Beocord 1200

      Hallo Kollegen,
      Platz ist in der kleinsten Hütte....
      es hat sich nach Umstellen einiger Anlagen doch noch ein Plätzchen gefunden, und so wurde der Bandmaschinenpark erweitert, und zwar um eine Beocord 1200, ersteigert vorletztes WE in England, letzten Donnerstag eingetroffen, und wegen Nachtschicht erst ab dieser Woche in Arbeit
      Die Beocord 1200 von Bang & Olufsen erschien 1969, wurde gebaut bis 1972 und gehörte meines Wissens mit der 1600 zu der letzten Reihe von Bandmaschinen, die B&O produzierte. Bisheriger Eindruck:
      das witgehend unverbastelte Gerät, das wahrscheinlich die letzten Jahrzehnte nicht mehr in Gebrauch war, ist vom mechanischen Aufbau eher als einfach zu bezeichnen, was Bandzugregelung, Antrieb und Bremsen angeht. Bandzugregelung findet nur über zwei Filzplättchen statt, die von hinten gegen die Spulenteller drücken, Bandfühlhebel gibt es nicht; die automatische Endabschaltung wird über eine "Lichtschranke" geregelt, die auf transparentes oder gar kein Band reagiert, die normalen Bremsen sind als Schnurbremsen ausgeführt, als Antrieb dient ein groß dimensionierter Pabst-Motor. Schneller Vor- und Rücklauf erfolgen über Zwischenräder, die Capstanwelle wird per Riemen über ein Schwungrad angetrieben; der aufwickelnde Spulenteller wird über einen weiteren Riemen von der Schwungmasse zum rechten Bandteller angetrieben. Von der Elektronik her scheint mehr Aufwand getrieben worden zu sein: Pabst-Motor, Bogen-Tonköpfe, aber leider auch die damals so beliebteb Roederstein EK, hier in der orangen Ausführung. Nachdem hiervon einige schon getauscht wurden (gegen die weinroten Roe ;-)), und einige auf der Kopfhörer-Platine und am Mikrofoneingang "kopflos" sind, wurde erstmal nur die total verharzte Mechanik gängig gemacht, provisorisch Riemen aufgelegt und kurz getestet: es scheinen keine größeren Probleme vorzuliegen, sicherheitshalber werde ich aber erstmal alle Roederstein austauschen
      Die Maschine hat 1971? einen Preis für Industriedesign bekommen, davon ist das gute Stück im Moment noch weit entfernt, wie man dem Foto entnehmen kann :)



      weitere Fotos, auch Detailaufnahmen folgen nach Arbeitsfortschritt
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Moin,
      Roedersteins in orange oder grau sind die Vorgaenger der weinroten und haben haltbarere Becher. Ich wuerde sie nur tauschen, wenn feststeht, dass sie defekt sind. Auch die Weinroten tausche ich inzwischen nur bei offensichtlichem Defekt, also broeseligem Becher, oder bei Montage in warmer Umgebung (dann sind sie meist aber schon broeselig ;-). Solange die Kondensatoren in Ordnung sind, macht denen so schnell auch kein moderner Typ etwas vor.

