Körting "Low-Fi" 1968-1970

      So in etwa könnt's gehen.
      Der Ruhestrom sinkt mit zunehmender Temperatur, bei Raumtemperatur liegt er bei ca. 25-30 mA. Das Signal ist symmetrisch zur Mitte der Betriebsspannung. Die AC128 werden mit ca. 10 mA nicht überlastet, das Ausgangssignal ist sauber. Aber: die zusätzlichen Widerstände verstärken den Einfluss der Symmetrieeinstellung auf den Ruhestrom. Gegebenenfalls muss man mit den Widerständen zwischen Basis und Emitter der AC128 etwas spielen.

      Einen Verstärker-IC einzusetzen wäre vermutlich weniger Aufwand, aber wo liegt da der Reiz. ;)

      Viele Grüße,
      Christian
      Bilder
      • Si_Ge_gemischt.JPG

        71,39 kB, 848×686, 24 mal angesehen
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Hi Reinhard,

      die leidvolle Erfahrung mit den Isolierhülsen, die nicht halten, was man von ihnen erwartet, hatte ich leider auch schon. Wenn ich jetzt mal ein Tütchen von denen gekauft habe, mache ich erst einmal einen Test mit einen Feuerzeug. Die dürfen nicht schmelzen ... tun die besseren (z.B. von Fischer) auch nicht.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      bisher halten die weissen Isolierhülsen bei mir (anders als die schwarzen, die ich vorher drin hatte) - aber an der Farbe liegt das natürlich nicht, sondern am Kunststoffmaterial. Das ist eine Frechheit, Isolierhülsen herzustellen und zu verkaufen, die nur bei kaltem Transistor isolieren, bei warmem wegschmelzen. Auch im Nachhinein macht mich das noch fassungslos.

      Hallo Christian,
      Dein Vorschlag sieht ja gut machbar aus. Ich werde das versuchen. Dann aber mit TO-3 Transistoren, damit die Wärmeleitung vom Transistorgehäuse in das Chassisblech auch besser wird.


      Gruß
      Reinhard
      Die Messungen des Klirrfaktors und der Intermodulationsverzerrungen nach Einbau der Miller-Kapazität von 40 nF am Transistor T562 zur Unterdrückung der 100 kHz Schwingung hatten ein unerwartetes, schlechtes Ergebnis. Der erwartete Klirrfaktor von < 0,4% bei 20 kHz konnte damit nicht erreicht werden.

      Das ist allerdings erklärbar, denn der 40 nF-Kondensator zwischen Basis und Kollektor von T562 eliminiert die Gegenkopplung für hohe Frequenzen. Folglich stieg der Klirr ab ca. 5 kHz steil an. Christian hatte schon geschrieben, dass es genügt, den 68 pF Kondensator in der Gegenkopplung des Treibertrafos zu entfernen, um den gleichen Effekt zu erzielen (dieser 68 pF Kondensator ist bei der Germanium-Bestückung für die Frequenzgangkorrektur unerlässlich, wird aber bei der Si-bestückung nicht gebraucht). Also kann eigentlich auf den 40 nF Kondensator verzichtet werden.

      Ohne den 40 nF Kondensator treten aber in der Simulation bei tiefen Frequenzen (z.B. 30 Hz) hochfrequente Schwingungsüberlagerungen auf dem Sinus auf. Dieses Risiko wollte ich von vornherein ausschliessen. Mit 100 pF waren diese HF-Raupen auf dem Sinus verschwunden. Deshalb habe ich den 40 nF Kondensator nicht ersatzlos entfernt sondern durch 100 pF ersetzt. Der Einfluss dieser geringen Kapazität sollte bei der Gegenkopplung für den Klirrfaktor nicht ins Gewicht fallen.



      Simulation und Messung des THD ergaben die erwartete wesentliche Verbesserung:


      1: VORHER / Mit 40 nF Miller-C an T562 (C544 = 68 pF ersatzlos entfernt; 1 nF an Gegenkopplung nach Masse hinzugefügt)





      2. NACHHER / mit nur 100 pF Miller-C an T562 (C544 = 68 pF ersatzlos entfernt; 1 nF an Gegenkopplung nach Masse hinzugefügt)

      Auch damit kein 100 kHz Schwingen mehr, aber erheblich verringerte Verzerrungen.




