Elkos in den 92xx und ihr heutiger Zustand

      Hallo HiFi Freunde,

      nun sind - ehe man sichs versieht - die großen Generationen der Saba Receiver der 92er Serie rund 30 Jahre alt.

      All die Jahre hatte man den Eindruck, dass die damals eingebauten Elkos eigentlich bis auf vereinzelte Ausfälle noch einwandfrei ihren Dienst verrichten.
      Dann kamen hier in den letzten Jahren immer mal wieder Zweifel auf, bestimmte Modelle von bestimmten Herstellern schienen zunehmend problematisch zu werden. Die weinroten Roedersteins und Champagner-EROs sind ja schon lange bekannt.

      Das hat dazu gefürt, dass manche Technilker hier dazu übergegangen sind, alls Elkos pauschal zu ersetzten. Andere Zeitgenossen sind wesentlich konservativer und ersetzten, was aktuell defekt ist.

      Man hat aber zunehmend ein ungutes Gefühl: Was ist, wenn die Mehrzahl bzw. eine Vielzahl der Elkos bei ihrer Kapazität nicht mehr im Rahmen der Toleranz sind? Was ist, wenn der ESR sich stark erhöht hat? Sind dann nicht "über alles" gesehen negative Auswirkungen auf den Klang und die Stabilität zu erwarten?
      Die letzte Frage würde ich klar mit ja beantworten. Aber treffen die Annahmen zu?

      Einzelne ausgebaute Elkos mit auffälligen oder auch unauffälligen Messwerten sind nicht aussagefähig, da die Stichprobe aus der Grundgesamtheit zu klein ist. Man muss einen Test mit einer größeren Zahl von Kondensatoren machen.

      Beim Anblick all der prall gefüllten Beutel mit ersetzten Altelkos in meiner Werstatt kam mir die Idee, einfach mal damit anzufangen.

      Als Start habe ich einen kleinen Posten (31 Stück) Tantalelkos aus 9241 / 9260 Receivern geprüft.

      Gemessen wurde mit einem "BK Precision 879B". Es erlaubt ausreichend präzise Messungen von C und ESR (darüber hinaus D [Verlustfaktor], Q [Gütefaktor], Theta (Phasenwinkel]).


      Edit: ACHTUNG, die Werte waren (siehe weiter hinten) Makulatur, da ein 100 KHz Messbereich nicht zur Verfügung steht. Tabelle entfernt.

      Die Nennwerte habe ich nicht extra aufgelistet, man kann sie eigentlich ausnahmslos richtig raten, extreme Abweichungen bei der Kapazität wie bei flüssiggefüllten Elkos gibt es hier bei den Tantalelkos nicht.
      Achim
      Hallo Achim,

      danke für die Mühe!
      Wie sind die Meßwerte zu verstehen? C in nF und ESR in Ohm?
      Kann es sein, daß beim ESR Wert vom C9 etwas fehlt?

      Ich würde mal sagen, die Streuung ist recht hoch. (Habe aber keine Ahnung wie sie bei Neuteilen aussieht)

      Vorab schon mal danke für die Erläuterung, ich denke damit wird es auch für Laien (mich) verständlich!

      Gruß
      Wolfgang
      geht nicht - gibt's nicht!
      Hallo Wolfgang,

      das sind alles µF, da Tantalelkos, der ESR ist in Ohm angegeben.

      Es handelt sich um die damals typischen grünen und blauen bzw. weißen tropfenförmigen Modelle.

      Man sieht zuerst einmal, dass es hier die bei flüssigelektrolytgefüllten Elkos typische - durch Austrocknung bedingte - systematische Unterschreitung der Nennwerte nicht gibt. Die Tantalelkos sind ein Sonderfall. Die Kapazitätswerte sind noch erstaunlich gut in der Toleranz.

      Sowohl die starke Streuung als auch die teils sehr hohen Werte beim ESR haben mich allerdings erstaunt.
      Der ESR ist hier bei 1KHz gemessen. Bei 10KHz liegen die Werte niedriger, bei 100 Hz noch deutlich höher.

      Das kann natürlich, je nach Position des Bauteils in der Schaltung, unerwünschte Konsequenzen haben.

      Sobald etwas Zeit ist, folgen noch (umfangreichere) Messserien von normalen radialen Elkos.
      Achim
      Hallo Achim,
      Dann muß ich in einzelnen Fällen davon ausgehen, das der Elko trotz seines angegebenen Wertes z.B. 4,7µF einen so hohen ESR Wert hat das er als defekt gilt? Kann ich das durch eine Wiederstandsmessung mit einem normalen Messgerät überhaubt messen? Wahrscheinlich nicht , denn Du hast ja mit einer bestimmten Hz Größe gemessen.
      Gruß Jörg
      Hans hat das einfache Ersatzschaltbild eines realen Kondensators gezeigt.

