SANSUI TU-9900 Tuner - Eine Legende lebt

      Hallo UKW Enthusiasten,

      ein eher seltener Gast in der Werkstatt ist der Sansui Tuner TU-9900.
      In vielen "einschlägigen" Foren ist er schon behandelt worden, hier haben wir ihn glaub ich noch nicht.

      Der stolze Besitzer dieses Exemplars hier ist Jürgen (pistentiger), der ihn neben seinem Saba MD 292 benutzt.
      Eine unfaire Paarung, ist der TU-9900 doch neben Klein & Hummels FM 2002 und einigen wenigen handverlesenen Mitbewerbern einer DER Referenztuner der späten 70er und 80er Jahre.

      Anlass genug, ihn sich einmal aus der Nähe anzusehen. Hier sind zunächst Übersichtsbilder von der Front, der Ober- und der Unterseite:







      Als nächstes folgen Detailbilder der einzelnen Funktionsgruppen.

      So sieht man hier das unspektakuläre Netzteil



      und das umso aufwändiger angelegte FM-Frontend mit 5-fach Abstimmung bei UKW und 3-fach bei MW



      das AM (nur MW) HF- und ZF-Teil



      Der FM-Demodulatorbaustein:

      Achim
      Ja, erst mal ein Hallo an Achim und an alle Interessierten im Forum. Ich hatte ja bereits das Glück das Achim meinen SABA MD292 auf Vordermann brachte. Siehe Doku von Achim im Abschnitt Tuner unter "Beleuchtung Tuner SABA MD 292 (Seiten: 1, 2 )" vom 20.04.2010. Die OP verlief erfolgreich ;)

      Achim sprach zwar eingangs hier von einer eigentlich unfairen Paarung - aber die fiel -zumindest meinen damals noch gut funktionierenden Ohren gemäß- so glaube ich ZUGUNSTEN DES MD292 (!!) aus. Der hatte einfach mehr Druck, mehr Fülle und vor allem Wärme im Klangbild und klang einfach echter, anders kann ich es nicht beschreiben. Der TU-9900 hingegen klang, ja wie soll ich sagen, zwar sehr klar, aber irgendwie "japanisch flach" für meinen Geschmack, die Trennschärfe war denke ich ok, aber mehr eben nicht.
      Also Anlass genug für mich, nach telef. Rücksprache erneut an Achim -dem ich bereits 2010 vertrauensvoll meinen MD292 "zur erfolgreichen OP" überließ- mit der Bitte heranzutreten, sich mit seinen sicher von allen hier geschätzten Kenntnissen und Fähigkeiten dem Sansui TU-9900 anzunehmen und ihm eine Jungbrunnen-Kur zu verpassen. Da ich die Geräte zu ihm brachte, weil ich sie nicht "den Gelben" als Wurfgeschosse überlassen wollte, durfte ich Achim dann auch gleich persönlich kennenlernen :)

      Und nun bin ich -wie sicherlich viele hier gespannt- wie "die OP" verläuft - da bin ich aber guter Dinge und habe volles Vertrauen zu Achim, da ich hier im Forum "noch von keinem seiner Patienten" gehört habe, dass dieser verstorben sei ;)
      Hallo Heiner,

      ja, hab ich schon mal überflogen. Da wird munter "FM-Tuner" mit FM-Demodulator und "AM-Tuner" mit FM-ZF-Verstärker verwechselt und auch sonst so einiges durcheinander gebracht.
      Um den Unterschied zu sehen, braucht man keinen "Schaltplan".

      Ich hoffe doch, dass wir hier etwas tiefer graben werden ;)
      Achim
      Wenn man sich Reparaturprotokolle von Herrn Wieschhoff (RIP) durchliest (link folgt), sieht man, dass er bei Revisionen des TU-9900, den er neben einigen anderen wenigen Spitzentunern auf Wunsch repariert hat, grundsätzlich rund 55 Elkos ersetzt hat.
      Als Ersatz wurden dann "spezielle Audio Kondensatoren" verwendet. Dabei dürfte es sich, wo möglich, um Kunststoffolienkondensatoren oder um besonders hochwertige engtolerierte Elkos mit niedrigem ESR gehandelt haben.

      Man fragt sich natürlich, ist das nötig bzw. ist es sinnvoll um die Klangqualität und die zukünftige langfristige Stabilität zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen?

      Als erste Stichprobe habe ich die die Elkos aus dem Netzteil ausgebaut und gemessen.





      Es zeigt sich, dass die großen (470µ und 220µ = grün markiert) Elkos Marke ELNA bei Kapazität und ESR noch die Werte heutiger neuer Exemplare erreichen. Allerdings weichen die Kapazitätswerte durch unterschiedliche Alterung im Rahmen der Toleranz unterschiedlich stark nach unten vom Nennwert ab.

      Die kleineren Werte (rot markiert) sind bei der Kapazität ebenfalls noch im Rahmen. Die ESR Werte sind allerdings massiv gestiegen.
      Liegt zum Beispiel der ESR eines 10µ neu bei unter 5 Ohm, haben wir hier bei den alten Exemplaren schon Werte von 12, 18 oder 25 Ohm.

