Stern-Radio Rochlitz Stradivari 4

      Hallo,

      ich habs getan - I did it !!

      Seit gestern steht die größte DDR-Prachtwumme im Arbeitszimmer. Selbst abgeholt aus der Nachbarschaft meiner Tochter.

      Zustand würde ich mit gut bezeichnen, auf jeden Fall ohne Bastelspuren, homogene Staubschicht im Innern, Knöpfe und Regler vollständig und leichtgängig. Lt. Sohn des Verstorbenen stand das Gerät bis zuletzt im Arbeitszimmer des Vaters.

      Als nächstes besorge ich mir eine Packung Tabletten gegen Rückenschmerzen - auf der Personenwaage zeigte das 80 cm breite Teil 30,5 kg an...
      Alleine das Eisenpaket des Netztrafos wiegt vermutlich mehr als eine Philetta.

      Die ersten Bilder:






      Zunächst kommt das Radio auf Halde, ein Funktionstest wird natürlich durchgeführt und kommt hier noch zum Anhang.

      Gruß, Dieter
      Moin,
      ja die Lautsprechereim ist hier ungewoehnlich mager. Anscheinend ist das Geld fuer die Suchlaufautomatik draufgegangen ;) Die Automatik ist mit ihren 3 Relais komplizierter als die von Saba.
      Mager ist die Lautsprecherbestueckung auch, weil das Geraet NF-Stereo ist. Stereo gibt es aber nur mit Zusatzlautsprecher.

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      Peter
      hf500 postete
      Mager ist die Lautsprecherbestueckung auch, weil das Geraet NF-Stereo ist. Stereo gibt es aber nur mit Zusatzlautsprecher.

      73
      Peter


      Ja, das stimmt. Der VK meinte auch dass sein Vater den Zusatzlautsprecher hatte, jedoch vor Jahren verschrottet hat. Auf allen Bildern ist der S4 auch nur mit der Zusatzbox zu sehen, so war der Verkauf eigentlich standard, um NF-Stereo zu hören. Deshalb "nur" die Mono-Bestückung im Gerät selbst.

      Es bleibt zu diskutieren, ob es nicht sinnvoller ist, eine Zusatzbox anzubieten und diese räumlich getrennt aufzustellen oder wie andere Hersteller ihre Stereo-Bestückung auf 70 cm Breite in einem Gehäuse unterzubringen.

      Gruß, Dieter
      schabu postete
      Im Gegensatz zu den Saba Entwicklern haben aber die Stern Rochlitz Leute bei der Dimensionierung des Hochtonkondensators richtig gerechnet! 4µF und nicht wie bei Saba 1µF! Respekt!


      Hierzu gleich eine Frage: Der 4µ ist ein MP Kondensator im Blechmantel. Er sitzt an der Schallwand zwischen den beiden AÜs. Sollte der getauscht werden oder hat er überlebt?

      Gruß, Dieter
      Das kann ich nur bestätigen - und klanglich sind die auch Premiumklasse.

      Bei meinem Bruder stehen noch wunderschöne Backloaded Hörner mit Coral Breitbänder und Fostex-Superhochtöner (hatte ich vor 30 Jahren mal selbst gebaut). Dem Hochtöner hatte ich damals einen 2 µF Siemens MP in einem ähnlichen Kastengehäuse gegönnt, weiß aber nicht mal mehr woher ich den hatte.

      Nach einigen Experimenten, auch mit anderen Folienkondensatoren, zu denen die Boxen herhalten mussten, kann ich nur sagen, das Hochtonbild war níe besser als mit den alten Siemens Dingern.
      Gruß, Gunnar
      Hallo mit einem kurzen Zwischenbericht.

      Das Fazit meiner bisherigen Arbeiten der Reinigung, Revidierung und Testläufen:

      Empfehlen würde ich das Gerät niemandem !!

      Im Detail:

      Die verbauten Materialien sind von sehr schlechter Qualität. So sind z.B. die beiden Antriebszahnräder für das LS-Poti spröde, das motorseitige hat sich sogar ganz zerlegt. Eine alternative Kraftschlußverbindung läßt sich sicher finden, da beides 6 mm Wellen sind.

