Hallo Forumskollegen,
da ich von meinem Jahr 1998 PC auf einen "neueren" umgestiegen bin und deshalb Soft- und Hardware neu einrichten musste, wollte ich Euch kurz berichten, wie ich Audiodaten, also Pegel über Frequenz, Leistungsbandbreite Phase über Frequenz, Klirrfaktor und Intermodulation mit einer Soundkarte messe. Für den neuen PC musste ich meine Messeinrichtung neu kalibrieren. Das war der Anlass für diese Beschreibung.
Diese Messungen sind ein "Behelf", sie ersetzen nicht moderne hochwertige Audiomessplätze, sind aber dennoch ebenso leistungsfähig oder ggf. sogar leistungsfähiger als Audiomessplätze, die als "Stand der Technik" vor 25-30 Jahren galten und auch heute noch ein Vermögen kosten. Eine Soundkartenmesslösung für Verstärker-NF-Messungen kann man aber für 200 EURO realisieren. Damit sind sehr gute Messungen von Frequenzgang, Phasengang, Klirrfaktor und IM-Verzerrungen möglich, wie ich unten zeige.
Lediglich Fremdspannungsabstand misst man immer noch am besten mit einem guten NF-Voltmeter. Hier gibt es doch viele Störquellen am PC durch Einstreuung, so dass man am PC auf einen Abstand von bis etwa 80 dB (höchstens 90 dB) limitiert bleibt.
Für alte Röhrenradios sind die hier besprochenen Messungen meist entbehrlich, es genügt, wenn es läuft und gut klingt. Fehler lokalisiert man dort anders.
Aber bei Transistortechnik kann man damit so allerlei merkwürdigen Fehlern auf die Schliche kommen.
So machen sich defekte Elkos im Klangregelnetzwerk oder defekte Koppelelkos mit Leckstrom oder defekte Operationsverstärker in der Impedanzanpassstufe oder im Vorverstärker im Frequenzgang oder im Pegel des Untergrundrauschens bemerkbar.
Schlechte Kontaktqualität von Schaltern, besonders selten benutzte zeigen sich in erhöhtem Klirrfaktor (da offenbar die Silbersulfidschicht auf den Kontakten durch ihr Halbleitereigenschaft zu nichtlinearen Verzerrungen führt)
Ich benutze eine sog. "semiprofessionelle" Soundkarte (mittlerweile ist die "altes Eisen", es gibt bereits wieder viel besseres, die den Vorteil ausreichender technischer Qualität und Cinch-Buchsenanschlüsse hat. Man muss kein Geld für Profikarten ausgeben. Die semiprofi-Karten haben Ordentliches zu bieten. Eine Duplex-Soundkarte ist allerdings Voraussetzung, Aber alle modernen Karten gehören heute dieser Kategorie an.
Seinerzeit hatte ich mich für eine Steckkarte entschieden. Heute würde ich eine externe USB-Karte vorziehen. Einmal kann man die an jedem PC, also auch am Laptop, betreiben. Zweitens macht eine externe Karte weniger Probleme mit Masseschleifen, besonders am Laptop, der ja i.a. keine Schutzkontaktverbindung mit dem Netz hat.
Es sollte hier erwähnt werden, dass Soundkarten einen Eingangs-Innenwiderstand von ca. 10 kOhm haben und der Spannungsteiler der das Signal am zu testenden Gerät (Vorverstärker, Tuner-NF-Ausgang oder am Lastwiderstand vom Endverstärker) abzweigt und der Soundkarte zuführt, darauf abgestimmt sein muss. Der verwendete ohmsche Lastwiderstand an Endverstärkern ist i.a. 4 Ohm oder 8 Ohm bei Transistorgeräten. Bei anderen Geräten ist auf die jeweilige, ggf höhere Impedanz-Spezifikation der anzuschliessenden oder angeschlossenen Lautsprecher abzustellen (z.B. 16 Ohm).
