BD418

      Hallo Michael, Reinhard,

      umso mehr ziehe ich meinen Hut vor den Entwicklern. Was wir hier durch munteres Probieren und Studieren herausfinden, haben sie aus der Theorie entwickelt und sicher dann am Testaufbau in vielen Durchläufen überprüft. Ich würde gerne mal wissen, wieviele Varianten mit Frequenzgenerator und Kennlinienschreiber durchgepfiffen worden sind.

      Aber ein Praxistest fehlt bei uns ja sowieso noch. Gibt es den Peak um ein MHz, kann man ihn mit dem Feedback-Kondensator bekämpfen? Evt. mit BD139/140 und alternativ mit BD417/418.

      Noch ein Steinchen der Erkenntnis: andere Transistormodelle: 2SC2690, 2SA1220, TIP41C, TIP42C, erweisen sich als noch schwingfreudiger und sind mit der Rückkopplung nicht mehr vollständig zu bändigen. C1121 von 10 auf 220pF ist da wirksamer.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Die Entwickler haben ihr Handwerk verstanden, keine Frage. Denn es musste ja alles "von Hand" berechnet werden, dann im Versuchsaufbau überprüft, das brauchte Zeit. Mit den heute verfügbaren Möglichkeiten wäre die Entwicklung schneller gewesen. Aber kommt es darauf wirklich an? Immer mehr, immer schneller? Erkenntnis ist der Gewinn, nicht Geschwindigkeit.

      Gruß
      Reinhard
      ...Praxistest:

      Mein 9241 hat bereits die LR-Glieder nachgerüstet, damit würde ich deshalb den Peak im Zielbereich 700 kHz-1 MHz nicht erwarten. Die Modifikation möchte ich auch nicht wieder herausoperieren, auch nicht probeweise. Sollte ich mal wieder einen 92xx zum Verarzten bekommen, könnte ich mit dem Signalgenerator die Treiber- und Endstufe von 100 kHz bis 2 MHz "durchpfeifen". Derzeit fehlt mir aber der geeignete Prüfling.

      Gruß
      Reinhard
      Liebe Freunde,

      das geht mir genauso wie Reinhard -- ich öffne ungern perfekt laufende Geräte. Aber ein neuer Proband wird sicher mal kommen.

      Der Einsatz von Software zur Beschleunigung des Modellwechsels ist mir zuwider, was soll das bringen (ausser Profit für einige) ? Sicher keinen Mehrwert für die Verbraucher. Aber zur Modellpflege und Verbesserung kann es Wunder wirken, wie wir hier ja sehen. So sollte es eingesetzt werden, und alles wieder auf mehr Nachhaltigkeit getrimmt werden. Ich bezweifle stark, dass Geräte von jetzt in 40 Jahren irgendwen interessieren werden (ausser aus rein historischen Gründen vielleicht).

      Ich weiss, dass Metaxas recht viel mit Simulation gemacht hat, noch in einem frühen Stadium. Heute nutzt er es wie Ihr hier, und ohne das hätte er m.E. viele seiner Geräte nicht ans Laufen gebracht, weil er immer "am Rand der Möglichen" jongliert, was die Geschwindigkeit betrifft. So hat er für sich eine Niche etabliert, die ihm eine erstaunlich treue Fangemeinde sichert.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      Schaltungssimulation ist schon seit vielen Jahren Standard in der Entwicklung in vielen, wenn nicht sogar allen Bereichen der Elektronik. Ist auch überall Teil der Elektrotechnik-Ausbildung/Studium und Hinweise darauf fehlen praktisch in kaum einem Lehrbuch, weder in denen mit "heavy stuff" (z.B. Tietze/Schenk/Gamm Halbleiter-Schaltungstechnik (PSpice)), als auch den leichter verdaulichen (z.B. Horowitz, Hill The Art of Electronics) (Spice) oder Monographien für spezielle Bereiche (z.B. D. Self, Audio Power Amplifier Design bzw. Bob Cordell, Designing Audio Power Amplifiers). Es ist geradezu selbstverständlich, dass auch kleinere Unternehmen das nutzen.

      Es gibt heute ganz ausgefuchste Software, die aus dem Schaltungsentwurf auch das Layout erstellt und die fertigen Files für die Platinenfertigung am Ende ausspuckt (na ja, ganz so einfach, wie sich das liest, ist es nicht, aber so ähnlich). Das ist aber teures Profi-Zeugs für Unternehmen. Wir Hobbyisten sind schon glücklich, wenn es das kostenlose LTSpice weiterhin gibt und es so gut mit Bauteilmodellen unterstützt wird, wie bisher. Dafür muss es keine eierlegende Wollmilchsau sein, die auch noch Platinen erzeugt.