      Das Ziel HiFi-gerechterer Wiedergabegüte (besser als beim Gerät im Auslieferungszustand) ist damit schon erreicht. :thumbsup:
      Mit der weiteren Modifikation des thermischen Managements und der Schaltungsänderung von Christian besteht noch die Aussicht, auch das noch zu starke thermische Hochlaufen des Ruhestroms zu bändigen. Langsam gehen mir nämlich schon wieder die Sicherungen aus! :cursing:

      Jetziger "bester Stand" der Schaltung:




      Messdaten dazu:

      1. Klirrfaktor (THD) bei 1 kHz und 10 W (Sinus) an 4 Ohm = 0,15%



      Klirrfaktor 1 kHz / 1 W an 4 Ohm = 0,04%


      2. Intermodulationsverzerrungen (statisch), 250 Hz : 8 kHz bei 10 W an 4 Ohm = 1%
      bei 1 W an 4 Ohm = 0,26%




      3. Dynamische Intermodulationsverzerrungen DIM100 (TIM) bei 1 W an 4 Ohm = 0,5%




      Das ist alles sehr, sehr viel besser als vor dem Umbau!
      Vergleich in Tabelle:





      Gruß,
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard, hallo Mitleser,

      Hut ab vor Deiner Akribie.

      Ich hätte da noch ein paar Sonneberger Geräte "Transstereo 2401" herumstehen, vor Jahren günstig im Bulk mit anderen Geräten erstanden.

      radiomuseum.org/r/stern_sonn_transstereo_240103.html

      Deren Germaniumendstufen sind zwar schon eisenlos, aber klingen trotzdem wie abgeschnürt. Falls jemand Lust verspüren sollte, auch einmal einen VW-Motor in einen Trabbi zu montieren...

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Ich hatte nicht erwartet, mit einer Eisen-Endstufe auf so niedrige Verzerrungen und so breiten Frequenzgang kommen zu können, wie das nun geschafft ist.

      Transstereo 2401...das ist ja wieder eine ganz andere Welt.
      Ich sehe da Bootstrappping zur Erhöhung der Eingangsimpedanz. Nach meiner bisherigen Erfahrung (bei Dual CV 40) ist damit der Klirr schon von Anfang an hoch und ohne Komplettumbau nicht hinzubiegen. Beim Dual CV 40 habe ich deshalb auf ein Sziklai-Paar umgerüstet, wie Dual das ab Modell CV 80 auch gemacht hat.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Christian, hallo Mitleser,

      Christian, Du hattest ja Deine Schaltung für die Ruhestromkompensation gut ausoptimiert. Ich habe nur noch kleine Anpassungen am Mittenspannungspoti machen können. Zu dessen Entlastung habe ich einen Parallelwiderstand vorgesehen.




      In der Originalschaltung (Germanium, Körting) wirkt nach meiner Simulation die Temperatur-Kompensation nahezu perfekt symmetrisch auf beide Leistungs-Endtransistoren, kann aber den Anstieg des Ruhestroms nicht verhindern, sondern nur "bremsen". Wenn ich von einem Temperaturbereich von 20 bis ca. 70°C ausgehe, bleibt dabei der Ruhestrom für beide Transistoren im Bereich bis 40 mA.




      In Deiner Schaltung gibt es in der Simulation zunächst eine "Überkompensation", die aber durch schnelleren Anstieg des Ruhestroms wieder aufgeholt wird. Dadurch entsteht ein Ruhestrom-Minimum. Diese Simulation kann die realen Temperaturverhältnisse aber nicht richtig abbilden, da die Kompensationstransistoren (AC128) in der Praxis immer auf niedrigerer Temperatur sind als die Leistungstransistoren (schlechte Wärmeleitung des Stahlblech-Chassis als Kühlkörper und mehrere cm Entfernung voneinander).

      Mir kommt es auch nur auf den relativen Vergleich zur Original-Körting-Schaltung an. Und da kompensiert Deine Schaltung sehr gut im gleichen Bereich. Das sollte eine wesentliche Verbesserung ergeben! Es gibt einen leichten Unterschied in der Grösse der Kompensation für beide Leistungstransistoren, der aber nicht kritisch ist.




      Dafür habe ich noch die Klirrverzerrungen für 20 kHz bei 8W Ausgangsleistung an 4 Ohm simuliert. Auch sie sind bei ca. 0,3% stabil.





