Braun audio 2 Reparatur NF-Teil

      Hallo Retro HiFi-Freunde!

      Als Frankfurter hat man natürlich eine besondere Beziehung zur Firma Braun. Ich habe ihren Werdegang und die Produkte stets verfolgt, viele HiFi Komponenten repariert und sie, was das Design von Dieter Rams angeht, immer uneingeschränkt bewundert.
      Braun Geräte sind vom Design her in der gesamten Periode vom Ende des 2. Weltkrieges bis heute unübertroffen und eigentlich auch nicht übertreffbar, bestenfalls nachempfindbar wie gegenwärtig durch Jonathan Ive bei Apple.
      Pure Klassik!
      Bei der Technik muss man bekanntlich etwas besser differenzieren.

      Jörg (8100) hatte ich im Frühjahr versprochen, nach seiner durch einige vorausgegangene Reraraturversuche von Kollegen arg gebeutelten "audio 2" zu schauen.
      Da zunächst nicht die Absicht bestand, die Reparatur zu dokumentieren, gibt es keine Fotos vom "vorher" Zustand.
      Sie hätten ein recht depremierendes Bild ergeben. Transistoren in der Endstufe fehlten, andere waren durch Vergleichstypen ersetzt, reichlich bleifreies Lötzinn ließ die Lötstellen sehr ungleichmäßig und künstlich gealtert aussehen. Einige Elkos im Netzteil und die Ausgoppelelkos der Lautsprecher waren bereits ersetzt worden.
      Jörg kann ja hier noch Details zur Vorgeschichte und zum Gerät ergänzen.

      Bevor es mit der eigentlichen Reparatur losgeht, folgen einige Fotos von den einzelnen Funktionsgruppen des Gerätes.
      Hier ist ein Bild der Geräteunterseite (ohne die Bereiche Endstufe, Netzteil und Plattenspieler) Im linken Drittel sieht man UKW-Box und AM-HF - hier gab es nichts für mich zu tun :




      Werfen wir einen Blick auf die ZF Sektion. Abgesehen davon, dass damals das Einhalten von 90° Winkeln (und ganzzahligen Vielfachen) bei der Anordnung der Bauteile noch für viele Hersteller unbekannt war, fällt auf, dass hier (siehe Markierung) durch das ungeschickte Beibiegen der Drähte schon die Gefahr von Kurzschlüssen besteht.
      Weiterhin kommen Vitrohm Widerstände (gepresste Kohlemasse) zum Einsatz. Im (UKW-) ZF-Teil ist ihre Induktionsarmut natürlich willkommen, wegen ihrer Rauschfreude hat man sie sonst nicht so gern.




      Eine Hausnummer weiter der Stereo-Decoder - auch mit Vitrohmwiderständen bestückt, obwohl wir hier ja schon im NF-Teil sind:



      Bemerkenswert der Transistor mit Kühlfahne oben rechts. Er muss jetzt sicher nicht massiv gekühlt werden, aber wenn schon, dann hätte man ihn besser an Metall und nicht an die Pertinaxplatine geschraubt. Die Wärmeabgabe über den Federring an den Kopf der M3 Schraube dürfte sich in Grenzen halten ;)


      Dann gibt es einen kleinen Phonovorverstärker mit AC151r (r für rauscharm). Hier sind folgerichtig die Vitrohm Presskohlewiderstände außen vor geblieben.
      Ich musste allerdings aktiv werden und im Interesse einer gesicherten Klangqualität und Kanalsymmetrie die alten Elkos ersetzen.



      Die hier verwendeten Widerstände und Siemens Kondensatoren sind über jeden Zweifel erhaben.

      Nachdem hier also alles geklärt war, musste ich mich der Endstufe widmen. Ich wusste, dass die beiden AD131 eines Kanals durch AD149 ersetzt worden waren, ebeno wie ein AC153 davor. Zwei weitere Transistoren (BFY40) waren ausgelötet, aber noch in Ordnung.
      Jörg hatte die Auskoppelelkos ersetzt, da sie Elektrolyt ausgeschieden hatten.

