Restaurationsbericht Grundig 5010

      Hallo,

      damit es auch im neuen Jahr (hoffentlich) nicht langweilig wird, möchte ich über die vor ca.1/2 Jahr abgeschlossene Restauration meines Grundig 5010 berichten.
      Den meisten von Euch ist dieses Gerät sicherlich bereits äußerlich bekannt. Auch das imposante EL12-Paar kennen wir von Bildern. Desshalb möchte ich hier "in die Tiefe gehen" und das Radio auch aus weniger bekannten Blickwinkeln vorstellen.
      Zukünftige 5010-Restauratoren haben dadurch gute Vergleichsaufnahmen.

      Das Radio wurde im Juni 2010 geliefert. Es stammt von ebay. Laut Verkäufer stand es jahrzehntelang auf einem Kleiderschrank. Das Chassis war mit einer dicken Dreckschicht überzogen, die Technik völlig unberührt. Das Gehäuse machte einen stumpfen, matten Eindruck. Furnierschäden hatte es keine. Der Lack war fest aber leicht rissig.
      Als erstes habe ich das Chassis ausgebaut und den Schmutz durch lösen mit einem weichen Pinsel abgesaugt.


      Hier der Lieferzustand:










      Man beachte die Spinnweben.


      Anschließend entfernte ich die Glasskala, das Skalenseil und den Skalenhintergrund um an den völlig verschmutzten Drehko zu kommen. Nach ablöten ettlicher Kabel habe ich ihn zusammen mit dem darunter liegenden UKW-Kästchen ausgebaut. Der Drehko wurde ohne das UKW-Teil im Ultraschallbad gereinigt. Anschließend wurden alle beweglichen Teile gefettet bzw. geölt. Das Ergebnis hat mich überzeugt. Hier wurden auch bereits weitere Reinigungsmassnahmen durchgeführt. Auf dem folgenden Bild ist der ein/aus Schalter sichtbar. Er wurde ausgebaut, gereinigt und die Mechanik geölt. Nach erfolgtem Einbau wurden die Schrauben mit neuem Sicherungslack versehen.













      Danach habe ich den verrosteten Netztrafo ausgebaut. Der alte Lack wurde mit der Dremel entfernt, anschließend die nicht zu lackierenden Teile abgeklebt. Dann wurden die Trafobleche mit mattschwarzem Lack aus der Sprühdose lackiert. Ich habe extra keine Rostschutzfarbe genommen. Meiner Meinung nach ist das nicht notwendig wenn der Rost vollständig entfernt wird. Wenn das Gerät trocken steht rostet auch nichts nach. Der Vorteil dieser Methode ist der dünnere Lackauftrag und die dadurch bessere Wärmeabfuhr.




      Es folgte die Lackierung des Ausgangsübertragers. Wieder mußten viele Kabel abgelötet und einige Anbauteile entfernt werden um an die Lamellen zu kommen. Diesmal habe ich mit dem Pinsel gearbeitet.











      Das goldfarbene Chassis habe ich übrigens nur mit einem in Alkohol getränkten Lappen (nicht zu fest reiben) und Ballistol gereinigt. Chemie in Form von Bremsenreiniger oder Kontakt WL kamen bewusst nicht zum Einsatz.

      Die Bilder habe ich zum Teil am Ende der Restauration aufgenommen. Falls die auf einigen Bildern bereits sichtbaren neuen Röhren irritieren. Diese werden bei mir immer ganz zum Schluß ausgetauscht. Bei diesen Gerät wurden sie alle gegen NOS-Ware ersetzt.

      Fortsetzung folgt!

      Gruß Udo
      Hallo Udo,

      da bin ich jetzt schon begeistert. Eine saubere und sorgfältige Arbeit, wie sie nicht Jeder abliefern kann.
      So soll es sein: Die von Grundig im Original technisch hochwertig, vorbildlich und wertig ausgeführten Details sind wieder sichtbar und in ihrer ursprünglichen Pracht zu sehen!

      Das Rad des langsamen Verfalls wurde zurückgedreht.
      Bravo!
      Achim
      Hallo Achim,

      vielen Dank!
      Das Radio ist jede Mühe wert. Vom Klang und der Empfangsqualität her gesehen spielt es in der ersten Liga. Ein echter Weltempfänger. Da hat GRUNDIG mal wieder großes geleistet. Auch das Gehäusedesign ist nicht zu verachten. Da kam die Konkurrenz meiner Meinung nach nicht dran.

      Gruß Udo
      Hallo Oliver,
      vielen Dank!
      Das ist schon wieder ein Prachtstück. Es ist mit klar, daß ein Life-Restaurationsbericht noch interessanter gewesen wäre. Das ist leider nicht mehr möglich da die Restauration bereits vor etwa 1/2 Jahr abgeschlossen wurde. In Zukunft möchte ich aber auch live berichten.

      Gruß Udo
      Hallo Achim.

      Noch 1957 gab es bei GRUNDIG 87--- 100Mhz.
      Wann das wegen Polizeifunk und dann ganz streng, wegen dem Europiepser
      reglementiert wurde, will ich (HIER) nachtragen.