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      Peter
      Hallo Peter,
      danke für den Tipp, daß es die Vorgänger der weinroten sind, war mir schon klar, die haben ja normalerweise den Ruf als "Bad Boys" gepachtet, andererseits wurden sie an anderer Stelle im Netz auch schon wegen ihrer (damaligen?) Qualität gelobt und werden heute noch manchmal als NOS angeboten, an einige der Platinen wollte ich auch nur ungern ran (Faulheit und unzählige angelötete Kabel, die im Weg sind). Da werde ich wohl erst mal nur die "kopflosen" und rissigen tauschen, sind alle im Bereich Mikrofoneingang und Kopfhörerverstärker, gestern abend habe ich noch die Tonköpfe (noch original gesichert und ohne sichtbare Einlaufspuren) gründlich saubergemacht und die Maschine mal richtig zur Probe angehört: im Wiedergabebereich scheint alles in Ordnung zu sein, der Klang ist sehr gut mit klaren Höhen und keinem hörbaren Pegelunterschied, lediglich nach VU-Meter "soll" ein Unterschied von 3 dB da sein, den ich akkustisch nicht verifizieren kann. wenn es soweit ist, werde ich mal die Pegel mit meinem Bezugsband messen, denke aber, daß hier nur das VU-Meter nicht richtig anzeigt. Mechanisch ist noch einiges zu tun: Spulenteller auf richtige Höhe bringen, Bremsen einstellen, die endgültigen Riemen montieren... Parallel wird gerade das Gehäuse etwas aufgefrischt. Klanglich läßt die B&O schon jetzt meine beiden Philips (4418/4510, peinlichst nach SM justiert und eingestellt) ganz klar im Regen stehen, die Mechanik ist zwar einfach gestaltet, scheint aber, wenn alles stimmt, durchaus zuverläßig und robust zu sein, in der Servicefreundlichkeit haben aber die Philips wegen der leichter zugänglichen Mechanik klar die Nase vorne.
      Jedenfalls schon jetzt das Fazit: kein Fehlkauf und mein DUAL 1219 bekommt bald einen neuen Nachbarn ;)
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      So, die letzten 2 Tage wurde noch etwas am Gehäuse gearbeitet, außerdem wurden die Riemen erneuert, der provisorisch aufgelegte Vierkantriemen paßte nicht wirklich; heute erfolgte der probeweise Zusammenbau und die Beocord durfte schon mal "probesitzen"; auf der elektrischen Seite wurden bisher nur die defekten Roederstein ersetzt (4 Stück, 1 x geplatzt im Mikrofoneingangsbereich, drei waren rissig, hauptsächlich im Bereich des Kopfhörerverstärkers, davon nässte noch einer, kam also erst vor kurzem "ums Leben").
      Beim heutigen Testlauf stellte ich noch folgende Mängel fest: Bei einer Probeaufnahme ist das Signal zwar ausreichend laut, aber stark verzerrt, hauptverdächtig sind hier erstmal die ca. 15cm langen A/W-Schalter, dann werde ich die Bauteile der A/W-Verstärkerplatinen mal durchmessen; bei aufgedrehtem Mikrofonregler des rechten Kanals starkes Rauschen, auch ohne angeschlossenes Mikrofon, bemerkbar auch im Wiedergabemodus.
      Bei der Sichtprüfung der Bauteile habe ich festgestellt, daß überwiegend Kohlemassewiderstände verbaut sind, da heißt es Messen (bin schon am Überlegen, das Gerät einer "Widerstandskur" zu unterwerfen). Bei Wiedergabebetrieb ist alles in Ordnung, mechanisch scheinen (bis auf die evtl. Probleme bei den A/W-Schiebern) auch alle Probleme gelöst zu sein. Betroffen war hier überwiegend der Tastenblock, beim Umschalten auf Verstärkerbetrieb wurden die A/W-Schieber mitbetätigt, die Eingangswahlschalter rasteten nicht mehr, die mechanische Seite der Geschwindigkeitsumstellung hing fest...gründliche Reinigung brachte Abhilfe.
      Unten noch ein paar Fotos, die das zeitlose Design und die flache Bauweise zeigen, zum Vergleich ist rechts der DUAL 1219 zu erkennen







      nahezu genial finde ich die Steuerung des Bandlaufs im letzten Bild gelöst
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Hallo Jörg,

      vielen Dank für Deinen anschaulichen Bericht über die Beocord 1200. Bandmaschinen von B & O trifft man ja nicht so häufig an.

      In diesem Zusammenhang weise ich gerne auf eine ebenfalls sehr detaillierte Geräte-Vorstellung unseres Forumsmitgliedes "PeZett" im Bandmaschinenforum vom September 2007 hin, wo er die Beocord 1600 beschrieben hat. Zu finden unter "Tests und Vorstellungen". Viel Spaß beim Lesen.