      Nun haben wir es hier mit einer Endstufe zu tun, die in Germaniumtechnik aufgebaut ist. Da gibt es einige Besonderheiten:

      - Die Halbleiter sind heute oft schwer erhältlich

      - Germaniumtransistoren sind vergleichsweise hitzeempfindlich

      - Germaniumtransistoren sind nicht hart im Nehmen, sondern quittieren Überlastungen und Bertrieb auerhalb der Spezifikationen mit schnellem Ausstieg.

      - die thermische Stabilität, gerade auch von Ruheströmen ist unzureichend. Kompensationsmaßnehmen sind nicht nur erforderlich, sondern müssen präzise funktionieren.

      Es empfiehlt sich bei diesen Schaltungen eine ganz bestimmte Vorgehensweise, um Enttäuschungen und unnötig hohe Kosten zu vermeiden, ganz abgesehen vom Zeitaufwand.

      VOR dem ersten Einschalten muss alles repariert sein! Das bedeutet, alle Halbleiter in der Schaltung sind auszubauen und genauestens zu messen. Fehlerhafte Transistoren müssen ersetzt werden. Nach Möglichkeit halte ich mich an die Originaltypen, um Anpassungen der Schaltung zu vermeiden.
      Elkos und andere nicht langzeitstabile Bauteile sind großflächig zu ersetzen.

      Dann und nur dann stellt sich der erstrebte Fall ein, dass beim ersten Einschalten alles einwandfrei funktioniert!

      Weicht man von dieser Vorgehensweise ab, sind die Chancen nicht schlecht, dass man auf die harte Tour immer wieder Halbleiter ersetzen muss, bis irgendwann alle Fehler gefunden sind. Dafür haben wir keine Zeit.

      Hier waren die Halbleiter der Endstufenbaugruppe mit Ausnahme der Endstufentransistoren und eines Treibers alle noch in Ordnung.
      Beim Treiber handelte es sich um einen AC153, der mit einer aufgesteckten Kühlfahne am Chassis befestigt war. Die Kühlfahne war verbogen und unrund geworden, daher erfolgte der Ersatz durch einen AC153K mit aufgepresstem Kühlklotz, der sich sehr gut am Chassis festschrauben lässt.



      Der vom Vorgänger versuchte Ersatz der AD131 von Siemens durch AD149 könnte möglicherweise geklappt haben. Aber jetzt kommts: Die AD149 von der Fa. ISC aus "aktueller Fertigung" enthalten einen Siliziumtransistor und keinen Germaniumtransistor. Man hat in China wohl wieder einmal einen Universaltransistor mit Stempelung nach Kundenwunsch versehen. Das kennen wir ja schon, aber hier hat man dabei auch noch ein anderes Halbleitermaterial verwendet! Die AD149 schieden jetzt natürlich als Ersatz aus, Jörg hat dann original Siemens AD131 NOS besorgt, die ich verwendet habe.

      Hier die gefälschten Transistoren:



      Und hier der NOS Ersatz:


      und von unten:


      Schaut man sich die zerklüftete Oberfläche an der Unterseite an, wird klar, dass hier Wärmeleitpaste kein Luxus ist. Braun hat dennoch darauf verzichtet - ich nicht.
      Also habe ich die Transistoren eingebaut, alle Elkos ersetzt, die Verdrahtung revidiert, die Platine nachgelötet und mit Lack versehen, alles gereinigt und wieder zusammengebaut.
      Die Reinigung ist wichtig, da die Kühlkörper Kollektorpotential haben und ein kleiner Metallspan oder ein Lötzinnkügelchen zum Kurzschluss führen.

