Freiburg WIII mit Empfangsproblemen

      Ich habe endlich meinen Freiburg WIII auf dem Arbeitstisch. Ich habe während der Restauration eine Art "Tagebuch" geführt:
      Freiburg W III Restaurationstagebuch

      Erste optische Sichtung:
      Vordere Drehknöpfe Defekt, einer ist gebrochen, der andere wurde „ersetzt“. Tasten Teilweise rissig.
      Gehäusefurnier in Ordnung. Lack an den Seiten rissig, restliche Oberfläche i.O. Stromkabel wurde ersetzt. Die Bodenplatte fehlt.

      Mechanischer Test:
      UWK sehr schwergängig. Bassregler festgefressen. Rest i.O.

      Erster Test mit Regeltrenntrafo:
      Gerät fährt hoch. Brummen macht sich bemerkbar. Wiedergabe über TA funktioniert. Über jedoch Kristallanschluss viel zu leise, über Magnetanschluss ordentliche Lautstärke aber verzerrt. UKW nur mit Kabelanschluss und ohne Rauschunterdrückung sehr schwach zu hören. L/M/K Stumm. Magisches Auge schwach oder verstaubt. Regler kratzen. Lampen zum Großteil i.O.

      Nach dem Öffnen:
      Chassis mit Flugrust und leicht verstaubt. Alles in allem eine gute Grundlage. UKW mit ein bisschen Öl wieder gangbar gemacht. Nach 24 Stunden Einwirkzeit leichtläufig. Bassregler total fest und ölig → US Reinigung nötig. Keine Spur von „Basteleien“ bis auf den verölten Bassregler und dem ersetzen Stromkabel. Ein Kondensator wurde durchtrennt und gegen einen gleichwertigen Ersetzt. Es handelt sich um einen „Teerie“, die Reparatur ist demzufolge wohl schon vor vielen Jahren erfolgt.

      Grundreinigung:
      Teile wurden Bestellt. Während dessen wurde der Bassregler ausgebaut. Beim Auslöten starker Geruch nach verbranntem Öl. Das Chssis wurde mit einem Pinsel grundgereinigt.

      Bassregler:
      Der Regler wurde im US Bad gereinigt und 24 Stunden getrocknet. Danach neu Geölt und eingebaut. Er ist nun wieder leichtgängig und verrichtet seine Arbeit.

      Netzteil:
      Bevor es an die „Kondensatorkur“ geht, richtete ich das Netzteil. Der Selen-Gleichrichter wurde durch vier Dioden in Brückengleichrichterschaltung und einen 150Ohm/17W Vorwiederstand ersetzt. Der alten 50µ+50µ Elko wurde gegen einen neuen ersetzt. Jedoch ist die Spannung noch ca 50V zu niedrig. Das werde ich nach dem Ersetzten aller altersschwachen Kondensatoren noch verfolgen müssen.

      Kondensatorkur:
      Immer ein paar Kondensatoren ersetzt und getestet. Nach einem Nachmittag: TA kommt langsam wieder, aber noch nicht perfekt. UKW noch immer viel zu schwach. Ca. 50% ersetzt.
      Zweiter Nachmittag: Alle Kondensatoren ersetzt. TA Einwandfrei. UWK lauter, jedoch noch immer nur ohne Rauschunterdrückung hörbar, das Magische Auge zeigt trotz Empfang keinen Ausschlag. L/M/K immer noch stumm. Die Versorgungsspannung stimmt nun bis auf wenige Volt mit den Angaben aus dem Schaltplan überein.
      AM ist erstmal nicht soo wichtig, als erstes sollte UKW laufen. lightningivi hatte bei seinem Meersburg ein ähnliches Problem: http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3603
      Die in Post 013 von Peter angesprochenen Spannungen sind jedoch vorhanden. Jedoch ist die Anodenspannung der EC92 sehr merkwürdig. Bei ~88Mhz hat diese 209V und schwankt sobald ich den UKW Regler berühre. Je höher ich die Frequenz stelle desto niedriger ist die Spannung. Diese ist bei 100Mhz auf 50mV gesunken. Die ganze Empfangstechnik ist leider etwas zu hoch für mich. Hat jemand eine Idee, wo ich bei der Fehlersuche ansetzen könnte?

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Sehr schön!

      Du Anodenspannung der EC92 hat einen Sollwert von 160V. Wenn man nun mit einem modernen Messgerät misst, kann sie durchaus deutlich höher liegen. (Die Gründe haben wir ja schon oft beleuchtet.)