Parallel zu den Lautsprechereingängen, bzw. zum Lastwiderstand, der anstelle des Lautsprechers am Verstärkerausgang liegt, wird über einen Spannungsteiler der Soundkarteneingang des PC angeschlossen. Der Spannungsteiler wird so dimensioniert, dass z.B. bei Vollaussteuerung des Verstärkers (meine Referenz ist 100 W Sinus an 8 Ohm, in dem Fall also bei 28,3Veff am 8 Ohm Lastwiderstand) die Spannung am Soundkarteneingang gerade 1,00 V eff beträgt. Damit wird die Soundkarte nicht übersteuert und arbeitet in ihrem optimalen Bereich mit niedriger Verzerrung.
Zum Schutz der Soundkarte bei Fehlverkabelung oder Fehlanschluss oder bei Defekten des zu testenden Gerätes sollte unbedingt ein Überspannungsschutz für den Soundkarteneingang vorgesehen werden. Dieser wird zweckmässig durch zwei "gegenpolig" in Reihe liegenden Zenerdioden mit einer Zenerspannung von je 3-4 Volt realisiert. Die beiden Zener-Dioden legt man zwischen Masse und heissem Eingang am Soundkarteneingang, bzw. entsprechend zwischen Ausgang des Spannungsteilers und seiner Masseseite zum Soundkarteneingang.
Den Ausgang der Soundkarte verbindet man direkt mit dem Eingang des NF-Verstärkers.
I.a. verbindet man also den linken Ausgangskanal der Soundkarte mit dem NF-Verstärkereingang des Geräts, das man testen möchte. Den Ausgang des Spannungsteilers hinter dem Lastwiderstand verbindet man z.B. mit dem linken Eingangskanal der Soundkarte. Je nach verwendeter Mess-Software kann man nun den rechten Eingangskanal der Soundkarte dazu verwenden, Linearitätsabweichungen, wie Eigenfrequenzgang und Eigenklirr der Soundkarte intern zu kompensieren. So arbeitet z.B. die Mess-Software ARTA. Dafür wird mit einem Y-Verteiler vor dem NF-Eingang des zu testenden Gerätes das Signal abgezweigt und dem rechten Soundkartenkanal zugeführt.
Das Signal am Ausgang des zu testenden Gerätes (bzw. das Ausgangssignal des Spannungsteilers hinter dem Lastwiderstand, der das Signal auf max. 1 V begrenzt) wird also in den linken (=Messkanal) Eingang der Soundkarte eingespeist. Das Referenzsignal, das vor dem zu testenden Gerät an dessen Eingang abgezweigt wird, in den rechten Kanal. In der Soundkarte kann mit entsprechender Software das Referenzsignal invertiert werden, so dass ggf. vorhandene Nichtlinearitäten des Messsignals, das dem zu messenden Gerät zugeführt wird, bei der Auswertung neutralisiert werden.
Frequenzgangmessungen
Auf diese Weise (Zweikanalmessung) lassen sich linealgerade NF-Pegel über einen Frequenzbereich von nahezu DC, also fast 2-3 Hz, bis zu 100 kHz realisieren. Und das mit einer Soundkarte, die in der Anschaffung etwa um 100 EUR liegt.
Damit man bis knapp über 92 kHz mit der Soundkarte messen kann, muss sie Samplingfrequenzen von 192 kHz beherrschen und das PC-Betriebssystem muss wenigstens Windows XP oder neuer (oder vergleichbar leistungsfähige Systemsoftware) sein. Unter Windows 98 ist man auf Samplingraten von bis zu 96 kHz begrenzt, damit sind dann "nur" Frequenzgangmessungen bis 43 kHz möglich.
Hier ein Beispiel für eine Soundkarte des Typs ESI Juli@. Verwendete Messsoftware: ARTA
Der Frequenzgang ist brettgerade (innerhalb +- 0,01 dB) von < 10 Hz bis über 90 kHz. Die hier eingesetzte Karte produziert etwas Rauschen bei f > 50 kHz. Vielleicht auch mitverursacht vom Schaltnetzteil im PC und/oder den vielen Schaltnetzteilen in der Messumgebung? Deshalb mache ich THD+N Messungen zweckmässigerweise nur bei einer Messbandbreite bis 48 kHz (entspricht einer Samplingfrequenz von 96 kHz). Beispiel folgt weiter unten.
und hier in grün, von 5Hz bis 45 kHz brettgerader Frequenzgang, darunter in blau der Phasengang, hier auch ganz brettgerade (dazu auch weiter unten)!