      Viele Grüße Klaus
      Hallo Klaus,
      vielen Dank für den Hinweis auf den Bericht von PeZett im Nachbarforum, den kannte ich noch nicht; zum Riemenwechsel zwischen Motorpulley und Schwungmasse hier erstmal nur eine Anmerkung: die Tonkopfbrücke braucht nicht demontiert zu werden, es reicht, das Bodenlager auf der Rückseite zu demontieren und die Hebelarme der Schnurbremse von der Achse zu lösen, dann kann man die Riemen von hinten "einfädeln", aber auch das ist noch ein rechtes "Gefrickel"; habe diese Woche Nachtschicht, daher folgen die Fotos vom Innenleben erst am Wochenende.
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      http://www.makarateyp.com/BO/K5_10.htm
      http://forum2.magnetofon.de/board2-tonbandgeräte/board28-tests-und-vorstellungen/7023-dänischer-flachmann-beocord-1600/#post78178

      hier noch die Links zu den erwähnten anderen Berichten über die Beocord 1200/1600
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Sehr gute Seiten im Netz sind BeoWorld und BeoCentral, wenn man Infos über B&O-Geräte sucht

      Hier noch die letzten Bilder, bevor der "Dänische Flachmann" wieder im Gehäuse verschwindet



      Hier die Beo von hinten, bereits im Holzrahmen, klar erkennbar der große Pabst-Motor, B&O hat übrigens bis zuletzt nur einmotorige Bandmaschinen produziert, rechts die Abteilung "Elektronik", hier die aufklappbaren Platinen des Aufnahme/Wiedergabeverstärkers, darunter versteckt das Lager des linken Spulentellers; bei der Überprüfung der verbauten Kohlemassewiderstände wurden erhöhte Werte von 10 - 30% gemessen, daher wurden alle ausgetauscht gegen 0,6W-Metallfilmwiderstände, bei im Schaltplan ausdrücklich als Kohlefilm gekennzeichneten Werten wurden 0,5W-Kohleschichtwiderstände genommen, auch fand ich noch mehrere Elkos von Roederstein, die im Fußbereich erste Kristalle des Elekrolyts erkennen liessen, daher wurde auch hier gnadenlos getauscht, die Werte bis 4,7µF gegen Wima MKS2, der Rest gegen Markenware von Vishey, wobei, wenn platztechnisch möglich, die Spannungsfestigkeit erhöht wurde.



      hier ein Blick auf Motor-Pulley und die Zwischenräder, ein Vergleich mit anderen Beocords im Netz zeigt, daß diese Technik über Jahre Verwndung fand; erkennbar aber auch ein großer Schwachpunkt der Maschine: die primitive Ausführung der Bremse als Schnurbremse, schwer einstellbar und nicht gerade auf damaligem Niveau; auch erkennbar die Spulenteller: keine Dreizackarretierung, obwohl die 1200 für Senkrechtbetrieb ausgelegt war, die Spulenarretierung erfolgt nur über optisch zwar schöne, aber wacklige Gummistopfen, am unteren Rand erkennbar die Tonköpfe von Bogen




      hier noch ein Blick auf den Bereich der VU-Meter ohne Verkleidung. Die Beleuchtung erfolgt über eine Glühbirne, über das Kunststoffteil mit seitlichen Prismen wird das Licht weitergeleitet an die Instrumente; elegant, aber mit einem Nachteil: Beide VU-Meter sind unabhängig von der Spurwahl bei Aufnahme beleuchtet, da mechanisch auch immer beide Schieber auf Aufnahme gestellt werden und an beiden VU-Metern das Eingangssignal anliegt (aber nur die angewählte Spur über den Kombikopf aufgenommen wird), kann es hier zu Fehlbedienungen kommen.

