Saba Telewatt TS-100A (neu) - Versuch, ein etwas zerbasteltes Gerät zu retten.

      Saba Telewatt TS-100A (neu) - Versuch, ein etwas zerbasteltes Gerät zu retten.

      Neu

      Hi !

      Eine kurze Einführung für diejenigen, die sich bisher nicht oder nur wenig mit so einem Thema befaßt haben.

      Der Saba Telewatt TS-100A ist ein relativ alter Verstärker aus den Jahren 1964 - 1970.
      Er war damals mehr oder weniger das Spitzenmodell für die Heimanwender.

      Es gab ihn in zwei Bauserien:

      - Bis Seriennummer 22499 mit einer asymmetrischen Stromversorgung der Endstufe von +48V, 8.000µF Hauptelko und 2 x 2.500µF Ausgangselkos. Ausgangstransistoren waren entweder die SP2213 oder die 2N3615 Germanium-Transistoren. Das Gerät hat eine durchgehende Bestückung mit Germanium-Transistoren.

      - Ab Seriennummer 22500 mit einer symmetrischen Stromversorgung der Endstufen von +/-24V, 2 x 10.000µF Hauptelkos und keine Ausgangselkos. Ausgangstransistoren waren die 2N2147 Germanium-Transistoren. Die Änderung bedingt einen anderen Transformator und zwei Brückengleichrichter mit separaten Siebungen. In den Treiberplatinen werden jetzt Silizium-Transistoren verwendet. Der Rest hat sich nur marginal verändert.

      Aufgrund dieser Änderungen wurden zwischen den Serien unterschiedliche, nicht gegeneinander austauschbare Treiberplatinen verwendet:
      B21A bei der ersten,




      B54E bei der zweiten.




      Auf die sich daraus ergebenden Änderungen werde ich später noch kommen.


      Äußerlich erkennbar ist die zweite Bauserie eigentlich nur - außer an der Seriennummer nach 22500 - an den nachträglich dazugebauten Endtransistoren-Sicherungshaltern hinten auf der Rückseite zwischen den Kühlkörpern, die den an der negativen Betriebsspannung liegenden Transistor pro Kanal absichern sollen. Die Sicherungen, die vorher den gesamten Endstufenkreis abgesichert haben (Lautsprecher-Sicherungen), sind nun nur noch für den jeweils an der positiven Betriebsspannung liegenden Endtransistor pro Kanal umgenutzt worden.



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      Zur Geschichte *dieses* Gerätes:

      Mein Kumpel Holger aus Bad Salzuflen ist ein echter Musikfreak. Kann man nicht anders sagen. Er hat eine Zeit seines Lebens im HiFi / High-End Gewerbe verbracht und gute Technik fixt ihn nach wie vor an. Da sind wir uns sehr ähnlich ...
      Vor einiger Zeit hat er sowas wie eine "Telewatt Phase" entwickelt. Er hatte aufgrund seiner Lebensgeschichte schon ein paar Saba Telewatt Lautsprecher im Besitz und als ihm dann mal irgendwann ein Saba TS-90A angeboten wurde, hat er sich gedacht, daß das eine gute Ergänzung zu den Boxen wäre. Naja. Der Verstärker hatte so seine Macken, also kam er bei mir damit an. Ich habe das Teil einigermaßen zartfühlend und zeitgemäß renoviert (unter anderem mußte die doofe Non-Standard-Strombuchse einer Euro-Kaltgerätedose weichen) und etwa 50 Elkos und eine kleine Grundjustage später spielte der TS-90A wieder sehr schön.
      Bald kam ein FM200A-Tuner dazu. Auch "günstig". Auch "leicht defekt" und auch relativ einfach zu renovieren. Diese beiden Geräte bilden im Moment Holgers "Dream Team", was er mit jeder Box kombiniert, die bei ihm rumsteht. Und das sind einige.

      Dann wurde ihm das Spitzenmodell TS-100A angeboten. Aus Frankreich. Funktionsfähig. Für einen nicht supergünstigen, aber akzeptablen Kurs.
      Als es dann da war, kam schnell die Ernüchterung. Es spielt. Ja. Aber nicht gut. Und auf einem Kanal ziemlich verzerrt.
      Wo kam er damit an ? Richtig: bei mir.

      (Die Seriennummer werde ich noch nachliefern.)