      Besonders Audio-Verstärker Simulation ist relativ einfach und fast narrensicher. Bei MOSFET gibt es u.U. Einschränkungen, aber die Modelle wurden inzwischen dort auch weiter verbessert. Was man natürlich so nicht erfasst, sind parasitäre Effekte (Induktivitäten und Kapazitäten von Schaltungslayout usw.). Den Praxistest ersetzt eine Simulation deshalb nicht. Das A und O ist die Kenntnis, wie man die Modelle und Anweisungen richtig eingibt (meist sitzt das Problem vor dem Computer). Ich lerne immer noch und entdecke fast täglich neue Funktionen in der Software.

      Die jüngeren Forenkollegen mit Elektrotechnik-Ausbildung können viel mehr dazu sagen als ich, der erst im Rentneralter begonnen hat, sich damit zu beschäftigen und nicht aus der E-Technik kommt.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Michael, Reinhard,

      dann schaun mer mal, wer von uns zuerst wieder ein einschlägiges Gerät in die Hände bekommt.
      Der Vollständigkeit halber: Ein Spice-Modell von den BD245/246 hat niemand von euch zur Verfügung? Wie schon geahnt, die Endstufentransistoren tragen stark zur Gesamtverzögerung bei. Es gibt in den An- und Abschaltkurven beträchtliche Unterschiede. Es werden auch nicht alle Modelle korrekt sein. Z.B. habe ich das in der Grundversion vorhandene Modell eines BD243A mit einem aktuell abrufbaren von OnSemi verglichen. Da liegen Welten dazwischen hinsichtlich des Zeitverhaltens. Im Modell des BD243A scheint keine interne Kollektor-Basis-Kapazität berücksichtigt worden zu sein. Außerdem passt die Ube mit 3 Volt nicht.





      Mit BD243C und BD244C OnSemi ist die Schaltung übrigens ohne Zusatzmaßnahmen stabil. Die Phasenreserve beträgt ca. 30°. Mit Zusatz-C kann man dann 80-90° erreichen, ohne dass der Klirrfaktor bei hohen Frequenzen leidet.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hallo Christian,

      Kollektor-Basis Kapazität von BD243A, Hersteller Philips, ist im Modell enthalten.

      .MODEL BD243A NPN(IS=3.11126E-13 ISE=6.90683E-11 ISC=3.31131E-13 XTI=3 BF=93.0 BR=9.78891 IKF=5.62341 IKR=0.0382066 XTB=1.9711 VAF=174.5 VAR=122.381 VJE=0.6403992 VJC=0.4308133 RE=0.701391 RC=0.701391 RB=43.8404 RBM=0.436865 IRB=5.2264E-5 CJE=8.001919E-10 CJC=1.34699E-10 XCJC=0.5559 FC=0.5 NF=0.973751 NR=0.980115 NE=2.0 NC=1.09387 MJE=0.339666 MJC=0.347066 EG=1.2325 VCEO=55 ICRATING=6 MFG=PHILIPS)

      Im BD243C von ONSemi ist sie etwas kleiner: CJC 1.108 E-10 (F) wie Dein Bild zeigt.
      Also 110pF (ONSemi), bzw. 135pF (Philips)

      Ich hatte nicht nach Modell-Updates gesucht. Danke für Deine Suche und den Vergleich. UBE 3V ist natürlich Quark, muss ja immer ca. 0,7V (0,4-0,9V) sein. Ich werde das schrottige Philips Modell gleich bei mir löschen und ersetzen.


      Für BD243/BD244 habe ich auch die Modelle von ONSemi von 2000 gefunden, dort heisst es, dass dieses Modell für die A/B/C Versionen gleichermassen gilt:

      *BD244A/B/C PNP EPITAXIAL SILICON TRANSISTOR*--------------------------------------------------------------------
      * Medium Power Linear and Switching Applications* Complement to BD243, BD243A, BD243B and BD243C Respectively
      * Vcbo & Vceo: BD244(-45V), BD244A(-60V), BD244B(-80V), BD244C(-100V)
      *--------------------------------------------------------------------
      * MODEL PARAMETERS FROM MEASURED DATA: BD244B
      *--------------------------------------------------------------------
      .MODEL BD244 PNP( + LEVEL = 1+ IS = 1.09078E-12+ NF = 1.00172+ ISE = 2.51189E-12+ NE = 1.5+ BF = 240.3+ IKF = 1.1124198+ VAF = 153.184+ NR = 0.9935+ ISC = 9.14539E-13+ NC = 1.21111+ BR = 20.265+ IKR = 0.524807+ VAR = 36.6808+ RB = 49.2185+ IRB = 5.84552E-05+ RBM = 0.727994+ RE = 0.0379141+ RC = 1.0135+ XTB = 1.3913+ EG = 1.2342+ XTI = 3+ CJE = 4.484304E-10+ VJE = 0.5862666+ MJE = 0.3243386+ CJC = 2.066303E-10+ VJC = 0.4538756+ MJC = 0.3323408+ XCJC = 0.6935+ FC = 0.5 )
      * -------------------------------------------------------------------
      * FAIRCHILD CASE: TO-220 PID: BD244B* NOV-24-2000 CREATION


      Es gibt aber noch neuere Modelle:

      *Modell BD244C von 2004
      **************************************
      * Model Generated by MODPEX *
      *Copyright(c) Symmetry Design Systems*
      * All Rights Reserved *
      * UNPUBLISHED LICENSED SOFTWARE *
      * Contains Proprietary Information *
      * Which is The Property of *
      * SYMMETRY OR ITS LICENSORS *
      * Modeling services provided by *
      * Interface Technologies i-t.com *
      **************************************
      .MODEL Qbd244c pnp
      +IS=1.84064e-11 BF=154.094 NF=0.85 VAF=43.9293
      +IKF=2.19674 ISE=3.99858e-12 NE=3.50008 BR=2.30492
      +NR=0.909946 VAR=1.47493 IKR=10 ISC=5.5e-13
      +NC=3.9375 RB=4.66519 IRB=0.1 RBM=0.1
      +RE=0.000378354 RC=0.103409 XTB=0.1 XTI=1
      +EG=1.206 CJE=2.0486e-10 VJE=0.4 MJE=0.28771
      +TF=1e-08 XTF=2.84909 VTF=6.15353 ITF=0.001
      +CJC=1.10865e-10 VJC=0.627163 MJC=0.23 XCJC=0.799927
      +FC=0.8 CJS=0 VJS=0.75 MJS=0.5
      +TR=4.10043e-07 PTF=0 KF=0 AF=1
      * Model generated on Jan 31, 2004
      * Model format: PSpice


      *Modell BD243C von 2004
      **************************************
      * Model Generated by MODPEX *
      *Copyright(c) Symmetry Design Systems*
      * All Rights Reserved *
      * UNPUBLISHED LICENSED SOFTWARE *
      * Contains Proprietary Information *
      * Which is The Property of *
      * SYMMETRY OR ITS LICENSORS *
      * Modeling services provided by *
      * Interface Technologies i-t.com *
      **************************************
      .MODEL Qbd243c npn
      +IS=8.44676e-12 BF=163.26 NF=0.85 VAF=45.8213
      +IKF=2.08356 ISE=3.99831e-12 NE=3.5001 BR=2.16419
      +NR=0.911774 VAR=1.4888 IKR=10 ISC=5.5e-13
      +NC=3.9375 RB=4.77225 IRB=0.1 RBM=0.1
      +RE=0.000373127 RC=0.103853 XTB=0.1 XTI=1
      +EG=1.206 CJE=2.0486e-10 VJE=0.4 MJE=0.287713
      +TF=1e-08 XTF=3.03299 VTF=5.79917 ITF=0.001
      +CJC=1.10863e-10 VJC=0.627162 MJC=0.23 XCJC=0.799945
      +FC=0.8 CJS=0 VJS=0.75 MJS=0.5
      +TR=4.16478e-07 PTF=0 KF=0 AF=1
      * Model generated on Jan 31, 2004
      * Model format: PSpice


      *Modell für BD243B von 2004
      **************************************
      * Model Generated by MODPEX *
      *Copyright(c) Symmetry Design Systems*
      * All Rights Reserved *
      * UNPUBLISHED LICENSED SOFTWARE *
      * Contains Proprietary Information *
      * Which is The Property of *
      * SYMMETRY OR ITS LICENSORS *
      * Modeling services provided by *
      * Interface Technologies i-t.com *
      **************************************
      .MODEL Qbd243b npn
      +IS=7.3545e-12 BF=168.731 NF=0.857067 VAF=46.2279
      +IKF=2.03153 ISE=3.99835e-12 NE=3.5001 BR=2.13866
      +NR=0.916178 VAR=1.49398 IKR=10 ISC=5.5e-13
      +NC=3.9375 RB=4.65852 IRB=0.1 RBM=0.1
      +RE=0.000368482 RC=0.100439 XTB=0.1 XTI=1
      +EG=1.206 CJE=2.0486e-10 VJE=0.4 MJE=0.287713
      +TF=9.99587e-09 XTF=3.03292 VTF=5.79913 ITF=0.001
      +CJC=1.10863e-10 VJC=0.627162 MJC=0.23 XCJC=0.799945
      +FC=0.799998 CJS=0 VJS=0.75 MJS=0.5
      +TR=4.16478e-07 PTF=0 KF=0 AF=1
      * Model generated on Jan 31, 2004
      * Model format: PSpice

