Glück Auf, Leute,
Letztens habe ich einen R35 von Grundig wieder einmal benötigt. Das Gerät ist von mir nur mit den allernotwendigsten Maßnahmen betriebsbereit gemacht worden, sprich, Reinigung/ Deoxidation von Schaltern und Potis, Kontrolle aller Elkos, Basis-Betriebskontrolle. Danach lief der NF-Teil einwandfrei, beim HF-/ ZF-Bereich gab es Auffälligkeiten. Für die Elko-Kontrolle hatte ich das in einem separaten Blechgehäuse sitzende ZF-/ Stereo-PLL-Modul ausgelötet. Dazu sind mehrere Blechnasen von unten von Lot zu befreien und vorsichtig auszuheben. Um die Prozedur im eventuell notwendig werdenden Wiederholungsfall etwas einfacher zu gestalten, habe ich beim Wiedereinsetzen nur zwei der vorhandenen Blechnasen wieder verlötet.
Das wäre zwar nicht notwendig gewesen, da man die Schaltung nach Abnehmen des Deckels und Lösen der Schrauben auf der Leiterplatte auch ganz ohne Löten aus dem Gerät bekommt, aber das wusste ich erst hinterher.
Rechts ist das längliche Blechgehäuse des ZF-/Stereo-PLL-Moduls zu sehen
Beim Funktionstest auf UKW zeigte sich, dass das Tunoscope, AFC, die Feldstärkeanzeige und das Muting nicht funktionierten. Bei AFC-Aktivierung rückten die Sender um ein par MHz auf der Skale, das Ziehen auf Sendermaximum trat gar nicht erst ein. Die Feldstärkeanzeige schlug bis zum Anschlag aus, auch ganz ohne Sender, Muting und Tunoscope spielten verrückt, sobald ein Sender nur ein klein wenig außermittig gestellt war, sprang die Mutingschaltung periodisch an (beide rote Richtungspfeile des Tunoscopes leuchteten kurz auf, NF-Signal wurde blockiert), nur, um nach Bruchteilen einer Sekunde wieder zuzuschalten.
Die Betriebsspannungen waren im Soll und die grundsätzliche Funktion des ZF-Schaltungsteils war ebenfalls gegeben.
Bei der Fehlersuche setzte ich zuerst bei der Feldstärkeanzeige an und fand als Ursache, dass der Transistor, der für die AM-Signalstärke das Instrument ansteuert, keine Eingangsspannung nahe Massepotential von der AM-Karte erhielt. Nach Entfernung des Moduls und Ziehen der Basis des Transistors T1017 auf Masse funktionierte es wieder leidlich.
Anschließend habe ich die AFC-Ausgangsspannungen und deren Verarbeitung auf dem TCA530-Modul untersucht. Da war tatsächlich auch ein Tantal-Kondensator mit Schluss zu finden. Das erklärte den Versatz der Sender beim Aktivieren der AFC und die fehlende Abstimmung auf Sendermitte.
Blieben noch die Mutingfunktion, die in nervtötender Weise schon bei kleinsten Verstimmungen zu- und abschaltete, und das nicht funktionierende Tunoscope. Das Muting wird mit vom Tunoscope-Modul realisiert. Es setzt ab einer bestimmten Verstimmung ein und wird aus den AFC-Ausgängen des ZF-ICs mittels mehrerer Komparatoren abgeleitet, die mit einem Vierfach-OpAmp aufgebaut sind. Die AFC-Differenzspannung kommt über die Pins 6 und 7 an das Modul. Die Hauptfunktion der Schaltung ist zwar die Ansteuerung der drei Tunoscope-LEDs, aber über Ausgang 4 des Opamp-ICs und T 502 wird auch das Verstimmungsmuting geschaltet. Wenn der Transistor durchsteuert, klaut er dem Stereo-IC das NF-Signal durch Kurzschließen gen Masse.
Die Schaltung des Tunoscope-Moduls
Auf diesem Modul habe ich mir nun einen Wolf gesucht. Keines der Bauteile wies einen Defekt auf, die Spannungen in Bezug auf die Spannungsteilerwiderstände waren plausibel. Erst als ich dem Nicht-Reagieren des Mutingschalters auf den Grund ging, kam ich dem Fehler auf die Spur. Dieser Schalter soll die Vorspannung der Basis von T502 auf Masse ziehen und so das Kurzschließen des NF-Signals am Eingang des Stereo-ICs verhindern. Der Schalter hatte Durchgang, aber Pin 1 wies keine Verbindung zur Masse (an den Schirmblechen der Platine abgenommen) auf der HF-Platine auf.
