Intermodulationsfaktor bei Verstärkern - wie richtig aus FFT Signalen berechnen?

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      Danke für Deine Mühe, Reinhard ! Mir kommt das irgendwie wo vor wie die Längenmessung in (verschiedenen) Ellen vor der Einführung des Ur-Meters ... eine Standardisierung wäre von Vorteil. Aber wir leben ja eh wieder in einer Zeit, wo anscheinend immer mehr Leute lieber ihr eigenes Ding machen wollen ...

      Besten Gruss,

      Michael

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      Sind jetzt die meisten Leser verwirrt?

      Das Mischen von Frequenzen benutzt man gern auch absichtlich.
      Ein prima Beispiel ist das Radio, z.B. UKW-Tuner mit ZF = 10,7 MHz.
      Beim Mischen erhalten wir immer zwei zusätzliche Frequenzen, Summe und Differenz.
      Nehmen wir an, unser Oszillator ist auf 105 MHz eingestellt und wir wollen 94,3 MHz empfangen.
      Dann erhalten wir 105 MHz - 94,3 MHz = 10,7 MHz, unsere ZF.
      105 MHz + 94,3 MHz = 199,3 MHz ist weit weg von unserem ZF-Filter, wird nicht empfangen.

      Verstärker haben ungewollt die lästige Eigenschaft, daß sie auch als Mischer wirken.
      Genau das hat Reinhard näher beleuchtet, auch die unterschiedlichen Messmethoden.
      Früher waren Filter mit 1 kHz gängig, fand man oft an hochwertigen Messgeräten.
      Im Bild ein Beispiel, alter Generator von Marconi, Baujahr 1969.
      Das Filter taugt nicht nur für die beschriebene Differenztonmessung, auch für Klirrfaktor.
      Damals wichtiger Aspekt bei Bandgeräten, man setzte 3 % Klirr für Sättigung an.
      Das ist dann der Punkt 0 dB am Aussteuerungsinstrument, wenn man eine Bandsorte einmisst.
      Es wird ein Ton mit 333 Hz eingespeist, k3, dritte Harmonische, ist dann 1 kHz.

      Bei Reinhard sieht man noch ein paar mehr Frequenzen, nicht nur mögliche Summe und Differenz.
      Unsere erhaltenen Mischprodukte können sich auch wieder mit den eingespeisten Tönen mischen.
      Das kann in der Praxis durchaus unangenehm sein, gibt schnell einen ganzen Störteppich.

      Andreas
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      • filter1khz.jpg

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      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com

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      @ Michael

      ja, ist so.
      Jeder Verein kommt mit eigenen Standards und Methoden. Und die sind auch noch schlecht dokumentiert. Die Anwender haben oft auch noch ihre eigene Sicht darauf und verfahren nicht selten nach Gusto. Sie verwenden z.B. z.T. die Power-Methode, auch wenn diese nach Standard nicht verwendet wird (RMAA hatte ich weiter oben als Beispiel seziert).

      Weiteres fehlerhaftes Beispiel:
      Der Absatz "Differenztonverzerrungen" auf der Webseite "Elektroniktutor" elektroniktutor.de/elektrophysik/verzerrt.html
      Dort wird die Summe der Differenztonpegel auf die den Effektivwert des gesamten Spektrums bezogen, statt nur auf die doppelte Amplitude von f1.
      Die Formel im Elektroniktutor ist aus physikalischer Sicht nachvollziehbar (hatte ich weiter oben schon geschrieben) und logisch, aber sie steht im Gegensatz zum DIN/IEC Standard 60268-3, wie die Differenztonmessung "regelgemäß" durchzuführen und auszuwerten ist.

      Ist wie vor Gericht: Auch, wenn man im Recht ist, muss man vor Gericht nicht immer Recht bekommen.


      Weil bei zwei der von mir hier erwähnten Programme zur Messung am PC diese Probleme mit abweichenden Auswertungen der Spektralkomponenten ebenfalls auftraten (bei zwei weiteren allerdings nicht), habe ich mich mit den betreffenden Entwicklern in Verbindung gesetzt und sie auf die Unterschiede aufmerksam gemacht, die in Ihren Programmen erzeugt werden. Beide Entwickler (beides keine Amateure) sind daraufhin selbst in die Thematik noch mal eingestiegen und haben ihre Software zügig korrigiert. Richtiges Messen setzt aber voraus, dass der Anwender regelmässig auf die neueste Software-Version aufgerüstet hat.