      Hier die Bilder von der fertigen Endstufe:



      der AC153K an seinem Platz



      und hier sieht man die ADs in ihrem Versteck



      Man muss schon sagen, der feuchte Traum eines auf servicefreundlichen Aufbau hoffenden Technikers ist diese Baugruppe nicht.
      Dennoch arbeitete die Endstufe natürlich beim ersten Einschalten einwanfrei. Das ist keine Überraschung, habe ich mich doch an die oben beschriebene Methode gehalten ;)

      Damit sollte es aber noch nicht getan sein...Fortsetzung folgt...
      Achim
      Was für ein herrlicher Aufbau, ich bin hin und weg! Da erfolgreich dran zu arbeiten, verlangt Erfahrung und Intuition....:respekt:uneingeschränkt.
      Gibts da noch Pläne zu? Ich habe noch den Regie530 in doppelter Ausführung hier, mit Ausfällen beider Zählermodule, bin aber noch nicht mutig genug dran gegangen...--Hans--
      Meine Zeit war die Zeit, als man noch Zeit hatte, sich Zeit zu nehmen...
      Kopf hoch,au wenn de Hals dreckig isch ;( .....
      Hallo Hans,

      ja - Jörg hat mir die Schaltungsunterlagen mitgeschickt. Sie enthalten allerdings Fehler im Zehnerpack. Darauf werde ich später noch konkret hinweisen.
      Der konstruktive Aufbau und das Platinenlayout erinnern mich immer an die frühen HiFi Geräte aus Japan. Obwohl auch dort die Schaltungen häufig einwandfrei und die Bauteile hochwertig waren, waren die Konstruktionen irgendwie unorthodox - man könnte auch chaotisch sagen ;)
      Achim
      Ja, bei uns hieß das immer "Drahtverhau", obwohl nach Priorität "Funktion" gearbeitet wurde. Ich hab aber auch noch in den 70ern Kabelbäume binden gelernt, mit Wachszwirn und Abstandslehre...:grins:
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      Jetzt fällts mir wieder ein- fliegende Verdrahtung hieß das, sah meistens etwas provisorisch aus, war aber durchaus ernst gemeint. Ich hab sicher noch Bilder da von Geräten, die in dieser Art verschaltet wurden.

      hier zB. einer der zwei 530, keine Analogskala sondern nur Zähleranzeige, noch mit teilweise fliegender Verdrahtung





      http://saba-forum.dl2jas.com/bildupload/braunregie530.jpg
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      Na, da lege ich doch die Steuererklärung gerne mal zur Seite;
      Achim, Danke für die Eröffnung, hier zuerst nur ein kurzer Abriß der Vorgeschichte des Geräts : Eigentlich auf der Suche nach Tonbandzubehör stieß ich beim Stöbern auf Quoka ganz hinten in einem Angebot auf " Braun Audio 310 10.-"
      ein Anruf beim Inserenten ergab, es handelt sich nicht um einen Druckfehler, bei dem Preis und der Aussage, das Gerät sei komplett, stehe aber schon längere Zeit im Elternhaus auf dem Speicher, kam der Kauf schon am Telefon zustande, voller Vorfreude eröffnete ich seinerzeit unter "Braun audio 310" einen Thread, das Gerät wurde abgeholt, das abgezwickte Netzkabel ersetzt und das Gerät erstmals eingeschaltet: UKW-Empfang top, Plattenspieler konnte wegen fehlendem Riemen nicht weiter getestet werden (Motor drehte), aber der rechte Kanal klang stark verrauscht. Außerdem stellte sich heraus, es war keine audio310, sondern eine audio 2
      Und dann ging es los (Typisch Anfänger: kein Schaltplan, auch sonst keinen Plan ;-), aber hungrig auf Erfolg) das Gerät wurde geöffnet, eine Sichtprüfung ergab einen auskristallisierten FRAKO 2200µF oben auf der Endstufe; also gleich ausgelötet, das Gerät auf die Seite gestellt, am nächsten Tag Ersatz beschafft, eingelötet und "BUMM": die Endstufen-Sicherung im rechten Kanal hatte ausgelöst, das Rauschen war weg, aber der Kanal eben auch. Schnell stellte sich heraus, daß ich die Elkos beim Einlöten verpolt hatte, nach einer Warnung von Achim, daß die "Germaniumwelt" etwas zickiger als das Siliziumzeitalter sei, landete das Gerät schließlich bei einem Bekannten, der eine Werkstatt für Unterhaltungselektronik betreibt;
      weitere Stationen: Februar 2010 Ersatz der gegrillten Endstufentransistoren, beim anschließendem Einschalten quittiert mit sofortigem erneutem Kurzschluß, danach 4 Wochen Ruhe, danach erweiterte Fehlersuche mit Auslöten von Bauteilen, der zwischenzeitigen Auskunft, die Endstufe laufe wieder, aber das Gerät rausche und verzerre,es müssten nochmal Transistoren bestellt und getauscht werden, im Endeffekt bis Februar 2011 keine Reparatur, weshalb ich das Gerät wieder abholte, Achim kontaktierte und ihm das Gerät samt ausgelöteten bzw beschafften Teilen zuschickte
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Ja, kommt mir immer wieder bekannt vor. Germaniumbestückte Unterhaltungselektronik ist eine recht diffizil ausgewogene Angelegenheit, bei Funktion kann das noch recht Freude bereiten, aber wenn innerhalb dieser Gerätschaft einige Ist- nicht mehr den Soll-Werten entsprechen, ist sicher lange Zeit der Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Gerät gesichert....Wenn ich mich recht erinnere ließen sich Germaniumhalbleiter nur innerhalb enger Betriebsparameter vernünftig betreiben.
      Meine Zeit war die Zeit, als man noch Zeit hatte, sich Zeit zu nehmen...
      Kopf hoch,au wenn de Hals dreckig isch ;( .....
      In der Tat, Germanium ist zickig.

