Aluminium-Elkos mit festem Elektrolyt

      Aluminium-Elkos mit festem Elektrolyt

      Liebe Freunde,

      in einigen älteren Geräten finde ich gelegentlich Aluminium-Elkos mit festem Elektrolyt. Diese sind wohl in der Regel langzeitstabil, trocknen prinzipbedingt nicht aus, und vertragen auch höhere Brummspannungen. Zudem brauchen sie keine Vorwiderstände (wie Tantal-Elkos) und sind angeblich robuster also normale Elkos. Soweit die Theorie. Nun sind diese Elkos, oft mit kleinen Werten (0,47 uF ... 4,7 uF), in diesen älteren Geräten als Koppelkondensatoren eingesetzt, und daher kritisch. Wie wir das auch von Saba kennen, sind sie dann angeblich nicht selten für Potikrachen etc. verantwortlich (so auch in meinem aktuellen Fall).

      Meine Frage an die Experten hier: Sind das insgesamt eher seltene Probleme, oder sind die Elkos dieser Bauart doch empfindlicher als die Theorie zulässt? Ich habe sie noch nicht oft genug angetroffen, um eine eigene statistische Aussage machen zu können. Wenn Probleme vorliegen, wäre mein Reflex dann, sie lieber zu ersetzen, und zwar durch moderne Folientypen (die man ja heute problemlos so klein bekommt, dass sie passen, wie Wilma MKS 2). Was sind Eure Erfahrungen ?

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      es gibt so viele verschiedene Ausführungen .... Auf jeden Fall sind sie viel teurer als Al-Elkos mit Flüssigelektrolyt. Höherer Reststrom, sie können sich nicht reformieren (ausheilen). Als Koppelkondensatoren daher wenig geeignet und dafür auch nicht gedacht. Wenn sie als Koppelelkos verwendet werden ist das m.E. ein Fehler. Koppelelkos sollten immer möglichst minimalen Reststrom haben. Al-Polymer-Elkos sind dort kontraindiziert.

      de.wikipedia.org/wiki/Polymer-Elektrolytkondensator

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Lieber Reinhard,

      das war auch mein STand, aber nun sehe ich sie in einigen Geraeten genau an solchen Stellen verbaut. Immer Positionen mit wenig Vorspannung, aber AC-Signal. Ich werde mal ein paar durchmessen -- komme ich aber erst in ein paar Tagen zu. Scheint mir dann besser zu sein, da Folienkondensatoren einzusetzen.

      Besten Gruss,

      Michael
      Unbedingt!

      Als Koppelelko verbaut...spricht nicht für ausreichende Bauteilekenntnis des Konstrukteurs.

      Reststrom bei Nennspannung messen ist tricky, da der ja gewöhnlich im µA-Bereich ist oder sogar < 1 µA. Ein AVR-Komponententester zeigt Vloss an - das ist ein guter relativer Anhaltspunkt, wenn man einen Folienkondensator und einen gesunden normalen Elko ähnlicher Kapazität zum Vergleich misst.

      Von W. Holtmann (radiomuseum.org/forum/isolatio…e_vergessene_methode.html ) stammt die nachfolgende Schaltung, um auch bei so kleinen Restströmen im (sub-) µA-Bereich den Isolationswiderstand eines Kondensators zu messen:



      Polare Kondensatoren müssen natürlich polaritätsrichtig angeschlossen werden!

      U1 ist die Kondensator-Nennspannung, die von einem DC-Labornetzteil anliegt
      Rs ist ein Vorwiderstand (10 kOhm bis 100 kOhm), der den Strom beim Aufladen und im Fall eines Schlusses oder Defektes des Kondensators oder versehentlichen Verpolen eines Elkos begrenzt, wenn die Aufladetaste in der Schaltung gedrückt ist.
      Rx ist der gesuchte Isolationswiderstand (= parasitärer Parallelwiderstand) des Kondensators Cx
      Ri ist der DVM-Innenwiderstand des Multimeters bei Gleichspannungsmessung (aus Datenblatt des DVM, meist 10 MOhm)

      Wenn z.B. mit U1 = 20V gemessen wird und Ri = 10 MOhm,

      dann ist
      bei 100 MOhm Isolationswiderstand die gemessene U2 = 1,8V
      bei 200 MOhm U2 = 0,95 V
      bei 300 MOhm U2 = 0,65 V
      bei 400 MOhm U2 = 0,49 V
      bei 500 MOhm U2 = 0,39 V
      bei 1 GOhm U2 = 0,2 V

      M.E. ist das die einfachste Methode, hohe Isolationswiderstände wirklich zu messen, wenn der Kondensator voll aufgeladen ist, statt nur "gut" oder "nicht gut" oder einen "Ungefährwert" angezeigt zu bekommen. Praktisch nur hinsichtlich der Prüfspannung limitiert durch den Spannungsbereich des verfügbaren DC-Labornetzteils.