      Mit einem üblichen Ohmmeter (Multimeter) kann man den Serienwiderstand nicht messen, geht nur mit Wechselspannung wegen der Kapazität in Serie. Misst man doch mit einem Multimeter einen nicht zu vernachlässigenden Gleichstromwiderstand, ist der Kondensator Schrott.
      Hat man ein Oszilloskop mit Komponententester, kann man recht brauchbar den Zustand eines Elektrolytkondensators beurteilen, Vergleichsmessung. Damit kann man die Kapazität abschätzen und sieht sehr gut einen stark angestiegenen Serienwiderstand, ESR.
      http://saba.magnetofon.de/showtopic.php?threadid=635&pagenum=2

      Andreas, DL2JAS
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      In der Kurve ist ja

      Z = f(f) = 1/2*pi*f*C für den Bereich 0<f<fr

      und

      Z = f(f) = 2*pi*f*L für fr<f<fmax

      Z ist minimal auf der Resonanzfrequenz fr. Aber da im Bereich der fr ein ganz bestimmter ESR gilt (der ist auch eine Funktion der Kreisfrequenz), determiniert dieser im Bereich der Resonanzfrequenz das Minimum von Z.
      Z kann also nie sein eigentlich mögliches Minimum erreichen, da der Ohmsche Serienwiderstand mit seinem an dieser Stelle geltenden Wert existiert und eine Untergrenze darstellt.
      Achim
      Gar nicht so einfach!

      Jetzt habe ich die Tantalelkos gestern munter mit einer Messfrequenz von 1 KHz gemessen, wie es bei Kondensatoren _allgemein_ üblich ist.
      Heute lese ich im WIKI, dass Elkos, und dazu gehören ja Tantalelkos an und für sich auch, mit 100 Hz oder 120 Hz gemessen werden, wenn man die Abweichung vom Nennwert prüfen will.
      Das verwendete Messgerät bietet 100 Hz, 120 Hz, 1 KHz und 10 KHz an, von daher bin ich flexibel.

      Mit 100 Hz ergeben sich - jedenfalls bei Elkos - freilich generell etwas höhere Messergebnisse bei der Kapazität, als bei 1 KHz.
      Weiterhin liegt der ESR bei 100Hz wesentlich höher.

      Ich werde die Messung wohl wiederholen.

      Einschub: Hier sind die gesammelten Messwerte der Elkos aus meinem SABA Portable Fernseher mit CM-Chassis. Das Gerät stammt aus den späten 70ern und dürfte regelmäßig aber nicht übermäßig in Betrieb gewesen sein



      Wenn man die Werte so sieht, stellt sich doch Entspannung ein. Von einer systematischen Unterschreitung der Nennkapazität durch Austrocknung kann jedenfalls keine Rede sein.
      Lediglich einzelne Ausrutscher sind zu verzeichnen.
      Achim
      Warum brauche ich zum messen eines Kondensators eine bestimmte Hz-Frequenz ? Simuliere ich beim messen Lade und Entlade- Zyklen oder wie muß ich das verstehen?
      Wenn ich einen Komponententest am Kondensator durchführe mit unteschiedlichen Frequenzen so verändere ich die Form der Lissajous-Figur. Dienen die versch. Frequenzen das Bild der Figur besser aufzulösen?
      Achim schreibt das Tantalkon. mit einer Hz 100-120gemessen werden. Gibt es da Richtwerte für die einzelnen Typen oder ist die Kapazität auch ein Parameter der beachtet werden muß?
      Gruß Jörg

      ..
      Ich mag mich jetzt auf die Oppositionsbank setzen aber aus meiner Studienzeit kann ich mich erinnern, dass wir bei Alterung von Elektrolyten immer eine ZUNAHME der Kapazität berücksichtigen mußten. Es gab auch eine Begründung, was im Inneren passiert, aber fragt mich nicht was.

      Vielleicht hat jemand die physikalische Lösung parat.

      Gruß, Dieter
      Fidus postete
      Warum brauche ich zum messen eines Kondensators eine bestimmte Hz-Frequenz ? ...
      Hallo Jörg,

      ich versuche es mal. Du kennst sicher das Ohm'sche Gesetz: Spannung = Widerstand mal Strom (U = R x I). Dies gilt bei 'ohmschen' Widerständen sowohl für Gleich- als auch Wechselspannung.