      Die MODPEX Modelle aus 2004 für BD243C und BD244C machen (ohne LR-Glied) immer noch eine Resonanzstelle bei 950kHz, aber nicht mehr so stark. UBE ist damit ok. Mit LR-Glied ist alles im grünen Bereich - auch ohne den zusätzlichen Kondensator (ggf. mit 1k Serienwiderstand) parallel zum Gegenkopplungswiderstand.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Hallo Reinhard,

      da Dich der Grund für das fehlerhafte Transistormodell sicher ebenfalls interessiert, poste ich hier noch einen Splitter:

      Nach etwas Lesen hier:

      ltwiki.org/index.php?title=Q_Bipolar_transistor

      habe ich herausgefunden, was mit den beigefügten Modellparametern des BD243A nicht stimmt:
      Die Verzögerung durch die Basisladung wird u.a. mit dem Parameter TF, einer Verzögerungszeit abgebildet. Er wurde schlicht und ergreifend nicht eingefügt. Ergänzt man den Wert, zeigt der Transistor im Modell eine passend verrundete Einschaltkurve.
      Die hohe Spannung zwischen Basis und Emitter liegt an einem zu hoch angegebenen Emitterbahnwiderstand. Der Parameter dazu nennt sich RE. Bei den Modpex-Parametern liegt der Wert bei ca. 0,003 Ohm. Auch da: korrigiert man den Wert, kommen plausible Verläufe heraus.

      Fehlerhaftes Modell:
      .MODEL BD243fail NPN (IS=3.11126E-13 ISE=6.90683E-11 ISC=3.31131E-13 XTI=3 BF=93.0
      +BR=9.78891 IKF=5.62341 IKR=0.0382066 XTB=1.9711 VAF=174.5 VAR=122.381 VJE=0.6403992
      +VJC=0.4308133 RE=0.701391 RC=0.701391 RB=4.38404 RBM=0.436865 IRB=5.2264E-5
      +CJE=8.001919E-10 CJC=1.34699E-10 XCJC=0.5559 FC=0.5 NF=0.973751 NR=0.980115
      +NE=2.0 NC=1.09387 MJE=0.339666 MJC=0.347066 EG=1.2325 (hinzugefügt: TF=1e-08)
      +VCEO=55 ICRATING=6 MFG=PHILIPS)

      Das soll jetzt nicht das Modell heilen. Das ist nicht sinnvoll, es gibt ja gute Alternativen. Aber es schadet sicher auch nicht, den bereitgestellten Modellen mit etwas gesundem Misstrauen zu begegnen, die Werte zu überfliegen und ggf. per Parameterplot deren Plausibilität zu prüfen.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Christian, besten Dank für die Detektivarbeit!

      Irgendwo merkte ich mal an, daß ich bei Simulationen skeptisch bin.
      Auch schrieb ich, das Hirn, was vor dem Rechner sitzt, sollte eine Simulation einschätzen können.
      Dies ist ein gutes Beispiel, warum man einer Simulation nicht blind vertrauen sollte.
      Ich kann von ähnlichen Ungereimtheiten berichten, nicht nur Fehler in der Datei des Bauteils.
      Auch bei Simulatoren finden sich manchmal seltsame Fehler, nicht nur in Grenzbereichen.
      Dies als positive Kritik, ich arbeite selbst mit mehreren Simulatoren.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Moin, moin,

      ich bin wieder einmal begeistert !! Echte Fortschritte. Und, Andreas, alle sind Deiner Meinung. Das Gute hier ist doch, dass die Protagonisten, die _hier_ an die Simulation gehen, den Hintergrund haben, und die Ergebnisse einschätzen und bewerten können. Wenn man erst rechnen lernt, mit Gefühl für Zahlen und Größenordnungen, kann ein Taschenrechner ein Segen sein. Wenn man gleich alles mit ihm lernt, ist er ein Fluch ...