      Es wird zu sehen sein, dass gerade in der Sektion NF bzw. Decoder noch eine Unmenge derartiger Elkos im Einsatz sind.

      Hier im Netzteil, wo es um Siebung und Stabilisierung mit Längstransistoren geht, die stabil und präzise erfolgen muss, neige ich dazu, solche gestiegenen Serienwiderstände als potentiell störend zu betrachten.

      Laut WIKI sind Ausfälle bei Elektrolytkondensatoren wiefolgt definiert:

      ..."Ausfälle sind: Kurzschluss und Unterbrechung (Totalausfälle) sowie typischerweise eine Verringerung der Kapazität um mehr als 30 % vom Anfangswert und ein Anstieg des ESR bzw. des Verlustfaktors um mehr als den Faktor 3 gegenüber dem Anfangswert (Änderungsausfälle)."...

      ..."Die Ausfallgrenzen der Änderungsausfälle sind in der DIN EN (IEC) 60384-4-1spezifiziert. Typische Ausfallgrenzen sind eine Verringerung der Kapazität um mehr als 30 % vom Anfangswert und ein Anstieg des ESR bzw. des Verlustfaktors um mehr als den Faktor 3 gegenüber dem Anfangswert. Mit Beginn des Auftretens von Änderungsausfällen endet der Bereich der konstanten Ausfallrate, das Ende der Lebensdauer der Kondensatoren ist erreicht."...

      Quelle:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Aluminium-Elektrolytkondensator#Ausfallrate_und_Lebensdauer
      Achim
      Was mir bei den Bildern, vor allem hier beim Netzteil auffällt ist das starke Anlaufen von Metalloberflächen der Bauteile. So z.B. bei 2SD314, die versilberten Flächen (Pins und Gehäuse sind mit einer schwarzen Sulfid-Schicht überzogen.
      Da das mittlere Beinchen bei diesen nicht kontaktiert ist, würde mich interessieren, ob der Kontakt über die Verschraubung hier noch zuverlässig gegeben ist. Nicht daß es dort zu hohe Übergangswiderstände gibt, die die Regelung negativ beeinflussen könnten.

      Das FM-Frontend dagegen sieht annährend Neu aus.
      Gruß, Gunnar
      Hallo Gunnar,

      das ist halt wirklich ungünstig bei den blanken Silberoberflächen, die man hier bei einem schnöden Niedervolt Längstransistor ja nicht haben müsste.
      Das Beste ist noch, dass die beiden Schrauben gar nicht mehr fest waren, da das Pertinax unter dem Druck und unter Wärme natürlich mit den Jahrzehnten nachgibt.

      Das FM-Frontend hat eine ziemlich dichte Blechabdeckung, die auf den Bildern abgenommen ist, daher der gute Zustand.
      Achim
      Hallo Achim und Gunnar.

      Da relativ dichte Abschirmgehäuse ist da wenig beteiligt am geringen Oxidationsprozess.

      Wir habe bei G. ab 1979 fast nur noch Elektro-mech- Teile von ALPS Japan bezogen. Um das "wasserdicht" zumachen, war ich anfangs 1982 bei ALPS.
      Der Grund: deutsche Potentiometer hatten gegen Aufpreis einen Kohle- Schleifer auf der Bahn. Alps nur einen Mehrfachkamm versílbert als Abnahme auf der Kohlebahn.
      Dort in Japan habe ich die Information bekommen (amtlich) dass bei Alps bei Tuner, Drehkos usw. mit zweierlei Versilberung gearbeitet wird.
      Zum Verkauf in Japan und den USA, gab es Karten mit viel und wenig Industrie Belastung sprich SMOG.
      Wie das geht weis ich nicht, aber AUCH dieser UKW- Tuner der sicher von Alps kommt zeigt das es geht so man will.

      Vieleicht kann Gunnar dazu was sagen?

      hans
      Hallo Hans,

      demnach ist ALPS der Hersteller des gesamten Frontends und nicht nur des Drehkos? Sansui hat die Einheit dann nur eingebaut, so wie manche Hersteller hier solche Frontends von Görler bezogen haben?

      Ich hab mir nie Gedanken darüber gemacht und hätte jetzt erst einmal angenommen, dass die Mädels bei Sansui das Frontend zusammentgelötet haben.
      Aber so eine Baugruppe ist sehr speziell, erfordert Spezialkenntnisse, spezielle Fertigkeiten und Messeinrichtungen. Da liegt der Fremdbezug von einem (renommierten) Spezialisten wie ALPS nahe.
      Achim
      Hallo Achim. Wetten kann ich nicht, habe aber fast den gleichen Tuner 100% APLS hier, ausserdem Kataloge nach 1980.