      Heute hat Dieter diesen Thread zur Messung von Transistoren eröffnet:
      http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=4503
      Meine Aussage gilt hauptsächlich für Halbleiter Silizium wie Kurzschluß Kollektor Emitter. Germanium kann das auch, da sind jedoch Fehler wie "Dreiviertelleiter" statt Halbleiter häufiger. Der angesprochene Komponententester ist in solchen Fällen mein liebstes Messmittel. Germanium möchte am liebsten in einer Klimakammer wohnen, starke Temperaturunterschiede ergeben teilweise recht seltsame Werte/Arbeitspunkte.

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Ich hatte die Endstufen nach erfolgter Reparatur nur "freistehend" getestet. Gestern folgte der testweise Anschluss an das Gerät. Eingeschaltet, ein sattes Rauschen ertönt, ich freue mich - Mensch - UKW läuft ja schon einmal!

      Nicht ganz, denn dasselbe Rauschen erschallt auch bei AM, bei Phono, sprich immer und das auf beiden Kanälen gleich laut.
      Von der Lautstärke in etwa vergleichbar mit dem Geräusch einer Druckluftsprühdose in 0,5m Abstand vom Ohr.

      Nun steht noch die Betrachtung einer Baugruppe aus: der NF-Verstärkersektion mit Lautstärke-, Klang- und Balanceregelung.
      Sie liegt hochkant unter den Potis und arbeitet mit 4 Stufen AC151r pro Kanal.
      Ich hatte in diesem Bereich natürlich schon zu Beginn alle Elkos ersetzt (teilweise sind sie sehr gut versteckt), schon um verschleppte Gleichspannungen auszuschließen, die mir den erneuten Tod der Endstufen hätten bescheren können.

      Wir wissen ja - Elkos, speziell Tantalelkos können inbrünstig rauschen. Auch Widerstände stehen unter Verdacht, allerdings hat Braun hier im NF-Teil nur einwandfreie sprich rauscharme Typen verbaut.
      Bleiben die Transistoren (ist ja auch der wahrscheinlichste Fall).
      Da der Lautstärke- und die Klangregler keinen Einfluss auf das Rauschen hatten, der Balanceregler einen geringfügigen, kamen als Rauschquelle nur noch die Transistoren der letzten beiden Verstärkerstufen in Frage.
      Ich glaubte (zu Recht) nicht, dass alle 4 rauschen, auf Temperaturveränderungen an den Transistoren reagierte das Rauschen ebenfalls nicht, also kurz und schmerzlos Prüfung durch Ersatz.

