Nordmende HiFi 8002 ST - wie schlägt er sich?

      Nordmende HiFi 8002 ST - wie schlägt er sich?

      Hallo zusammen,
      Nordmende und (ernsthaftes) Hifi passt nicht wirklich zusammen oder? Zumindest zu Zeiten der Produktion in (West-) Deutschland (ca. 1965-1978) ist mir Nordmende als HiFi-Hersteller nicht wirklich ein Begriff. Anders da Saba (HiFi-Studios, 8080, 8120 und Nachfolger) und Grundig mit RT 50, RT 100 RTV 600 usw), aber Nordmende trat da kaum in Erscheinung. Ganz dunkel entsinne ich mich an die optisch recht progressive 7500 er Serie Anfang der 1970iger mit den modischen Schiebereglern. Also gab es da schon etwas neben Fernsehern und Kofferradios aus Bremer Produktion.
      Per Zufall bin ich auf den 8002 ST gestossen (Bauzeit 1970-1972). Er hatte aber schon einen Vorgänger mit gleicher Optik, den 8001 ST. Beide Geräte waren mir bislang unbekannt und so wurde meine Neugier größer. Die technischen Daten des 8002 in HiFI-Wiki lesen sich schon mal recht vielversprechend: hifi-wiki.de/index.php/Nordmende_Hifi_8002_ST
      Aber so ein Gerät taucht eher selten auf, bis ich vor ein paar Tagen Glück hatte und mir aus der Bucht etwas zuschwamm. Natürlich defekt, aber der äußere Zustand schien vielversprechend. Wider Erwarten kam das Gerät trotz eher spärlicher Verpackung auch heile an:


      Etwas eingestaubt aber optisch schön erhalten! Vermutlich war das Gerät schon lange ausser Betrieb und war in irgendeinem Keller gelandet in Erwartung besserer Zeiten.
      Erste Feststellungen: Ein/Aus-Schalter rastet nicht. Das steckbare Netzkabel fehlt, der alte Anschluss ist aber leider nicht mehr gängig. Mal sehen, was ich da mache.
      Aufnahmen vom Innern kann ich noch nicht liefern. Muss erst meinen Arbeitsplatz von einem anderen Projekt befreien.
      Hier noch von hinten:


      Falls es Interesse gibt, mache dann demnächst weiter mit Bildern vom Innern.

      Nehme auch gerne Tipps zur Intstandsetzung entgegen.

      Grüße
      Frank

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      Nordmende galt als einer der führenden Hersteller der deutschen Unterhaltungselektronik-Branche.
      Heute wird das früh erloschene Licht der an Thomson verramschten Firma immer wieder unter den Scheffel gestellt.
      Das haben sie nicht verdient die Hemelinger. Der Residenzort in Bremen-Hemelingen, der einst im Weltkrieg ein Flugzeughangar (Focke-Wulf) war, ging nach vielen Querelen und Arbeitskämpfen über Jahre hinweg langsam unter unter der Egide der Franzosen, auch SABA-Fernseher wurden zu den wirren Zeiten dort gebaut.
      Ich hatte mal ein Topmodell von Nordmende das hatte so ziemlich alles eingebaut was in einen Fernseher reinpaßte, die Technik war hervorragend (wohl in Villingen-Schwenningen entwickelt), wären da nicht die besch... Bildröhren gewesen, die Kiste wurde dreimal in zwei Jahren nachgestellt bis alles an Reserven raus war, dann brauchte er eine satte Viertelstunde Vorwärmzeit bis überhaupt ein schemenhaftes Bild aus dem Nirwana aufstieg - der alte Mende hätte sich im Grab umgedreht, hätte er gewußt was der Großkonzern aus seiner Fernsehfabrik gemacht hat.

      Man arbeitete bei Nordmende schon zu Zeiten des ST8002 innovativer als andere Firmen, es gab Modultechnik, Gleichteile-Plattformen,
      die Fernsehtechnik war auf einer Höhe mit Grundig und SABA
      erste Firma die die Flimmerkiste per Ultraschall fernbedienbar machte,
      ein Fernseh-Monitorgerät das zum Hauptschirm noch drei Kontrollschirme beinhaltete,
      zeitgenössisch gutes Aussehen mit Holz(-Immitaten) und Alu-Zierleisten, das wollte der deutsche Käufer genauso haben.