      Bei U1 von grösser 60V muss man sich der Gefahr beim Arbeiten mit hoher Spannung für Leib und Leben immer bewusst sein. Ich schreibe das für alle die Mitleser, die nicht so tief "in der Materie" drin sind und das nachbauen.



      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 9 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Was machen, wenn das Labornetzteil nicht ausreicht?

      Auch einige ambitionierte Hobbyelektroniker werden einen einstellbaren Trenntrafo haben.
      An den Ausgang schließt man einen Gleichrichter mit spannungsfestem Siebelko an.
      Jetzt hat man ein einfaches einstellbares Netzteil für Spannungen über 30 Volt.
      Keinesfalls einen einstellbaren Spartrafo nehmen, da fehlt die Netztrennung!

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Die von Reinhard beschriebene Methode C mit dem DVM in Reihe geschaltet - wende ich seit 30 Jahren an (ohne den Beitrag in rm.org zu kennen) - es gibt keine bessere. Ich kann sie nur empfehlen. Die trennt nicht nur Spreu von Weizen sondern auch Südhang- von Osthang-Weizen. Als Spannungsquelle dient für Hochvolt-Kondensatoren ein einfaches kleines Netzteil, das einen Röhrenradio-Netztrafo nebst Glr und Elko enthält und auch schon seit Jahrzehnten gute Dienste für viele Kleinigkeiten am Reparaturplatz dient. Natürlich kann man auch den Regeltrenntrafo mit Gleichrichtung und Siebung verwenden.

      VG Stefan
      Eben habe ich nach der genannten Methode den Isolationswiderstand eines normalen 1 µF/50V Al-Elkos (Panasonic FC) bei 20V gemessen: Läuft asymptotisch nach einigen Minuten (da Formierung bei der Messung fortschreitet) auf >470 MOhm. Bei 30V Prüfspannung >380 MOhm. Reduziere ich nach der 30V Messung die Prüfspannung wieder auf 20V geht der Isolationswiderstand auf einen nahezu stabilen Endwert von 820 MOhm für den dann vollständig formierten Elko.

      Nur mal als Vergleichswert, was bei intakten Al-Elkos so typisch ist.
      Man sagt, damit ein Kondensator als Koppelkondensator eingesetzt werden darf, muss er mindestens einen Isolationswiderstand von 250 MOhm haben.

      Nicht mehr in Ordnung:
      Ein grauer axialer NSF Elko 10µF/16V aus einem SABA 8080F, dem äusserlich nichts anzusehen war und der auch noch Nennkapazität hatte und beim ESR auch unauffällig war, kam bei 16V nur auf 18 MOhm.

      Bestwert Messgrenze:
      X2 Folienkondensator 33nF/275V AC gemessen bei 30V DC: Rx > 100GOhm (U2= 2 mV, Ri= 10MOhm, U1= 30V)

      Gruss
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()



      Hier zeigt jemand diese Methode, allerdings nur im Zusammenhang der Messung hoher Widerstände, nicht explizit für den Reststrom eines Kondensators, bei YouTube. Interessant finde ich sein Experiment mit der Feuerzeugflamme ziemlich am Schluss des Videos.

      Viele Grüße,
      Christian
      **************************************************
      2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „chriss_69“ ()

      Echt nett und instruktiv !

      Michael

      Nachtrag: So, habe jetzt einige dieser seltsamen Elkos ausgebaut und vermessen -- meist völlig in Ordnung, und messtechnisch von frischen Elkos aktueller Bauart nicht verschieden. Muss noch sehen, ob ich einen defekten erwische. Immerhin scheinen die, obwohl über 40 Jahre im Dienst, in der Regel recht robust zu sein. Bilder mache ich noch.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      So, diese mir bis dato unbekannten Elkos kommen z.B. im Verstärker Sherwood S-702 CP vor, dort ist auch ein Bild (s. extra Thread). Sie sind vielleicht aus heutiger Sicht ungewöhnlich an den Stellen im Signal, waren aber messtechnisch einwandfrei. Ich habe sie daher auch nicht ersetzt, denn wenn sie 40 Jahre problemlos funktioniert haben, und auch jetzt keine erniedrigten Isolationswiderstände zeigen, werden sie auch noch eine gute Weile halten ...