      Also, mit jedem neuen Ergebnis kommen wir doch gut weiter. Momentaner Stand: Wenn alle Bauteile OK sind, und das LR-Glied schon nachgerüstet, sollte die Endstufe problemlos laufen --- und das passt durchaus zu den vorliegenden Erfahrungen. Es gab noch einige Aspekte in Zusammenhang mit den Endanschlägen des Balance-Potis, wenn ich mich recht erinnere, das kann man ggf. später noch einmal mit in den Focus nehmen.

      Was sich auch abzeichnet: Da wir bei älteren Exemplaren auch mit gealterten Halbleitern rechnen müssen, sind kleine Maßnahme zur Erhöhung der Stabilität sinnvoll. Die Ergänzung von 4.7 ... 10 pF, evtl. in Reihe mit 1 kOhm, parallel zum Gegenkopplungswiderstand sieht nach einer guten Maßnahme aus, der Praxistest soll noch folgen.

      Womit ich noch einmal auf die Halbleiter verweisen möchte. Mir war bisher bei Reparaturen von defekten Endstufen aufgefallen:
      - Auf der Treiberkarte nicht selten stark streuende Werte, speziell beim T 1108 (meist ein BC 639). Mein Eindruck war, dass eine zu kleine Stromverstärkung ungünstig ist, aber das hat sich in den Simulationen wohl eher nicht bestätigt.
      - Auf der Endstufenplatine war nicht selten ein Treiber (oder beide) taub (falls nicht sowieso defekt). Etwas häufiger schien der BD 418 betroffen zu sein, zweimal gab es Probleme mit dem C 1170 (fehlte einmal, oder die 33 pF waren defekt).

      Ich habe die Treiberkarten und Endstufen seither immer so überarbeitet, wie anderen Ortes hier im Forum beschrieben, und damit bislang keine Probleme bekommen. Nun kann sich aus obigen Recherchen von Christian und Reinhard noch eine deutliche Verbesserung ergeben, die ich sehr begrüße. Auch wenn UKW mal abgeschaltet werden sollte, bleiben diese Receiver nach wie vor tolle Teile, mit einem hervorragenden Ergebnis an einer recht grossen Zahl von Lautsprechern --- weil die Endstufen nicht wählerisch sind.

      Wir haben eine hohe Bandbreite festgestellt, eigentlich mehr, als man braucht. Aber viele Endstufe mit dieser Eigenschaft bringen gute Ergebnisse, warum auch immer (das könnte man einmal gesondert diskutieren). Ausserdem ist die Ausgangsstufe eben hier _kein_ Emitterfolger, was m.E. schwieriger zu handhaben ist, aber am Ende eher bessere Ergebnisse bringt, jedenfalls in der Unempfindlichkeit gegenüber den angeschlossenen Lautsprechern. Dazu muss man bedenken, dass inzwischen kaum noch ein Hersteller versucht, die Last ohmsch zu gestalten --- vielmehr sind Lautsprecher wirklich schwierige komplexe Lasten. Das mag man nun mögen oder nicht, aber für die Verstärker ist das dann schwerer.

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael, Andreas,

      die bisherigen LTSpice-Simulationen wurden jeweils mit den Transistormodellen, so wie vorgefunden, durchgeführt. Nur die Typen für Treiber und Endstufe habe ich variiert. Reinhard wird ähnlich vorgegangen sein. Beta-Variationen waren also eher zufällig und klein und auch immer gebunden an komplett andere Modelle.
      Eine gezielte Variation mittels "Step Parameter" ist möglich durch temporäre Änderung des BF-Wertes in den jeweiligen Modellen. Die Charakteristik der Änderung über Ic bleibt dabei sehr wahrscheinlich erhalten.

      Dazu gibt es eine undokumentierte Anweisung, die angewählte Parameter überschreibt:

      .model BD123a AKO: BD 123 (BF=irgendwas ...)

      Was sind praxisnahe Werte für die Variationen bei den tauben Treibern der Endstufe und beim Emitterfolger auf der Treiberplatine?

      Was die Modelle für die Endstufentransistoren betrifft, habe ich eins mit integriertem Zeitverhalten vom TIP33C gefunden, das sicher sehr nahe am BD245C ist. Bei den Treibern BD139/140 gibt es ebensolche aktuellen Modelle von ST.

