dieser als Dioden geschalteten AC 132 Transistoren ist der, dass auch dort der über deren pn-Übergänge fliessende Strom temperaturabhängig ist (bei Si-Dioden ca 2 mV/°C). Diese "Dioden" sind auf dem Chassis neben den Leistungstransistoren montiert, werden also von diesen beheizt. Bei den Dioden steigt mit der Erwärmung auch deren Basis-Kollektorstrom an, dadurch fällt die Vorspannung an der Basis der Endtransistoren ab. Dies wirkt dem thermisch ansteigenden Ruhestrom der Endtransistoren entgegen, ist also hier für die thermische Kompensation essentiell, damit die Endtransistoren nicht thermisch "durchgehen".

      Ich hatte bisher der thermischen Kompensationsschaltung zu wenig Gewicht beigemessen.

      Ich hatte die als Dioden geschalteten AC 132 Germaniumtransistoren durch BD140 Siliziumtransistoren ersetzt. Die Simulation arbeitet damit auch einwandfrei weil sie Temperatureffekte die den thermischen Runaway bewirken, ausser acht lässt. Erst der Endstufenschaden, der sehr wahrscheinlich genau aufgrund dieser fehlenden thermischen Kompensation entstanden ist, war ein deutliches Zeichen. Was die Simulation auch zeigt, man muss nur darauf achten: BD140 (Siliziumtransistoren) haben an dieser Stelle gar keine Funktion (als würde man sie ganz weglassen), denn aufgrund deren grösserer pn-Schwellenspannung (ca. >0,4V gegenüber ca. 0,2V bei Germanium) fällt in der Schaltung der Basis-Kollektorstrom bei BD140 mehr als eine Grössenordnung kleiner aus als bei einem Germaniumtransistor. Ohne ausreichend grossen Kollektorstrom aber auch keine Temperaturkompensation. Christian hat das gesehen und daher vorgeschlagen, R8 und R12 zu vergrössern, um dieses Problem anzugehen.

      Ich hatte dann etwas probiert... und geantwortet: "geht nicht, dann wird der Ruhestrom durch die Endtransistoren zu gross".
      Die Frage aber ist, ob die Simulation aussagefähig ist.
      (Text geändert am 30.09.2020)

      Mit einem Umbauvorschlag, der die AC132 belässt, habe ich mich verrannt. Die angedachte Dimensionierung würde den zulässigen Basisstrom der Germaniumtransistoren überschreiten, deshalb hier wieder gelöscht!



      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,
      statt des eher exotischen AC 132 dürfte es der auch der verbreitete AC 188 - mit oder ohne K(ühlkörper) - tun. Der hat in allen Disziplinen höhere Nenn- und Grenzwerte; B je nach Index 90-400. Sag notfalls Bescheid, wenn du nichts Brauchbares findest.

      Über die ungewöhnlichen Arbeitspunkt-Hilfstransistoren war ich auch gestolpert. Hab ich aber schonmal irgendwo anders gesehen, mir fällt nur nicht mehr ein wo. Eine Körting-Spezialität war es nicht.

      VG und VG
      Stefan
      Hallo Reinhard,

      wie ist der Temperaturgang der BE-Spannung bei Ge-Transistoren? Reicht der aus, um dem Stromanstieg in den Si-Transistoren entgegenzuwirken?

      Ich hatte die Schaltung mit Si-Transistoren simuliert und die Fairchild-Modelle BD140 benutzt. Damit war es möglich, die Schaltung nahezu unverändert zu belassen. Nur eine leichte Anpassung der Widerstandswerte von R8 und R12 waren notwendig (27 Ohm statt 22, wenn ich mich recht entsinne), um den Ruhestrom auf Werte unter 40 mA zu bekommen. Die BD140 werden als Diode bzw mit Widerstand 10 Ohm invers, also mit sehr geringer Stromverstärkung betrieben. Der BE-Strom-Spannungszusammenhang wird von den Modellen oft nicht präzise wiedergegeben, so zumindest meine Erfahrung. Das trifft wohl auch auf die Endstufentransistoren zu. Es wird sicher noch etwas Experimentieren nötig sein.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Hallo Christian,

      der Kollektorstrom der BD140 ist die grosse Frage. Und damit die Wirkung der Temperaturkompensation.
      Mit R8/R12 = 22 Ohm und BD140 hatte ich einen Ruhestrom von 60 mA als DC-Spannungsabfall über einen 10 Ohm Angstwiderstand in der Stromversorgung jedes Kanals gemessen (allerdings bei gleichzeitigem 100 kHz Schwingen, wie sich später herausgestellt hat). Ohne den 10 Ohm-Widerstand in Serie zur Sicherung kann ggf. der Ruhestrom noch grösser gewesen sein. Für diese Schaltung gab die Simulation nur einen BD140 Kollektorstrom von ca. 1 µA (BD140 ST-Modell). Daraus hatte ich geschlossen, dass die Temperaturkompensation vermutlich nicht funktioniert. Dieser Schluss ist aber nicht unbedingt korrekt, denn bei Ruhestrom im richtigen Bereich kommt es eigentlich nur auf die relative Änderung des BD140-Kollektorstroms an und nicht auf dessen absolute Grösse.