      Die straight entwickelten HIFI-Endstufen des 8002ST sind ein Gedicht gegen die Verhaue die SABA produzierte, im 8002ST werkeln die berühmtesten unkaputtbaren Leistungspferde jender Ära - 2N3055 - in Quasi-Komplementärschaltung, also ohne das man Klimmzüge erfinden mußte den nichtvorhandenen PNP-Pendent des 2N3055 irgendwie zu improvisieren, mit den 30W-Endstufen konnte man schweißen ohne das sie kaputt gingen.
      Die Steuerstufen verfügten über alle Schmankerl die sich ein verwöhnter HIFI-Fan damals wünschte, die Klangstellerschaltung war überbrückbar, die Potis so gut das sie bei mir bis heute nicht krachen oder komische Bewegungsabläufe zeigen. Das Modul kann man einzeln nehmen und in irgendetwas anderes stecken, an beliebiger Stelle verfrachten, es arbeitet autark. Ebenso der klanglich in meiner guten Erinnerung gebliebene Entzerrer-Vorverstärker (das wäre doch mal was um sich mit einem Simulator dran auszutoben).


      Super-Kofferempfänger der Linien "Galaxy-Mesa" und "Globetrotter" waren wertvolle Kleinodien zu hohen Preisen und heißbegehrt bei den Wellenfängern. Der Globetrotter mit Kassette - so einen leistete ich mir damals auch - hatte sogar einen Verkehrsfunk-Dekoder SK/DK integriert mit dem man schon zuhause informiert wurden ob es auf Achse mit Staus zu rechnen war, damit man die Ansagen nicht verpennte gab es aufnahmetauglichen Timer und Durchsagekennung. Galaxy-mesa hatte einen Trommeltuner und verwendete damals hochaktuelle MESA-Transistoren.

      Aber was ansonsten meines Wissens kein anderer bot war die Kit-Abteilung von Nordmende.
      Nordmende belieferte Kunden mit Fertigmodulen und Bausätzen aus laufender Fertigung, die Verstärker-Baustufen für den 8002 sowie Module für Tonbandgeräte hatte ich damals Anfangs der Siebziger auch zur Verfügung. Man konnte sich also ein Nordmende-Bandgerät oder Steuergerät selber bauen wenn man wollte und konnte. Oder auch nur Teilsektionen davon. Der Selbstbau von erprobten und dann tatsächlich auch funktionierenden Unterhaltungselektronik-Geräten ganz oder deren Module für etwas anderes, eigenes war beliebt um 1970...72...75 herum und groß in Mode, Elektronik-Zeitschriften verkauften sich wie warme Semmeln.

      Glückwunsch zu diesem schönen Gerät.
      Direkte Vergleiche zu SABA oder Grundig vermeide ich, so weit zeitlich davon entfernt sind das alles zusammen die überlebenden Schätze aus einer verlorenen und ohne Not aufgegebenen besseren Epoche.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Jogi“ ()

      Hallo Frank,

      Der 8002/ST macht ja einen soliden Eindruck. Optisch gefällt er mir auch. Auch an den technischen Daten kann man nicht meckern. Endstufenausgänge noch Elko-gekoppelt (wie viele andere der Zeit), aber sonst das NF-Teil gradliniger als bei Saba. Aber sonst... wenn man mit Saba nur nach Daten vergleicht, ungefähr in der Liga Saba 8080 - 8120 einzuordnen. Beim AM-Empfang dürfte Saba die Nase vorn haben.

      Sicher gibt es hier Interesse. Bitte versorge uns mit Innenfotos und Berichten.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Ja Jogi, einen Globetrotter 808 hab ich mir damals neu gekauft, der läuft bis heute und ist auch noch in meinem Besitz. Einen Globemaster hatte ich mir als Reisebegleitung gekauft, auch ein Gerät mit gutem Klang.
      Und einen Galaxy Mesa 9000, der komplett mit Batteriesauce durchtränkt war habe ich mal für einen Kunden komplett zerlegt, gereinigt, repariert und wieder zusammengebaut - eine riesen Arbeit.