      Ich hatte nach Hilfestellung in einschlägigen Hochschul-Lehrbüchern, in Skripten, in Application Notes der Geräte-Hersteller gesucht. Was man zumeist dort findet (wenn man überhaupt etwas dazu findet), bewegt sich dermassen im Allgemeinen, dass es damit nicht möglich ist, ausreichend nachzuvollziehen, wie die Auswertung im Detail vonstatten geht. Es läuft dann für den Anwender darauf hinaus, dass das "Ergebnis" eben das ist, was das Gerät oder das Programm anzeigt. Vogel friss oder stirb! Als sollte oder dürfte es den Benutzer wenig interessieren, wie vom Gerät/Programm ausgewertet und gerechnet wird.

      Zusätzlich mangelt es an einer leichten Zugänglichkeit zu den zugrundeliegenden Standards, die von den herausgebenden Institutionen nur gegen sehr hohe Gebühren bezogen werden können.

      Dazu gehört insbesonders:

      DIN EN IEC 60268-3:2019-02
      Elektroakustische Geräte - Teil 3: Verstärker (IEC 60268-3:2018); Deutsche Fassung EN IEC 60268-3:2018
      Englischer Titel: Sound system equipment - Part 3: Amplifiers (IEC 60268-3:2018); German version EN IEC 60268-3:2018


      Und es kommt noch doller:
      Misst man Intermodulationsverzerrungen an Lautsprechern, sind dafür die anzuwendenden Auswertungen und Berechnungsformeln wieder andere als bei Verstärkern, die ich hier besprochen habe. Und Messungen an Radiofrequenz-Empfängern sind - was den HF-Teil angeht - auch wieder abweichend standardisiert.



      @ Andreas

      Aus all diesen Gründen wollte ich das Thema "Intermodulationsmessung an Verstärkern" hier hinsichtlich der Auswertung anhand von Spektraldaten (Spektrum Analysator, bzw. FFT) beleuchten. Also zur Frage: Worauf muss man bei der Auswertung achten, wenn man solche Messungen macht?

      Rudimentäre Kenntnis zu "Rechnen mit Sinusfunktionen" und etwas physikalisches Grundwissen zu Wechselspannung habe ich vorausgesetzt. Ich wollte damit keine Leser vergraulen. Ohne Handwerkszeug geht's nur nicht. Verwirrend sind die Methoden/Standards bei der Differenztonmessung, Das zu wissen, beseitigt schon mal den grössten Teil der Konfusion, die ohne diese Kenntnis gar nicht auflösbar wäre.

      Die messtechnischen Fragen,
      Wie baue ich so eine Messung auf, wenn ich das mit zwei Signalgeneratoren mache?
      Welche Einstellungen / Pegel sind kritisch, damit ich keine verfälschten Ergebnisse aufgrund der Messbedingungen bekomme (Übersteuerung, Clipping)?
      Welche Voraussetzungen muss mein Signalgenerator / DAC und welche mein Analysator (ADC) erfüllen (Eigenmodulation, Klirrfreiheit, sample rate, FFT-size)?
      Welche Einstellungen muss ich bei der Spektral-/Frequenzanalyse beachten?
      usw.
      wären nochmal ein gesondertes Thema.


      Besten Gruß
      Reinhard

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      Reinhard, ist ein recht spezielles Thema!

      Danke erst mal, daß Du das so gut beleuchtest, hat auch mir ernsthaft was gebracht.
      Viele Leser können noch was mit Klirr beim Verstärker anfangen, bei Intermodulationen wird es dünn.
      Mischen, mit Absicht, macht man eigentlich nur in der Hochfrequenztechnik.
      Ich hoffe, viele Leser verstehen das jetzt besser mit meinem Beispiel UKW-Tuner, Prinzip gut bekannt.
      In der HF-Technik nimmt man im einfachen Fall zum Mischen einen übersteuerten Verstärker.
      Genau das passiert auch in der Audiotechnik ungewollt, wenn man den NF-Verstärker im Grenzbereich betreibt.

      Kleine Entwarnung für Leser, die jetzt Bammel bekommen, ihr altes Schätzchen, Röhrenradio, tauge nichts.
      Das mit den Intermodulationen, Mischprodukte, untersucht man meist nur bei hoher Verstärkerleistung.
      Sehr ähnlich ist es mit Klirr, Oberwellen, die auch erst bei ernsthaft Verstärkerleistung entstehen.
      Im unteren Bereich, satt Zimmerlautstärke 0,1 Watt, hört man meist weder Klirr noch Intermodulationen.
      Sollte man doch was hören, ist das ein recht sicheres Indiz, daß der Verstärker teildefekt, nicht im Arbeitspunkt ist.
      Audioverstärker, angefangen von kleinen Vorstufen bis Endstufe, sind normalerweise im A- oder AB-Betrieb.
      Stimmt da was ernsthaft nicht, Zeit zur Reparatur, hört man das auch bei geringer Lautstärke merklich.
      Pi mal Daumen, befindet man sich weit unter halber Verstärkerleistung, sind Klirr und Intermodulaton eher uninteressant.

      Andreas
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