      Jetzt habe ich weitere Simulationen gemacht:

      Mit Basis-Emitter der BD140 kurzgeschlossen und dem Modell Fairchild BD140 und bei R8, R12 = 22 Ohm bekomme ich für den BD140 Kollektorstrom nur ca. 200 µA und Endtransistoren-Ruhestrom von 16 mA.
      Erhöhe ich R8, R12 auf 27 Ohm (Dein Vorschlag), bin ich bei 2mA Kollektorstrom von BD140, aber dann schon heftigen 90 mA Ruhestrom. Wegen des bereits zu grossen Ruhestroms bei immer noch relativ kleinem BD140 Kollektorstrom habe ich Bedenken.

      Wenn ich das BD140 Modell von ST nehme, sieht es aber ganz anders aus. Das ST-Modell ist das von der Parametrisierung her umfangreichste. Muss aber deshalb nicht besser sein.
      Bei R8, R12 = 22 Ohm gibt es damit nur 1 µA Kollektorstrom der BD140 bei 30mA Ruhestrom der Endtransistoren.
      Gehe ich bei R8, R12 auf 27 Ohm, habe ich als BD140 Kollektorstrom auch nur 23µA bei extrem hohem Ruhestrom von 240 mA.

      Wieder anderes BD140 Modell: BD140 Modell von Bob Cordell (er hat viele Modelle in jüngerer Zeit verfeinert und verbessert):
      Bei R8, R12 = 22 Ohm gibt es damit ca 350 µA Kollektorstrom der BD140 bei 25mA Ruhestrom der Endtransistoren.
      Bei R8, R12 = 27 Ohm ca 2mA Kollektorstrom der BD140 bei 120 mA Ruhestrom der Endtransistoren.


      Das Dilemma:
      Keine zuverlässige Vorhersage mit Simulation möglich, da die BD140 Modelle zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen.

      Wenn ich die Endstufe mit Germanium AC128 (als Modell für AC132) und Germanium 2N242 (Als Modell für AD166) simuliere, bekomme ich einen Kollektorstrom von ca. 20 mA bei AC128 und Ruhestrom von 5-10mA bei den 2N242. Das sieht plausibel aus. Das Problem ist soweit, dass ein Kollektorstrom dieser Grösse mit BD140 statt Ac128 (AC132) in der Schaltung bisher nicht erreichbar scheint. Aber wie oben schon geschrieben - die absolute Grösse ist vermutlich gar nicht massgeblich sondern nur die relative Änderung mit der Temperatur.

      Der im letzten Post vorgestellte Plan, die AC132 zu belassen, ist aber auch nicht möglich, da ich damit die erforderliche Basis-Vorspannung von ca. -0,5V für die MJE15031 Endtransistoren nur bei einem unzulässig hohen Basisstrom der AC132 erreichen kann. Ich habe den Plan dafür deshalb im Post oben wieder entfernt.

      Am besten wäre, man würde das Ganze auf einem Steckbrett aufbauen mit Steckverbindungen für die Transistoren und dann praktisch probieren. Statt der Treibertrafo-Sekundärwicklungen einfach jeweils einen 12 Ohm-Widerstand.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Ja, Deinen Punkt hatte ich nicht bedacht: Das Verhältnis der Kollektorströme der BD140 zum Strom, der durch den jeweiligen 22-Ohm-Widerstand fließt.

      Die Simulationsmodelle sind hier wohl nur für das prinzipielle Verständnis der Schaltung brauchbar. Auf eine realitätsnahe Abbildung des Inversbetriebes wird bei der Erstellung bestimmt nur wenig Wert gelegt. Daher ist der Praxistest inklusive Erwärmung mit Fön sicher eine wichtige Komponente zur Lösung.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Vielleicht bringt die Simulation doch etwas. LTSpice ist ja in der Lage, Temperaturänderungen über die Variable "temp" zu berücksichtigen. Ich habe mir eben einige Transistoren in inverser Schaltung angeschaut, v.a. Kennlinie Ubc und Stromverstärkung. Neben den bekannten Geschichten: wesentlich stärkere Temperaturabhängigkeit der Flußspannung bei Germanium, wesentlich geringere Flußspannung bei Germanium, Zunahme Verstärkung bei Temperaturerhöhung, zeigt sich auch, dass das Fairchild-Modell und das Cordell-Modell sich sehr ähnlich sind. Das ST-Modell weicht hinsichtlich der Uce-Spannung deutlich ab. Noch krasser: es weist eine Stromverstärkung von 0,06 im Inversbetrieb auf, also eine starke Abschwächung. Da liegt sicher das Modell daneben.