      Vom Komplementärtyp TIP34C konnte leider ich keines auftreiben, da der schon eine Weile abgekündigt ist. Es gibt sie aber in kommerziellen Spice-Paketen. Wenn jemand Zugang zu PSpice oder OrCad o.ä. hat, ich wäre dankbar für die Zahlenkolonne eines TIP34C.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hi Christian,

      besten Dank -- ich würde gerne mehr sagen, kann das aber nicht, weil ich nicht weiss, wie sich alte, schwer gebeutelte Transistoren von normalen so unterscheiden. Ich messe mal die Kennlinie, aber ich kann nicht sehen, wie das HF-Verhalten sich geändert hat. Das könnte u.U. deutlich wichtiger sein. Vielleicht haben andere hier im Forum diesbezüglich Erfahrungswerte an der Hand ?

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Leute,

      eine etwas ausführlichere Recherche hat nun doch noch Modelle zu den TIP33C und TIP34C zutage gebracht. Sie stammen wohl ursprünglich von Motorola. Gefunden habe ich sie hier:
      espice.ugr.es/espice/src/modelos_subckt/spice_complete/
      Diese Uni bietet eine kommandozeilenbasierte Simulationssoftware an, die eine Fülle von Modellen beinhaltet.

      Wie sieht nun die Simulation damit aus? Bekommt man damit evt. heraus, welche Größe für die Kondensatoren zwischen Basis und Kollektor der Treiber sinnvoll sind? Vorab: Mir ist es nicht gelungen. Aber eine Menge anderer Erkenntnisse, was die Wahl der Endstufentransistoren und div. Modelle dieser Transistoren betrifft, sind angefallen.

      Zuerst ein Simulationsergebnis mit den TIP-Modellen. Auch alle anderen verwendeten Transistormodelle beinhalten nun die Zeitkonstante, die die Ladungsspeicherung in der Basis simuliert:



      Es handelt sich um eine Transienten-Analyse bei 20 kHz Eingangsfrequenz und einer Ausgangsleistung von ca. 50 Watt, damit die Endstufe auch ordentlich gefordert wird. Die grüne Kurve ist das Eingangssignal, die rote Kurve der Ausgangsstrom am 4 Ohm-Widerstand. Grau und Magenta dargestellt sind die Anteile des oberen, bzw. unteren Zweigs am Ausgangsstrom. Interessant ist die obere blaue Kurve, der Ausgangsstrom des Treibermoduls, genauer, des Transistors T1108, der in Kollektorschaltung die Ströme für die Treiber der Endstufe liefern muss. Dort sieht man deutliche Verzerrungen des Signals im Bereich des Nulldurchganges. Genauer: Kurz bevor ein Ausgangszweig zu leiten beginnt, gibt es bei T1108 einen Peak.

      Was noch auffällt: Im Übergangsbereich gibt es einen Zeitraum von ca. 5 µS, in dem ein relativ hoher Querstrom fließt, d.h. beide Endstufentransistoren leiten. Was geschieht da? Dazu habe ich mir einen Endstufenzweig aus der Simulation herausgelöst und etwas vereinfacht.



      Es ist die Komplementärdarlingtonstufe mit nur einem Endtransistor und Widerständen analog zur Originalschaltung. Um das Schaltverhalten der Transistoren zu analysieren, bekommt der Eingang ein Rechtecksignal von 15V. Dabei habe ich den Kondensator am Treibertransistor variiert, einmal 0,01pF, also nicht bestückt, und das andere Mal mit 1 nF eingetragen. Die sich ergebenden Signalverläufe zeigt das folgende Bild:



      Beim Einschalten zeigt sich, dass für einige 100 nS der Treibertransistor allein die Stromlieferung an den Ausgang übernimmt. So lange dauert es, bis der Endstufentransistor reagiert. Gleichzeitig kommt es dadurch ohne C1 am Treibertransistor zum Überschwingen des Systems. Erst nach einer knappen Mikrosekunde stellt sich ein stationärer Zustand ein. Um den Peak komplett zu verhindern, müsste dieser mit dieser Transistorkombination auf 1 nF vergrößert werden. 33pF oder 100 pF dämpfen ihn kaum.

      Auch der Ausschaltvorgang ist interessant. Er zeigt den Nachteil üblicher Darlingtonkonstrukte. Es dauert nach der Rückkehr des Eingangssignals auf 0V relativ lange, bis das System abschaltet. Hier sind es ca. 3,5 µs. Das liegt daran, dass die Basisladung des Endstufentransistors nach dem Sperren des Treibers nur noch über R2, 100 Ohm abfließen kann. C1 beeinflusst den Vorgang kaum.