      Diesen Aufbau werde ich angehen. Vermutlich werden die angedachten 2N6031 bzw. MJ15004 aber anderen Ruhestrom in der Schaltung haben, so dass ich die Widerstände dafür neu anpassen muss. (Edit: 00:22)

      An der Anpassung der Schaltung mit dem Modell MJ15004 (ON Semi) habe ich mich versucht. Das Ergebnis sieht für mich ok aus. THD kommt mit MJ15004 (ON Semi Modell) schlechter heraus als vorher mit der Schaltung für MJE15031. Ob das am MJ15004 (ON) Modell liegt? Etwas weitere Vergrösserung der Gegenkopplung (Gegenkopplungswiderstand statt 1,5k dann 1k) kann das kompensieren - auf Kosten der Verstärkung (Eingangsempfindlichkeit).




      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 9 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,

      auf die größeren Verzerrungen beim MJ15004 würde ich nicht viel geben. Das Modell ist hinsichtlich der Einschaltverzögerung mangelhaft, was sich durch Übernahmeverzerrungen in der Simulation bemerkbar machen müsste. Beim Nachmessen des Einschaltverhaltens in der Realität trat das bei meinen Exemplaren (ISC, ON) nicht zutage. Die Chancen stehen also gut, dass sie auch in der Verstärkerschaltung keine Erhöhung der Verzerrungen verursachen.

      Überkompensation: Mit Germanium einen Si-Halbleiter thermisch zu stabilisieren entspricht wohl nicht der reinen Schule der Elektronik. ;-). Ich bin gespannt, was die Praxis ergibt.

      Übrigens kann man auch den einzelnen Bauelementen ganz einfach eine Temperatur zuweisen und diese sogar parametrieren. Hinter der Modellbezeichnung muss man dafür nur "temp 40" oder mit Variable halt "temp {x}" ergänzen. Damit könnte man einen Temperaturunterschied zwischen Endtransistor und Fühler abbilden...

      Viele Grüße
      Christian
      Bilder
      • einzeltemp.JPG

        26,75 kB, 758×350, 8 mal angesehen
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hallo Michael, Christian, Mitleser,

      Übernahmeverzerrungen, Ruhestrom
      Was hier als THD zutage tritt, sind überwiegend Übernahmeverzerrungen, sie werden mit grösserem Ruhestrom kleiner.
      THD folgt aber bei der Temperaturabhängigkeit nicht dem Verlauf des Ruhestroms. Also ist die Temperaturwirkung komplexer. Verständlich, da ja bei der "globalen Temperatur" (in der ganzen Schaltung) auch Halbleiter in der Vorstufe beeinflusst werden. Bei der von Christian jetzt genannten individuellen Temperaturzuweisung wird es genauer. Mit der Temperatur der Sensor-Transistoren steigt der Klirr etwas.

      Ich habe mich in das zugrundliegende T-Modell bei LTSpice noch nicht eingelesen.


      Zuweisung individueller Temperatur
      Das wusste ich noch nicht. Das ist genau das, was man hier braucht. Damit werde ich noch etwas "spielen".

      Zunächst für die Körting-Originalschaltung mit Ge-Leistungstransistoren:




      Angesichts der Tatsache, dass die Sensor-Transistoren die Temperatur der Leistungstransistoren erst mit beträchtlicher Verzögerung sehen und auch ein ziemlich grosser Temperaturunterschied zwischen beiden bleiben wird, habe ich jetzt Christians Kompensationsschaltung in einer verbesserten Variante für MJ15004 aggressiver ausgelegt als in meinem letzten Post. Dabei ist auch eine recht gute Symmetrierung der Ruheströme beider Leistungstransistoren (pro Kanal) gelungen. Der Klirrfaktor für 20 kHz bleibt dabei im vorher schon genannten Bereich um 0,3% bei 8W an 4 Ohm.







      Höhere Verzerrungen in der Simulation mit MJ15004
      Nach unseren früheren Exkursionen (Revox Verstärker B750) in dieses Feld, hoffe ich auch, dass es nur eine Schwäche des MJ15004 (ON) Modells ist. Sollte es trotzdem nötig sein, könnte ich an der Gegenkopplung noch etwas "drehen" - dafür habe ich mich vergewissern wollen, wie wirksam das noch ist. Ich werde aber mit der jetzigen verbesserten Auslegung und begründetem Optimismus starten. :thumbup:

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 9 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      So langsam geht es Schritt für Schritt vorwärts.
      Inzwischen bin ich am Umbau der Endstufe, nachdem die AC132 eingetroffen sind.

      Aber vorher gab es noch eine wichtige Beobachtung:
      Nachdem die 100 kHz Schwingung, die durch induktive Kopplung der Sekundärwicklungen mit der Primärwicklung des Treiber-Übertragers hervorgerufen wurde (hatte Christian vorzüglich analysiert) ja beseitigt werden konnte, gibt es jetzt eine weitere!

