Horch Equalizer mit Digitalsteuerung

      Horch Equalizer mit Digitalsteuerung

      Hallo Leute,

      Michael hat ja ab und an ganz besondere Audio-Leckerbissen verfügbar. Neulich schickte er mir ein Gerät von Horch, einen Equalizer. Das Besondere daran: Außer der Stromversorgung, 2 x Chinch-Eingang, 2 x Chinch-Ausgang und einer 15-poligen Sub-D-Buchse gibt es nichts weiter am Gerät zum Stellen oder Stöpseln. Er bat mich, das Gerät irgendwie wieder nutzbar zu machen.



      Der Equalizerkasten, von außen ein unscheinbares Alu-Gehäuse



      Das zugehörige Netzteil. Zum Equalizer führt eine daumendicke Leitung. In das Netzteil habe ich nur kurz hineingeschaut. Zwei Trafos, Sicherungen, mehrere dicke Elkos (57 mF) und Spannungsregler, LM317/ LM337, einmal für eine symmetrische Ausgangsspannung +-19 V, einmal 9 Volt für den Digitalteil füllen es. Bis auf die Dimensionen der verbauten Elkos nichts Besonderes.




      Das Innere des Equalizers brachte je einen Block gestapelter Leiterplatten pro Kanal zutage. Hier im Bild sieht man, dass ich einen schon zur weiteren Analyse ausgebaut habe. Im hinteren Bereich befinden sich für die symmetrische Spannungsversorgung weitere zwei große Elkos. Am Leiterplattenstapel gibt es von links nach rechts:
      • Spannungsreglerplatine, die aus der vorstabilisierten Spannung +- 15V zaubert, außerdem 5 Volt für den Logikteil mit separater Zuleitung vom Netzteil. Außerdem sind noch ein paar Transistoren verbaut, die Bypass-Relais ansteuern. Mit denen können mit einem 5-Volt-Signal die Eingänge zu den Ausgängen kurzgeschlossen werden.
      • 6 Leiterplatten für die Frequenzbänder, digital gesteuert
      • 1 Platine mit Eingangsverstärker und Ausgangsverstärker für das wieder zusammengefasste Audiosignal
      • ganz rechts eine Karte zum Variieren des Gesamt-Ausgangspegels, digital gesteuert
      Ich habe mich erst einmal an die Analyse des Digitalteils gesetzt, da dessen erfolgreiche Ansteuerung ja Voraussetzung für die Nutzung des Gerätes war.
      Vom Sub-D-Stecker führen je 10 Leitungen an eine Buchsenleiste auf der Verstärkerplatine. Dort befinden sich zwei 74HC14, 6-Fach-Inverter mit Schmitt-Trigger-Eingang und ein 74HC259, ein Latch, das über drei Adressleitungen die Weitergabe eines Logikpegels am Dateneingang an einen der acht Ausgänge ermöglicht. Sieben davon werden genutzt und führen als Einzelleitungen zu je einer der Bandkarten und der Pegelkarte. 5 Leitungen führen direkt nach den Invertern zu den Karten, alle sieben Karten hängen parallel an diesen Ausgängen.
      Auf den Bandkarten befinden sich digitalseitig noch je ein 74HC573 (ein parallel arbeitendes 8-Bit-Latch) und zwei 16:1 Analog-Multiplexer vom Typ (ADG)506 im PLCC28-Gehäuse.


      Bandkarte 25 kHz, die beiden Analogmultiplexer sind kaskadiert und schalten eine von 32 Stufen einer Widerstandskette an den Ausgang.


      Skizze, Blockschaltung, ein Stereokanal


      Skizze, Blockschaltung, eine der Bandkarten, bzw. Pegelkarte, Analogteil stimmt nicht ganz

      Die zehn Anschlüsse am Leiterplattenblock teilen sich wie folgt auf:
      1: +5 Volt
      2-6: Datenbus, dabei ist Nr. 6 für die Selektion eines der beiden 16:1-Multiplexer zuständig, die anderen vier steuern deren Adresseingänge
      7-9: Adressbus
      10: D, führt zum Dateneingang des 74HC259 und ist für den Übernahmeimpuls zuständig

      Damit war der Ablauf des Wertefütterns weitgehend klar:

      1. den gewünschten Wert 1-32, binär kodiert an den Datenbus schalten
      2. die drei Adressbits setzen, so dass die gewünschte Karte angesprochen wird
      3. den Übernahmeimpuls auf Leitung 10 senden.