      Alle Potis sind mangelhaft vernietet, zwei mußte ich bereits komplett auslöten und neu verschrauben. Dabei fallen auch manchmal die Schleifkohlen heraus und irgendwo hin... :(

      Die Drehknöpfe sind an den Madenschrauben ebenfalls rissig und spröde und ließen sich nur nach Stabilisierung mit Kunstharz wieder verwenden.

      Die Potis sind durch verharztes Fett allesamt schwergängig, somit rutschen entweder die nur mit Klemmfedern gehaltenen Klangregelknöpfe oder drehen gar nicht.

      Ein Lob an die Erbauer der Skalenscheibe. Das fast schaufenstergroße Ding kann ruhig von allen Seiten mit Putzmitteln behandelt werden. So einen stabilen Druckauftrag habe ich noch nicht gesehen.

      Technisch ist das Gerät am Schnurren, mehr auch nicht. Bisher kein Empfang, NF über TA/TB Eingang funktioniert. Leistungsaufnahme 130 VA - auch in Ordnung. Netzteil mit EYY13 und sämtlichen Elkos perfekt in Schuß. Spannungen sind bisher alle o.k.

      Sendersuchlauf bisher ohne Funktion, allerdings habe ich da noch nicht weiter untersucht. Zumindest klicken schon mal alle Relais...

      Ich berichte weiter, spätestens wenn ich Hilfe brauche.

      Gruß, Dieter
      Hallo Dieter,

      anders habe ich es nicht erwartet. Du hast mit diesem Zwischenbericht nur bestätigt, dass ich gut daran getan habe, bisher immer bei noch so günstigen Angeboten die Finger von diesen volkseigenen Erzeugnissen zu lassen.
      Sicher wird noch viel Wasser bei mir vor der Haustür den Rhein runterfließen, bis Du alles wieder im Lot hast.
      Aber ich bin einigermaßen sicher, eines Tages hast Du alles auf die Reihe gekriegt und freue mich schon auf den Abschlussbericht.
      Wenn die Knöpfe schon in einem miesen Zustand waren, wie sieht es denn bei den Tasten aus? Ich kann mir vorstellen, dass es da bei der Ersatzbeschaffung auch schwierig wird.
      Potis zerlegen ist ansich ja kein Problem, auch das Zusammenbauen stellt meistens kein Problem dar. In meiner Murksbude liegt ein fast schwarzer Teppichboden, ich habe es inzwischen aufgegeben, länger als 2 Minuten nach runtergefallenen Kleinteilen wie die genannte Schleifkohle, Unterlegscheibchen oder kurze Schräubchen zu suchen. Der Staubsauger findet die Sachen problemlos, dummerweise rückt er die Teile anschließend aber nicht wieder heraus.
      Ich wünsche Dir, dass dein Nervenkostüm durchhält, bis der Stradivari wieder das tut, was er soll.

      Gruß Otto
      Gruß Otto
      Keine schlechte Idee, Heino, für den Rest ziehst Du dann eine mit Honig eingeschmierte Spanplatte durch das Zimmer?
      Es wäre mir zu mühevoll, Schräubchen und Scheibchen habe ich in rauhen Mengen und die wirklich wichtigen Teile wie diese von Dieter erwähnte Schleiferkohle ist sowieso nicht wiederzufinden.

      Gruß Otto
      Gruß Otto
      Hallo Otto,

      mit deinen Ausführungen hast du wohl recht - die VEB Radios haben in der Mehrzahl Mängel die alleine durch miserable Materialien und schlampige Verarbeitung verursacht werden.

      Die Tasten sind allesamt in Ordnung, allerdings waren sie wie aufgeschweißt auf ihren Metallträgern; das Abklopfen bedurfte vieler sanfter Hammerschläge auf eine mit Gummi belegte Flachbackenzange.

      Gegenbeispiel zu den Radios aus der Zone: die EAW Undine II läuft bei mir hier ab und zu mit perfektem Klang und absolut sauberer Verarbeitung inkl. einer Rückwand aus Massivholz. Es gab nicht nur Schlechtes...

      Ein wenig Ehrgeiz steckt jetzt schon in dem Projekt, natürlich mit dem Ziel es zuende zu bringen.