      Aber beim Blick auf die Rückseite fiel mir schon auf, daß da was ganz bestimmt nicht richtig sein kann.
      Wie im vorigen Bild ersichtlich, grinsen einen da zwei MJ15004 Transistoren an. Das sind 250W-Si-Typen - und die haben da ganz und gar nichts drin verloren.
      Der andere Kanal war mit RCA 2N2147 Ge-Transistoren ausgestattet, die aber auch verdächtig neu aussahen. Üblicherweise haben die Endtransistoren dieser Geräte immer eine gewisse "Patina", sind matt und verstaubt und die Schrift zerkratzt. Diese sahen aus, wie frisch in der chinesischen Hinterhoffabrik bedruckt.



      Zudem war an den Treiberplatinen rumgefrickelt worden und auf drei der fünf Steckplatinen saß noch die Mehrheit der alten axialen Elkos drauf, die mir für ihre Ausfallhäufigkeit aus den vorigen Reparaturen (TS-90A, FM200, FM120A, FM2000 ...) sattsam bekannt waren. Da mußte erstmal Klarheit geschaffen werden.
      Ich hab' das Gerät gar nicht erst eingeschaltet.
      Holger hat mit dem Verkäufer konferiert, ob eine Rücknahme in Frage käme, aber das wäre mit erheblichen Verlusten einhergegangen, weil die ganzen Versandkosten aus der Erstattung rausfallen würden und so einen Trümmer nach Frankreich zu verschicken (Versichert natürlich) ist nicht für ein Paar Kröten Fuffzich zu haben.

      Dann war mir bereits aufgefallen, daß dies die spätere Version ist. Wozu mir der Schaltplan fehlte.
      *Das* widerum ist durch den Mit-Forianer volvofan58 (Danke Peter !) gelöst worden, der mir die Unterlagen zukommen ließ.

      Damit war Rückgabe vom Tisch und ich konnte mich in das Abenteuer stürzen ...

      [Fortsetzung Folgt !]

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      Hi Reinhard !

      reinhardh schrieb:

      wo genau im Kalletal bist du denn? Bin aus Lemgo, betreibe Werkstatt, Innovative Audio.


      Ich bin gebürtiger Lemgoer (aus der Orpingstraße), wohne in Lüdenhausen und habe meine Bastelbude in Dörentrup-Spork.

      dl2jas schrieb:

      Ich denke, das wird spannend!


      Frag' mich mal.
      Wie es aussieht, hat die Hauptplatine beim Transport einen Schaden erlitten. Heißt: alles, was im Gehäuse drin ist, muß aus dem Gehäuse raus ... (Kopf-auf-den-Schreibtisch-schlagen).

      Aber: das wird alles entsprechend aufgezeichnet. Wenn ich nach dem Basteltag heute später noch Lust habe, bringe ich ein paar Bilder und Anmerkungen über die Ausgangssituation.

      :)

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      Idee bei den Endstufentransistoren!

      Bei 2N2147 wird es ein Beschaffungsproblem geben.
      Allgemein ist es bei Germanium nicht mehr einfach.
      Hier eine Quelle, kleiner Händler, der Germanium zu vernünftigen Preisen hat:
      mos-electronic-shop.de/germani…cf32b94cd573447ecf0ef2ef1
      Da lächelte mich was wie ASZ16 an, passt von den Daten brauchbar.
      Vermutlich würde ich damit beide Endstufen damit bestücken.
      Die intakten 2N2147 kann man aufbewahren oder an ein Mitglied in Not weitergeben.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com

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      Hi Andreas !

      Es gibt Angebote. Zum Teil von seriösen Firmen, wie DigiKey, Jotrin oder LittleDiode. Die wollen aber gleich 30 Ocken für einen.
      Da bin ich von der These ausgegangen, daß die den Kram ja auch irgendwo herkriegen müssen und da die Transis nicht mit einem expliziten Hersteller angegeben sind, können die nur aus Kinesien kommen. Oder anderswo aus dem fernen Osten. Also habe ich was gemacht, was ich bisher immer vermieden habe: ich habe mich bei AliExpress angemeldet und eine Viererbande 2N2147 aus China bestellt - bei einem größeren Lieferanten, der angeblich über 1.900 davon am Lager haben will.

      Das dahinterstehende Kalkül ist folgendes:
      - wenn das eine der Quellen ist, aus der sich die "anderen" bedienen, dann kriege ich das gleiche Zeug, nur zu einem Bruchteil des Preises.
      - wenn das irgendwelche Fake-Transis sind, kriege ich das auch schnell raus. Dann ist mein bisheriges Vorurteil wieder mal bestätigt
      (Ich habe neulich noch jemanden gewarnt, einen Schwung LM1011 Dolby-ICs von dort zu kaufen. Keins funktionierte ...)