      Dieser Ablauf muss für jede der 7 Karten mindestens einmal absolviert werden, danach behalten die 8-Bit-Latche die Daten, bis ein neues Datenset gesendet oder das Gerät abgeschaltet wird. Die Daten müssen außerdem invertiert ausgegeben werden, da die 74HC14 als Impulsformer zwischengeschaltet wurden. Also insgesamt nichts, was man irgendwie fest verdrahten kann, hier muss ein Microcontroller ran.
      Michael erwähnte noch im Vorfeld, dass die ursprüngliche Steuerung mittels eines HP-Taschenrechners arbeitete. Die Ende der 70er bis Anfang der 90er erhältlichen Taschenrechner HP41 und HP71 konnten tatsächlich mittels Basic frei programmiert werden und - hier entscheidend - es waren Erweiterungseinheiten erhältlich, die per Stromschleife seriell vom Taschenrechner Daten erhielten und diese dann parallel ausgaben. Bei der Recherche bin ich auf eine eigene Fangemeinde gestoßen, die durchaus komplexe Steuerungs- und Datenerfassungsaufgaben mittels ihres HP-Taschenrechners erledigt haben.

      de.wikipedia.org/wiki/Hewlett-Packard_Interface_Loop

      Das dürfte die notwendige Erweiterung gewesen sein:
      HP 82165A – HP-IL-/GPIO-Schnittstelle (generischer Parallelausgang)


      Die 15-polige Sub-D-Buchse hatte noch einige wenige Leitungen mehr belegt. 2 x GND, 1 x Relaissteuerung, hier die komplette Zuordnung:

      Pin 1: D
      Pin 2-6: Datenbus A0-A4
      Pin 7,8,15: Adressbus S0-S2
      Pin 9, 12: GND
      Pin 13: +5 Volt
      Pin 14: Relaissteuerung, Beaufschlagung mit High-Pegel aktiviert den Signalbypass

      Im Folgebeitrag beschreibe ich die realisierte Steuerung.

      Viele Grüße,
      Christian
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      Die Steuerung

      Vorab: Meine Atmel-Programmierkenntnisse waren vor 10 Jahren schon eher bescheiden, es hat gereicht, um in Bascom einen Countdown-Timer für eine Sauna zu realisieren und danach in C (WinAVR) ein aus mehreren Sourcen zusammengeklaubtes Stück Software für eine Funkuhr zu schreiben. Und das war lange her, wie ich feststellen musste. Zum Glück gibt es hilfreiche Websites, die mir eine rasche Einarbeitung ermöglichten.

      halvar.at/elektronik/kleiner_bascom_avr_kurs/


      Eine erste rudimentäre Steuerung habe ich mit einem Entwicklungsboard aufgebaut. Die Funktion bestand im Wesentlichen aus dem Senden fest vorgegebener Werte, irgendwas zwischen 0 und 31, an alle sieben Karten nacheinander. Damit konnte ich relativ schnell testen, ob mein aus der Schaltungsanalyse abgeleiteter Steuerungsablauf korrekt war, ob das Timing passt und ob die Schaltung wie gewünscht reagiert.
      Im zweiten Schritt habe ich mehrere Datensets fest im Programm hinterlegt, von dem nach einem Tastendruck jeweils das nächste Set in den Equalizer geladen werden konnte. Es folgten noch mehrere Zwischenschritte, um die übertragenen Werte auch auf einem LCD-Display nachvollziehen zu können, die Einstellwerte mittels Potis variieren zu können und zum Schluss auch ein paar Sets per EEPROM speichern zu können.


      Das Entwicklungsboard für ATMEL-Prozessoren von Pollin hat mir wieder gute Dienste geleistet.


      Das endgültige Konzept sieht so aus:
      • Es gibt 5 Speicherplätze für die Pegeleinstellungen der 7 zu steuernden Karten, die nacheinander per Tastendruck abrufbar und übertragbar sind
      • Zusätzlich gibt es Set 0, bei dem die Pegelwerte über 7 Potis veränderbar sind, sobald sich ein Wert einer Karte ändert, wird er an den Equalizer übertragen
      • Die aktuellen Werte werden als %-Wert im Display angezeigt
      • Die aktuellen Potiwerte können nach Anwahl eines Speicherplatzes 1-5 dauerhaft hinterlegt werden, indem die Set-Taste länger als eine Sekunde gehalten wird.
      • Eine zweite Taste schaltet das Relais um

      Wer sich dafür interessiert, im Anhang befindet sich das kommentierte Programmlisting.