      Sie sind damals offenbar an solchen Stellen eingesetzt worden, weil sie als robuster galten als die kleinen Elkos mit 2,2 uF und weniger. Ausserdem sind sie angeblich nicht so empfindlich auf (kleine) Spannungsverpolungen. Da ich nun schon mehrere Verstärker aus der Zeit und Baureihe revidiert habe, und es immer so aussah, habe ich keinen Grund für "Kuren" gesehen ... ;)

      Besten Gruss,

      Michael

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

      Lieber Reinhard,

      hier nochmal Das Bild, ist natürlich einfacher so:



      Das sind die kleinen, hellblauen Bauteile. Sehen auf den ersten Blick aus wie die typischen japanischen Folienkondensatoren, sind aber Elko mit "solid Aluminium" (so auch im Schaltplan ausgewiesen). Habe vergessen, ein Bild zu machen, als ich welche ausgebaut hatte ...

      Besten Gruss,

      Michael
      Hallo Michael,

      Aluminium-Elkos müssen ja immer einen Wickel aus anodisiertem Aluminium haben. Deren natürliche Form ist daher zylindrisch. Hier wundert mich die Bauform, die sind nicht zylindrisch (rund). Ich würde sie nach Aussehen und Ort, wo sie verbaut sind, eher für Tantalkondensatoren mit Festelektrolyt halten. Die haben ja auch den Leckstromnachteil nicht. Der Englisch-Übersetzung auf japanischen/asiatischen Schaltplänen ist nicht zu trauen. Kann sein, dass im Plan "solid-Al" steht, obwohl tatsächlich "solid electrolytic" oder "solid-Ta" gemeint ist.

      Man könnte es sehen, wenn man einen aufmacht.

      Gruß
      Reinhard

      kugel-balu schrieb:

      Könnte aber auch ein flacher Wickel sein, ist rechteckig ...


      Klar!
      Im Schaltplan sehe ich da nur "(AS)".
      Das könnte auch für "Al-sealed" stehen, also vergossene Al-Elkos. Die haben keinen Polymer-Festelektrolyt, sondern normalen Flüssigelektrolyt, sind aber nach dem Wickeln vergossen/mit Polymer tauchbeschichtet.
      In der Teileliste steht tatsächlich: "Solid Aluminum".

      Ich glaube, ich hab's jetzt gefunden:
      Also, was man heute unter "solid Aluminum capacitor" versteht, ist ein Al-Elko mit Polymerelektrolyt. Das gibt es aber erst seit 1990 - kann also deshalb bei einem Gerät von 1978 nicht gemeint sein!

      Damals gab es eine andere Art von "festen Al-Elkos", nämlich solche, die wie Tantalkondensatoren mit Braunstein als Festelektrolyt aufgebaut waren und wie diese auch im Tauchverfahren hergestellt wurden. Daher die ähnliche Form und der glatte Überzug aus Epoxy-Polymermaterial.

      en.wikipedia.org/wiki/SAL_electrolytic_capacitor

      Beispiel:
      doeeet.com/content/eee-compone…nganese-dioxide-obsolete/
      Zitat:
      "SAL-capacitors were developed and introduced in the market in the 1960s by Philips. Up until December 30, 2015, it was a single source product manufactured by Vishay."

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Moin Reinhard,

      ah ja, an die hatte ich ursprünglich zuerst gedacht, weil ich noch eine Schachtel von denen (Fabrikat Philips) daheim habe. Ich hatte das auch nicht dem Schaltplan entnommen (wo in der Tat nur "AS" steht), sondern dem Service Manual von Sherwood (das findet man auf dieser tschechischen Seite, die viele Manuals zum freien Download bereichtstellen). Das ist in den USA erstellt und gedruckt, auch in fehlerfreiem amerikanisch geschrieben, und dort steht "solid Alum." in der Teileliste.

      Dann können wir das ja jetzt auch als geklärt ansehen ... wissen wir etwas über die wirkliche Haltbarkeit bzw. Robustheit dieser Elkos? Meine Stichprobe ist ja sehr klein ...

      Besten Gruss,

      Michael

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „kugel-balu“ ()

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