Meersburg 7 - rätselhaftes Brummen

      Hallo liebe Saba Freunde,

      wie schon im anderen Thread angesprochen, habe ich nach der Restauration meines Meersburg 7 Chassis noch ein kleines Brummproblem, welches ich hier thematisieren möchte.
      Nach dem Tausch aller Teerkondensatoren hatte ich ein monotones 50Hz-Brummen auf den Lautsprechern. Das Brummen hat seinen Ursprung eindeutig im NF-Bereich: Beim Drehen am Lautstärkeregler ändert sich nichts, der Bass-Regler führt zu einer Dämpfung, nach dem Ziehen der EF86 ist es ganz weg.

      Nach einigem Rumprobieren konnte ich das Brummen immerhin auf die Gittervorspannung der EF86 zurückführen. Nochmal eins weiter bin ich bei R58 gelandet; über diesen Widerstand wird, so wie ich das verstanden habe, die EF86 im Suchlauf stumm geschaltet. Der letzte Stand ist der 6M Widerstand R49. Wenn ich diesen einseitig ablöte, dann ist das Brummen weg.

      Interessanterweise läuft das Radio auch mit abgetrenntem R49 einwandfrei. Der Suchlauf funktioniert und auch die Stummschaltung läuft (über das Poti P4). Als einziges fällt mir auf, dass der Suchlauf im UKW Bereich nur schwer über starke Sender drüberkommt, ich muss also kurz den Zwangslauf antippen damit der Suchlauf in Schwung kommt.

      Hat jemand eine Idee was die Kombination R49 und C68 in der Schaltung bewirkt? Welche Spannung muss ich am Punkt "a" (geht direkt auf eine Trafowicklung) messen?



      Hier nochmal der komplette Schaltplan (ca. 1 MB):

      mkamper.de/temp/Saba_Meersburg_7-Schaltplan.jpg

      Vielen Dank für eure Hilfe.

      Gruß
      Michael
      Hallo Michael,

      nur vorab: Hast Du den kleinen Einweggleichrichter E25C2 ersetzt? Sind die beiden Siebelkos für die neg. Vorspannungserzeugung C91 u. C92 richtig gepolt (+ an Masse)? Ich glaube, auf dem Bild zu erkennen, dass sie richtig herum sind - sind doch die 2 am AÜ -, den Gleichrichter sehe ich nicht...
      Achim
      Die beiden Einweggleichrtichter gehören ersetzt! (1N400x)

      Beim Netzgleichrichter kommt es drauf an.
      Seine Wärmeentwicklung solltest Du prüfen, und ob die Anodenspannung die geforderte Höhe erreicht. Auch eine übermäßige Erwärmung des Netztrafos kann vom Netzgleichrichter ausgelöst werden.
      Achim
      nightbear postete
      Die beiden Einweggleichrtichter gehören ersetzt! (1N400x)

      Beim Netzgleichrichter kommt es drauf an.
      Seine Wärmeentwicklung solltest Du prüfen, und ob die Anodenspannung die geforderte Höhe erreicht. Auch eine übermäßige Erwärmung des Netztrafos kann vom Netzgleichrichter ausgelöst werden.
      So, die alten Einweggleichrichter sind draußen, das Gebrummel ist aber immer noch da.
      Die Anodenspannung stimmt bei 220V vom Trenntrafo aufs Volt genau. Der Rippel der Anodenspannung an C87 beträgt ca. 0.7V.

      Gruß
      Michael
      Da es 50 Hz sind, scheidet die Anodenspannung als Quelle aus.
      Der Brumm schleicht sich vermutlich aus der a-b Wicklung ein. Die Hochohmwiderstände, wie den 6M solltest Du testweise ersetzen, bei den alten Exemplaren weiss man nicht, welchen Widerstandswert sie im Betrieb unter Spannung annehmen. Eine nicht mehr ganz intakte EF86 sollte durch Ersatz auch ausgeschlossen werden.
      Und dann, ja dann muss man sich die Steuerungsschaltung des Automaticmotors einmal genauer ansehen.
      Ich setze mal voraus, dass beim Wechsel der Kondensatoren nicht irgendwo ein Anschluss "verrutscht" ist.
      Achim
      Ja, es sind definitiv 50 Hz und keine Oberschwingungen.
      Welche Aufgabe hat die a-b Wicklung? Leider stehen im Schaltplan dazu keine Spannungsangaben.
      Hochohmwiderstände die unter Spannung ihren Wert ändern, machen die Sache natürlich nicht einfacher... Die EF86 schließe ich eigentlich aus, kann ich aber demnächst auch mal überprüfen.
      Die Kondensatoren stimmen - hoffentlich ;)
      Kann mir irgendjemand sagen welche Aufgabe der Pfad mit R49 (der 6M Widerstand) hat?