Da Leitung und Steckverbindung in Richtung Platine ebenfalls Durchgang hatten, blieb nur noch eine fehlende Masseverbindung der Platine selbst als Ursache übrig. Aber die Platine hatte doch ordnungsgemäße Verbindung zur Gerätemasse. Zumindest die ZF-Schaltung funktionierte und die Schirmbleche waren niederohmig mit dem Massesternpunkt am Netzteil verbunden.
Lötseite der HF-ZF-Platine
Ja, ein Großteil der Schaltungen auf dieser Platine besaß eine funktionierende Masseverbindung. Nicht aber die gelb markierten Flächen im mittleren Teil der Platine. Die penible Kontrolle dieses Bildes zeigte: Diese Flächen werden tatsächlich nur über das Gehäuse des ZF-Moduls mit der restlichen Platinenmasse verbunden. Ein von mir weggelassener Lötpunkt an einer Blechfahne verursachte die Unterbrechung. Lötunkt gesetzt, Verbindung kontrolliert, anschließend funktionierten alle Dinge wie gewohnt. Auch die Massebrücke an T1017 war nun überflüssig und AM tat wieder, was es sollte.
Meine Lehren daraus:
-Es reicht nicht, die Betriebsspannungen eines Schaltungsteils zu prüfen, sondern es lohnt sich durchaus früher mal ein Blick auf die Masseverbindungen. Das gilt speziell bei seltsam anmutenden Fehlerkombinationen und Mehrfachfehlern. Vielleicht wäre ein alter Hase eher stutzig geworden. Ich jedenfalls stand recht lange auf dem Schlauch.
-Vertraue nicht darauf, dass Blechgehäuse, Kühl- und Abschirmbleche nicht doch einmal als Leiterzüge "missbraucht" werden und löte brav alle Verbindungen wieder an.
Viele Grüße aus dem Erzgebirge,
Christian
Letztens habe ich einen R35 von Grundig wieder einmal benötigt. Das Gerät ist von mir nur mit den allernotwendigsten Maßnahmen betriebsbereit gemacht worden, sprich, Reinigung/ Deoxidation von Schaltern und Potis, Kontrolle aller Elkos, Basis-Betriebskontrolle. Danach lief der NF-Teil einwandfrei, beim HF-/ ZF-Bereich gab es Auffälligkeiten. Für die Elko-Kontrolle hatte ich das in einem separaten Blechgehäuse sitzende ZF-/ Stereo-PLL-Modul ausgelötet. Dazu sind mehrere Blechnasen von unten von Lot zu befreien und vorsichtig auszuheben. Um die Prozedur im eventuell notwendig werdenden Wiederholungsfall etwas einfacher zu gestalten, habe ich beim Wiedereinsetzen nur zwei der vorhandenen Blechnasen wieder verlötet.
Das wäre zwar nicht notwendig gewesen, da man die Schaltung nach Abnehmen des Deckels und Lösen der Schrauben auf der Leiterplatte auch ganz ohne Löten aus dem Gerät bekommt, aber das wusste ich erst hinterher.
Rechts ist das längliche Blechgehäuse des ZF-/Stereo-PLL-Moduls zu sehen
Beim Funktionstest auf UKW zeigte sich, dass das Tunoscope, AFC, die Feldstärkeanzeige und das Muting nicht funktionierten. Bei AFC-Aktivierung rückten die Sender um ein par MHz auf der Skale, das Ziehen auf Sendermaximum trat gar nicht erst ein. Die Feldstärkeanzeige schlug bis zum Anschlag aus, auch ganz ohne Sender, Muting und Tunoscope spielten verrückt, sobald ein Sender nur ein klein wenig außermittig gestellt war, sprang die Mutingschaltung periodisch an (beide rote Richtungspfeile des Tunoscopes leuchteten kurz auf, NF-Signal wurde blockiert), nur, um nach Bruchteilen einer Sekunde wieder zuzuschalten.
Die Betriebsspannungen waren im Soll und die grundsätzliche Funktion des ZF-Schaltungsteils war ebenfalls gegeben.