      Stelle ich den Höhensteller auf Linksanschlag (Minimum) gerät der Verstärker in starke HF-Schwingung bei 10 MHz (+/- 1 MHz). Auf dem Oszilloskop ist dann nicht nur am LS-Ausgang sondern sogar auch in der Vorverstärkerstufe ein sauberer 10 MHz-Sinus sichtbar. Unter dieser Bedingung ist eine Verstärkung eines am NF-Eingang eingespeisten 1 kHz Signals nicht mehr möglich. Das kommt nur noch stark verzerrt "durch" (Oberwellen und IM-Produkte).
      Drehe ich dann den Höhensteller weg vom Linksanschlag, verschwindet die 10 MHz-Schwingung und das 1kHz Signal wird dann einwandfrei verstärkt wiedergegeben.

      Das Verhalten ist in der LTSpice Stabilitätsanalyse (Schleifenverstärkung und Phasenlage der Schleifenverstärkung als Funktion der Frequenz auswerten, wie zuvor von Christian beschrieben) nachvollziehbar, wenn auch dort das Höhen-Poti auf Minimum gestellt wird:
      Schleifenverstärkung und Phase bei Höhensteller auf Minimum:



      Bei 10 MHz ist die Bedingung der Schleifen-Verstärkung > 0dB erfüllt. Dabei beträgt die Phasenverschiebung 360° (bzw. 540° = 180° + 360°). Es ist das erste mal, dass ich bei dieser Phasenbedingung eine Schwingung sehe. Bisher kannte ich das nur von 180°.

      Die erfolgreiche Reproduktion der Schwingung in der Simulation, erlaubt nun, Gegenmassnahmen auszuprobieren. Am effektivsten war die Einfügung eines Tiefpasses in der Form eines Zobelgliedes in den Verstärkerausgang. In der üblichen Variante, 10 Ohm und 100 nF seriell nach Masse, war bereits eine erhebliche Absenkung der Verstärkung bei 10 MHz bis auf nahe 0 dB feststellbar. Deutliche Absenkung auf negative Verstärkung (<0 dB) war aber erst mit einer sehr niederohmigen Auslegung (R=0,5 Ohm seriell zu 100 nF nach Masse) gegeben. Aber selbst damit betrug die 10 MHz Verstärkung noch immer -3 dB, das ist noch nicht genügend Dämpfung:



      Ob dieses sehr niederohmige Zobelglied zulässig ist - denn die Gesamt Mindestimpedanz von ca. 3,5 Ohm der Parallelschaltung aus 4 Ohm LS-Last und Zobelglied darf am Endstufenausgang ja nicht unterschritten werden - muss ich noch ausrechnen. Womöglich nicht. Dann muss ich den Zobelwiderstand auf den Mindestwert anpassen, damit ich in der Toleranz bleibe.

      Eine wesentliche Verbesserung auf "sichere" -13 dB Verstärkung bei 10 MHz bekomme ich, wenn ich zusätzlich zum Zobel-Glied (oder stattdessen nur 100 nF Kapazität nach Masse parallel zur LS-Last, dann ist die 10 MHz Dämpfung noch stärker) den Miller-C am Transistor T562, den ich zuvor auf 100 pF oder Null verringert hatte (das reichte aus, um die 100 kHz Schwingung zu unterdrücken), wieder auf 10 nF erhöhe.




      Die anschliessende Frage war, ob die von Körting an den Endtransistoren vorgesehenen Miller-Kapazitäten von 10 nF nach diesen Massnahmen immer noch erforderlich sind. Auch hier kann es die Simulation beantworten: Ja, sie sind nach wie vor nötig, da sonst bei 180° Phasendrehung bei ca. 200 kHz die Schleifenverstärkung nur gerade auf 0 dB herunterkommt, also nicht ausreichend. Erst mit den 10 nF Miller-Kapazitäten auch an den Endtransistoren, ergibt sich eine (immer noch knappe) Phasenreserve von 30°, so dass die Schwingung 100 kHz unterdrückt wird.

      Im Ergebnis sind also mehrere Massnahmen gegen Schwingen bei verschiedenen Frequenzen erforderlich, die im Plan markiert sind:



      Das ergibt dann in Summe ein in der Simulation der Schleifenverstärkung stabiles Verhalten:





      Diese verbesserten Vorkehrungen gegen Schwingen werde so auch in der Si-Umbauversion mit der Ge-Ruhestrom-Stabilisierung nach Christian umsetzen, für die dieselben Stabilitätskriterien gelten.
      Sämtliche Zusatzkapazitäten zur Stabilisierung gegen Schwingen beeinträchtigen in der Simulation den Klirrfaktor. Aber der beste Klirrfaktor nützt ja nichts, wenn der Verstärker nicht stabil arbeitet. Die Priorität ist also klar.