      Das muessen wir noch offen lassen. #

      Nach meinem Weggang von G. haben meine Mannschaft nur noch Alps.Tuner verbaut. Mein Spitzenmann hat ab da, bei CAR-RADIO Doppeltuner entwickelt, die hatte ALPS noch nicht!
      Die Autoradios haben ja mit einem Tuner Musik gemacht, mit dem zweiten
      F- oder Ant. - Diversity oder Alt. Frequenzen gesucht.
      ,
      hans
      Hallo Hans,

      auf der zur Frontplatte zeigenden Seite der UKW-Box ist tief "Sansui" eingeprägt, was natürlich nichts heißen muss. Am Drehko ist keine Beschriftung zu sehen, er ist aber nicht überall einsehbar, da er an mehreren Stellen eingelötet ist.
      Auf den 4-fach Drehkos bei Revox und Klein & Hummel steht meist "DAU".

      Übrigens wird die Drehkoachse, die aus Messing ist, immer zwischen zwei Kammern von einer gabelförmigen Massekontaktzunge umschlossen. Ursprünglich hat es wohl eine Schmierung bzw. einen Korrosionsschutz gegeben, der inzwischen verharzt, eingetrocknet und verschmutzt ist. (Bild folgt)
      Achim
      Hallo Achim

      Ich habe mir spaeter nochmals die ALPS Bauweisen angesehen.






      Ich kann auch davon abgehen.
      Warum? Ich habe zwei SONY Spitzentuner, deren UKW-Boxen kann ich auch nicht einordnen.
      Sicher bin ich bei Kennwood, die haben Ihre UKW-Boxen selbst gemacht.##

      Ausserdem gab es noch Matsushita, die haben fuer Japan und USA auch viele E- Komponenten gebaut.
      Schieben wir`s auf Morgen ;)

      hans
      Das weis ich leider nicht.

      Stand. 1979, da habe ich schon lange keine Drehkos mehr benutzt.
      Also auch nicht den Markt beobachtet.
      mit Varicaps gelten eigene Regeln die es zu beachten gibt.
      Gegen diese Maximalbox mit Varicaps, habe ich ca. 6 Monáte mit ALPS und der Laborleitung gekaempft, weil ich immer noch eine Haar fand, mein O.K. zu verweigern. Das FTZ hat da hingelangt mit Vorschriften. Das gab es in Japan und USA nicht.









      Stichwort von Frau Knoll : mit Fleisch kann jeder ein gutes Essen kochen, dito mit Drehko.


      Ich werde Morgen meine beiden SONYS ansehen.

      hans ,
      Hallo Reinhard,

      das sieht - zumindest mit aufgesetzten Metallabdeckungen - sehr wertig verarbeitet aus.
      Wenn man beim TU-9900 von der Unterseite schaut, sieht man genau die wilde Verkabelung und die mühsam gebändigten Leitungsbündel, die ich nicht so schätze und die bei hochwertigen Europäischen HiFi Geräten dieser Zeit schon längst überwunden waren.
      Man schaue sich die Revox Tuner an, den K&H FM-2002 oder den RT 100a von Grundig

      http://www.saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3778
      Achim
      decoder postete
      Hallo Achim und Gunnar.
      Dort in Japan habe ich die Information bekommen (amtlich) dass bei Alps bei Tuner, Drehkos usw. mit zweierlei Versilberung gearbeitet wird.
      Zum Verkauf in Japan und den USA, gab es Karten mit viel und wenig Industrie Belastung sprich SMOG.
      Wie das geht weis ich nicht, aber AUCH dieser UKW- Tuner der sicher von Alps kommt zeigt das es geht so man will.

      Vieleicht kann Gunnar dazu was sagen?

      hans
      Hallo,
      direkt dieses Thema kenne ich noch nicht, das ist aber zu 100% nachvollziehbar. Analog arbeiten auch die Autokonzerne, bei denen z.B. die Lackierung auf die Region abgestimmt wird. Eine große französische Marke hat jahrelang bei Fahrzeugen die nach Spanien verkauft wurden, eine andere Lackierung angewendet, als die, die nach Mittel- und Nordeuropa geliefert wurden. (Lackdicke und die Korrosionsschutz-Unterlackierungen)

      Zum Thema Silber hatte damals noch mein alter Professor in der organischen Chemie eine nette Geschichte: In der Umgebung um die Alhorner Heide mit den großen Raffinerie-Anlagen muß wohl Silber extrem schnell angelaufen sein, da bei der dortigen Kraftstoff-Entschwefelung große Mengen Schwefelverbindungen freigesetzt wurden (heute hoffentlich nicht mehr!), daß die Atmosphäre sehr agressiv für Silber war.

      Zuletzt noch eine Begründung, warum manche Bauteile stärker anlaufen als andere: Alle Oberflächen der Bauteile sind galvanisch versilbert (Aufdampfen ist zwar möglich, aber hier nicht so gut geeignet), und der technische Prozeß legt fest, wie homogen die Oberfläche wird. Bauteile werden sowieso meist nur ca. 1 µm dick beschichtet, und dabei entscheidet eben, wie schnell und durch welche Chemikalien der Prozeß gemacht wird, wie groß die Poren der Oberfläche sind. Eine einfache und schnelle Versilberung läuft auch schnell an!
      Hochwertige Bauteile sind meist auch besser versilbert, das sieht man dann nach den Jahren...
      Gruß, Gunnar
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