      Zurück zum Gesamtverstärker. In den Zeitbereichen des Einschaltens und Ausschaltens der Endstufenkombination folgt das Ausgangssignal nicht exakt dem Eingang. Über die Rückkopplung gelangt dieser Fehler an die Eingangsdifferenzsstufe und T1108 versucht, dies auszuregeln. Das schlägt natürlich auch auf das Ausgangssignal selbst durch. Bei Vergrößerung dieses Bereiches sieht man leichte Abweichungen in der Ausgangskurve des Stromes. Bei ungünstigen Kombinationen der Treiber- und Endstufentransistoren verstärkt sich der Effekt und trägt zum Klirrfaktor bei 20 kHz wesentlich bei: Während gut abgestimmte Transistoren durchaus noch 0,03% Klirr erreichen, geht es bei ungünstigen Kombinationen hoch auf ca. 0,1%. Wird es richtig ungünstig, kommt es zu Schwingungen.

      Soweit zu Part 1. Der nächste Beitrag beleuchtet, ob es sinnvoll ist, die Kondensatoren an den Treibern tatsächlich mit Werten bis 1 nF zu bestücken, und was außer der Schaltgeschwindigkeit der Endstufentransistoren noch eine Rolle bei den Peaks spielen könnte.

      Viele Grüße,
      Christian
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      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

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      Hallo Christian,

      ein unendliches Feld...

      Christian schrieb:
      Während gut abgestimmte Transistoren durchaus noch 0,03% Klirr erreichen


      Als Referenz der Klirrfaktor (THD) eines SABA 9241 in Original-Transistorbestückung, 40W an 8 Ohm Last, von mir gemessen: 0,013% / 0,019% THD bei 1 kHz (0,04% THD bei 20 kHz)




      Und hier ein anderer 9241, gemessen bei 50W an 8 Ohm: Das gleiche Resultat. THD ist 0,02%-0,04% bei 20 kHz




      Da Übernahme-Verzerrungen zu höherer Frequenz hin stärker werden, schaue ich immer auch auf THD bei 20 kHz. Mit 192 kHz sampling rate kann man ja mit der Soundkarten-Messung Klirrkomponenten bis 90kHz erfassen.

      Gruß
      Reinhard

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      Part 2: Welche Auswirkungen haben die Treiber-Kondensatoren?

      Zunächst steht die Frage, was sich wirklich hinter den Transistormodellen verbirgt. Passt das mit den Angaben im Datenblatt halbwegs zusammen? Am anschaulichsten wird dies, wenn man LTSpice nutzt, und sich ein paar Kennlinien ausgeben lässt. Für den TIP33C sieht das dann so aus. Er soll ja ähnlich zum BD245 sein:



      Ausgangskennlinienfeld für Basisströme von 1 bis 101 mA in 20 mA-Schritten

      Man sieht, dass der Anlaufbereich modelliert ist, die Kniespannung nimmt mit dem fließenden Kollektorstrom auch etwas zu. Ansonsten verlaufen die Linien aber zu linear. Eine im wirklichen Leben vorhandene Krümmung bei hohen Strömen fehlt.




      Stromverstärkung über Ic und Ube über Ic

      Beide Kurven zeigen prinzipiell das Verhalten, wie es auch in den Datenblättern dargestellt wird: Zuerst nimmt die Stromverstärkung mit dem Kollektorstrom zu, bei Strömen über 3 Ampere nimmt sie dann deutlich ab. Passt ungefähr, nur der Wert ist im Bourns-Datenblatt niedriger. Max-hfe dort = ca. 100.
      Ube passt ebenfalls ganz gut. Bei hohen Strömen wird der Wert etwas höher als im Datenblatt.
      Aber da reale Transistoren bei beiden Werten relativ große Schwankungsbreiten aufweisen, halte ich das Modell für brauchbar.



      Einschaltverhalten, t_on
      Hier kommt es auf die Werte an, mit denen der Transistor angesteuert wird. Das Datenblatt des BD245 weist Daten aus für folgende Bedingungen: Ic= 1A, RL = 20 Ohm, Ib_on= 100 mA. Unter diesen Bedingungen gibt das Datenblatt 0,3 µs für die Einschaltzeit an. Ca. 300 ns nach dem Einschalten erreicht Ic in der Simulation die 70%-Marke des Kollektorstromes: Passt ziemlich exakt.



      Ausschaltverhalten, t_off
      Datenblattbedingungen: Ube = -3,7V, Ib = -100 mA, Rest wie oben
      Das Datenblatt weist 1 µs Ausschaltzeit aus beim BD245. Der TIP33C schafft das erst nach ca. 3 µs. Hier passt das Verhalten also nicht gut für unsere Simulation und wird sich durch längere und größere Querströme äußern.