      Ein Kondensator kann bei Wechselspannung ebenfalls als Widerstand betrachtet werden. Allerdings spricht man hier von einem komplexen Widerstand. Grundsätzlich gilt auch für komplexe Widerstände das Ohm'sche Gesetz.
      Der komplexe Widerstand eines Kondensators berechnet sich aus dem Kehrwert des Produkts von Winkelfrequenz (omega) mal Kapazität (Z = 1/(omega x C)). (Genau genommen multipliziert mit der komplexen Zahl i = Wurzel aus -1)

      Info: Winkelfrequenz omega = 2 x pi x Frequenz

      Man sieht, daß der Widerstand von der Frequenz abhängig ist. (mit zunehmender Frequenz kleiner wird) Siehe auch linker Teil im Diagramm von Post 001.

      Daß zur Messung bestimmte Frequenzen festgelegt werden, ist notwendig um Meßwerte vergleichen zu können.
      Warum dies für verschiedene Typen unterschiedlich ist, kann vielleicht Achim genauer erklären. Ich habe da nur eine Vermutung.

      Ich hoffe, daß ich es jetzt nicht noch komplizierter gemacht habe.

      Gruß
      Wolfgang
      geht nicht - gibt's nicht!
      Hallo die Runde,

      zunächst ist zum Elektrolyt Folgendes zu sagen: Es vergrößert die Fläche (und damit die Kapazität) zwischen den beiden Elektroden eines Elkos, indem es die Zwischenräume zwischen den Schichten ausfüllt.

      Natürlich würde ein Elektrolyt ceteris paribus die Isolation unterminieren, daher übernimmt beim Elko eine ganz dünne Oxdschicht die Isolationsfunktion.

      Je rauher die Oberfläche der Folien, umso größer der durch das Einbringen des Elektrolyts mögliche Kapazitätsgewinn.

      Nimmt man etwa die Fläche zwischen zwei dicht aneinanderliegenden Knäckebrotscheiben, ist die nicht besonders groß. Füllt man den Zwischenraum mit einer (leitfähigen) Flüssigkeit = Elektrolyt, steigt die wirksame Fläche an.

      Wenn nun das Volumen des Elektrolyts abnimmt, sinkt die effektive Fläche und damit die Kapazität. "Taube" also ausgetrocknete Elkos haben nur noch einen winzigen Bruchteil ihrer Nennkapazität.

      Bei der Messung von Ladezyclen ist in der Praxis häufig keine ausreichend genaue Messung möglich. Außerdem wird das Messergebnis durch Isolationsfehler verfälscht.
      Daher wird dieses Verfahren nur bei Billigmultimetern angewandt, wenn das Messergebnis keinerlei Aussagekraft haben muss.

      Bei der Messung des Wechselstromwiderstandes in normalen LC-Messgeräten scheint die verwendete Messfrequenz reine Konvention zu sein. Grundsätzlich gilt 1 KHz, bei Elkos 100 Hz bzw. 120 Hz.
      Ich würde mal raten, dass die 120 Hz in den USA gelten, da sie dort der 2-fachen Netzfrequenz entsprechen.
      Achim
      Wenn es dieses Phänomen gibt, würde ich vermuten, dass es den Verlust durch die Verringerung der Fläche nicht ausgleicht, der Saldo der Kapazitätsveränderungen also stark negativ ist.

      As der Praxis kenne ich nur trockene Elkos mit massivem Kapazitätsverlust. Man erkennt sie ja sofort am viel geringeren Gewicht.
      Achim
      Eine Kapazitätserhöhung aufgrund Austrocknung kann ich mir aufgrund des chemischen Aufbaus eines Elkos auch nicht vorstellen. Selbst wenn der Wickel sich zusammenzieht, geht das nur soweit, bis die Trennlage aus Papier oder einem anderen saugfähigen Material stramm auf den Folien liegt. Dann sind diese zwar näher beieinander, was theoretisch die Kapazität erhöhen sollte, aber durch den fehlenden Elektrolyt (sei es nun ein Ionen- oder Elektronenleiter) wird die Ladung im Kondensator nicht von der Anode zur Kathode gebracht, der ganze Aufwand der durch die Oxidschicht erzeugten stark vergrößerten Oberfläche verpufft.

      Der elektrochemische Vorgang im so unscheinbaren Alubecher ist doch etwas komplexer....
      Gruß, Gunnar