      Gruß, Dieter
      Moin,
      Mein Stradivari war etwas stabiler, zumindest an die mechanischen Probleme kann ich mich nicht mehr erinnern. Zerfallende Potis sind aber nicht nur beim Stradivari ueblich, die hatte ich zuerst beim Beethoven2. Keine Ahnung, was die fuer ein Material fuer die Messinghohlniete verwendet haben, aber es taugt nichts. (In dem Zusammenhang faellt mir etwas aus dem "Rothammel" zu Messingrohr fuer den Antennenbau ein: "Messingrohr versproedet und reisst laengs auf").
      Irgendwann jedenfalls fallen die Potis schlicht auseinander, dann braucht es M2 Schrauben und Muttern/Gewinde schneiden oder mit Draht zubinden (geht auch, wenn man nicht schrauben will).

      73
      Peter
      Hallo an die Kundigen, hallo Peter,

      nach einigen weiteren Reparaturen verhält sich der Stradivari mit seiner Automatik wie ein normales Radio - außer dass er keinen Rundfunk von sich gibt.

      - Automatik läuft in beiden Richtungen einwandfrei.
      - Sender werden gefunden und die Scharfstellung funktioniert excellent.

      Leider verhält er sich so, als ob die Stummschaltung ewig aktiv ist. Die BDA erwähnt auch nur, dass für die Stummschaltung die Rö8 und 9 jeweils eine negative Spannung auf das Gitter erhalten.
      Das leuchtet mir ein, leider kann ich im Schaltbild nirgends die entsprechende Schaltung finden, zumal die Qualität ein Lesen der Bauteile und Werte fast unmöglich macht.

      Vielleicht hat jemand eine Idee oder da schon mal herum gewerkelt.

      Gruß, Dieter
      Hallo Dieter,

      der Stradivari 4 ist schon eine tragische Gestalt.
      Die Leistung der Entwickler / Ingenieure ist bei diesem Modell mit seinem Bedienungskomfort, seiner Vielzahl von Wellenbereichen und der Technik im Signalteil bei AM und FM sicher mindestens auf dem Niveau der gehobenen Klasse westdeutscher Hersteller dieser Zeit. Auch die mechanische Konstruktion, der Aufbau, die handwerkliche Verarbeitung (gebundene Kabelbäume) gefällt mir.
      Das Drama der DDR Industrie waren Verfügbarkeit und Qualität der Materialien und damit der Bauteile. Ein Ergebnis planwirtschaftlicher Verirrungen und Importbegrenzungen.
      Genau wie Du festgestellt hast, Schmiermittel, Kunststoffe, elektronische Bauteile - alles zweite Wahl, verglichen mit dem, was damals international üblich war. Die Entwickler und Produktionsleiter waren fürwahr nicht zu beneiden.

      Ich meine mich zu erinnern, dass es gerade bei Widerständen große Probleme in diesen Jahren gab.

      Es wird sicher manches zu ersetzen sein und auch Improvisation und Erfindergeist nötig sein, um diesen Boliden in einen voll funktionsfähigen Zustand zu versetzen, aber ich finde, es lohnt sich.

      Der Klang wird, verglichen mit SABA oder GRUNDIG bescheiden sein bei der Lautsprecherbestückung, aber zum Hören von Sprachsendungen auf UKW und zum Wellenreiten auf LMK mit einer Langdrahtantenne ist er wie geschaffen.
      Achim
      Moin,
      ich behaupte ja gerne, dass Grundig, Saba und DDR-Grossuper meine Spezialitaet sind. Was zum Teil auch damit zusammenhaengt, dass man sich auf irgendwas beschraenken muss und trotzdem die Luft in den Raeumen immer weniger wird ;)
      An den DDR-Grossgeraeten ist die gute Empfaengerausstattung imosant, vor allem, dass fast durchgaengig die abgestimmte AM-Vorstufe die Regel war. Da bauten sie einerseits Hochleistungsempfaenger und andererseits sollte man damit kein "Westradio" hoeren.

      Widerstaende: Ja besonders die gruenen Schichtwiderstaende, deren Bauart oben bei der Endroehre zu sehen ist, soll anfaellig sein (Kappenfehler).

      @Dieter, Du hast ja letztens gesehen, wie es bei mir aussieht ;) Vom Stradivari habe ich seinerzeit in Grossenhain eine Kopie des Schaltbildes gemacht und die steckt jetzt in der Schublade der "Bodensee-Truhe". Da jetzt dranzukommen ist etwas schwierig...

      73
      Peter