      Zur Schaltung:

      Steuerung_Sch.pdf

      Herzstück ist ein ATMEGA8-16. Die beiden Taster hängen an den beiden externen Interrupteingängen, PortB befeuert die Datenleitungen, die oberen drei Bits wählen das richtige Poti beim Einlesen der Analogwerte aus , die oberen 3 Bits von PortD die Adressleitungen, was übrig bleibt, wird für die Displayansteuerung, das Relais und das Einlesen der Analogwerte benötigt. Der Mikroprozessor läuft mit internem Taktgenerator auf 1 MHz, das reicht völlig aus für diese Zwecke. Als Analogeingang nutze ich nur ADC0, die Potis werden über einen separaten Analogmultiplexer 1:8 eingelesen. Dafür findet ein CMOS-Schaltkreis CD4051 Verwendung.

      LED1 gibt regelmäßig ein Lebenszeichen durch kurzes Aufblinken von sich. Außerdem sieht man durch schnelles Blinken, falls gerade Daten an den Equalizer geschickt werden
      LED2 zeigt den Relaisstatus an

      Taster 1 dient dem Umschalten zwischen den Datensets (kurz drücken), oder dem Speichern der aktuell per Potis eingestellten Werte (lang drücken)
      Taster 2 schaltet die Relais zum Umgehen des Equalizers um




      Als kleines Schnipsel ist hier mal die Subroutine zur Übertragung eines Wertes an eine der Speicherkarten dargestellt. Die Routine bekommt mit der Variable "Index" mitgeteilt, welche Karte beschrieben werden soll und mit "Wert" die Zieleinstellung für die beiden Multiplexer auf der Karte. Die beiden lokalen Variablen "Ausgabe" und "Adresse" werden benötigt, da vorher noch einige Umformungen notwendig sind. Das geschieht mit den ersten 5 Zeilen nach der Deklaration der lokalen Variablen. Bascom ist leider etwas beschränkt, die Sprache kann stets nur eine Rechenoperation pro Anweisung erledigen.

      Die Ausgabe an die digitalen Ports des Microcontrollers erfolgt im zweiten Block. In den Zeilen, die mit "Portb" beginnen wird der Wert gesetzt, in den Zeilen mit "Portd" beginnend die Adressleitungen. Danach wird die Übernahme getriggert, indem Leitung D kurz auf Low gesetzt wird und danach wieder auf High.
      Diese Ausgaberoutine berücksichtigt schon die Notwendigkeit, alle Signale invertiert auszugeben.

      Der große Rest des Programmes ist schmückendes Beiwerk, Anzeige, Tasterüberwachung, Tasterroutinen, Lebenszeichen geben, AD-Werte einlesen und auf Änderungen prüfen... Insgesamt werden so ca. 45% des vorhandenen Programmspeichers des ATMEGA8 gefüllt. Glück gehabt, bei 50% (4 kByte) wäre ich nicht mehr mit der Demoversion von Bascom ausgekommen und hätte meinen Code optimieren müssen.

      Ja, und so sieht sie aus. Den Einbau in eine ordentliche Behausung überlasse ich Michael. :)


      Front


      Innenansicht


      Es folgt noch ein Beitrag über den Analogteil der Schaltung.

      Viele Grüße,
      Christian
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      Ich bin noch viel mehr beeindruckt. Denn das war auch schon echte Detektivarbeit, weil Pavischitz, der das Gerät ersonnen hat, gerne mal bei kritischen Bauteilen die Bezeichnung abgeschliffen hat, um sich nicht zu sehr in die Karten schauen zu lassen ... hat Christian aber allenfalls ein klein wenig aufgehalten ...

      Ich bin ihm SEHR dankbar, dass er sich dieser Aufgabe angenommen hat, denn leider gibt es die Firma ja nicht mehr (der Inhaber ist vor ein paar Jahren gestorben), und dabei sind (wie so oft) praktisch alle Unterlagen unzugänglich geworden. Die Endstufe(n) hatten wir ja schon einmal betrachtet, dieser Equalizer ist nun ein Gerät aus der "gehobenen Klasse" der Firma, zu der es praktisch gar keine Informationen im Netz gibt. Sie sind aber durchweg von hoher Qualität, und einfach zu schade, um in die Ecke gestellt zu werden.

      Ich hatte mal ein Steuergerät dazu, angetrieben über einen HP 41 C mit Taktratenerhöhung, aber das war mir einfach zu unpraktisch. Es sollte so etwas entwickelt werden, wie Christian jetzt ersonnen und realisiert hat, aber das ist nicht mehr fertig geworden, und ich konnte an KEINE Info kommen, was schon entworfen war.