      Aus meiner Selbstbauphase mit Germaniumtransistoren sind mir noch AC151r V übrig geblieben. Im Gerät sind AC151 r VI, mit einem etwas höheren Verstärkungsfaktor. Es gab die AC151 übrigens mit Charakteristik IV, V, VI, und VII.

      Beim einen Kanal rauschte der Transistor in der letzten Stufe, beim anderen der in der vorletzten Stufe.

      Hier die NF Platine erster Abschnitt:




      und der zweite Abschnitt, in dem links die defekten ACs saßen:




      Und Ihr wisst ja, dass ich die Schuldigen immer gnadenlos an den Pranger stelle - so behält man sich die Sache visuell besser im Gedächtnis - hier sind sie also:




      Nun weiss ich seit vielen Jahren, dass speziell AC151 altern. Sie rauschen dann immer mehr, sogar unbenutzte, nur gelagerte Exemplare sollen betroffen sein.
      Diesen Fall hatte ich persönlich noch nicht, dafür jede Menge eingebaute rauschende AC151.

      Interessant ist die Frage: Warum altern diese schönen Halbleiter aus Deutscher (Siemens) Produktion?? Gab es Verunreinigungen im Substrat? Fehler in der Herstellung? Sind die Gehäuse nicht luft- und feuchtigkeitsdicht?

      Wer weiss etwas dazu?
      Achim
      Da hast Du eine gute Auswahl am Lager. Ich habe lediglich noch neue OC45, auch im Glasgehäuse.

      Jetzt noch ein Nachtrag zu den Schaltbildern bzw. Abbildungen der Bestückung.
      Auf der Endstufenplatine stimmen alle Polungen der Elkos bis auf einen (rot) - hier gehört Minus nach Süden:




      Beim NF-Teil sieht es schon schlechter aus. Es gibt laut Servicemanual eine Version TC45 und eine TC45/2, die sich durch die Positionen von 2 Widerständen unterscheiden. Beide Bestückungspläne sind abgedruckt, der für Version TC45 stimmt, der für die Version TC45/2 hat folgende fehlerhafte (rot) bzw. richtig eingezeichnete Polaritäten (grün):



      Daher ist große Vorsicht beim Ersatz geboten. Die Polaritäten im Schaltbild stimmen, soweit ich sie geprüft habe, alle.
      Achim
      So, und heute hieß es auch schon wieder Abschied nehmen von der "audio 2", sie musste ihren Aufenthalt in ihrer Geburtsstadt beenden und auf die Reise nach Nürnberg gehen.

      Zuvor war noch Zeit für einen Fototermin, um ein paar Impressionen zu sammeln.

      Hier also (selbsterklärend):


      hier schaut der neue Entstörkondensator durch, er ersetzte einen bösen ERO 100.



      dann ein Blick von oben durch die Öffnung für den Plattenspieler auf Netztrafo, Netzteil und wieder eingebaute Endstufe. Die Ruheströme habe ich heute noch eingestellt, da gab es fast 300 mA statt der geforderten 20 - 25 mA.

      ACHTUNG! Hier darf man nie irgendwelche metallischen Kontakte zwischen den vier Rippenkühlkürpern oder von den Kühlkörpern nach Masse herstellen, sonst knallts!



      und natürlich bietet Braun auch die gewohnt klassische Optik:



      lässt sich so etwas besser machen?

      Achim
      Achim, nicht traurig sein, solltest Du mal nach Nürnberg kommen, wird gerne für ein Wiedersehen (hören) gesorgt; na, dann wird es Zeit, dass ich die Haube und den Plattenspieler mal wieder entstaube, um die "Hochzeit" der Komponeneten vorzubereiten; vom Plattenspieler folgen baldmöglichst noch Fotos, hier sind doch auch noch erwähnenswerte Details vorhanden
      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Hallo Jörg,

      denk bei der Hochzeit an den Hinweis "ACHTUNG!" weiter oben. ;)

