Kapazitätsmessung bei Elektrolytkondensatoren

      Hallo allerseits,

      in einem anderen Thread hatte ich das Problem bereits angesprochen.

      Es geht um die Kapazitätsmessung bei Elkos allgemein und die von mir festgestellte unterschiedliche Frequenzabhängigkeit der Kapazität zwischen Neuware und Altteilen im Besonderen.

      An dieser Stelle will ich eine immer wiederkehrende Bobachtung schildern.

      Ich messe Elkos mit meinem BK-Precision 879B normalerweise bei 100Hz Messfrequenz im seriellen Schwingkreis, was bei Kapazitäten mit geringer induktiver Komponente empfohlen wird.

      So messe ich etwa bei meinen neuen axialen Elkos von BC-Vishay aus aktueller Produktion:

      bei einem 47µ und 100Hz 56µ und 1 Ohm ESR
      bei einem 100µ und 100Hz 99µ und 0,9 Ohm ESR
      beim selben 47µ und 10KHz 55µ und 0,65 Ohm ESR
      beim selben 100µ und 10 KHz 98µ und 0,52 Ohm ESR

      So, und bei alten Elkos aus meinem letzte Woche reparierten VS100 messe ich:

      bei einem 47µ und 100Hz 50µ und 5,1 Ohm ESR
      bei einem 10µ und 100Hz 10µ und 13 Ohm ESR
      beim selben 47µ und 10KHz 28µ und 2,3 Ohm ESR
      beim selben 10µ und 10 KHz 5,5µ und 7,8 Ohm ESR

      Ich habe noch weitere Stichproben mit radialen Elkos von Rubycon gemacht, das Ergebnis ist stets ähnlich: Bei Neuware messe ich bei beiden Frequenzen in etwa dieselbe Kapazität und bei 10KHz etwa den halben ESR.
      Bei Altteilen messe ich bei 10KHz hingegen auch etwa den halben ESR aber auch nur die halbe Kapazität.

      Dass der ESR mit der Frequenz sinkt, ist bekannt und klar, dass die Kapazität eine Funktion der Frequenz ist, ist auch bekannt, aber warum bleibt sie bei der Neuware gleich bzw. warum halbiert sie sich bei den alten Elkos?

      Woher kommt der Unterschied? Ist es allein der gestiegene ESR der Altteile? Ist beim Altern etwa eine Zunahme der Frequenzabhängigkeit der Kapazität zwangsläufig? Liegt es nur an der verwendeten Messmethode oder den betrachteten Kapazitätswerten? Spielt der konkrete Impedanzverlauf die entscheidende Rolle?

      Es muss eine saubere theoretische Begründung für den beobachteten Effekt geben.
      Achim
      Hallo Achim, ich benutze das BK-Precision 878B. Ich schätze, das ich das gleiche wie Deines nur ohne Displaybeleuchtung. Im Manual stand, das man Kondensatoren für NF-Bereichen mit 100Hz messen soll und für den HF-Bereich mit 10KHz. Das hab ich auch so praktiziert. Die Abweichungen beim messen eines Kondensators mit den unterschiedlichen Meßfrequenzen hab ich auch schon bemerkt. Die Ursache würde mich auch interessieren. Bin mal gespannt ob jemand die Antwort kennt.

      Gruß Frank
      Es toent so schoen wenn des Sabas Roehren gluehen!
      Hallo,

      die Messfrequenz 100 Hz bzw. 120 Hz (USA) ist für Elkos Standard. Das dürfte darauf zurückgehen, dass die Kapazität für die doppelte Netzfrequenz schon früher bei Siebschaltungen (bei Zweiweg- oder Brückengleichrichtung) bedeutsam war. So hatte man gleich einen aussagekräftigen Nennwert.

      Dennoch kann die frequenzabhängigkeit der Kapazität interessant sein. Schließlich haben es Elkos in Audioverstärkerschaltungen mit Frequenzen zwischen 20 Hz und 20 KHz zu tun.

      ESR, Impedanz und Kapazität - all diese Größen sind beim Elko eine Funktion der Frequenz.
      Ich hätte aber erwartet, dass diese Funktion für neue und alte Exemplare im Fall C = f(f) in etwa vergleichbar ist, was in der Praxis aber offenbar nicht zutrifft.
      Achim
      Hallo Hans,

      die Zutaten sehen gut aus, wir müssen aber noch etwas Genießbares daraus zubereiten ;)

      Mir fällt als erstes auf, dass ich die Größe Verlustfaktor aus der Formel auf S.25 noch gar nicht mit einbezogen habe.



      Der Tangens Delta = Verlustfaktor d bzw. sein Kehrwert, die Güte Q könnten von Interesse sein, da sie in der genannten Formel mit dem ESR, der Frequenz und der Kapazität verknüpft sind. Hier gibt es also eine weitere Einflussgröße.