Klirrfaktormessungen
Mit preiswerten semiprofi-Duplex Soundkarten (Gebrauchtpreise ca. 40-60 EUR) beträgt die untere Messgrenze des Klirrfaktors ca. 0,01 % THD (bzw. THD+N). Mit hochwertigen semi-profi Soundkarten (Gebrauchtpreise ca. 80-20 EUR) kommt man eine Dekade tiefer, also hinunter bis zu 0,001% oder sogar bis 0,0001 bis 0,0003%. Dies gilt, sofern man mit der 2-Kanalmethode intern kompensiert.
Hier der Eigenklirr der Soundkartenmesskette mit der ESI Juli@ Karte: Es ist die Frequenzanalyse dargestellt.
Man kann hier also Klirrfaktoren von THD > 0,0005% noch messen. Es ist in der Messung bei 1 kHz gerade die 1. Oberwelle bei 2 kHz über dem Rauschen noch zu sehen. Die höheren Oberwellen sind nur noch gerade zu erahnen.
Und hier der Klirrfaktor (THD) über den NF- Frequenzbereich:
Und das gleiche in der Darstellung als Klirrabstand (in dB, rote Linie) gegenüber dem Pegel des Eingangssignals bei 0 dB (grüne Linie):
Intermodulationsverzerrungen
Die IM-Verzerrungen lassen sich (normgerecht) mit zwei frei wählbaren Sinussignalen bei frei wählbarem Amplitudenverhältnis messen, wenn eine Software verwendet wird, die diese Option zur Verfügung stellt. Aus den Pegeln der im getesteten Gerät entstehenden Mischproduksignale lassen sich die IM-Verzerrungen berechnen (ggf. macht das die Mess-Software automatisch).
Der Anteil der IM-Verzerrungen der Soundkartenmesskette liegt bei etwa 0,005% oder besser. Hier sogar nur bei 0,0012%. Gemessen mit 250Hz : 8 kHz im Amplitudenverhältnis 4:1.
Phasengang
Bei guten Soundkarten hat man einen brettgeraden Phasengang über den gesamten NF-Frequenzbereich. Das bedeutet, dass keine Phasendrehung über den Frequenzbereich durch die Soundkartenmessanordnung verursacht wird.
Klirrfaktor bei Radio-ZF-Abgleich:
Für den Fall, dass man bei Radioempfängern einen Zwischenfrequenzabgleich machen will, dafür ist Klirrfaktormessung des NF-Ausgangssignals des Tuners erforderlich, arbeitet man einkanalig. Das HF-Eingangssignal kommt ja dann vom HF-Signalgenerator/Messender in üblicher Art. Der NF-Ausgang (demoduliertes Signal) des Radios wird dann ohne Lastwiderstand direkt dem hochohmigen Eingang der Soundkarte zugefügt. Auch hier sind ggf. Schutzmassnahmen gegen (versehentliche) Überspannung am Soundkarteneingang zu treffen.
Der Klirrfaktor ist bei Radiomessungen nicht von der Soundkarte als Messgerät begrenzt, sondern vom Eigenklirr des Messsenders. Hier wird man sich in Grössenordnungen von etwa 0,1% bis 1 % bewegen. Auch ohne interne Kompensation haben moderne Soundkarten einen Eigenklirr, der unter 0,1% liegt und linearen Frequenzgang von 30 Hz bis 15 kHz (oder wesentlich besser), also für Tunermessungen voll ausreichend. Bei FM-Frequenzgangmessungen ist die Deemphasis zu berücksichtigen, die Messwerte sind also ggf. entsprechend zu korrigieren, falls der Messender nicht mit Preemphasis arbeitet.
Wie sieht es nun aus, wenn man Geräte vermisst?
Hier als Beispiel eine Kombination aus Grundig SXV 6000 Vorverstärker und Grundig A 5000 Endstufe. Gemessen über alles an einem 8 Ohm/100W Lastwiderstand mit nachfolgendem Spannungsteiler.
