Röhrenradios - Was tauscht ihr aus?

      Hallo Marcus,

      um es zu verdeutlichen: Die von mir beschriebene Messmethode gilt NICHT für Elkos, sondern für Folien-, Papier und sonstige Kondensatoren. Wenn du den Reststrom der Elkos messen willst, brauchst du ebenfalls eine GESIEBTE Gleichspannung in der Höhe, wie sie bei dem fraglichen Gerät auftreten wird (also für den Netzteilelko in einem Röhrengerät, üblicherweise mit 350/385 Volt Spannungsfestigkeit etwa 250 bis 300 Volt). Das kann in der Praxis ein Radio mit intaktem Netzteil, das unbelastet sein sollte (also mit abgeklemmtem Verbraucher, sprich der Radioschlatung) sein. Darin schließt man den zu prüfenden Elko (selbstverständlich richtig gepolt) in Reihe mit einem Milliamperemeter (Multimeter, erstmal im hohen Strombereich) an.
      Der Elko sollte natürlich schon vorher auf einigermaßen korrekte Kapazität gemessen worden sein, sonst ist alles weitere ja sinnlos. Beim Einschalten wird erst ganz kurz der relativ hohe Ladestrom fließen, der dann schnell stark absinkt (Elko geladen). Der dann dauerhaft verbleibende Restwert ist der Restrom. Kann man ruhig auch mal eine Stunde dranlassen, wenn der Reststrom auch dann EINE Handvoll Milliamp. nicht überschreitet, ist alles ok.

      Klar, ist ein bisschen Arbeit. Aber das Wiederausbauen eines dann doch verreckten Elkos aus dem Radio ist auch Arbeit, vom Ärger ganz abgesehen.

      Vorsicht beim Arbeiten mit so hohen Spannungen ist selbstverständlich. Nach der Prüfung sollte man den Elko und das Radionetzteil mit einem Widerstand (> ca 1kOhm) entladen.

      Gruß und viel Erfolg
      Stefan
      Moin zusammen.
      Vorwort: Zum Formieren von Elkos hatte ich hier mal vor ein paar Jahren eine Prozedur angeführt, man müßte sie bloß wiederfinden.
      Ordentliches Formieren läßt man durchaus ein paar Stunden bis Tage dauern, dann ist es auch sicher für lange Zeit gut.

      Zu deinen Fragen Udo.
      Die Nennspannung ist die maximale anliegende Spannung bei der der Elko dauerhaft keinen Schaden nimmt. Deutsche Marken-Elkos vergangener Tage (Siemens, da ich siemens-affin bin) waren deutlich überformiert, hatten also große Reserven. Trotzdem und weil ich auch nicht immer genau weiß was für Qualitäten man in die Finger bekommt rechne ich immer eine große Reserve mit ein, es können dann oben drauf auf die angestellten Berechnungen noch unkalkulierte Überspannungen kommen. Es gibt heute viele Einflüsse die man damals noch nicht kannte, Störeinflüsse, Überspannung durch die sog. EU-Harmonisierung der Netzspannungen. Im Niederspannungsbereich, besonders wenn man viele Elkos benötigt tue ich es mir auch nicht an, mein Lager sinnlos mit 20 verschiedenen Nennspannungen voll zu pfropfen, sondern kaufe gleich den ganzen Vorrat an Standard-Elkos ausschließlich mit Nennspanung 63V. Die Paarpfennigfuffzig die das u.U. mehr kostet interessieren mich nicht, ich kaufe eh Großbestände, teilweise gegurtete Sonderposten, die Appel und Ei kosten.
      Zahme Gerätenetzteile, wenn ein Ersatz der Elkos überhaupt unvermeidbar wird, statte ich grundsätzlich mit 450V-Typen aus, schon die heutige erhöhte Netzspannung läßt die guten alten 250V-Tpen still vor sich hin sieden. Silizium-Umrüstung triebe die Nennspannung nochmal höher. Es lohnt also nicht da knausrig zu sein, wenn man schon überhaupt etwas ersetzen zu müssen meint.