      Besten Gruss, und VIELEN Dank an Christian (so etwas belegt, wie viele andere Beiträge im Forum auch, auf wie hohem Niveau hier die Beiträge sind)

      Michael
      Hallo Reinhard,

      so, wie Du hier schon das eine oder andere Thema bis auf die Knochen seziert hast, würdest Du sicher auch sehr schnell und sehr strukturiert Microcontroller programmieren.
      Und der Analogteil kommt ja auch noch.

      Die bei Atmel-Chips verwendbaren Hochsprachen ersparen die Quälerei mit Assembler. Noch einfacher als mit einem nackten Atmel dürfte der Einstieg in die Microcontrollerwelt übrigens mit einem Arduino gelingen. In seiner häufigsten Form, dem Arduino UNO, gibt es den mittlerweile spottbillig als Nachbau. Da hat man für ca. 8 Euro ein per USB ansprechbares Gerät, muss sich um die Programmierhardware keine Gedanken machen, hat eine übersichtliche und einfach zu installierende Programmieroberfläche und für alle erdenklichen Fälle nachnutzbaren Quellcode im Internet. Das Grundgerät bietet 13 digitale Ein- oder Ausgänge, zwei davon sind für die serielle Datenübertragung an einen PC oder einen anderen Controller gedacht. Außerdem gibt es 5 analoge Eingänge. Man kann sehr einfach per USB mit dem angeschlossenen PC kommunizieren, für viele Schaltungen benötigt man nicht einmal ein Netzteil, die Stromversorgung läuft über USB.
      In der Arduino-Welt wird C++ genutzt. Mein Sohn hat es immerhin innerhalb eines Nachmittags zu seinem ersten eigenen Programm geschafft. Er hat eine Dezimalzahl als Bitmuster auf 8 LEDs ausgegeben.

      Viele Grüße
      Christian
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      Analogteil der Schaltung

      Die Ansteuerung besteht aus in der Digitaltechnik weit verbreiteten Schaltungsprinzipien und war der einfache Part. Das Geheimnis und die Qualität dieses Equalizers liegt in seiner Analog-Signalverarbeitung. Schauen wir uns zunächst eine vereinfachte Schaltung an, Eingangsverstärker und Frequenzbeeinflussung. Der umrahmte Teil befindet sich auf den Bandkarten, die Grundschaltung ist bei allen sechs Karten identisch, aber sämtliche Werte der passiven Bauteile variieren. Der Rest der Schaltung befindet gemeinsam auf der grauen Platine im Stapel. Dargestellt ist nur eine der Bandkarten, damit es übersichtlich bleibt.



      Der Eingangsverstärker hat weniger die Aufgabe das Signal spannungsseitig anzuheben, er soll es vor allem niederohmig an die Folgestufe liefern. Ein Teil des Signals wird über R8 ohne Frequenzbeeinflussung an den invertierenden Eingang des zweiten Opamps, hier X38 genannt, weitergegeben. Gleichzeitig durchläuft es über R5 kommend die Frequenzbandkarten, die alle an den Punkten M, R und F parallel angeschlossen sind. Deren Ausgang führt zum nichtinvertierenden Eingang von Verstärker X38. Poti X13 besteht in Wirklichkeit aus der Widerstandskette aus 32 diskreten, eng tolerierten Metallschichtwiderständen, dessen Abgriff entspricht dem Ausgang der Multiplexschaltung. Bei X11 stand ich lange vor einem Rätsel, was das für ein Bauteil sein könnte. Michael erwähnte es schon, zum Schutz seiner Entwicklung hat Pavischitz die Beschriftung der aktiven Komponenten entfernt. Ich kann es nur aus der Pinbelegung und aus der Funktion schließen, es handelt sich um einen schnellen Analogpuffer, OPA633 oder HA5033 kommen dem tatsächlich verwendeten Bauteil vermutlich recht nahe. X39 ist ein Einfach-OPV, ebenfalls unbekannten Typs. Die Schaltungsumgebung lässt darauf schließen, dass es ein Exemplar mit hoher Slew Rate ist, vermutlich auch extern zu kompensieren. Der Buffer befindet sich auf der Karte zwischen dem rechten Multiplexer und den beiden orangen Folienkondensatoren. Der OPV ist das andere Bauteil im DIP8-Gehäuse, rechts unten.