      EDIT:

      Der UKW-Bereich wurde schon 1948 ( 14.Sept. 48 vom Unterauschuss der Post / Rundfunk C3 in Muechen) und nochmals präzisiert 1949 (vom C3 ) als der Bereich von 87,5 bis 100 Mhz festgelegt.

      EDIT #2
      Am 30.6.1952 wurde von der Funkkonferenz in Stockholm festgelegt, dass der Region II UKW- Bereich von 87,5 bis 100 Mhz geht.
      Das sind aber Angaben, wo Sender arbeiten duerfen.
      Ob Radios darunter oder darueber empfangen duerfen ist ganz sich auch wo festgelegt, ein Insider als Freund noch ich, koennen das verbidnlich angeben.

      Warum Grundig 1 Mhz und später 0,5 Mhz als Reserve gebraucht hat, weiß ich nicht.
      Das heisst, ich weiß es als Entwickler, aber nicht statt der Fa. GRUNDIG.

      hans
      Hallo Hans,
      danke, daß Du die Unterlagen hier hochgeladen hast. Ich selbst besitze sie zwar schon, aber zukünftige Restauratoren oder auch Mitleser dürften sich sehr dafür interessieren. Die BDA besitze ich ebenfalls. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt hier eingestellt werden. Mich interessiert immer alles über ein bestimmtes Radiomodell. Nie nur das Gerät selbst. Also auch diverse Unterlagen. Besitzt Du eventuell einen Bericht aus der Funkschau oder aus dem Radio-Mentor über den 5010? Oder sonstige Unterlagen? Würden mich sehr interessieren.

      Gruß Udo


      Hallo Peter und Achim,

      wie ich bereits angekündigt habe, folgt natürlich die Fortsetzung in den nächsten Tagen.

      Achim, UKW ab 86,5 ist mir noch garnicht aufgefallen.

      Gruß Udo
      Hallo Heiner,
      freut mich, daß Dir der Bericht gefällt.
      Dir und natürlich auch dem gesamten Forum ebenfalls ein frohes neues Jahr!

      Gruß Udo


      Hallo an alle,
      es geht weiter:

      Nach dem der Ausgangsübertrager lackiert war, ersetzte ich die daran liegenden Teerkondensatoren.

      Die elektrische Sicherheit steht bei mir an erster Stelle!

      Erst dann kommt die Originalität. Außer einem Teerkondensator am Ausgangsübertrager habe ich die neuen Kondensatoren alle in die alten Hüllen gesteckt. Das man das so oder so sehen kann ist mir bekannt.
      Bei diesem Gerät sind noch recht große Kondensatoren verbaut worden. Diese durch die heutigen kleinen Bauformen zu ersetzen hätte meiner Meinung nach nicht gepasst. Das Chassis hätte ausgeräumt ausgesehen.

      Die Kondensatoren legte ich einige Sekunden in kochendes Wasser. Anschließend konnte ich den Wickel leicht mit einer Flachzange herausziehen. Wenn die Anschlußdrähte abbrechen einfach die Innereien mit einem Schraubendreher rausdrücken. Bei den größeren Kondensatoren habe ich die Enden nach der Neubefüllung noch mit einer Korkscheibe verschlossen. Dann kam schwarzer Heisskleber zum Einsatz. Eine saubere Sache im Gegensatz zum Teer. Und es sieht täuschend echt aus. Man kann den Kondensator zum Schluß noch mit etwas Ballistol abreiben, da durch die Wasserbehandlung die Oberfläche schon mal etwas stumpf wird.
      Der Mehraufwand ist garnicht so groß und es hat Spaß gemacht. Das ist doch das wichtigste beim Hobby. Das Ergebnis ist wie ich finde überzeugend.




      Anschließend ging es unter dem Chassis weiter:





      Auf den nächsten beiden Bildern sieht man die Verstellvorrichtung für den Mittelwellen-Ortssender:






      Nach entfernen der im folgenden Bild sichtbaren Kondensatoren kam ich an die Befestigung der Gleichrichter dran. Sie wurden ausgelötet und erst mal vom Chassis entfernt.
      Die auf den nächsten Bildern sichtbaren Kondensatoren sind bereits alle neu befüllt worden.




      Einer der beiden Kathodenwiderstände hatte starke Brandspuren. Da es 210 Ohm in der Normenreihe nicht mehr gibt und es hier auf genaue Werte ankommt, hat mir Achim einen Tip gegeben:
      Man nehme jeweils einen 220 Ohm Widerstand und schaltet einen 4700 Ohm parallel. So kommt man auf 210,16 Ohm. Perfekt!












      Gruß Udo
      Hallo,

      im Anschluß an die "Kondensatorkur" habe ich mich um die beiden Einweggleichrichter gekümmert. Nach Öffnung und Entkernung wurden sie mit je 2 Dioden 1N4007 und zwei parallel laufenden 2200pF Kondensatoren 2000V- befüllt. Um stabilen elektrischen Aufbau zu erreichen, baute ich mir diese Halterungseinsätze aus Hartpapier (Pertinax) für die Metallbecher:







      Nach Umbördelung der Becherränder und anschließendem Einbau ins Chassis wurden sie so verkabelt, daß sie als Brückengleichrichter zusammen arbeiten.