      Gruß
      Michael
      Dann fangen wir mal mit der Diskussion an:

      Ich habe im Schaltbild die rudimentären Signalwege gekennzeichnet. Die Wicklung A-2-E des Netztrafos stellt einerseits eine negative Gleichspannung an "2" (-15,5V) und an "a" zur Verfügung, andererseits eine Wechselspannung von um die 30V zwischen "E" und "A".
      Die Gleichspannung von -15,5V an "2" dient der halbautomatischen Gittervorspannungserzeugung. Ihr Verlauf für die NF-Treiberröhre EF86 ist hellgrün markiert, ausgehend von -1,2V hinter R77.

      Um die Stummschaltung beim Suchlauf in eine der beiden Richtungen zu realisieren, wird die Gleichspannung an "A", violett gekennzeichnet, über die äußeren Kontakte der Schaltwippe ebenfalls dem G1 der EF86 zugeführt, überlagert dort die reguläre Vorspannung und sperrt die Röhre.

      Die an den Anschlüssen "A" und "E" liegende Wechselspannung hat, da die Mittenanzapfung "2" über die Siebelkos wechselspannungsmäßig an Masse liegt, gegenüber Masse eine bei "A" um 180° phasenverschobene Lage gegenüber "E" Ihr Verlauf ist gelb gekennzeichnet.
      Diese gegensätzliche Phasenlage wird zur Steuerung des Automaticmotors in seine beiden Drehrichtungen verwendet:
      Wie man am roten Verlauf sieht, gelangt die (gelbe) Wechselspannung entweder direkt beim Zwangslauf oder geschwächt über einen Vorwiderstand beim Suchlauf, über die inneren Kontakte der Wippe (dann rot) in der gewünschten Phasenlage auf das G1 der EC"L"80. Dort wird die Steuerwicklung des Motors angesteuert, der je nach Phasenlage des Steuersignals bezogen auf die Phasenlage der an "c" und "d" liegenden "Hauptwicklung" in die eine oder andere Richtung losläuft.

      Die Selbsthaltung der Wippe ist dunkelgrün markiert.

      Der Suchlauf stoppt, wenn die Auswertung des Empfangssignals in den vorgeschalteten Filtern über Rö7 ein Signal an das G1 der EC"L"80 führt, welches das (rote) Signal wirkungslos macht. (Diesen interessanten Mechanismus sollte man getrennt betrachten.)
      In jedem Fall stoppt der Motor, die Selbsthaltung wird wieder ausgelöst.

      Soweit zur groben Funktion, wie sie sich dem Betrachter bei flüchtiger Ansicht der Schaltung aufgdrängt.

      Einige Details sind aber noch offen: Wozu dienen die fast symmetrischen RC-Glieder C68/R49 und C98/R69+P4? Was wird mit P4 eingestellt?

      Soll hier duch eine exakte Überlagerung der gegenphasigen Wechselspannungsanteile ein Brumm auf dem G1 der EF86 neutralisiert werden? Meine erste Idee war, dass man mit den beiden RC Gliedern, von denen eines mit P4 abgeglichen werden kann, ein Brummminimum einstellt.

      Die Verzögerung der Stummschaltung jedenfalls erfolgt über C89, C67 und C79.

      Aber jetzt sind erst einmal die Fachleute mit Korrekturen und Ergänzungen dran...




      => kann man alles erkennen oder soll ich das Schaltbild größer einbinden?
      Achim
      Achim, vielen Dank für diese sehr anschauliche Analyse der Automatikschaltung!

      Ich muss mich entschuldigen, ich habe doch noch einen verirrten Kondensator gefunden. C98 hing an Masse, statt über R89 an "b". Da habe ich beim Kondensatortausch wohl geschlafen. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass bis auf das Brummen (dass mit dem Entfernen von R49 ja wieder verschwand) keine Funktionsbeeinträchtigung auftrat.

      Der entscheidende Tipp war deine Idee zur Brummneutralisation. Den C98 hatte ich damit schnell in Verdacht. In der Tat lässt sich auch durch P4 das Brummniveau minimieren. Ein Optimum werde ich aber noch mit einem Helfer bestimmen müssen, ich schraube ungern blind im laufenden Gerät rum.

      Was bei mir noch für Verwirrung gesorgt hatte, war der Aufbau der Steuerwippe. Ich dachte, dass die im Schaltplan äußeren Kontakte den Zwangslauf aktivieren. In Wirklichkeit werden diese aber auch beim Suchlauf geschlossen.

      Fehlt noch die Funktion der Leitung die von "b" über R69 zum Steuergitter der ECL80-Triode führt. Ich nehme an, dass die die 50Hz Modulationsspannung? So langsam lichtet sich das Dickicht...

