RCA Transistoren und Reparatur Harman Citation 12

      Sodele...

      Wechsel der Vortreibertransistoren auf 2N3019 (versuchsweise) und 2N5320 (endgültig, da grösserer UCE max. ) hat keine Veränderung am Rechteck bewirkt. Im rechten Kanal ist es ja auch "gut" (gemessen an der verlinkten Referenz in dem französischen Forum), im linken Kanal, gibt es den leichten "Anschwinger". Da der Unterschied aber wirklich nicht so groß ist, lasse ich jetzt dabei.

      Wichtig ist, dass die Endstufe nicht mehr schwingt, die Ruheströme jetzt einwandfrei einstellbar sind und die Audiomesswerte (THD, Intermodulation, Frequenzgang, Brummabstand, usw.) so ausfallen, wie es für die Citation 12 Endstufe nach allen zugänglichen Vergleichswerten typisch ist und es sonst auch keine Auffälligkeiten bzw. Unregelmässigkeiten mehr gibt.

      Rechtecksignale bei 1 W an 8 Ohm (2,83 Veff), mit 10:1 Messkopf gemessen, Oszilloskop: DC-Eingang:

      20 Hz:
      Linker Kanal:
      Rechter Kanal:
      (die vorher festgestellte Dachschräge beruhte auf einem Oszilloskop-Einstellfehler von mir, Eingang stand auf "AC")


      50 Hz:
      Linker Kanal:
      Rechter Kanal:


      1 kHz:
      Linker Kanal:


      10 kHz:
      Linker Kanal:
      Rechter Kanal:


      20 kHz:
      Linker Kanal:
      Rechter Kanal:


      Weitere Messwerte folgen.

      Gruß
      Reinhard

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      Und das Beste zum Schluss! :D

      Nach Ersatz des Differenz-Paars im linken Kanal, bei denen noch MPSA56 (fT > 50 MHz) eingesetzt waren, durch BC556B (fT typ. 150 MHz), ist endlich auch das 10 kHz-Rechteck im linken Kanal sauber! Der "Schwinger", der vorher im linken Kanal am >/= 10 kHz Rechteck an der steigenden Flanke zu sehen war, war vermutlich eine Folge der "zu langsamen" MPSA56 als Long-Tail-Pair (im rechten Kanal war zu der Zeit bereits BC556B für das Differenzpaar eingesetzt).


      Das Rechteck bei 1 W an 8 Ohm sieht mit den BC556B nun in beiden Kanälen gleich gut aus, auch dieses Ziel konnte erreicht werden:

      10 kHz:
      Rechts:


      Links:



      20 kHz:
      Rechts:


      Links:



      Danach ging's zur Abschlussprüfung.

      Messwerte (an 8 Ohm):


      1 W / 8 Ohm, 1 kHz, links


      1 W / 8 Ohm, 1 kHz, rechts


      Amplituden-Frequenzgang, 1 W / 8 Ohm, links u. rechts, -0,5 dB bei 68 kHz


      THD+N @ 1 kHz vs. Ausgangsleistung an 8 Ohm


      THD bei 1 W / Ohm vs. Frequenz, links u. rechts



      Fortsetzung folgt.

      Gruß
      Reinhard

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      Fortsetzung:


      Multiton-Dynamik (31-Ton-Test): 85-90 dB; IMD-Verzerrungen steigen zu 20 kHz merklich an


      Phasen-Frequenzgang bei 1 W / 8 Ohm:


      Amplituden-Frequenzgang bei 30 W / 8 Ohm, rechts u. links, -0,5 dB bei ca. 30-32 kHz


      THD bei 30 W / 8 Ohm, rechts u. links


      Die beiden entscheidenden zusätzlich eingesetzten Keramik-Kondensatoren (beide > 100 V Spannungsfestigkeit) zur Beseitigung der Schwingung im MHz-Bereich sind hier rot eingekreist:



      Alle Daten - mit Ausnahme des Fremdspannungsabstands - entsprechen oder übertreffen die von Harman Kardon in der Technischen Spezifikation genannten.
      Die großen Siebelkos sind schon etwas müde. Aber die gemessenen Störabstände sind immer noch im akzeptablen Bereich. Beizeiten sind die großen Siebelkos zu ersetzen.

      Dennoch ist eine Anmerkung nötig:
      Auffällig sind die bei > 10 W / 8 Ohm ausserordentlich stark ansteigenden TIM-Verzerrungen (DIM-100), die schaltungsbedingt sind, kein Fehler dieses Exemplars.