      Gruß Udo
      Hallo Achim,
      es gab Handlungsbedarf beim Tastensatz. Überall war muffig riechender Schmutz der letzten Jahrzehnte vorhanden. Ich habe alle Tastenschieber bis auf einen ausgebaut. Der ging konstruktionsbedingt nicht raus. Bilder werden noch folgen. Mit hunderten von Wattestäbchen (extra lang) und Alkohol habe ich alles bestmöglich gereinigt.

      Gruß Udo
      der induktive Widerstand einer Spule ist für Wechsel- und Impulsströme um ein vielfaches höher (5-10x) als für Gleichströme. Eine Drossel hält daher Störungen und Brummen wirksamer zurück als ein ohmscher Widerstand
      Ich hoffe nun auf die Zustimmung der Experten.:umarm:
      Gruß Heino - der Unkaputtbare
      Hallo Udo,

      Siebdrosseln werden verwendet, wenn man eine möglichst hohe Siebwirkung bei möglichst geringem Spannungsverlust erzielen will und die gesiebte Spannungsquelle einen möglichst geringen Innenwiderstand aufweisen soll.

      In dem konkreten Grundig Beispiel könnte das bedeuten: Die verwendete Drossel (wahrscheinlich ein EI48 Kern mit 3550Wdgn) hätte eine Induktivität von 5Hy - das würde nach der Formel XL=Omega x L, bei einer Frequenz von 100Hz zu einem induktiven Widerstand von 3,14 kOhm führen. Der Gleichstromwiderstand der Drossel sei 300 Ohm.

      Bei einem Stromfluss von 50 mA würden jetzt an der Drossel (U=I x R) 15 Volt Gleichspannung abfallen.

      Um mit einem ohmschen Widerstand die gleiche Siebwirkung zu erzielen, müßte dieser ca. 3,14 kOhm groß sein - dann würden an diesem bei 50mA 157 Volt verloren gehen - also etwa das Zehnfache gegenüber Drosselsiebung!

      Nachsatz 1): 100Hz ist die Grundwelle, der auszusiebenden Welligkeit bei Doppelweggleichrichtung. Daher wurden für die Angabe des induktiven Widerstandes 100Hz zugrunde gelegt. Bei der Berechnung wurde außerdem die geometrische Addition, wegen der 90° Phasenverschiebung, gemäß Pythagoras vernachlässigt. Die Erklärung sollte ja einfach und überschaubar sein - trotzdem verfügen die Ergebnisse über eine für die Praxis ausreichende Genauigkeit.

      Nachsatz 2): Da beim Grundig 5010 die gesiebte Spannung auch für die Schirmgitter der Endröhren herangezogen wird, hat man hier die teurere Lösung mit der Siebdrossel gewählt, damit trotz guter Siebung die Spannung an den Schirmgittern noch hoch genug ist, um eine möglichst hohe Ausgangsleistung zu erzielen.

      Nachsatz 3): Ich gehe einmal davon aus, dass es sich bei dem mittig im Chassis befindlichen Eisenkern, < EI48, nicht um die Siebdrossel handelt, sondern um die Drossel (Weiche) für den Basslautsprecher. Die Siebdrossel sollte eher das seitlich am Chassis befestigte "Eisenteil" sein, das passt von der zu erwartenden Kerngröße besser.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Udo,

      noch ein paar Worte zu deinem Restaurationsobjekt: Ich muss sagen, das gefällt mir sehr auch gut. Und besonders die mit viel Aufwand erhaltenen Kondensatorhüllen zeugen von den namhaften Herstellern aus dieser Zeit - wie beispielsweise FRAKO und ERO. Auf dem einen Elko hat sich auch Grundig selbst ein Denkmal gesetzt, wobei man nicht weiss, ob Grundig wirklich selbst Elkos hergestellt hat oder ob es nur der Aufdruck ist.

      Auf jeden Fall ist durch diese Maßnahme der "Blick" in die Vergangenheit bewahrt geblieben und die Form, Farbe und Größe der damals üblichen Bauteile als "lebendes Dokument" erhalten. Das passt dann auch ganz hervorragend zu den Widerständen von Beyschlag und den Kappenwiderständen von Rosenthal mit ihren charakteristischen Farben. Es wurde ja hier schon oft über Sinn und Unsinn dieser Massnahmen diskutiert aber in diesem Fall finde ich es schon überzeugend und sinnvoll - nicht zuletzt aufgrund der Sorgfalt mit welcher du dieses realisiert hast.

      Noch ein paar Bemerkungen etwas "out of order": Schade, dass es nicht möglich ist auch die später weit verbreiteten WIMA-Malzbonbons ebenso zu konservieren, denn auch sie waren das Wahrzeichen einer Aera der Rundfunkgeschichte. Selbst der Duft, wenn man diese Kondensatoren mit dem Lötkolben ansengte hatte etwas besonderes - einen besondernen "Zeitgeschmack (Geruch)"...
      Freundliche Grüsse, sagnix