      Die EC92 Triode dient als Oszillator- und Mischstufe.
      Verdächtig ist, dass die Ua bei höheren Frequenzen fast auf 0V fällt. Wenn die Schwingung bei höherer Frequenz abreissen oder einbrechen würde, würde ich von einem Anstieg der Ua ausgehen. Solange der Oszillator mit der richtigen Amplitude schwingt, bleibt die Ua auf dem Sollwert.
      Kannst Du den Anodenstrom bei verschiedenen Frequenzen messen?

      Wurden die EF80 und EC92 schon testweise ersetzt?
      Ist der 20K in der Anodenzuleitung intakt?
      Achim
      Hallo Julian,

      falls die Messung des Anodenstromes nicht zum Erfolg führt:

      Die an der EC92 gemessene Anodenspannung ist bezüglich ihrer „Bandbreite“ nicht ohne weiteres nachvollziehbar; es muss sich da um Fehlmessungen handeln - bei echten Messergebnissen müßte der braunrote 20k Widerstand bereits richtig braun geworden sein, weil an ihm bei 100MHz die volle Anodenspannung läge. Wenn aber die anderen Spannungen (an der EF80) im UKW-Mischkästchen in etwa stimmen, scheint das auch nicht das eigentliche Kernproblem zu sein. --- Denn du sagst, dass UKW-Empfang zwar vorhanden, aber zu schwach ist; somit scheint der Oszillator incl. Mischstufe grundsätzlich zu arbeiten.

      Weiterhin sagst du aber, dass auf AM kein Empfang zu verzeichnen ist. Dies könnte auf einen Fehler im ZF-Verstärker, der sich auch auf UKW auswirkt, hinweisen. Um dem nachzugehen, solltest du Anoden- und Schirmgitterspannungen der ECH81 (Hexodenteil), EF41 und EAF41 messen. Diese sind im Schaltbild über den betreffenden Röhren am oberen Rand des Schaltbildes angegeben.

      Erst danach sollte man nach anderen Ursachen forschen; z.B. sind bei diesem Gerät auch Kontaktprobleme im Tastensatz nicht auszuschließen...
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Ich habe am roten Kabel der EC92 gegen GND gemessen. Das ist doch die Anode oder? Die Spannungen der anderen Röhren werde ich heute Nachmittag nach der FH zusammen mit dem Anodenstrom messen. Gibt es eine Möglichkeit den Tastensatz zu reinigen ohne diesen Auszubauen? Ich bin mir relativ sicher, dass ich den nicht wieder rein bekomme wenn der mal draußen ist.

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Hallo Julian,

      das rote Kabel ist schon die Anodezuleitung der EC92; an ihr liegt ausser der Gleichspannung die UKW-Oszillatorspannung und das 10,7Mhz ZF-Signal. Bei der, durch die Messung bedingten, Berührung mit der Messleitung wird der Anodenkreis kapazitiv belastet. Dies kann ausser zu einer erheblichen Verstimmung des Oszillators, bis zum Abreissen der Oszillatorschwingung und in ungünstigen Fällen auch zu wilden Schwingungen meist im ZF-Bereich führen.

      Bessere Ergebnisse bringt eine Spannungsmessung am rechten Ende des 20k Widerstandes; an ihm ist ebenfalls die Anodenspannung zu finden, während sich die Schaltung an dieser Stelle HF-mäßig bedeutend "entspannter" verhält. Allein wegen des 125pF nach Masse liegenden Kondensators ist die kapazitive Einwirkung durch die Meßschnüre geringer.

      Aus den beschriebenen Gründen hat auch Achim das Kreuz zur Strommessung in einem HF-freien Bereich platziert und nicht direkt in der (roten) Anodenzuleitung.

      Bei dem WIII muß man zur Reinigung in der Regel nicht sofort den ganzen Tastensatz ausbauen. Man kann hier die einzelnen Schaltschieber ausbauen und in schweren Fällen, bei verkokeltem Pertinax zwischen benachbarten Kontakten, kann man auch einzelne Kontaktträger "herausoperieren". Aber so weit sind wir jetzt noch nicht.

      Da gibt es erst heute Nachmittag noch einiges zu tun...
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Danke für die Erklärung Peter. Ich glaube ich habe den Fehler gefunden (allerdings noch nicht dessen Ursache). Ich hatte heute Nachmittag leider keine Zeit und habe die Messungen gerade eben durchgeführt. Ich habe an dem von Achim markierten Punkt noch einmal gemessen. Hier die Messwerte (alle mit einem Digitalmultimeter bei UKW):
      EC92:
      a 257V; 3,36mA

      ECH81:
      aH 240V
      aTr 0V <- hier liegt wohl das Problem
      g2 41,5V

      EF41:
      a 260V
      g2 41V

      EAF42:
      a 242V
      g2 35V

      Ich werde mir Morgen oder Übermorgen (je nachdem wie Zeit ist) mal die Anode aTr der ECH81 genauer untersuchen.