      Also wenn man online nach "Nordmende 8200" sucht, findet man nicht wirklich viel. Heißt der wirklich so??
      Achim

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „nightbear“ ()

      Hallo Jogi und Reinhard,
      besonders dankbar bin ich Jogi für seine umfangreichen Ausführungen zu Nordmende und seinen Besonderheiten. Das mit den Kits war mir bislang unbekannt.
      Der 2N3055 ist ja das Arbeitstier der Elektronik schlechthin gewesen in der Zeit. Später gab es aber bessere Endstufentransistoren.
      Mein Saba 8050 hat die ATES BD 142T drin, also auch ein Equivalent zu den 3055. Allerdings ist diese Endstufe nur mit 15W Sinus angegeben bietet aber schon elkolosen Ausgang. Ich bin gespannt, welchen Hersteller Nordmende beim 8002 gewählt hat. Wenn es 3055 von RCA wären, würde mich das sehr freuen.

      Noch etwas zu Nordmende allgemein: es gab dort ja auch die NM electronics mit einem umfangreichen Sortiment an Mess- und Prufgeräten für den professionellen Einsatz. In soweit gibt es da Parallelen zu Grundig. Überhaupt habe ich den Eindruck, Nordmende war zu seinen besten Zeiten den Grundig-Leuten ziemlich dicht auf den Fersen...

      Wieder zurück zum 8002: der AM-Empfang interessiert mich nicht wirklich bei diesem Gerät. Ich hoffe aber auf ein gutes UKW-Empfangsteil und bin schon gespannt, wie er sich bei mir (anspruchsvolle Mittelgebirgs-Empfangslage) im Vergleich mit anderen Empfängern schlägt.
      Bei Nordmende gab es ja die Zeitschrift "Am Mikrofon-für die Werkstatt". Sicherlich ist der 8001/8002 in einer Ausgabe im Zeitraum 1968-1970 beschrieben. Hat Jemand den Artikel evt. greifbar?

      Bilder von der Technik kommen demnächst!

      Grüße
      Frank
      Das Gerät heißt 8002/ST, nicht 8200. Es lag preislich mit etwas über 1000 DM brutto geringfügig über dem 8080.

      @ Frank, ja, gerne, interessiert mich auch. Ich kenne das Gerät nur von außen.

      A propos außen: Als Topmodell folgte es der gleichen Strategie wie die (teuren) Fernseher der spectra-Linie:
      Es gab den 8002, und hierbei sind die Seitenteile gemeint, in
      - Nußbaum, Teak und Rio-Palisander (jeweils Echtholzfurnier)
      sowie in Schleiflack
      - weiß, rot, grün und anthrazit. Und das wurde tatsächlich verkauft, ein Sammlerfreund hat ihn in Grün.

      Originell finde ich die Idee, die Bereichstasten in die Skala an den passenden Stellen zu platzieren. Soweit zu den Äußerlichkeiten.

      Servicemanual habe ich - falls Bedarf besteht.
      Ein Blick in dieses:
      UKW-Tuner mit 2 FETs (Vorstufe und Mischer) (plus bip. Oszillatortrans.) UKW und AM völlig getrennt! UKW-Zf fünfstufig! AM-Eingang mit drei FETs (Vorstufe, selbstschw. Mischer und Regelung). Schalterdecoder. Tiefpass hinter Decoder. EVV mit 4x BC 109. Monitorbuchse. NF-Teil sorgfältig, ohne Sensationen. Merkwürdiger Höhenregler. Symmetrische Versorgung der Endstufe mit 52 Volt, stabilisiert! Daher natürlich Elko im Ausgang, mit 2000 µF, was mir wenig vorkommt.