      Körting hat in der letzten Version dieses Modells, 821/772 zwei Änderungen durchgeführt:

      1) die Parallelkapazität in der Gegenkopplung auf 3300 pF vergrössert. Offenbar war es erforderlich, die Hochtonverzerrungen bei 10-20 kHz weiter zu reduzieren. Dadurch sinkt die Verstärkung bei 20 kHz allerdings ab und die Einhaltung eines DIN-45500 gemässen Frequenzgangs von 40 Hz bis 16 kHz innerhalb +/- 1,5 dB (gegenüber 1 kHz-Referenzpunkt) gelingt dann schon nicht mehr oder noch gerade, wenn der Höhensteller auf maximal zulässige Abweichung von + 1,5 dB eingestellt wird. Bei 20 kHz beträgt damit der Abfall schon gute 3 dB. Aber wenn man mit Loudness hört, die bei diesem Verstärker ja immer zwingend vorhanden ist, dürfte das nicht sehr auffallen.

      2) Um die Wiedergabe am Tiefbassende zu verbessern die Kapazitäten der dafür entscheidenden Kondensatoren C571 (von T592 nach Masse) und C577 (Ausgangs-Koppelelko) verdoppelt.

      Ich habe für die vorgesehene Implementierung der Si-Version diese beiden Körting-Änderungen übernommen.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Beim Zobelglied habe ich mich vergalloppiert.

      Es hat natürlich einen guten Grund, warum der (ohmsche) Serienwiderstand im Zobelglied wenigstens 10 Ohm sein soll. Denn er begrenzt - unabhängig von der Frequenz - die Impedanz der Parallelschaltung mit einer 4 Ohm Last (Lautsprecher) auf wenigstens 2,9 Ohm.

      Wenn, wie in meinem Fall, die Zobel-Kapazität 100 nF ist (entspricht Reaktanz XC = -j 0,16 Ohm), stellt sie bei 10 MHz praktisch keinen Widerstand dar, wirkt bei 10 MHz wie ein Kurzschluss parallel zum Lautsprecher. Das ist aber nicht zulässig, so niedrige Lastimpedanz kann die Endtransistoren zerstören. Ich muss also wenigstens 10 Ohm in Serie zu den 100 nF vorsehen. Damit wird die Schwingungsdämpfung geringer, nur noch gerade 0 dB Schleifenverstärkung bei 10 MHz.



      Ich setze darauf, dass es trotzdem gutgeht, wenn die Grenzfrequenz der gewählten Endtransistoren MJ15004 hinreichend niedrig ist. Leider ist im Datenblatt kein Maximalwert angegeben, nur 2 MHz als Minimalwert.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Jetzt habe ich den ersten Praxistest des Umbaus auf Silizium mit Leistungstransistoren MJ15004 (ISC) mit der Ruhestromregelung nach Christian ( mit AC132) abschliessen können. Dabei wurden auch alle in meinem letzten Beitrag genannten Modifikationen gegen Schwingen implementiert.

      Ergebnis:
      Der Verstärker arbeitet stabil unter allen Betriebsbedingungen.
      Frequenzgang und Leistung entsprechen voll den Erwartungen.

      Aber...leider hat sich die Dimensionierung der Widerstände an den AC 132 nach Simulation als falsch herausgestellt. Das liegt daran, dass die verschiedenen Modelle für MJ15004 und AC128 (stellvertretend für AC132) sehr verschiedene Ruheströme liefern. Unglücklicherweise hatte ich in der Simulation gerade eine Transistormodell-Kombination, die zu grossem Ruhestrom tendiert. In der Simulations-Optimierung ergibt das einen bestimmten Satz von darauf angepassten Widerstandswerten, um den Ziel-Ruhestrom von 25 mA anzunähern.