      Vielen Dank nochmal für deine Hilfe! Auf der ToDo Liste stehen jetzt nur noch Kleinigkeiten, elektronisch ist der Meersburg wieder absolut top.

      Gruß
      Michael
      Hallo Michael,

      dann ist das Rätsel ja auch gelöst :)

      (Ohne C98 bleibt natürlich nur die gegenphasige Welle übrig, es wird nicht kompensiert, es brummt - wenn man die Andere dann auch unterbricht, ist der Brumm wieder weniger...)

      Man sieht wieder einmal, das Verständnis der grundlegenden Funktion einer Schaltung ist kein Luxus sondern ermöglicht das Aufspüren eines jeden Fehlers.

      Den Bereich "Scharfabstimmung" der Automatik müssen wir auch irgendwo noch mal auseinander nehmen...
      Achim
      Hallo,

      leider konnte ich diese Diskussion nicht "live" miterleben, weil ich im Krankenhaus lag.

      Im nachhinein kann ich nur sagen, dass die vorgebrachten Argumente und Erläuterungen recht einleuchtend klingen. Weshalb jedoch dieser hohe Aufwand um die Stummschaltung der EF86 betrieben wurde ist nicht so ganz einleuchtend.

      Ein Grund könnte wohl sein, dass man, um den Vor- Rücklauf- Kontakt gleichzeitig zur Stummschaltung ausnutzen zu können die Wechselsteuerspannung a-b mit einer neg. Gleichspannung zur Sperrung der Vorröhre "unterlegt" hat. Damit im Normalbertrieb die Wechelspannungskomponente nicht störend zum Gitter der EF86 gelangt ist wohl diese etwas aufwendige und nicht gleich durchschaubare Kompensationsschaltung erforderlich.

      Gruss, Peter.

      Leider muss ich jetzt für einige Wochen in eine REHA und werde nicht an der Zerlegung der Nachstimmfunktion mitwirken können. Trotzdem werde ich mir darüber ein paar Gedanken machen und dann sehen welche Ergebnisse die Diskussion brachte. Ich wünsche euch dabei viel Spass und nachvollziehbare Resultate.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Hallo Peter,

      dann wünsche ich Dir vor allem gute Genesung an dieser Stelle!

      In letzter Konsequenz müssen wir das Erfordernis dieses Schaltungsdetails allerdings noch erklären. Ich nahm zunächst an, dass es aufgrund irgendeines Umstandes, der durchaus ein seltener Sonderfall sein kann wie etwa Suchlauf bei AM, schnelles Hin- und Herschalten zwischen den Geschwindigkeiten, was auch immer, dazu geführt haben, dass Teile der einen Wechselspannung auf das G1 gelangen. Um die negativen Auswirkungen zu begrenzen, hat man dann die gegenphasige Spannung gezielt überlagert.
      Aber Deine Erklärung leuchtet mir auch ein, musste man doch mit Trafowicklungen sparen. So war ein solches Vorgehen naheliegend, bei dem man dieselbe Wicklung für verschiedene neg. Gleichspannungen (halbautom. G-Vorsp-Erz. und Stummschaltung) wie auch 2 Wechselspannungen zur Automaticsteuerung heranzog. Dann gibt es schnell Interferenzen.

      Ich habe als Nächstes auch ein Automaticgerät auf dem Tisch und werde dann einen Versuch machen, die einzelnen Komponenten und Variationen der Automatic-Schaltung zu durchleuchten.
      Ich denke, bis es soweit ist, bist Du sowieso schon lange wieder voll einsatzfähig. :)
      Achim
      Hallo Achim, hallo Heino,

      Danke für eure lieben Wünsche. Ich hoffe demnächst noch an vielen Diskussionen mit euch teilnehmen zu können.

      Diese Saba Automatik mit all ihren Hintergründen ist schon ein recht komplexes Geflecht und entbehrt bislang einer wirklich schlüssigen "Durchleuchtung". Bisher kamen da nur aus diversen Saba Kundendienstschriften zitierte Beiträge... so auch in dem Buch über die Radios der 50er.

      Dann bis bald... herzlich Grüsse, Peter.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Ich habe bei meinen Messungen mit einem schlichten LCR-Gerät immer parallel einen neuen Kondensator gemessen, um einen Referenzwert zu haben. Ich muß sagen, daß dabei die aufgedruckten Werte (bei MKT und MKP) immer sehr genau getroffen wurden. Ich bin daher davon ausgegangen, daß die Meßwerte an den alten Schätzchen ebenso genau waren, oder irre ich mich da? Ich habe nämlich auch bei alten C`s sehr häufig den doppelten Wert oder mehr gemessen.
      Gruß Heino - der Unkaputtbare
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