      Also: Mit der Endstufenschaltung könnte man jetzt eine Temperatursimulation in LT-Spice durchführen und schauen, wie der Ruhestrom reagiert. Nimmt er ab bei zunehmender Temperatur, tut sie, was sie soll. Die Schaltung wird wunschgemäß simuliert. Dann könnte man versuchen, ähnliches Verhalten mit Si-Transistoren hinzubekommen. Hier sind Fairchild und Cordell wohl näher am tatsächlichen Verhalten.

      Viele Grüße,
      Christian
      Bilder
      • KL_AC128.JPG

        88,53 kB, 614×714, 4 mal angesehen
      • KL_BD140_Fairc.JPG

        74,64 kB, 610×714, 2 mal angesehen
      • KL_BD140_ST.JPG

        101,73 kB, 607×709, 4 mal angesehen
      • KL_invers_LT.JPG

        33,63 kB, 941×515, 4 mal angesehen
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hier das Ergebnis der von Christian vorgeschlagenen Simulation der Temperaturabhängigkeit des Ruhestroms von 20° bis 110°C
      a) für die Germaniumendstufe
      und
      b) für die auf Si "umgestrickte" Endstufe.

      Die Ge-Endstufe besteht in der Simulation aus dem Paar AC128/2N242 (AC128 als Modell für AC132, da AC132 Modell nicht verfügbar / 2N242 als Modell für AD166, da AD166 Modell nicht verfügbar)
      Die Silizium-Endstufe besteht aus dem Paar BD140 (Cordell)/MJE15031






      In beiden Fällen (Ge- und Si erfolgt ein überproportionaler Anstieg des Ruhestroms mit der Temperatur. Im Fall der Si-Endstufe ist der Anstieg aber sehr viel schneller/steiler als bei der Ge-Endstufe. Während bei der Ge-Endstufe bei ca. 80°C nur ca. 40 mA Ruhestrom erreicht werden (Körting Service-Anweisung nennt als Ruhestrombereich 4 bis 40 mA), sind es bei der auf Si-umgebauten Endstufe fast 170 mA bei 80°C.

      Das bestätigt meine inzwischen gesammelte (leidvolle) Erfahrung. Ich habe die auf Si umgestrickte Endstufe nochmals revidiert (R10 = 680 Ohm, R8 und R12 = 22 Ohm). Mittenspannung war bei ca. Poti-Mittelstellung einstellbar (gut!). Ruhestrom bei Raumtemperatur auf beiden Kanälen 25 mA (gut!). Die Endstufe liefert unverzerrt 10W (Sinus) an 4 Ohm. Aber nur wenige Minuten, dann fliegt die 1,25A Sicherung der Endstufe und die Isolierhülse der Transistorschraube erweicht, Lot aus dem Transistor-Inneren dringt durch dessen Gehäuse nach aussen, geschmolzene Spuren davon finden sich hinterher auf dem Silikon-Wärmeleitpad. Dabei war auch der MJE15031 (8A !) durchlegiert. Ein Problem war hier auch die verbaute Isolierhülse für das Schraubloch des Transistors, das offenbar bei ca. 80°C erweicht und unter dem Schraubendruck flachgepresst wird. Dadurch verliert der Transistor den festen Kontakt zum Silikonpad und Chassis und seine Innentemperatur steigt sehr stark, bis über 200°C. Dann in Sekunden Exitus. Isolierhülsen die thermisch so stark erweichen sind ungeeignet. Aber das konnte ich denen ja vorher nicht ansehen (war vermutlich Polyethylen oder Polypropylen). Diese (schwarzen) Isolierhülsen habe ich jetzt durch weisse ersetzt, hoffentlich sind sie aus wärmebeständigeren Material.

      Dazu kommt: Die Wärmeleitfähigkeit des Stahlblechchassis ist erheblich schlechter als die eines "richtigen" Aluminiumkühlkörpers. Bei TO-3 Transistoren ist das noch nicht so kritisch wie bei den MJE15031 Transistoren im TO-220 Gehäuse. Denn die Metall-Auflagefläche von TO-220 ist nur ca 1/3 so groß wie die eines Vollmetall-TO-3 Transistors, der auch noch eine sehr viel grössere Oberfläche hat. Ein TO-3 Transistor kann also die entstehende Wärme viel besser ableiten, so dass dessen Erwärmung auch viel moderater verläuft als bei TO-220. Deshalb ist der von mir hier verwendete MJE15031 eine schlechte Wahl! Ein 2N2955 wäre hier z.B. sehr viel besser für die Wärmeableitung.