      Beim Praxistest hat sich herausgestellt, dass ich damit nicht die angestrebten 25 mA Ruhestrom erreiche, sondern nur 190 µA. Dadurch habe ich - insbesondere bei kleiner Ausgangsleistung - heftige Übernahmeverzerrungen, die einen Klirrfaktor bis in zweistellige Höhe bewirken. Die sind "bilderbuchmässig":

      Oszilloskop-Bilder von oben nach unten:
      1 kHz Sinus an 4 Ohm Lastwiderstand bei

      0,1 mW,
      1 mW,
      10 mW,
      1W
      10W







      Ich muss also die Widerstandswerte erheblich grösser auslegen. Mein Plan für den nächsten Versuch ist dieser:



      Dafür muss ich nur 2 Widerstandswerte/Kanal ändern und kann das hoffentlich, ohne wieder alles herausreissen zu müssen.
      In der Simulation erhöht sich dadurch der Ruhestrom auf das 160-fache. Wenn das annähernd auch in real stimmt, sollte ich danach dann bei ca. 30 mA herauskommen.


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Forenfreunde,

      wie erwartet, führte die Vergrösserung der Widerstandswerte zum Erfolg, sprich zu Vorspannung an den Basen der Leistungstransistoren und damit zu Ruheströmen im Zielbereich ( ca. 25 mA). Allerdings brauchte es vier Versuche und die Widerstandswerte musste ich gegenüber dem Plan wesentlich vergrössern, um substantiellen Ruhestrom zu bekommen. Das hatte auch etwas Gutes! Ich konnte so die Korrelation zwischen simulierten und gemessenen Werten untersuchen und im Simulationsprogramm die Transistormodelle auswählen, die die beste Vorhersage erlauben. Mehr dazu weiter unten.

      Damit sind die krassen Übernahmeverzerrungen im letzten Post Geschichte.
      Aber "fertig" möchte ich noch nicht sagen, obwohl die derzeit gemessenen Daten den Ausgangszustand (mit teildefekten Ge-Leistungstransistoren) schon weit übertreffen.

      Hier liegt jetzt noch ein Problem (Christian, hast Du eine Idee?):
      Wenn ich mit der jetzigen Schaltung (ähnlich zu Christian's Vorschlag) mit einem bestimmten Anfangsruhestrom starte, dann beginnt nach ca. 1 Minute der Ruhestrom abzusinken. Offenbar setzt die Kompensation durch die AC132 durch beginnende Erwärmung ein. Dieser Vorgang kommt jedoch in überschaubarer Zeit nicht zu einem Ende, das Absinken des Ruhestrom setzt sich fort, erreicht auch nach einer Stunde keinen stationären Zustand. Dabei wird die Kühlfläche des Verstärkers gar nicht mal so sonderlich warm, Bereich ca. 30°C - 38°C (ohne Signal) bzw. 35°C - 45°C (mit Signal und Last). Positiv ist, dass der Ruhestrom auch bei voller Nennleistung an 4 Ohm nicht mehr "durchgeht" wie vorher ohne funktionierende Kompensation. Aber bei geringer Ausgangsleistung (z.B. 10-50 mW/4 Ohm) läuft mit der Betriebszeit ab Einschalten dadurch der Klirrfaktor hoch. Und zwar so weit, wie es längst nicht sein sollte, z.B. THD beim Einschalten 0,03% (1 kHz, 50 mW an 4 Ohm), nach einer Stunde bei unveränderten Einstellungen THD dann 0,6 %. Das ist die Folge des stetig abnehmenden Ruhestroms. Irgendwann, bei vielleicht 0,8%-1% Klirr wird dann vermutlich Ende sein, aber mein Ziel hatte ich eigentlich etwas höher gesteckt, zumal der THD-Startwert von <0,05% bei kaltem Gerät ja zeigt, was grundsätzlich bei der Schaltung möglich ist.



      Ich habe das Chassis schon in ein Gehäuse mit verbesserter Belüftung gebaut (Lüftungsschlitze auch oben im Gehäuse, so dass bessere Konvektionskühlung möglich). Hat aber nichts geändert.
      Wie ist die Schaltung abzuändern, damit früher ein stationärer Zustand erreicht wird, bzw. die jetzige Überkompensation gemindert wird, aber dennoch ein Anfangsruhestrom (kaltes Gerät, ca. 25°C) von ca. 25 +/- 10 mA vorhanden ist? Sollte idealerweise bei 35°C auf nicht weniger als 25 mA zurückgehen, aber auch nicht mehr als 50 mA betragen. Durch die Wärme des benachbarten Trafos werden 30°C in wenigen Minuten erreicht. Ich habe eine Leerlauf-Leistungsaufnahme (ohne Signal) von 18 VA Scheinleistung, bzw. 12 W Wirkleistung gemessen.