Frequenzgang:
Gemessen bei 50W Ausgangsleistung an 8 Ohm (100 W, bzw. 28.3 Veff entsprechen 0dB. 50 W bei 1 kHz sind also -3 dB, wie im Messplot). Die Leistungsbandbreite, bei der die Ausgangsleistung auf die Hälfte, der Pegel also um 3 dB abfällt, reicht von 6 Hz bis 71 kHz. Um diese Grenzfrequenz noch messen zu können, muss die Soundkarte auf 192 kHz Sampling Frequenz eingestellt werden. Damit kann man praktisch bis 92 kHz messen. Bei 96 kHz Sampling Frequenz beträgt die obere messbare Frequenz nur ca. 46 kHz (etwas weniger als 48 kHz) und bei 48 kHz Sampling Frequenz, die von einfacheren Soundkarten geboten wird, ist man auf max. knapp über 20 kHz limitiert. Um den Klirrfaktor eines 10 kHz Signals messen zu können, muss man aber mindestens bis über 40 kHz noch messen können. Also ist eine Soundkarte angesagt, die wenigstens eine Sampling Rate von 96 KHz beherrscht.
Klirrfaktor:
Bei 1 kHz und 50 W (20 Veff = -3 dB) an 8 Ohm: 0,019% (THD) sowie 0,020% THD+N (Klirr einschliesslich Rauschen). In diesem Fall wurde das Frequenzspektrum auf 48 KHz (96 kHz Sampling) limitiert, um das Fremdrauschen bei 90 kHz von der Soundkarte zu eliminieren (siehe oben).
Intermodulationsverzerrungen (IM):
Bei 40 W an 8 Ohm mit 250 Hz : 8 kHz (4:1) betragen die IM-Verzerrungen 0,065%. Das gibt die Software ARTA direkt aus. Man kann den Wert auch "zu Fuss" aus den Signalintensitäten der Mischprodukte auf beiden Seiten von 8 kHz nach bekannter Formel für die IM-Verzerrung berechnen. Man sieht auch noch zwei Oberwellen vom 250 Hz Signal, was aber in der Auswertung der IM-Verzerrungen keine Rolle spielt.
Zu den Radiomessungen werde ich demnächst noch etwas schreiben.
Herzlichen Gruss
Reinhard
da ich von meinem Jahr 1998 PC auf einen "neueren" umgestiegen bin und deshalb Soft- und Hardware neu einrichten musste, wollte ich Euch kurz berichten, wie ich Audiodaten, also Pegel über Frequenz, Leistungsbandbreite Phase über Frequenz, Klirrfaktor und Intermodulation mit einer Soundkarte messe. Für den neuen PC musste ich meine Messeinrichtung neu kalibrieren. Das war der Anlass für diese Beschreibung.
Diese Messungen sind ein "Behelf", sie ersetzen nicht moderne hochwertige Audiomessplätze, sind aber dennoch ebenso leistungsfähig oder ggf. sogar leistungsfähiger als Audiomessplätze, die als "Stand der Technik" vor 25-30 Jahren galten und auch heute noch ein Vermögen kosten. Eine Soundkartenmesslösung für Verstärker-NF-Messungen kann man aber für 200 EURO realisieren. Damit sind sehr gute Messungen von Frequenzgang, Phasengang, Klirrfaktor und IM-Verzerrungen möglich, wie ich unten zeige.
Lediglich Fremdspannungsabstand misst man immer noch am besten mit einem guten NF-Voltmeter. Hier gibt es doch viele Störquellen am PC durch Einstreuung, so dass man am PC auf einen Abstand von bis etwa 80 dB (höchstens 90 dB) limitiert bleibt.
Für alte Röhrenradios sind die hier besprochenen Messungen meist entbehrlich, es genügt, wenn es läuft und gut klingt. Fehler lokalisiert man dort anders.
Aber bei Transistortechnik kann man damit so allerlei merkwürdigen Fehlern auf die Schliche kommen.
So machen sich defekte Elkos im Klangregelnetzwerk oder defekte Koppelelkos mit Leckstrom oder defekte Operationsverstärker in der Impedanzanpassstufe oder im Vorverstärker im Frequenzgang oder im Pegel des Untergrundrauschens bemerkbar.