      Den Elkos macht es nichts aus. Dann deformieren sie eben im Laufe der kommenden Jahrzehnte etwas mehr und man müßte sie (theoretisch) vor einer späteren Nutzung an wesentlich höheren Spannungen wieder nachformieren, aber wer macht sowas? Einmal drin, bleiben sie drin und werden nicht wie Akkus zwischen unterschiedlichsten Geräten hin und her benutzt.

      Es gibt übrigens auch Leute die ein ganzes Radio am Stück formieren. Alle Röhren ziehen, Regel-Trenntrafo davor, an jeden Elko einen Temperatursensor und den Alarm des Thermometers auf 70°C, damit es keine Platzer gibt. Dann die Regelspannung für das Radio nach und nach über Stunden/Tage immer weiter hochkurbeln, bis Nenn-Netzspannung. Erfordert natürlich einiges an Labor-Equipment, oder fleißige Hände.

      Wenn man an Elkos etwas messen will, dann benötigt man dringlicher noch als bei Folienkondensatoren Betriebsbedingungen. Alle Messungen sind Mist, wenn der Elko nicht vorher formiert ist und an der Meßschaltung nicht eine Weile bis zur Ablesung dranhängt (wieder entsprechend formiert). Sonst mißt man nicht nur sowieso Mist sondern auch noch bloß den Formiergrad in Form mehrerer Unbekannter, aber nicht das was man meint zu messen. Es ist dann während des Meßvorganges also nicht nur angeraten, sondern Pflicht das man den Elko mit mindestens seiner Betriebs- oder sogar Nennspannung beaufschlagt.

      Auch die Genauigkeitsfalle schmiert den Ungeübten Messer an. DVM suggerieren durch ihre drei Nachkommastellen in der Anzeige eine Genauigkeit die deutlich über der Standardabweichung liegt. Es kann also wohl die Anzeige-Ausgabe sehr genau sein, aber der Prüfling dennoch auf Gottes weiter Wiese mit 20...30% Abweichung herum vagabundieren. Wenn ich an einem Meßaufbau mit Standard-Volt/Ampere-Meter in Drehspul-Ausführung an einem Elko 10uF so ungefähr 8 bis 20uF ablese, was vielleicht einen Zeigerweg von 3mm ausmacht, dann kann ich wenn alle Umgebungsbedingungen schlüssig sind relativ sicher sein keinen Mist gemessen zu haben, auch wenn der Zeiger mal mehr und mal weniger weit auswandert. Viel mehr ist dem Normalbenutzer auch mit anscheinend viel genaueren Geräten garnicht möglich, nichtmal die wichtige Meßumgebungstemperatur kann er sinnvoll herstellen.
      Sicher benutze ich auch solche DVM an denen man den Meßbereich "nF/uF" vorfindet, aber ich weiß auch schon vorher was ich von der Messung erwarte, nämlich eine so ungefähre, in weiten Schwankungsweiten stattfindende Zielbereichsschätzung samt meiner Schlußfolgerung daraus.