      Relativ nahe kommen den Datenblattangaben des BD245/46 die Modelle des BD243C/BD244C. Die Schaltzeiten passen nahezu perfekt, die Stromverstärkung ist etwas zu hoch. Das lässt sich aber durch Überschreiben von BF anpassen. Es gibt noch ein Detail bei der Stromverstärkungskurve, das evt. von Bedeutung ist.



      Stromverstärkung BD243C bei unterschiedlichen Werten für BF (20, 80, 163)

      Bei niedrigen Kollektorströmen beginnt die hfe-Kurve bei hohen Werten, durchläuft eine Senke, und zeigt erst beim folgenden Anstieg den Verlauf, der im Datenblatt angegeben ist. Ich weiß nicht genau, ob man dies in der Realität so vorfindet, oder ob das eine Schwäche der Modellierung ist. Jedenfalls gibt es das bei vielen der hinterlegten Models in LTSpice.


      So, nun zur Frage, wozu die CB-Kondensatoren dienen:



      Wiederum handelt es sich um die Transientenanalyse des kompletten Verstärkers bei relativ hoher Leistung, als Endstufentransistoren sind diesmal die BD243/244C drin. Die Cs an den Treibertransistoren sind deaktiviert. Bei der positiven Halbwelle entsteht beim Kollektorstrom von T1108 eine Schwingung, ausgehend von einem Nulldurchgang. Diese Schwingung verschwindet, sobald man am zugehörigen Zweig den Kondensator zwischen C und B des Treibers einfügt. Werte zwischen 33 und 100 pF genügen dafür.

      Und was geschieht bei Werten von 0,5 nF und 1 nF bei diesen Cs?



      Signalverläufe bei 0,5 nF





      Signalverläufe bei 1 nF

      Bei 0,5 nF werden die Übernahmepeaks von Ic des T1108 größer statt kleiner, bei 1 nF schafft die Schaltung nicht mehr, diese Kondensatoren komplett umzuladen, über T1108 fließt zeitweise kein Strom mehr, die Peaks werden noch größer.




      Und so sieht der Signalverlauf aus, wenn die Transistorenkombi gut gewählt und die Kondensatoren an den Treibern bestückt sind. Die Peaks im Strom von T1108 sind fast verschwunden, der Querstrom deutlich geringer und THD liegt bei 0,035% (20 kHz). Also ich werde sie nachbestücken, wenn ich eine Platine in die Hand bekomme, wo sie fehlen sollten.

      Viele Grüße,
      Christian

      PS:Part 3 - Welche Auswirkung haben geringe Stromverstärkungsfaktoren - ist in Arbeit.

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      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Hier noch die LTSpice-Dateien für die Transistorspielchen...
      In der Datei "Transistor_Stromverstärkung.asc.txt" findet man auch die Modelle, die nicht über die Standard.bjt zugänglich sind.
      Dateien
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      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      oldiefan schrieb:

      Als Referenz der Klirrfaktor (THD) eines SABA 9241 in Original-Transistorbestückung, 40W an 8 Ohm Last, von mir gemessen: 0,013% / 0,019% THD bei 1 kHz (0,04% THD bei 20 kHz)


      Hallo Reinhard,

      so gut hätte ich die Übereinstimmung zwischen Simulation und Messung nicht erwartet. Erstaunlich.

      Viele Grüße,
      Christian
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      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
      Hallo Christian,

      ich habe in den drei von mir untersuchten Fällen jedesmal erstaunlich gute Übereinstimmung des simuliertem THD mit dem gemessenen.

      SABA 8120G (einschl. NF Vorstufe in Simulation und Messung) bei 40W an 4 Ohm
      gemessen / simuliert (LTSpice):
      1kHz: 0,02% / 0,01%
      10kHz: 0,07% / 0,05%
      20kHz: 0,17% / 0,12%

      SABA 9241 bei 50W an 8 Ohm
      gemessen einschl. NF-Vorstufe / simuliert nur Endstufe (LTSpice):
      1kHz: 0,015% / 0,010%
      10kHz: 0,02% / 0,01%
      20kHz: 0,03% / 0,02%

      MOSFET L7 Endstufe by LJM (China-Endstufenmodul), modifiziert bei 10W an 4 Ohm
      gemessen mit einer klirrarmen Vorstufe (THD <0,003%) / simuliert nur Endstufe
      1kHz: 0,009% / 0,007%
      10kHz: 0,04% / 0,05%
      20kHz: 0,1% / 0,09%

      Bisher habe ich nur diese drei Verstärkerschaltungen mit Messung UND Simulation verglichen.

      Gruß
      Reinhard