Schlechte Kontaktqualität von Schaltern, besonders selten benutzte zeigen sich in erhöhtem Klirrfaktor (da offenbar die Silbersulfidschicht auf den Kontakten durch ihr Halbleitereigenschaft zu nichtlinearen Verzerrungen führt)
Ich benutze eine sog. "semiprofessionelle" Soundkarte (mittlerweile ist die "altes Eisen", es gibt bereits wieder viel besseres, die den Vorteil ausreichender technischer Qualität und Cinch-Buchsenanschlüsse hat. Man muss kein Geld für Profikarten ausgeben. Die semiprofi-Karten haben Ordentliches zu bieten. Eine Duplex-Soundkarte ist allerdings Voraussetzung, Aber alle modernen Karten gehören heute dieser Kategorie an.
Seinerzeit hatte ich mich für eine Steckkarte entschieden. Heute würde ich eine externe USB-Karte vorziehen. Einmal kann man die an jedem PC, also auch am Laptop, betreiben. Zweitens macht eine externe Karte weniger Probleme mit Masseschleifen, besonders am Laptop, der ja i.a. keine Schutzkontaktverbindung mit dem Netz hat.
Es sollte hier erwähnt werden, dass Soundkarten einen Eingangs-Innenwiderstand von ca. 10 kOhm haben und der Spannungsteiler der das Signal am zu testenden Gerät (Vorverstärker, Tuner-NF-Ausgang oder am Lastwiderstand vom Endverstärker) abzweigt und der Soundkarte zuführt, darauf abgestimmt sein muss. Der verwendete ohmsche Lastwiderstand an Endverstärkern ist i.a. 4 Ohm oder 8 Ohm bei Transistorgeräten. Bei anderen Geräten ist auf die jeweilige, ggf höhere Impedanz-Spezifikation der anzuschliessenden oder angeschlossenen Lautsprecher abzustellen (z.B. 16 Ohm).
Parallel zu den Lautsprechereingängen, bzw. zum Lastwiderstand, der anstelle des Lautsprechers am Verstärkerausgang liegt, wird über einen Spannungsteiler der Soundkarteneingang des PC angeschlossen. Der Spannungsteiler wird so dimensioniert, dass z.B. bei Vollaussteuerung des Verstärkers (meine Referenz ist 100 W Sinus an 8 Ohm, in dem Fall also bei 28,3Veff am 8 Ohm Lastwiderstand) die Spannung am Soundkarteneingang gerade 1,00 V eff beträgt. Damit wird die Soundkarte nicht übersteuert und arbeitet in ihrem optimalen Bereich mit niedriger Verzerrung.
Zum Schutz der Soundkarte bei Fehlverkabelung oder Fehlanschluss oder bei Defekten des zu testenden Gerätes sollte unbedingt ein Überspannungsschutz für den Soundkarteneingang vorgesehen werden. Dieser wird zweckmässig durch zwei "gegenpolig" in Reihe liegenden Zenerdioden mit einer Zenerspannung von je 3-4 Volt realisiert. Die beiden Zener-Dioden legt man zwischen Masse und heissem Eingang am Soundkarteneingang, bzw. entsprechend zwischen Ausgang des Spannungsteilers und seiner Masseseite zum Soundkarteneingang.
Den Ausgang der Soundkarte verbindet man direkt mit dem Eingang des NF-Verstärkers.
I.a. verbindet man also den linken Ausgangskanal der Soundkarte mit dem NF-Verstärkereingang des Geräts, das man testen möchte. Den Ausgang des Spannungsteilers hinter dem Lastwiderstand verbindet man z.B. mit dem linken Eingangskanal der Soundkarte. Je nach verwendeter Mess-Software kann man nun den rechten Eingangskanal der Soundkarte dazu verwenden, Linearitätsabweichungen, wie Eigenfrequenzgang und Eigenklirr der Soundkarte intern zu kompensieren. So arbeitet z.B. die Mess-Software ARTA. Dafür wird mit einem Y-Verteiler vor dem NF-Eingang des zu testenden Gerätes das Signal abgezweigt und dem rechten Soundkartenkanal zugeführt.