      Die Simulationsmodelle überschätzen alle den Ruhestrom, teilweise extrem. Das führt in der Schaltungsoptimierung zu falscher Auslegung der Widerstände. Ich habe verschiedene Transistormodelle für die Endstufe ausprobiert und bin schliesslich bei diesen gelandet, die noch am nächsten am praktisch gemessenen Ruhestrom liegen, aber immer noch um Faktor 3x zu gross vorhersagen:

      .MODEL AC128_neu PNP (BF=90 IS=17u RE=220m BR=100m VAF=30 ISE=190n TF=106n TR=10u CJC=100p MFG=GERMANIUM-TYPE)
      Das ist ein Ersatzmodell für AC132, für den kein Modell existiert.

      .MODEL MJ15004_Mot PNP (IS=21.5P NF=1 BF=130 VAF=213 IKF=3 ISE=2.54N NE=2 BR=4 NR=1 VAR=20 IKR=4.5 RE=32.1M RB=.128 RC=12.8M XTB=1.5 CJE=14.7N VJE=.6 MJE=.3 CJC=659P VJC=.22 MJC=.2 TF=19.8N TR=765N Vceo=140 Icrating=20 Mfg=Motorola_1993)

      Die jetzige, aktuelle Schaltung, mit der ich das Problem habe ist diese:
      Körting A500 Verstärker Si_version_Ruhestrom_Christian.asc.txt
      Nach Download Endung ".txt" entfernen, dann wird das File von LTSpice XVII erkannt.



      Sie gibt (wie im obigen Graph) einen Start-Ruhestrom von ca. 50 mA (Simulation: 155 mA)
      Bei 35°C gibt die Simulation damit 33 mA, was in real auf etwa 10 mA tatsächlichem Ruhestrom im Verstärker herausläuft. Bei 38°C 12 mA in der Simulation, in real ca. 4 mA, was den Verlauf des Klirrfaktors über die Zeit in der obigen Abbildung widerspiegelt.

      NACHTRAG:
      Der bisherige Ansatz war, dass der Ruhestrom mit einem hohen Wert ohne Erwärmung startet und dann bei der Erwärmung durch die Sensortransistoren AC132 (AC128) heruntergeregelt wird. Die Erfahrung damit war, dass dieses "Herunterregeln" nur schwer zu bremsen ist und die eigentliche Zunahme des Ruhestroms in den Leistungstransistoren bei Erwärmung überkompensiert.

      Der alternative Ansatz ist, dass der Ruhestrom mit eher mässig kleinen Wert startet und dann mit Erwärmung der Endtransistoren und des gesamten Gerätes ansteigt, dabei von der Regelung nur "gebremst" wird. In der Simulation lässt sich das mit dieser Bestückung realisieren:



      Diese Variante ist höherohmig und weniger empfindlich als die bisherige, mit der es zur Überkompensation und dem "negativem runaway" kam.

      Empirisch gab ja die Simulation mit den oben genannten Transistormodellen einen Ruhestrom, der gegenüber dem Schaltungsaufbau in Realität dreimal so groß war. Daraus lässt sich diese Erwartung ableiten:



      Das sieht doch vielversprechend aus! Der Ruhestrom bleibt unter den realistischen Temperaturkombinationen Sensor/Leistungstransistor immer im unkritischen Bereich unter 50 mA und fällt nie unter 20 mA.

      Also: Auf einen Neuen Versuch! :thumbup:




      Ein zweites Problem - handwerklicher Art:

      Die TO-3 Transistoren (MJ15004) müssen mit ihren B- und E-Pins direkt auf eine Cu-Fläche auf der Platine gelötet weren. Mit den alten Ge-Transistoren von 1968 ging das einwandfrei, deren Pins waren schon von Haus aus verzinnt. Mit den neuen Si-Typen MJ15004 (ISC) geht das kaum, das Lot benetzt die Pins nicht (Edelstahl? oder vernickelt?). Auch mit zusätzlichem Lötfett keine Benetzung.

      Momentan habe ich Kontakt, ist aber eher ein mechanischer Druckkontakt, nicht wirklich an-/aufgelötet. Deshalb notorisch unzuverlässig.
      Wer weiss, wie man (heutige) TO-3 an den Pins löten kann?


      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 17 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Das Problem mit den Pins hatte ich noch nie. Edelstahl kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt Oberflächen, bei denen man vorher etwas "braten" muss, bis das Zinn angenommen wird. Das macht man an Pins nicht gerne, aber evtl. probierst Du das mal aus an einem Exemplar ? Ich kenne das von einigen Lötfahnen, die aus einer Eisenlegierung sind und Zinn erst gar nicht annehmen wollen. Wenn man dann 5 Sekunden draufhält, geht es plötzlich. Warum weiss ich nicht, aber derlei Kontakte kommen immer mal vor ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Reinhard,

      bei mir hat leichtes Anrauen der Kontakte mit einer Feile die Lötbarkeit stark verbessert.