      Mein Fazit: eine überaus elegante, kompakte, vom Gehäuse äußerst wertige Maschine, die zurecht einen Designpreis bekam; allerdings mit einigen recht primitiven Problemlösungen, der damalige Listenpreis von ca. 1200 DM dürfte bei einer einmotorigen Zweikopf-Bandmaschine schwer auf dem Markt durchsetzbar gewesen sein
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Hallo Forum,
      da im Moment gerätemäßig relative Ruhe herrscht, hier noch ein Update, bzw. auch gleichzeitig der Abschluß nach drei Monaten Betrieb. Nach erstem Optimismus stellten sich doch noch kleinere Probleme ein: wie bei einer einmotorigen Maschine, die überwiegend mechanisch geprägt ist, handelte es sich auch um Probleme aus diesem Bereich. Relativ schnell stellte sich heraus, daß das Gerät schon bei minimal gewelltem Bandmaterial Wiedergabeprobleme (Kanalaussetzer, Kanalungleichheit) bekam, ferner fiel auf, dass es gerade bei "glattem", also nicht rückseitenbeschichtetem Band am Bandende ab ca. 3cm Restwickel auf dem linken abwickelnden Teller zu hörbaren Gleichlaufschwankungen kam. Da hier kein Wickelmotor links Gegenzug entwickelt und das Gerät auch keine Bandzugregelung hat, war das Problem schnell eingekreist: minimales Abbremsen des linken Bandtellers mit dem Finger führte zu einer Verbesserung bei gewelltem Material (besserer Kopfspalt-Bandkontakt), also war der Fehler mechanisch bedingt.
      Folgende Versuche, den Bandzug durch Erhöhen des Anpreßdrucks des Andruckfilzes (zähneknirschend, da erhöhter Kopfverschleiß) oder durch minimales Spannen der Schnurzugbremse zu erhöhen, scheiterten gegen Bandende durch noch größere Gleichlaufschwankungen. Abhilfe schaffte erst eine Demontage des linken Bandtellers und Nachbiegen des darunter verborgenen Bremsarms, der hauptsächlich bei schnellem Vor-/Rücklauf wirksam sein soll. Das Ganze gestaltet sich doch einigermassen aufwendig, da jedesmal die Verstärkerplatinen nach aussen geklappt werden müssen, ohne Steckkontakte immer verbunden mit der Gefahr von Kabelbrüchen oder gebrochenen Lötanschlüssen). Auch wird beim linken Bandteller das sog. Lagerspiel nur durch Unterlegen von Teflonscheiben eingestellt, gesichert und fixiert durch einen Sicherungsring auf einer glatten Achse ohne Nut (nicht gerade das, was ich als exakt bezeichnen würde). Im Rahmen dieser Nacharbeit wurden dann auf den Vertärkerplatinen alle Kohlemassewiderstände (im Schaltplan als 0,5W-Widerstände gekennzeichnet) durch 0,6W Metallschichtwiderstände ersetzt. Nachmessungen hatten hier durchweg erhöhte Werte von 10%(evtl. Toleranzbereich bei Produktion) bis zu 50% ergeben. Die im Plan ausdrücklich als Kohlefilmwiderstände 0,3W gekennzeichneten wurden nur bei Abweichung durch neue 0,5W Kohleschichtwiderstände erneuert, hier sah es deutlich besser aus. Um hier in diesem Bereich nicht mehr tätig werden zu müssen und um auf der sicheren Seite zu sein, wurden auch die Elkos erneuert, die kleinen Kapazitäten bis 10µF durch MKS2, die anderen durch Low-ESR-Typen, wobei bei der Spannungsfestigkeit mindestens eine Stufe höher gegangen wurde. Einige waren optisch auffällig und ja vorher schon gewechselt worden, jetzt kam der Rest auch mit dran. Danach wurden auch im Bereich Kopfhörerplatine / Mikrofoneingang die restlichen erneuert (Bei lt. Schaltplan 12,8V 16V-Typen zu verbauen ist schon "mutig", hier wurde auch wegen der heute höheren Netzspannung durchweg die Spannungfestigkeit auf 35V erhöht). Da die Maschine dazu sowieso wieder ausgebaur war, wurde der Holzrahmen geschliffen, die Kratzer gespachtelt, nachgebeizt und neu lackiert. Die Blende des Bedienfelds wurde mit einer abschließenden Schicht Klarlack in seidenmatt wieder in Originalzustand versetzt (Beim Retuschieren von Blenden und Beschriftungen arbeite ich lieber auf Hochglanzflächen, lackiere also erstmal Klarlack hochglänzend, der bei Fehlern auch die darunterliegende Originalschicht schützt, retuschiere und filter dann den Glanzgrad wieder nach unten)Abschließend nach erfolgreichem Funktionstest wurde das Gerät wieder komplettiert. Bei den etwas wackligen Gummistopfen zur Spulenbefestigung wurde auf der Rückseite ein größenmäßig passender O-Ring (3mm) aufvulkanisiert, um den Druck auf die Spulen zu erhöhen. Abschließend noch 1 Foto am jetzigen Standort, um hier nochmal den "Flachmann" zu betonen, das kam auf den vorherigen nicht so zur Geltung, genau neben dem 1219er DUAL sieht man aber, wie kompakt das Gerät ist und wie gut es von den Abmessungen her (und vom Design) zu den DUAL passt.


      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
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