      Die beiden Opamps X37 und X38 sind wohl die ungewöhnlichsten Bauteile in der Schaltung. Das folgende Bild zeigt sie, es sind die Bauteile in den flachen Metallgehäusen - CAN12 - genannt. Auch da wurde die Beschriftung entfernt, Beschaltung und Pinbelegung deuten darauf hin, dass es sich um schnelle Video-Verstärker handelt, im Prinzip Opamps mit sehr hoher Grenzfrequenz und Slew Rate und der Fähigkeit, relativ hohe Ausgangsströme zu liefern. LH0032 oder LH0024 kommen den verwendeten Bauteilen zumindest nahe und entsprechen bis hin zur Offsetkompensation und der Frequenzkompensation dem Pinlayout.

      Die Frequenzbandbeeinflussung funktioniert nun so, dass bei Mittenstellung des Potis X13 Ruhe am Ausgang von X39 herrscht. Bei einer Verschiebung nach rechts oder links erscheint das Signal dann dort mit zunehmender Amplitude, für eine Abschwächung gegenphasig, für eine Verstärkung des Frequenzbereiches gleichphasig.





      In der Gesamtheit sieht die Schaltung so aus:



      Die krummen Werte bei den Widerständen entsprechen der Realität. Durch die Verwendung einer solchen, aus 1%-Toleranz-Widerständen aufgebauten Widerstandskette lässt sich natürlich ein exzellenter Gleichlauf der beiden Kanäle erzielen. Außerdem kann die Wirkung der Stellstufen durch leichte Variation der Stufengrößen innerhalb der Kette so angepasst werden, dass sie über den Stellbereich eine gleichmäßige Pegeländerung hervorruft. Aber es zeigt auch, dass hier wohl sehr viel Mühe in die Berechnung bei der Entwicklung geflossen ist. Ich halte einen Nachbau, selbst mit den jetzt vorliegenden Informationen, nicht ohne weiteres für möglich. Mir ist es z. B. nicht gelungen, die Schaltung in ihrer Gesamtheit sauber zu simulieren. Zwei oder drei Frequenzbänder ja, aber bei allen sechs Bandkarten gleichzeitig erhielt ich unplausible Ergebnisse beim Amplitudenverlauf. Außerdem sind keine der üblichen Audio-Opamps einsetzbar. Die Schaltung fängt an zu schwingen. Hier spielt wohl doch noch die konkrete Komponentenauswahl eine Rolle, oder mir sind Fehler beim Aufnehmen der Widerstandswerte unterlaufen. Das Schaltungsprinzip selbst scheint jedoch korrekt abgebildet zu sein, lasse ich die Karte mit der niedrigsten Mittenfrequenz weg, passen die Simulationsergebnisse.

      Die Schaltung ist, wie oben dargestellt, noch immer nicht vollständig. Der dritte Analogteil besteht aus dem Pegelsteller. Das ist jedoch lediglich eine klassische OPV-Schaltung, deren einzige Besonderheit die digitale Ansteuerung ist. Ich habe deshalb auf die Rekonstruktion dieses Schaltungsteiles verzichtet. Hier ist sie zumindest als Leiterplatte dokumentiert, Front- und Rückseite:




      Pavischitz hat die gleiche Platine wie bei den Freqenzbandkarten verwendet und den OPV teils frei verdrahtet.

      Nun würde ich mich über Kommentare, Ergänzungen und sonstige, eventuell relevante Informationen freuen. Die Digitalschaltung lässt keine wesentlichen Fragen offen, sie ist ja auch nur Mittel zum Zweck. Aber die Analogschaltung hat es in sich. Sowohl die Schaltung als auch die verwendeten Bauelemente habe ich vor der Analyse dieses Gerätes noch nicht gekannt. Vielleicht können wir das Puzzle ja noch etwas vervollständigen.

      Viele Grüße,
      Christian
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      Messergebnisse

      Ein paar wenige Dinge habe ich am Gerät vermessen. Der Frequenzgang mit bei den einzelnen Karten auf Min bzw. Max gestelltem Pegel zeigt, dass die Variation bei den Bändern nicht gleichmäßig stark erfolgt.
      • Tiefste (15 Hz) und höchste Mittenfrequenz (25 kHz): +-15 dB
      • Zwischenfrequenzen 120 Hz und 5 kHz: +- 7,5 dB
      • Mittenbänder 500 Hz und 2 kHz: +-4 dB

      In Mittelstellung ist der Frequenzverlauf spiegelglatt, er weicht zwischen 20 Hz und 20 kHz um weniger als 1 dB von der Idealkurve ab.