      Nun kann ich mit meinem Messgerät die Güte und den Verlustfaktor messen und erhalte bei Elkos mit 47µF bei 100 Hz die folgenden Ergebnisse:

      Neuware: d=0,038 bzw. Q=26,32
      Altbauteil: d=0,41 bzw. Q=2,52

      Oder bei 10µF:

      Neuware: d=0,017 bzw. Q=56,1
      Altbauteil: d=0,35 bzw. Q=2,85

      Bei 10 KHz steigt der Verlustfaktor D beim neuen 10µ auf 0,36 und beim alten 10µ auf 3,79

      Das ist schon ein gewaltiger Unterschied.

      Stellt man die obige Formel nach C um, bekommt man

      C = d/R x ω

      Setzt man die Werte für 2 x π x f, ESR und Verlustfaktor d ein, bekommt man die gemessene Kapazität in Farad (d.h. man muss das Ergebnis durch 1 Mio. teilen.)
      Achim
      Hallo Hans,

      diese Angaben finden sich ja auch heute in den Spezifikationen der namhaften Hersteller nach Temperatur gestaffelt. Und da gibt es gewaltige Unterschiede von 1500 Std. bei 85° bis 7000 Stunden bei 125°

      1500 Stunden sind in der Praxis gerade mal 2 Monate Betriebszeit am Stück.
      Nun ist ein Receiver oder Verstärker nicht rund um die Uhr an und die Temperatur liegt über weite Strecken darunter, aber WIEVIEL das an Lebensdauerverlängerung bewirkt, wissen wir nicht genau.

      Tatsache ist: Ein Elko, ob er nun am Lager liegt, im Dauerbetrieb oder ab und an läuft, ist irgendwann nach x Jahren EOL (End Of Life) und ein potentieller Kandidat für den Ersatz.

      Schön wäre es, wenn wir zuverlässige Kriterien hätten, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist.

      Ich nehme an, ein gewisser Kapazitätsverlust, ein deutlicher Anstieg des ESR oder eine drastische Verschlechterung der Güte sind Indikatoren dafür.
      Achim
      Hans, zuallererst kann ich nur ein gutes Ergebnis für dein neues Betätigungsfeld wünschen.
      Dieses Jahr war ich mit dem Betätigungsfeld auch schon mehrere Male Fremdübernachter auf Leben und oder naja. Dabei komme ich jetzt deshalb darauf weil ich an gleichem Ort auch schon für Siemens tätig war, nicht liegend versteht sich, denkend und planend.
      An jenem Ort hatten wir damals auch mit Rufanlagen von Siemens zu tun deren Verstärker Siemens-Elkos in größeren Mengen beherbergten. Solche Anlagen sind prinzipbedingt Tag und Nacht 24/24 und 365/365 in Betrieb, nicht in Bereitschaft sondern aktiv, und deren Elkos waren wie der Rest Bj. 1958. 1985 kamen sie weg. Das sind auf oder über den Daumen 24x365x27 Betriebsstunden. Bei 1500 haben sie also gerade mal die Schnullerphase hinter sich gehabt. Im Gegensatz dazu mussten Endröhren alle naselang getauscht werden, selbst manche Nachtschwestern hatten schon abgeguckt wie man das macht, dann brauchten sie nicht die Rufbereitschaft aus dem Bette zu levitieren. Die Wartungsleute liefen da ohnehin ständig mit Koffern voller EL84-Schachteln herum.
      Kondensatoren wurden nicht getauscht, da waren von der Fabrikation bis zur Müllkippe stets die selben Elkos drin. Die Ersatzverstärker mussten praktisch nie wegen - O-Ton Auftragsschein/Technikerschein - "Elko" eingesetzt werden, sondern wegen "Endröhren", gefolgt von "Rauchentwicklung" (die Widerstände und Trafos). Über meinen Tisch wanderten die Scheine schlußendlich, ehe sie in die Verwaltung wanderten, man kann fest damit rechnen das ich damals lesen konnte.

      Es gibt bei Siemens Elkos wohl etwas mehr für´s Geld, aber auch andere klassische Marken schafften das bestimmt. Meine Erfahrung ist das Elkos, gute Elkos aus guten Fabriken, so wie das damals noch war nicht lesen können und nicht wissen, daß sie bei punktum 1500 auf der Uhr platzen sollen ;)
      Gruß Jogi,
      der im Forum von jedem dahergelaufenen Neuling verspottet, beleidigt und als charakterlos tituliert werden darf.
      Zitat: "... gute Elkos aus guten Fabriken..."

      Ich denke, genau das ist der Punkt.

      Geplante Obsoleszenz geht ja auch sehr gut durch zielgenaue Auswahl der Elkoserie. Das Zeitintervall in dem der Schwerpunkt der Ausfälle stattfinden wird, weiß man dann schon bei der Fertigung.

      All das war damals kein Thema, viele der Markenbauteile - ich denke an Siemens, FRAKO, Rubycon und andere - hielten wesentlich mehr, als sie versprachen. Das finde ich sehr sympathisch im Vergleich zum umgekehrten Fall.

      Diese legendären Qualitäten gab es später und gibt es heute noch, sie haben allerdings ihren Preis und müssen gezielt beschafft werden.
      Achim
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