Das Signal am Ausgang des zu testenden Gerätes (bzw. das Ausgangssignal des Spannungsteilers hinter dem Lastwiderstand, der das Signal auf max. 1 V begrenzt) wird also in den linken (=Messkanal) Eingang der Soundkarte eingespeist. Das Referenzsignal, das vor dem zu testenden Gerät an dessen Eingang abgezweigt wird, in den rechten Kanal. In der Soundkarte kann mit entsprechender Software das Referenzsignal invertiert werden, so dass ggf. vorhandene Nichtlinearitäten des Messsignals, das dem zu messenden Gerät zugeführt wird, bei der Auswertung neutralisiert werden.
Frequenzgangmessungen
Auf diese Weise (Zweikanalmessung) lassen sich linealgerade NF-Pegel über einen Frequenzbereich von nahezu DC, also fast 2-3 Hz, bis zu 100 kHz realisieren. Und das mit einer Soundkarte, die in der Anschaffung etwa um 100 EUR liegt.
Damit man bis knapp über 92 kHz mit der Soundkarte messen kann, muss sie Samplingfrequenzen von 192 kHz beherrschen und das PC-Betriebssystem muss wenigstens Windows XP oder neuer (oder vergleichbar leistungsfähige Systemsoftware) sein. Unter Windows 98 ist man auf Samplingraten von bis zu 96 kHz begrenzt, damit sind dann "nur" Frequenzgangmessungen bis 43 kHz möglich.
Hier ein Beispiel für eine Soundkarte des Typs ESI Juli@. Verwendete Messsoftware: ARTA
Der Frequenzgang ist brettgerade (innerhalb +- 0,01 dB) von < 10 Hz bis über 90 kHz. Die hier eingesetzte Karte produziert etwas Rauschen bei f > 50 kHz. Vielleicht auch mitverursacht vom Schaltnetzteil im PC und/oder den vielen Schaltnetzteilen in der Messumgebung? Deshalb mache ich THD+N Messungen zweckmässigerweise nur bei einer Messbandbreite bis 48 kHz (entspricht einer Samplingfrequenz von 96 kHz). Beispiel folgt weiter unten.
und hier in grün, von 5Hz bis 45 kHz brettgerader Frequenzgang, darunter in blau der Phasengang, hier auch ganz brettgerade (dazu auch weiter unten)!
Klirrfaktormessungen
Mit preiswerten semiprofi-Duplex Soundkarten (Gebrauchtpreise ca. 40-60 EUR) beträgt die untere Messgrenze des Klirrfaktors ca. 0,01 % THD (bzw. THD+N). Mit hochwertigen semi-profi Soundkarten (Gebrauchtpreise ca. 80-20 EUR) kommt man eine Dekade tiefer, also hinunter bis zu 0,001% oder sogar bis 0,0001 bis 0,0003%. Dies gilt, sofern man mit der 2-Kanalmethode intern kompensiert.
Hier der Eigenklirr der Soundkartenmesskette mit der ESI Juli@ Karte: Es ist die Frequenzanalyse dargestellt.
Man kann hier also Klirrfaktoren von THD > 0,0005% noch messen. Es ist in der Messung bei 1 kHz gerade die 1. Oberwelle bei 2 kHz über dem Rauschen noch zu sehen. Die höheren Oberwellen sind nur noch gerade zu erahnen.
Und hier der Klirrfaktor (THD) über den NF- Frequenzbereich:
Und das gleiche in der Darstellung als Klirrabstand (in dB, rote Linie) gegenüber dem Pegel des Eingangssignals bei 0 dB (grüne Linie):
Intermodulationsverzerrungen
Die IM-Verzerrungen lassen sich (normgerecht) mit zwei frei wählbaren Sinussignalen bei frei wählbarem Amplitudenverhältnis messen, wenn eine Software verwendet wird, die diese Option zur Verfügung stellt. Aus den Pegeln der im getesteten Gerät entstehenden Mischproduksignale lassen sich die IM-Verzerrungen berechnen (ggf. macht das die Mess-Software automatisch).
Der Anteil der IM-Verzerrungen der Soundkartenmesskette liegt bei etwa 0,005% oder besser. Hier sogar nur bei 0,0012%. Gemessen mit 250Hz : 8 kHz im Amplitudenverhältnis 4:1.