      Rauschen, Brumm und THD lagen derart niedrig, dass ich erst an meinem Messaufbau gezweifelt habe. Aber es passt, meine Messmittel sind nicht empfindlich genug, um die exzellenten Werte in Zahlen zu gießen. Der Noisefloor meiner Meßanordnung liegt bei etwas über 100 dB. Hier zahlt sich letztlich der immense Aufwand aus, den Pavischitz bei der Stromversorgung betreibt. Die riesigen Pufferelkos und die jeweils doppelt vorhandene Spannungsregelung sorgen für diesen exzellenten Störspannungsabstand. Welchen Anteil die Leitung mit 2,5 mm² Litzenadern zwischen Netzteil und Equalizer daran hat, sollen andere beurteilen. Es wirkt jedenfalls so, als müsste ein Hochleistungsverstärker mit Strom versorgt werden. :)

      Mich hat noch überrascht, dass die Änderung der Pegel ohne jegliches Knacken, Kratzen oder sonstige Störimpulse von statten geht. Ändert man beim Hören den Gesamtpegel oder den einzelner Frequenzen, nimmt man nur diese Klangbeeinflussung wahr, sonst nichts. Solange der Microcontroller keine Daten überträgt, herrscht sowieso Ruhe auf den Signalleitungen, das Hifi-Erlebnis wird also nicht durch Schaltimpulse versaut, aber ich hätte erwartet, dass sich zumindest das Umschalten der Multiplexer in irgendeiner Form bemerkbar macht. Das ist nicht der Fall. Es herrscht himmlische Ruhe.

      Viele Grüße,
      Christian
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      Christian,

      sind nicht pro Kanal je ein LH 0075 und LH 0076 verbaut ? Das sind schnelle und besonders gute Spannungsregler von National, die man bei Horch gerne eingesetzt hat. Ich hatte neulich einen MC-Prototypen, der wohl bei der Entwicklung des "Arbiter" entstanden ist. Auch mit abgeschliffenen Bauteilen, aber eben auch mit je einem Paar dieser Regler pro Kanal.

      Bei der Spannungsversorgung war der Aufwand immer gross. Diese kleine MC-Stufe hatte auch Siebelkos, die für eine dicke Endstufe reichen würde ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Nein, da befinden sich Lm317/337 drin. Im Netzteil ebenso.

      Der Gelegenheit halber noch zwei Bilder vom NT. Vor den Spannungsreglern: 30 mF/35V, danach 57 mF/25V. Versorgung getrennt inkl. Trafo für Logik- und Analogteil.

      Viele Grüße
      Christian
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      • IMG_20240317_171533_(1200_x_862_pixel).jpg

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      • IMG_20240317_172449_(1002_x_1200_pixel).jpg

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      Hallo Christian,

      was für eine Detektivarbeit !!! :thumbup:

      Du schreibst, ich könnte mich auch in die Welt von Atmel, Arduino und Co. einarbeiten. Da bist Du aber optimistisch. Ich bin in jüngeren Jahren bei FORTRAN stehengeblieben und habe dafür noch Lochkarten gebraucht. Damit kann man heute nichts mehr anfangen. Und in die Progrogrammierwelt von heute will ich nicht mehr einsteigen. In meinem Alter bin ich auch ganz klar nicht mehr so beweglich, wie Dein Sohn. Ich habe noch soo viele andere Lücken, die ich noch beackern möchte. Den µ-Prozessor-Kram lasse ich dafür gerne weg und vertraue dabei auf die Jüngeren, wie Dich!


      Jetzt habe ich noch diese Frage:

      Was ist der praktische und technische Vorteil - oder auch Nachteil - dieser aktiven Equalizer-Schaltung gegenüber der "alten" analogen passiven Klangregelschaltung (z.B. im Grundig V 5000 Verstärker, BJ 1980)?


      Grundig V 5000 (THD 1 kHz = 0,015 % bei 100 W an 4 Ohm):





      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Bei zunehmender Zahl von Bändern spielt auch die Beeinflussung benachbarter Bänder eine Rolle. Die lässt sich bei aktiven Schaltungen besser vermeiden.

      @Reinhard: Ich wollte Dich nicht in Richtung Thema Microcontroller drängen, lediglich die Spitze der Zwischenzeilenaussage brechen, der Einstieg in dieses Thema sei sehr komplex. Das ist er seit Atmel und Arduino tatsächlich nicht mehr.

      Viele Grüße
      Christian
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