      Übrigens hat die Anlage jetzt wieder einen hervorragenden Klang. Ich bin ja der Meinung, dass der Unterschied zwischen Germanium und Silizium hörbar ist.
      Besonders ist mir das in den 70ern bei unzähligen Selbstbauprojekten aufgefallen. Anfangs gefielen mir siliziumbestückte Verstärker gar nicht. Nun ja, damals habe ich auch noch bis 20 KHz mit -3 dB gehört, bevor viel viel Musik aus vielen großen Verstärkern ihren Tribut gefordert hat...
      Achim
      Im Bassbereich "wärmer", ein Wenig so wie der Unterschied Röhre -> Transistor.
      Die Höhen kommen seidiger - dagegen klingt Silizium, wie ich finde, manchmal fast ein bisschen Digital.

      So erinnere ich mich heute. Ich will aber keinen Voodookult starten, aber es ist etwas dran, es gibt einen Unterschied.
      Achim
      Freitag Nachmittag ist Hermes gelandet, und diesmal hat er seinem Namensgeber alle Ehre gemacht; leider konnte ich erst gestern das Paket beim Nachbarn abholen, nach 30-minütiger Restarbeit war das Gerät komplett, danach war gestern nur noch "Genießen" angesagt.
      In einem unserer Telefonate meinte Acim, nach Abschluß der Reparatur hätte ich "eine der am besten klingenden Audio 2" bei mir stehen: er hat Recht behalten
      Inzwischen hat sie am Lautsprecher-Umschaltpult den DUAL CV120 vom Stammplatz verdrängt, im direkten Vergleich klingt sie eine Spur bassbetonter, in den Mitten vermisse ich den Präsenzschalter ein wenig, aber trotz nur 2 x 18 W Sinusleistung klingt sie nie angestrengt, etwas warm und füllig, irgendwie typisch "vintage", mit ihrem Sound lässt sie trotz ihre annähernd 50 Jahre jeden aktuellen "Brüllwürfel" im Regen stehen.
      Hier zum Abschluß der Gerätevorstellung noch die angekündigten Bilder vom Plattenspieler nebst einigen Anmerkungen:
      Verbaut ist das Chassis P400X, betrieben bei den für Einbauchassis typischen 110 Volt; auffällig: der typische Tonarmlift, eine Antiskatingskala/-einstellung, Skala für Tonarmgewicht oder Einstellschraube dafür, eine Start- oder Stop-taste???
      Gibt es alles nicht: der "Tonarmlift" wird betätigt über den vorderen "0/I"-Schieber, ich würde die Funktion eher übersetzen in "Wiedergabe starten / beenden"
      Nach Umstellen auf Quelle "Phono" am Eingangsschalter wird der Tonarm an der sogenannten "Aufsetzhilfe", dem grauen "Bogen" vor der Tonarmlagerung, entriegelt (den Drahtbügel nach VORNE unten schwenken, sonst kollidiert er später mit dem Tonarm!!), nach links auf die entsprechende Raste (7", 10" oder 12") gesetzt und der Schalter auf "I" gesetzt; erst jetzt beginnt der Plattenteller zu drehen, der Heberbolzen des Lifts geht nach unten und der Tonarm wird auf die Einlaufrille abgesenkt; wird während der Wiedergabe auf "0" gestellt, wird der Tonarm angehoben und -- der Plattenteller bleibt stehen, da gleichzeitig der Antriebsmotor abgeschaltet wird.
      Die Einstellung des Auflagegewichts erfolgt nur durch Verstellen des Gegengewichts in einem fehr exakten Feingewinde, hier ist man auf eine Tonarmwaage angewiesen; Antiskating -- gibt es nicht. Ebenso ist eine Feinjustage im Headshell nicht vorgesehen, keinerlei Möglichkeit, das System zu "verschieben" ( da die Überprüfung mit einer Überhangschablone doch einen erheblichen Spurfehlwinkel ergab, bin ich auf eine sphärische Nadel ausgewichen ), der Tonarm kann in der Höhe durch Verstellen des Tonarmlagers unterhalb des Chassis eingestellt werden, ich bin den leichteren Weg gegangen: Distanzhülsen bei der TA-Montage
      Während hier im Vergleich zur Konkurrenz eher "Basic-Line" gefahren wurde, gab man sich unterhalb des "Blechs" weit fortschrittlicher: Der Antrieb erfolgt über einen zugekauften Motor von "PE", angetrieben wird über eine 4-stufige Antriebsachse, die über ein Reibrad, hier eher Zwischenrad die Kraft auf eine Antriebswalze weitergibt; diese wiederum treibt über einen Flachriemen den Innenteller und den aufliegenden Plattenteller an; die Geschwindigkeitsumschaltung erfolgt über ein Gestänge, das das Zwischenrad auf die entsprechende Höhe an der Antriebsachse einstellt; gepitcht wird über einen Drehregler direkt über die Drehzahl des Antriebsmotors; alle anderen mechanischen Schaltvorgänge werden über silikondedämpfte Gelenke oder Seilzüge weitergegeben. Aufgehängt ist das ganze über ein Subchassis, das an drei Punkten über einstellbare Federelemente am Chassis sitzt
      ich denke, nur so konnte eine 4-stufige Antriebsmechanik realisiert werden, schließlich befindet sich im hinteren Teil des Plattenspielerabteils die Endstufe, links liegt Netzteil mit Trafo etc., viel Platz in die Tiefe gibt es also nicht.
      Beim Einlaufen des TA in Auslaufrille wird an der Plattentellerachse ein Schleppzeiger freigegeben, der den Tonarm anhebt, der Schiebeschalter fällt mit lautem "Klack" zurück auf "0", der Motor schaltet ab. man hat also eine "Halbautomatik", viel weiter waren Thorens und Konsorten bei TD 104/105 bzw. TD110/115 auch 20 Jahre später in Sachen "Komfort" nicht vorgedrungen.
      mein Resümee: ein vom Design bis heute aktuelles Gerät, sehr wertige Verarbeitung und Haptik, in der Ausstattung eher "Business-Class", hier wurde der Fortschritt in der Technik im "Lastenheft" der Entwickler hinter das Design gesetzt, dennoch würde ich das Gerät klanglich und von den Empfangseigenschaften als zeitgenössisch "beginnende Oberklasse der 60er" einstufen; auf jeden Fall in meiner Sammlung von über 30 Geräten einer der Favoriten, ein GROSSES DANKE hier nochmal an Achim, der mir half, diesen Jungentraum zu erfüllen (und der mir nach mehreren erfolglosen Werkstattbesuchen bei "Profis" die Bestätigung lieferte, das ein leidenschaftlicher Amateur einem lustlosen, oder noch schlimmer ahnungslosen "Profi" jederzeit das Wasser abgräbt)