      Wenn alle Stricke reißen, muß ich mir eben überlegen, an welcher Stelle man am besten ansetzt, um z.B. MJE2955 oder sowas zu verwenden.
      Das Problem ist, daß die Treiberplatine auf Ge-Transistoren ausgelegt ist, auch wenn da Si-Transis draufsitzen.

      Aber das steht im Moment noch gar nicht zur Debatte. Gucken wir erstmal weiter, daß ich das "Grundgerippe" zum Laufen kriege.

      :)

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      [Fortsetzung folgt hier !]

      So. Zeigen wir mal, womit wir es zu tun haben.



      Die Vorderseite und die Rückseite.

      (Ja - und ich weiß, daß die Bilder nicht besonders sind.)




      Das Typenschild und schließlich die Seriennummer.


      Bei der Inspektion habe ich noch was lustiges entdeckt.
      Die Sicherungen zum Schutz der Endtransistoren sind allesamt *Träge* 1.6A Typen.

      Grundsätzlich werden Sicherungen mit unterschiedlichen Auslöse-Charakteristika angeboten.
      Die am weitesten verbreitesten sind nach internationaler Norm mit den Buchstaben
      F - fast / Flink
      M - medium / Mittel
      T - time-lag / Träge
      versehen und man sollte das auch beherzigen, wenn in einer Anleitung oder auf dem Typenschild nach *Flinken* Sicherungen verlangt wird.

      Ich will euch jetzt nicht im Detail damit langweilen. Das gibt's alles im Internet zu lesen.
      Aber es ist schon mal sehr bezeichnend für einen Rundum-Sorglos-Ansatz, ein Gerät "instandzusetzen", wenn man nicht mal die korrekten Sicherungen verbaut.


      [Fortsetzung folgt !]

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      Hi Andreas !

      dl2jas schrieb:

      Da lächelte mich was wie ASZ16 an, passt von den Daten brauchbar.
      Vermutlich würde ich damit beide Endstufen damit bestücken.


      Unabhängig von der laufenden China-Ermittlung werde ich davon auch mal ein Quartett bestellen. Ich hätte noch AD133 (die mit den drei dicken Stelzen) im Sortiment, habe aber nur drei gefunden. Zwei, die mit in dem Beutel waren, sind tot. Einfach so. Das spricht nicht für eine lange Freundschaft ...

      Wollte mal eben was essen, Käffchen trinken und dann die nächste Fortsetzung schreiben.

      :)

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      [Und die nächste Fortsetzung !]


      Gucken wir uns erstmal an, was uns die vorigen Restaurateure hinterlassen haben.



      B54 Treiberboard links und rechts.

      Rechts ist der originale 40319 durch einen Plastiktransistor ähnlich BD140 ersetzt worden.

      Im Gegensatz zu den Treiberboards der ersten Generation gibt es hier nur Si-Transistoren, die sich in drei Stufen aufstellen und nicht in fünf, wie auf dem Ge-Transiboard. Ein kurzer Blick auf den Schaltplan:



      Eingangstransistor ist ein BC108 im Metallgehäuse. Auf den Boards sitzen zwei von unterschiedlichen Herstellern, die aber ziemlich ähnliche Daten haben. Wenn mich das beißt, habe ich irgendwo noch NOS Metallgehäuse BC108 von Signetics glaube ich. Der nächste im Bunde ist ein kleiner 1W 40319-PNP im TO5-Gehäuse. Der wirkt auf einen Gegentakt-Treiber aus einem 40314 (NPN) und einem weiteren 40319 (PNP).
      Die 40xxx Serien bei RCA kamen mal zu einer Zeit, als es bei denen Mode war, ganze Transistorsätze "for audio purposes" rauszubringen und zu bewerben. Der 40314 ist ein umgelabelter 2N3053, der 40319 ein 2N4037. Berühmtestes Familienmitglied war der bei vielen Wega-Receivern eingesetzte 40636 - ein umgelabelter 2N3055.