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Vielleicht hier noch eine Bemerkung am Rand, die Abstimmkerne sehen ja furchtbar aus. Schwarz wie die Nacht der obere und der zweite alles andere als sauber/blank, den dritten kann ich nicht sehen wird aber sicher auch nicht mehr wie neu aussehen. Bau bitte auch mal die Stange aus und reinige die Kerne.
      Auch das Thema Beschaffenheit der Oberfläche der Abstimmkerne haben wir schon diskutiert. Find' auf die Schnelle den Thread nicht mehr.

      Grüße
      Geht nicht - gibt's doch!
      Nungut dann ist die aT am ECH81 nicht schuld. Ich habe die Kerne mal vorsichtig mit feiner Stahlwolle von der Oxidation befreit. Der Empfang ist zwar besser, aber noch immer zu leise und nur mit deaktiviert Rauschunterdrückung zu hören. Das Magische Auge macht auch keine Anstanden.

      Gruß Julian
      Bilder: http://tinyurl.com/sabajulian
      Hallo Julian,

      die von dir gemessenen Gleichspannungen geben keinen Hinweis auf einen Fehler in der Spannungsversorgung der ZF-Stufen. Auch der an der EC92 gemessene Anodenstrom, welcher zwar lt. Schaltbildangabe etwas höher sein sollte, ist meiner Meinung noch in einem akzeptablen Bereich. Vielleicht könnte da eine neue Röhre bessere Ergebnisse bringen. Wie verhält sich denn der Anodenstrom, wenn der gesamte UKW-Bereich durchgestimmt wird?

      Nach dem Stand der Messwerte scheint sich der Fehler im Signalweg zu verbergen; das macht die Angelegenheit für eine weitere Ferndiagnose etwas unbequem.

      Wie Achim bereits sagte, ist es normal, dass bei FM keine Spannung an der Trioden-Anode der ECH81 ansteht - sie dient nämlich bei AM als Oszillator. Du könntest also noch überprüfen, ob bei AM (Stellung MW) diese Spannung vorhanden ist.

      Wenn möglich wäre es jetzt sinnvoll die Röhren im HF/ZF Teil probeweise zu wechseln (ECH81, EF41 und EAF42) - falls du entsprechende Röhren zur Hand hast. -- Manchmal kann auch die EABC80 (Diodenfunktionen) für schwachen Empfang verantwortlich sein; kommt aber eher selten vor.

      Die beiden versilberten Abstimmkerne sehen wohl nicht optimal aus, aber sie sollten nicht zum Versagen des Gerätes führen - über den dritten Abstimmkern braucht man sich bei den Modellen dieser Serie, bezüglich der Oberfläche, keine Gedanken machen, denn dort gelangt ein HF-Pulverkern zur Anwendung.

      Vielleicht solltest du bei einem stark einfallenden UKW-Sender auch einmal die Spannung am Ratio-Elko messen, das gibt einen groben Anhaltspunkt über die Empfindlichkeit des Gerätes und könnte zu weiteren Schlüssen nützlich sein. Hier sind bei einem korrekt arbeitenden WIII Spannungen >30V üblich. -- Ich gehe davon aus, dass du auch die Spannung am G2 der EF80 (UKW-Vorstufe) gemessen hast?

      Sonst findest du in folgendem Thread viele Informationen über den WIII http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=3985&pagenum=3&highlight=freiburg+wIII und da findest du speziell in post64 ein Diagramm aus welchem ersichtlich ist, dass die Raussperre erst bei Ratio-Spannungen von etwa -35V so richtig "freigeschaltet" wird.
      Freundliche Grüsse, sagnix
      Ja genau - wir wissen jetzt gar nicht, ob die hochohmigen Widerstände im Bereich der Stummschaltung schon ersetzt worden sind! Sonst gibt es nämlich auch "schlechten UKW-Empfang".

      Welche Bauteile ersetzt werden müssen, ist in mehreren WIII Threads erschöpfend dokumentiert.
      Erste Hinweise finden sich hier ab Post 206:

      http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=2655&pagenum=9
      Achim
    • Benutzer online 1

      1 Besucher