      Jörg - wenn ich Benz fahren will, geh ich arbeiten
      Hallo Jörg,

      jetzt mit Plattenspielerchassis und Haube komplettiert zeigt das Gerät sein vollendetes Design.
      Beim Weglassen von technischen Details und Einstellmöglichkeiten wurde dem Benutzer von Braun einfach die Entscheidung abgenommen: "Das ist nicht so wichtig - lassen wir weg, bringt sonst nur Verwirrung und stört das Design."
      Genau so arbeitet Apple seit langer Zeit und wird dafür häufig zu Recht gefeiert. Grund: Der typische Braun oder Apple Anwender will es so!
      Braun Anlagen standen ja nicht typischerweise in den Häusern der Technikfreaks, sondern in den schönen Wohnungen und Häusern von meist modern und äusserst geschmackvoll eingerichteten Architekten, Hipstern und gut verdienenden Freiberuflern.
      Der Klang der audio 2 hat mich auch extrem positiv überrascht. Ist ja auch kein Wunder: In den 60ern und 70ern gab es so viel dermaßen gute Musik, da konnte sich niemand leisten, so schrottig zu klingen wie manche heutige Hardware.
      Daher ist die Charakterisierung "Retro-Sound" wirklich eine sehr treffende und positive Beschreibung.

      Viel Spaß damit!
      Achim