      Man kann die durch 2N2218 / BC141 (NPN) und 2N2904 / BC161 (PNP) ersetzen. Ich habe den originalen 40319 und den Plastiktransistor zur Vereinheitlichung durch BC161-16 ersetzt. Die beiden Gegentakt-Transis auf jedem Board waren okay und sind drin geblieben. Sie *würden* gegen BC141 / BC161 ausgetauscht werden, wenn eine Umrüstung auf Si-PNP Endtransistoren zur Debatte stünde. Da braucht es ein bißchen mehr Power und etwas mehr Querstrom wo die 2 Watt BC's besser aufgestellt sind.

      Als nächstes: das B20 Filterboard.



      Sie haben ein paar Elkos getauscht, aber ausgerechnet die fehlerträchtigen rosa "Schweinchen-Elkos" dringelassen. Das nenne ich mal inkonsequent.
      Wie gut die noch sind, zeigt dieses Bild hier:



      10µ sollte er haben - 0.5 ... na fast 0.6µF hat er noch. Sind inzwischen alle rausgeflogen.

      Aber schlimmer geht immer:



      Zur Linken das B18 Board (Mikro- und Phono-Vorverstärker), zur Rechten das B55 Board (Klangregler-Zwischenverstärker).
      Da sitzt der gesamte alte Murk noch drauf. Ein Wunder, daß überhaupt noch irgendwas aus dem Gerät rauskam.



      "Ich war einmal ein blauer, axialer Valvo 100µF / 15 Elko ... "

      346nF hatte er noch aufzubieten. Allerdings war das auch der einzige wirklich krasse Ausreißer auf dem B55 Board.
      Die anderen hatten noch rund um 100µF, zum Teil aber mit höheren ESR-Werten und Verlustfaktoren. Ein Grund, die Elkos immer mindestens einseitig aus dem Board zu löten, einmal kurzschließen und nachmessen.

      Mir sind nun blöderweise die 100µF Elkos ausgegangen (waren produktive Wochen ...) und ich habe erstmal nur diesen einen ziemlich ganz toten getauscht, damit es irgendwie weitergehen kann. Sobald die neue Lieferung kommt, werden die aber alle ersetzt und zum Glück sind die Boards leicht entnehmbar.

      Zum bitteren Ende:



      Das Reglerboard mit den verbliebenen sechs rosa Schweinchen. War denen wohl zu mühselig, das auszubauen. Die Knöpfe müssen alle ab, die Frontplatte runter, die Potis aus der Zwischenplatte raus und vorne die beiden Haltemuttern ab, die das Board an der Front festhalten. Das sieht dann am Ende so aus:



      Da hatte ich schon zwei der sechs ersetzt.

      Ja - nun sind zehn Bilder im Sack und ich mache mal eine kleine Pause.
      Ich muß mir die Haare waschen, damit ich morgen nicht so spackelig bei den Kunden auflaufe und ich muß noch ein paar Bilder vom weiteren Fortgang machen.
      Und das wird vermutlich noch eine kleine Weile dauern, während ich mir die Lieferkette um den Hals lege.

      Aber:

      [Fortsetzung folgt !]

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      Hi Andreas !

      dl2jas schrieb:

      Frage nebenbei, wo bestellst Du axiale Elkos zu vernünftigem Preis?


      *Das* ist ein Problem.

      Bei den großen Reichelt und Conrad gibt es noch die schönen blauen Vishay.
      Die nehme ich, wenn ich unbedingt axiale Elkos verwenden *muß*.
      Ansonsten adaptiere ich radiale Elkos. Was in den meisten Fällen geht, wenn die Anschlußbeine lang genug sind.
      Nur: "vernünftig" sind die aufgerufenen Preise sicher nicht.

      Von den anderen angebotenen Axialen aus obskurer China-Produktion lasse ich lieber die Finger.
      Für Frequenzweichen gibt's ja zum Glück was von Intertechnik, Visaton oder sogar Mundorf, da habe ich immer in Kerpen bestellt. (Das ist gleich um die Ecke, wo der deutsche Firmensitz der Butze ist, für die ich seit fast 37 Jahren arbeite ...)
      Gerade dafür kaufe ich nix vom freundlichen Chinamann - obwohl Du heute auch nicht mehr weißt, wo "Qualitätshersteller" fertigen lassen. Aber da gehe ich davon aus, daß sie, um ihren guten Ruf nicht zu ruinieren, immer noch sowas, wie eine Qualitätskontrolle durchführen. Allerdings spielen Frequenzweichen von Boxen bei mir nicht mehr so eine dominante Rolle, wie in den 90ern beispielsweise. Davon habe ich mich entwöhnt ... Sozusagen.

      :D