Bei der Fehlersuche setzte ich zuerst bei der Feldstärkeanzeige an und fand als Ursache, dass der Transistor, der für die AM-Signalstärke das Instrument ansteuert, keine Eingangsspannung nahe Massepotential von der AM-Karte erhielt. Nach Entfernung des Moduls und Ziehen der Basis des Transistors T1017 auf Masse funktionierte es wieder leidlich.
Anschließend habe ich die AFC-Ausgangsspannungen und deren Verarbeitung auf dem TCA530-Modul untersucht. Da war tatsächlich auch ein Tantal-Kondensator mit Schluss zu finden. Das erklärte den Versatz der Sender beim Aktivieren der AFC und die fehlende Abstimmung auf Sendermitte.
Blieben noch die Mutingfunktion, die in nervtötender Weise schon bei kleinsten Verstimmungen zu- und abschaltete, und das nicht funktionierende Tunoscope. Das Muting wird mit vom Tunoscope-Modul realisiert. Es setzt ab einer bestimmten Verstimmung ein und wird aus den AFC-Ausgängen des ZF-ICs mittels mehrerer Komparatoren abgeleitet, die mit einem Vierfach-OpAmp aufgebaut sind. Die AFC-Differenzspannung kommt über die Pins 6 und 7 an das Modul. Die Hauptfunktion der Schaltung ist zwar die Ansteuerung der drei Tunoscope-LEDs, aber über Ausgang 4 des Opamp-ICs und T 502 wird auch das Verstimmungsmuting geschaltet. Wenn der Transistor durchsteuert, klaut er dem Stereo-IC das NF-Signal durch Kurzschließen gen Masse.
Die Schaltung des Tunoscope-Moduls
Auf diesem Modul habe ich mir nun einen Wolf gesucht. Keines der Bauteile wies einen Defekt auf, die Spannungen in Bezug auf die Spannungsteilerwiderstände waren plausibel. Erst als ich dem Nicht-Reagieren des Mutingschalters auf den Grund ging, kam ich dem Fehler auf die Spur. Dieser Schalter soll die Vorspannung der Basis von T502 auf Masse ziehen und so das Kurzschließen des NF-Signals am Eingang des Stereo-ICs verhindern. Der Schalter hatte Durchgang, aber Pin 1 wies keine Verbindung zur Masse (an den Schirmblechen der Platine abgenommen) auf der HF-Platine auf.
Da Leitung und Steckverbindung in Richtung Platine ebenfalls Durchgang hatten, blieb nur noch eine fehlende Masseverbindung der Platine selbst als Ursache übrig. Aber die Platine hatte doch ordnungsgemäße Verbindung zur Gerätemasse. Zumindest die ZF-Schaltung funktionierte und die Schirmbleche waren niederohmig mit dem Massesternpunkt am Netzteil verbunden.
Lötseite der HF-ZF-Platine
Ja, ein Großteil der Schaltungen auf dieser Platine besaß eine funktionierende Masseverbindung. Nicht aber die gelb markierten Flächen im mittleren Teil der Platine. Die penible Kontrolle dieses Bildes zeigte: Diese Flächen werden tatsächlich nur über das Gehäuse des ZF-Moduls mit der restlichen Platinenmasse verbunden. Ein von mir weggelassener Lötpunkt an einer Blechfahne verursachte die Unterbrechung. Lötunkt gesetzt, Verbindung kontrolliert, anschließend funktionierten alle Dinge wie gewohnt. Auch die Massebrücke an T1017 war nun überflüssig und AM tat wieder, was es sollte.
Meine Lehren daraus:
-Es reicht nicht, die Betriebsspannungen eines Schaltungsteils zu prüfen, sondern es lohnt sich durchaus früher mal ein Blick auf die Masseverbindungen. Das gilt speziell bei seltsam anmutenden Fehlerkombinationen und Mehrfachfehlern. Vielleicht wäre ein alter Hase eher stutzig geworden. Ich jedenfalls stand recht lange auf dem Schlauch.
-Vertraue nicht darauf, dass Blechgehäuse, Kühl- und Abschirmbleche nicht doch einmal als Leiterzüge "missbraucht" werden und löte brav alle Verbindungen wieder an.
Viele Grüße aus dem Erzgebirge,
Christian
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2 + 2 = 5 (für extrem große Werte von 2)
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