Grundig 5040W

      Hallo zusammen,
      weil Achim hier noch nicht wieder das Wort egriffen hat: kleine Zeitreise in das Jahr 1972 gefällig?
      Mein erstes eigenes Radio war vom Sperrmüll. Eine nette Röhrenkiste von Schaub-Lorenz , ein Goldsuper W42 : radiomuseum.org/r/schaub_goldsuper_w42_w_42.html Technisch eigentlich nichts besonderes bis auf die nette Gegentaktendstufe mit 2 ECL82, da ging schon was!
      UKW eher Standard mit ECC85, ECH81, EF93, EABC80 . Damals konnte ich im 2.Stock eines Mietshauses im Norden Bonns mit Zimmerdipol Radio-Luxemburg auf UKW empfangen. Leicht verrauscht zwar aber es ging. Ich fand es damals beachtlich bei etwa 130 km Enfernung zum Sender.
      Der Empfang dieses Senders war für mich aber eher nur empfangstechnisch interessant und um meinen Vater zu ärgern (der hasste Radio-Luxemburg, das "Radio-Trallala", wie er es nannte). Nebenbei: als Schüler hörte damals überwiegend das gerade neue Schülerprogramm von SWF 3 (mit Frank-Laufenberg und Mitsreitern, das war klasse!).
      Kurz darauf hatte ich Zugang zu einem Saba HiFi Studio 8050. Also ein Gerät der HiFi-Mittelklasse noch mit 3 Stück AF106 im Tuner. Dieser Receiver brachte an gleicher Antenne Radio-Luxemburg nicht spürbar besser rein wie das Röhrengerät. Ich war etwas entäuscht. Ich muss zugeben, das Rauschen fiel da allerdings eher auf wegen seiner größeren Übertragungsbandbreite. Immerhin reifte bei mir damals die Erkenntnis, daß gut gemachte Röhrenradios empfangstechnisch nicht wirklich schlechter sind als Transitorgeräte. Dies also hier zur Ehrenrettung von Röhrenradios aus persönlicher Erfahrung.

      Viele Grüße
      Frank
      Solche Dinge sind es doch die in einem Forum höchstinteressant sind, das Salz in der Suppe sozusagen.

      Nur um bei denen die mich nicht kennen kein Mißverständnis aufkommen zu lassen, ich sammelte generell deutsche Geräte, einige US-amerikanische, englische, aber eben Platz eins nahmen die Deutschen ein.

      Genannte Fernostler waren Ausnahmen, Sony weil ich aus Profession da sehr guten Zugang hatte, meterweise Datenbücher und Applikationsschriften usw. Und eigene Chip-Entwicklung wie hier bei uns bspw. Siemens.
      Und Sangean weil das ein wirklicher Spezialist für winzige aber starke Empfänger ist und war.
      Die Deutschen hatten zu dem Zeitpunkt (Anfang der Achtziger brach dieses konzertierte Sterben los und zu den Neunzigern oder spätestens um Millenium herum war alles vollends über den Jordan) wie schon geschrieben ausgeröchelt oder waren an irgendwen verkauft.

      Als ich anfing mit Rundfunkempfängern da gruben wir zum Schutz vor den alliierten Radiokillern vergrabene und dann vergessene Radios in Scheuen oder Ställen oder Gärten aus und setzten sie wieder in Gang.
      Als das Wirtschaftswunder es ermöglichte stand dann eine klanggewaltige schellackpolierte (ich glaube) vogelahorn-verzierte Konzerttruhe von Loewe Opta im Wohnraum neben in gleichem Holz gehaltenem Buffet und Nierentischchen.
      Mag man es belächeln oder nicht, diesen Klang oder die Erinnerung an ihn habe ich noch immer im Ohr und nichts heutiges kann den je erreichen - naja wie auch bei sicherlich schon massiv abgebautem Gehörsinn.
      Es folgten viele weitere deutsche Geräte, Graetz, Mende, Grundig, Schaub-Lorenz usw.

      Der Sender Luxembourg war hier in den Sechzigern sehr beliebt, später wurde er fade, quotenheischend und reklameverseucht, das war nur noch Abklatsch. Wir hörten ihn nicht auf UKW, sondern aus Marnach und Junglinster über zwei der vier fröhlichen Wellen, MW (im Europaband) und KW (im 49m Band). Selbst neben der Sendekeule mit Ausrichtung Großbritanien bekamen wir genug ab das man damit grob abschätzen konnte ob ein Empfänger etwas taugte und wie gut er war.
      Die Japsequetschen waren taub dafür, oder Überlagerungen machten den Empfang zur Strafaktion.
      Mittelprächtige Europäer brachten ihn so mal herein, auf Mittelwelle immer nur mit Pfeifton.
      Gute und sehr gute Empfänger (Grundig, ITT, SABA, Nordmende) fischten beide Wellen sauber und störtonfrei ab und man konnte das Ergebnis sogar aufnehmen, wenn man mal eine Musik vor allen anderen im Hause haben woltle und sich nicht um den Höhenfrequenzgang scherte der bei 7...8kHz schon weit abgesenkt war.

      So ein Satellit 2000 brachte nochmal einen von vielen nicht für möglich gehaltenen Merhwert an Luxembourg-Empfang. Auch mein Philips Koffer-Auto-Radioteil schaffte das mit gespreiztem Europa-MW-Band und gespreiztem KW-49m-Band exzellent.
      Ein zeitgenössisches Grundig Weltklang Autoradio mit passiver gut angepaßter Langantenne hielt in den Siebzigern den Rekord - von der Rheinruhr-Schiene bis ins Land der Franken kam Luxembourg ununterbrochen und störungsfrei rein ohne das Fading ein Problem gewesen wäre. Einzig in Unterführungen und beim Überholen von mies entstörten anderen Wagen hörte man etwas anderes als bloß das Programm.
      Das war auch das Gebiet auf dem Grundig noch lange nachdem alles andere nur noch aussah wie der Rest bei mir punkten konnte, die Autoradios aus Braga. Ich kaufte davon die Topmodelle noch bis in die Neunziger und fuhr im wahrsten Sinne des Wortes gut damit.
      Wer das herstellt was heute in meinen Fahrzeugen dudelt weiß ich nichtmal mehr, große Kombikisten mit GPS, Mehrfachtuner, Diversity, Kartenslots, DAB+ und Handyfunk, blaue Zähne für das Smartphone und unzählige weitere Sonderfunktionen, incl. Multimedia-Dachtunnel mit Fernsehen, Video und im ganzen Wagen verteilten Aktiv-Lautsprecher Systemen. Außer dem Bundes-Mux gibt es allerdings nichts mehr was man von der Küste bis ins Gebirge durchgehend hören kann - Rückschritt auf höchtem Niveau als Fortschritt verkaspert.
      Den DLF oder die Deutsche Welle, den NWDR, Bayrischer Rundfunk hörte ich früher noch bis nach Italien im Auto mit einem damals optimalen aber heute eher unauffälligen Analogradio.
      Aber so will es die aktuelle Obrigkeit ja auch, der Mensch soll dumm leben und sterben, Informationen gezielt, geframed und gelenkt beigeflüstert bekommen, das geht digital alles viel besser.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.