Phasengang
Bei guten Soundkarten hat man einen brettgeraden Phasengang über den gesamten NF-Frequenzbereich. Das bedeutet, dass keine Phasendrehung über den Frequenzbereich durch die Soundkartenmessanordnung verursacht wird.
Klirrfaktor bei Radio-ZF-Abgleich:
Für den Fall, dass man bei Radioempfängern einen Zwischenfrequenzabgleich machen will, dafür ist Klirrfaktormessung des NF-Ausgangssignals des Tuners erforderlich, arbeitet man einkanalig. Das HF-Eingangssignal kommt ja dann vom HF-Signalgenerator/Messender in üblicher Art. Der NF-Ausgang (demoduliertes Signal) des Radios wird dann ohne Lastwiderstand direkt dem hochohmigen Eingang der Soundkarte zugefügt. Auch hier sind ggf. Schutzmassnahmen gegen (versehentliche) Überspannung am Soundkarteneingang zu treffen.
Der Klirrfaktor ist bei Radiomessungen nicht von der Soundkarte als Messgerät begrenzt, sondern vom Eigenklirr des Messsenders. Hier wird man sich in Grössenordnungen von etwa 0,1% bis 1 % bewegen. Auch ohne interne Kompensation haben moderne Soundkarten einen Eigenklirr, der unter 0,1% liegt und linearen Frequenzgang von 30 Hz bis 15 kHz (oder wesentlich besser), also für Tunermessungen voll ausreichend. Bei FM-Frequenzgangmessungen ist die Deemphasis zu berücksichtigen, die Messwerte sind also ggf. entsprechend zu korrigieren, falls der Messender nicht mit Preemphasis arbeitet.
Wie sieht es nun aus, wenn man Geräte vermisst?
Hier als Beispiel eine Kombination aus Grundig SXV 6000 Vorverstärker und Grundig A 5000 Endstufe. Gemessen über alles an einem 8 Ohm/100W Lastwiderstand mit nachfolgendem Spannungsteiler.
Frequenzgang:
Gemessen bei 50W Ausgangsleistung an 8 Ohm (100 W, bzw. 28.3 Veff entsprechen 0dB. 50 W bei 1 kHz sind also -3 dB, wie im Messplot). Die Leistungsbandbreite, bei der die Ausgangsleistung auf die Hälfte, der Pegel also um 3 dB abfällt, reicht von 6 Hz bis 71 kHz. Um diese Grenzfrequenz noch messen zu können, muss die Soundkarte auf 192 kHz Sampling Frequenz eingestellt werden. Damit kann man praktisch bis 92 kHz messen. Bei 96 kHz Sampling Frequenz beträgt die obere messbare Frequenz nur ca. 46 kHz (etwas weniger als 48 kHz) und bei 48 kHz Sampling Frequenz, die von einfacheren Soundkarten geboten wird, ist man auf max. knapp über 20 kHz limitiert. Um den Klirrfaktor eines 10 kHz Signals messen zu können, muss man aber mindestens bis über 40 kHz noch messen können. Also ist eine Soundkarte angesagt, die wenigstens eine Sampling Rate von 96 KHz beherrscht.
Klirrfaktor:
Bei 1 kHz und 50 W (20 Veff = -3 dB) an 8 Ohm: 0,019% (THD) sowie 0,020% THD+N (Klirr einschliesslich Rauschen). In diesem Fall wurde das Frequenzspektrum auf 48 KHz (96 kHz Sampling) limitiert, um das Fremdrauschen bei 90 kHz von der Soundkarte zu eliminieren (siehe oben).
Intermodulationsverzerrungen (IM):
Bei 40 W an 8 Ohm mit 250 Hz : 8 kHz (4:1) betragen die IM-Verzerrungen 0,065%. Das gibt die Software ARTA direkt aus. Man kann den Wert auch "zu Fuss" aus den Signalintensitäten der Mischprodukte auf beiden Seiten von 8 kHz nach bekannter Formel für die IM-Verzerrung berechnen. Man sieht auch noch zwei Oberwellen vom 250 Hz Signal, was aber in der Auswertung der IM-Verzerrungen keine Rolle spielt.
Zu den Radiomessungen werde ich demnächst noch etwas schreiben.
Herzlichen Gruss
Reinhard