      So endet das Unterfangen mit dem Fazit:

      Die Germanium-Endstufe (AC132/AD166) des Körting Stereo-Verstärkers ist nicht voll zufriedenstellend auf Silizium umbaubar.

      Die (voll-) Silizium-Variante leidet grundsätzlich an dem Problem der unzureichenden Ruhestrom-Temperaturkombensation. Dieses Problem kann etwas gemindert werden, wenn Si- Endtransistoren der Bauform TO-3 (gleiche Bauform wie die AD166 Ge-Transistoren) verwendet werden, lässt sich aber nicht voll zufriedenstellend lösen (nur mit ganz anderer Endstufen-Schaltung). Dadurch verliert der Verstärker an zumutbarer (Sinus) Dauerton-Leistung.

      Eine Teil-Silizium-Variante, in der man nur die AC132 (bzw. AC128 oder ähnlich) beibehält und nur die End-Leistungstransistoren auf Si-umstrickt, ist auch nicht zufriedenstellend, da diese damit in der Schaltung nicht mit ausreichendem Ruhestrom (bei 20°C) betrieben werden können.


      Messungen am auf Si umgebauten Verstärker, Endstufe mit BD140/MJE15031:

      Ausser der starken Eigenschwingung bei 100 kHz, die durch Entfernen des 68pF Kondensators an der Gegenkopplung des Treibertrafos und setzen einer Miller-Kapazität von 40pF zwischen Basis und Kollektor von T562 beseitigt werden konnte, trat gelegentlich auch eine starke "Brumm-Resonanz-Schwingung" auf, die aus 50 Hz und dessen Oberwellen bis in hohe Ordnung mit hoher Amplitude bestand und sich bis zum Zusammenbruch des Netzteils steigerte. Sie liess sich durch Rücknahme der Lautstärke vorübergehend immer beseitigen, trat aber bei grösserer Lautstärke (aber weit unter 10W/4 Ohm) spontan wieder auf. Sie liess sich zuverlässig durch einen 1 nF Kondensator nach Masse an der Gegenkopplung von der Endstufe (zwischen Endstufe und Treiberstufe) unterbinden (gefunden als ich zufällig einen Finger zwischen Masse und Gegenkopplung gesteckt hatte und dabei die Schwingung sofort zusammenbrach).

      Ruhestrom bei 20°-25°C: 25 mA
      Mittenspannung Endstufe (17,5-18V) = halbe Betriebsspannung (35-36V)
      R10 =680 Ohm
      R8=R12= 22 Ohm
      R15, R16 jeweils überbrückt


      Frequenz-Amplitudengang (ohne Loudness) bei 1W an 4 Ohm




      Klirrfaktor (THD) bei 1W an 4 Ohm



      Der gemessene Anstieg des Klirrfaktors ab 5 kHz trat so in der früheren Simulation (noch ohne den 20 nF Kondensator an T562 nicht auf. Der relativ hohe (gemessene) Klirrfaktor von 0,7% bei 20 kHz ist ursächlich auch für hohe Intermodulationsverzerrungen, wenn höherfrequente Komponenten beteiligt sind. Evtl. ist als Gegenmassnahme eine stärkere Erhöhung der Kapazität des 1000 pF Kondensators in der Gegenkopplung nützlich (Bisher nur auf 1250 pF erhöht, darüberhinaus noch nicht probiert). (korrigiert). Die Wirkung des nachträglich angebrachten 40nF Kondensators muss noch untersucht werden. Er neutralisiert mglw. die Gegenkopplung im oberen Frequenzbereich.


      Intermodulationsverzerrungen
      250 Hz : 8 kHz 4:1 bei 10W an 4 Ohm = 1%
      bei 1W an 4 Ohm = 0,33%

      Transiente (Dynamische) Intermodulationsverzerrungen (DIM-100)
      1% bei 1W an 4 Ohm

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,

      Eine Chance sehe ich noch für den Ruhestrom: Ge-Transistoren als "Temperatursensoren", aber richtig herum und mit passender Multipliziererschaltung versehen, um die Si-endstufentransistoren zu öffnen. Die in der Originalschaltung gebrückten 10-Ohm-Widerstände können verwendet werden, um die Überkompensation durch die Ge-Transistoren auf ein sinnvolles Maß zu bringen.

      Ich hatte das schon einmal grob erfolgreich simuliert, war aber noch nicht ganz durch damit.

      Viele Grüße
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
    • Benutzer online 2

      2 Besucher