      Was die 2N3055 betrifft, die kamen ja ursprünglich (nur) von RCA, waren aber um 1970 wohl schon von anderen Herstellern erhältlich. Die Chance dass du RCA antriffst ist also groß. Der Name 'Arbeitspferd der Elektronik' kam von RCA selbst. Schon 1966.

      So nun sind wir gespannt auf den Bericht!

      VG Stefan
      Ja, eben 8002/ST.
      Ich würde sehr viel Wert darauf legen, wenn Hans mal über den Empfangsteil gucken würde und uns dazu ein paar Takte geigen täte (nur ein Wunsch keine Einteilung anderer Leute Zeit).

      Was, Stefan gefällt dir am Höhensteller nicht? Er stellt und höht, im Kopf hab ich dessen Schaltung natürlich nicht mehr, müßte ich erst das Manual im Keller suchen gehen, ein hoffnungsloses Unterfangen.

      Wie schon erwähnt, den EVV im Test oder Sim. das würde mir gefallen. 4xBC109 war der übliche höhere Standard zu jener Zeit, später BC149 und noch später BC239. Mende arbeitete aber auch gerne mit kommerziellen Transistoren BCYxxx.

      Die Endstufen, Michael, könnten auch mit BD242 laufen, aber das ist ein nicht weiter durchplanter Schnellschluß.

      Die 2N3055 waren in den Fällen die ich kannte immer RCA.

      Der Auskoppelkondensator reicht aus, die zugehörigen LS-Boxen waren über 2x0,752 bei mehreren Meter Länge angeschlossen, innen drin klingeldrahtdünnes Etwas. Es hat sich nie jemand beklagt, ehe man den Elko eigenmächtig vergrößert sollte man sich Überlegungen machen welche Schäden das anrichten kann, ok sein muß er allerdings, die LS-Systeme, besonders die mit den dünnen Nerven, lieben nicht unbedingt 26V Gleichspannung, auch der Kopfhörer nicht, man soll bedenken das der der hochohmigen Truppe entsprechen soll, kein Vorwiderstand und kein Einsteckschutz schützen gegen niedrige Ohmzahlen am Anschluß. So war das damals, die Popejhörer mit 16 Ohm fetzten sofort davon, das war nicht schlimm die waren eh gehörschädigend, es mußten "richtige" Kopfhörer dran die mindestens 300 Ohm je System hatten.
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Hallo,

      Frank hatte mir den Nordmende 8002 freundlicherweise gegen Erstattung der Portokosten überlassen.

      Da das aktuelles Projekt (Blaupunkt Delta 6003 GD) nahezu abgeschlossen ist, habe ich in meiner Sammlung mal nach einer Aufgabe für den nahenden Winter geschaut. Da schien mir der Nordmende geeignet, und es gab eine kurze Inaugenscheinnahme des Gerätes.

      Dabei musste ich leider feststellen, das der Gute einen massiven Transportschaden davongetragen hat, der auf den ersten Blick nicht auffällt. Bei der Ankunft des Pakets lag das Gerät mit der Frontplatte am Karton, die beiden Styroporstreifen, die das verhindern sollten hatten kapituliert. Offensichtlich ist das Paket beim Transport mal mit der Vorderseite nach unten gefallen.
      Da aber keinerlei Beschädigungen sichtbar waren, war die Sache für mich erledigt.

      Heute musste ich leider feststellen, dass die Potis den Aufprall abgefangen haben. Die Konsequenz: Bis auf das Balance-Poti sind alle mechanisch zerstört, die Wellen sind durch die Potis gedrückt worden. Da es auch eine etwas seltsame Bauart ist werde ich mir erst einmal irgendwo ein Schlachtgerät besorgen müssen und die Überarbeitung bis auf weiteres verschieben.

      Gruß

      Rolf
      Ja, das ist nun wirklich schade. Dabei bin ich eigentlich von einer ausreichenden Verpackung ausgegangen.
      Aber bei Stürzen wird es dann schwierig...
      Diese Geräte sind leider nicht häufig aber vielleicht taucht mal ein Ersatzteilspender auf. Werde auch die Augen offenhalten.
      Was ist denn die Besonderheit bei den Potis?

      Grüße
      Frank
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