      // Ich sah mich mal veranlaßt durch viel Geschimpfe in Foren über eine bestimmte Elko-Type (Philips blau transparent ummantelt, 2,2uF, schmal wie Widerstände), diese durchzumessen, davon hatte ich eine ganze Kleinteilschute voll herumstehen, seit über 30 Jahren spannungslos gelagert, gegurtet aus der Prod. (Automatenbestückung). Was soll ich sagen, ich konnte den gleichen Mist messen mit dem DVM wie all die Schimpfbolde. Viel zu hohe Kapazität, viel zu hoher Reststrom, praktisch mehr ein Widerstand als ein Elko. Alle wegwerfen? Pah, wie komme ich dazu! Ich maß den einen Teil der Elkos "zu Fuß", als Betriebsspannung lag nur die Meßspannung an, und siehe da, alle wurden unter der Messung "besser". Einen anderen Teil formierte ich nach meiner Methode und diese maßen sich anschließend sofort wieder einwandfrei. Dumm ist, wenn man sich aufgrund solcher selbst verschuldeter Falschbehandlungen des Bauelements Elko ins Fleisch schneidet und seine Vorräte entsorgt. Dabei hätte das Datenblatt jenen Wegschmeißern helfen können, dort stand zu lesen, daß die Elkos mindestens bis zu drei Jahre nach Produkionsdatum ohne weitere Maßnahmen mit vollen Nennwerten betrieben werden konnten, weitere 10 Jahre ohne extra Formierung in der Schaltung bei unwesentlich erhöhtem Reststrom formieren, dann wie ich feststellte nach 30 Jahren immer noch mühelos formierbar waren. Mittlerweile gehen sie auf 40 Jahre zu und eine Kontrollmessung zeigt, daß das Formieren immer noch zu einwandfreien Elkos verhilft. Für klassische Marken-Elkos aus 50...60 Jahre alten Radios gilt das in noch größerem Maß, diese wurden noch mit viel mehr Aufwand und sorgfalt hergestellt. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch den Einzelfall "defekt", müßig sich zu überlegen warum, jegliches technische Teil kann jederzeit plötzlich defekt werden, schlecht wenn man dann gerade in einem Spaceshuttle sitzt bei dem eine kleine Dichtung durchfurzt//

      Zum Thema Betriebstemperatur muß man anmerken, daß die bloße Erwärmbarkeit eines Elkos auf über 100° im Heißgerät Röhren-Radio keinen Vorteil bringt. Denn erstens hat man da keine nennenswerte Packungsdichte und zweitens hängt ein guter Konstrukteur die Elkos in einen Kamin außerhalb der Hitzequellen (Röhren), drittens leiten die voluminösen HV-Elkos durch ihre vergleichsweise riesigen Gehäuseabmessungen ihre Eigenwärme deutlich besser ab als kleine pieselige SNT-Elkos. Der oft erwähnte ESR spielt überhaupt keine Rolle, lassen wir ihn 100 Ohm betragen (reiner diskussionsunwerter Annahmewert), so ist er immer noch um Zehnerpotenzen niedriger wie das Impedanzniveau in Röhrengeräten, wo man in Megaohm rechnet. Auch in sehr niederohmig ausgelegten Standard-Linear-Netzteilen würden reale wenige Ohm keinerlei Rolle spielen, beim Sieben des Restbrumms sind RC-Kombinationen sogar gewollt und werden absichtlich eingeplant.

      Noch eine kleine Anmerkung, weil ich noch nicht viel Text erzeugt habe 8)
      In der Kopplung von Röhrenverstärkern haben Elkos natürlich nichts verloren, die Schaltungen sind regelmäßig sehr hochohmig, geringste Restströme stören schon, das praktisch ständige Formieren läßt diese Ströme fließen. Man kann Elkos da also nur an niederohmigen Stellen wie bspw. als Kathoden-Elko gebrauchen.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Jogi“ ()

      Jogi Postete
      Zitat:
      Es gibt übrigens auch Leute die ein ganzes Radio am Stück formieren. Alle Röhren ziehen, Regel-Trenntrafo davor, an jeden Elko einen Temperatursensor und den Alarm des Thermometers auf 70°C, damit es keine Platzer gibt. Dann die Regelspannung für das Radio nach und nach über Stunden/Tage immer weiter hochkurbeln, bis Nenn-Netzspannung. Erfordert natürlich einiges an Labor-Equipment, oder fleißige Hände.

      HalloJogi,

      steigt denn ohne Röhren im Gerät nicht die Anodenspannung zu stark an?

      Gruß Udo

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „3DS Udo“ ()

      Hallo Udo.

      Ob die Röhren gesperrt sind - Lastwiderstand unendlich - oder draußen sind - Lastwiderstand unendlich - ergibt das gleiche Ergebnis.
      Die Nennspannung ist auch immer die Nennspannung, darüber hinaus dürfen die Lade- und Siebelkos eh nicht betrieben werden. Man muß also sowieso darauf achten das die Betriebsspannung nicht den Nennbereich verläßt.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
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