      Was die Abweichung von Simulation und Realität angeht, ich gebe zu, es erfreut mein Technikerherz.

      (Nothing goes over reality, but more reality.)

      Da ich den immer komplexeren Sachverhalten aber nur noch teilweise folgen konnte, eine Anmerkung unter Vorbehalt:

      Mir fehlt bei den Induktivitäten der ohmsche Wicklungswiderstand und die Wicklungskapazitäten zwischen dem Anfang und dem Ende der der jeweiligen Wicklungen und zwischen den Wicklungen. Vielleicht rückt die Simulation damit näher an die Realität?

      Gruß

      Rolf

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „KOR“ ()

      Hallo Michael, hallo Rolf,

      Danke für Eure Hinweise zur Lötbarkeit!

      Hohe Temperatur ("rumbraten auf den Pins") hatte ich schon versucht, half auch nicht. Sie haben sich dadurch nur etwas in Richtung messingfarben verfärbt.
      Das Aufrauen ist noch ein guter Tip!

      Ich muss ja für die neue Widerstandsbestückung alles wieder ausbauen. Beim Neueinbau werde ich die TO-3 Pins mit Schmirgel und Feile vor dem Löten bearbeiten.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Rolf,

      die ohmschen Widerstände hast Du überlesen. Hatte ich hier bereits genannt: saba-forum.dl2jas.com/index.ph…ltung-Stand-03-10-20-jpg/
      61 Ohm (173 mH primär) und je 12 Ohm (102 mH) für die Sekundärwicklungen. Die sind natürlich korrekt berücksichtigt.

      Wicklungskapazität zwischen Anfang/Ende jeder Wicklung haber ich nicht gemessen. Das Modell des Treibertrafos ist aber auch ohne diese ganz gut / brauchbar. Damit erhaltener Amplituden- und Phasen-Frequenzgang und die Verstärkung stimmen mit den Messungen perfekt überein, selbst noch an den Bandgrenzen (15 Hz und 20 kHz) und darüber hinaus. Sonst hätte die Simulation auch nicht die beobachteten Schwingungsfrequenzen von 100 kHz (+-10 kHz) und 10 Mhz (+/- 1 MHz) frequenzgenau wiedergeben können.

      Die Abweichung der Simulation betrifft hier NUR den Ruhestrom (DC) der Leistungstransistoren, der ja von frequenzbestimmenden Bauteilen (Kapazitäten und Induktivitäten) der Treiberstufe und Treibertrafo unbeeinflusst ist. Deshalb ist die Abweichung nicht auf unberücksichtigte Kapazitäten zurückzuführen sondern einzig auf die zugrundegelegten Transistormodelle. Über die Jahrzehnte haben sich sowohl die Transistoren vom Typ MJ15004 je nach Herstellprozess und Hersteller etwas geändert. So gibt es ein MJ15004 Modell für Motorola Jahr 1993 und ein Modell für ON Semi (die Nachfolgefirma von Motorola) aus dem Jahr 2004. Beide liefern sehr unterschiedliche Ruheströme.

      Bei Ge-Transistoren ist es noch dubioser: Dafür gibt es nur für ganz wenige Typen Simulationsmodelle und diese sind in jedem Fall "ungewiss". Wenn Du Ge-Transistoren misst, stellst Du schnell fest, dass sie eine viel weitere Streubreite der elektrischen Parameter aufweisen als neuere Si-Transistoren. Das gilt erst recht für Hersteller zu Hersteller-Unterschiede, auch Charge-Charge Unterschiede. Es ist daher im Nachhinein verständlich, dass es dadurch zu diesen Simulationsabweichungen kommt. Dazu kommt, dass es für AC132 gar kein Modell gibt und ich deshalb ein AC128 Modell dafür als "Krücke" nehmen müsste. Du siehst an den oben gelisteten Daten auch, dass bereits ein Unterschied von 5°C Betriebstemperatur einen Ruhestrom-Unterschied von 50% ausmacht, und das mit der implementierten Kompensation! Ohne ist es noch viel mehr.

      Insofern gilt: Eine Simulation kann nicht genauer sein als das zugrundeliegende Modell für das simulierte Bauteil.
      Beim Bauteilemodell liegt der Hund begraben.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()