      Obwohl erst bei 74 W / 8 Ohm ein Klirr (THD) von 1 % erreicht wird, sind niedrige TIM-Verzerrungen, DIM-100, (Transient Intermodulation Distortion, Dynamische Intermodulationsverzerrungen) von bis ca. 0,1 % hier nur bis max. 10 W Ausgangsleistung erreichbar. Diese TIM-Verzerrungen bei "langsamen" Verstärkern der frühen (ersten) Transistor-Verstärker-Generationen wurden von Otala /Leinonen erst 1977 als neue Verzerrungsart eingeführt. Vorher war man sich derer noch nicht bewusst. Dennoch habe ich bislang nur bei sehr wenigen Verstärkern (auch aus den 1970 igern) hohe TIM-Verzerrungen von 1 % oder mehr gefunden. Der Citation 12 gehört allerdings dazu.
      Man bekommt schon eine Ahnung von möglichen slew-rate Problemen der Citation 12 Endstufe, wenn man den THD-Anstieg und IMD-Anstieg zu hohen Frequenzen (zu 20 kHz hin) und das Einschnüren der Bandbreite bei höherem Ausgangspel (z. B. bei 30 W oder mehr) sieht.

      TIM-Messung mit 40 kHz oder 30 kHz Bandbreitenbeschränkung (DIM-40, DIM-30) fällt sehr viel günstiger aus, aber mit der Bandbreitenbeschränkung bei der Messung bemogelt man sich ja selbst. Ich bin auch nicht der erste, dem hohe TIM-verzerrungen der Citation 12 Endstufe aufgefallen sind.

      Aber das ist eben der Verstärkergeneration von ca. 1970 geschuldet. Es gehört zur Charakteristik der Citation 12 Endstufe.


      Gruß
      Reinhard

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      TIM-Verzerrungen

      Ich hatte den Einwand erwartet, oder zumindest die Frage, in wieweit eine zu niedrige slew-rate, die durch die gegen das Schwingen angebrachten Zusatzkerkos verursacht wird, für die schlechten TIM-Werte bei mehr als 10 W / 8 Ohm massgeblich sind (ca. 3 % TIM bei 30 W / 8 Ohm).

      Ich greife dem mal selbst vor.
      Zwar wurde auch an anderer Stelle schon vorgebracht, dass die Citation 12 Endstufe (ohne die Zusatzkapazitäten der hier vorliegenden Modifikation gegen Schwingen) schlechte TIM-Verzerrungswerte hat, aber dazu wurden keine Zahlenangaben gemacht. Es ist also durchaus möglich, dass insbesondere der im obigen Schaltbild als C5 eingetragene Kerko mit 850 pF einen deutlichen Beitrag zu den TIM-Verzerrung leistet.

      Der Kerko parallel zu R719 verlangsamt dagegen die Endstufe nicht oder nicht wesentlich. Er kann in erster Näherung ausser Betracht bleiben.

      Ich möchte, bevor ich den "Deckel drauf" mache, dieser Frage noch nachgehen. Vielleicht lässt sich ja doch noch die Zusatzkapazität von 850 pF an der Basis von Q705 verkleinern. Das war bereits von Roger und Michael angeregt worden, damals fand ich bereits den jetzigen Wert schon grenzwertig mit kaum "Luft nach unten". Danach kam aber der zweite Zusatzkondensator (1 nF), parallel zu R710, ins Spiel, der wieder eine neue Ausgangslage geschaffen hat. Ich habe damals dann nicht mehr untersucht, ob ich damit C5 unter den geänderten Voraussetzungen nicht doch noch weiter verringern könnte. Erst der jetzt vorliegende abschliessende Befund mit hohen TIM-Verzerrungen lässt diese Frage wieder aktuell werden.

      Es steht dafür jetzt die Messung der Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) an und die praktische Neuprüfung, wie weit (wenn überhaupt) die jetzigen 850 pF noch verringert werden können, ohne dass wieder Schwingen der Endstufe einsetzt.

      In einer LTSpice Simulation mit schnellen Treibern und schnellem Vortreiber-Transistor-Modellen (BD139 und BD140) und MJ15003 Endtransistoren erziele ich eine maximale slew-rate von ca. 7,5 V / µs (ansteigende Rechteck-Flanke), wenn kein C5 vorhanden ist.

      Die Anstiegsgeschwindigkeit verlangsamt sich mit steigender Kapazität von C5 (Simulationsergebnisse):
      0 pF --> 7,5 V / µs
      220 pF --> 7 V / µs
      330 pF --> 6 V / µs
      470 pF --> 5 V / µs
      850 pF --> 3,5 V / µs

      In der Simulation beträgt bei 15 W / 8 Ohm TIM nur < 0,1 % mit 0 pF, aber schon über 1 % mit 840 pF. Das scheint den Verdacht zu bestätigen, dass die hohen TIM-Verzerrungen ganz wesentlich durch die Kapazität von C5 verursacht werden, die die Anstiegsgeschwindigkeit des Signals der Vortreiber-Stufe (VAS) zu sehr verlangsamt.

      Das ist noch durch Messungen zu verifizieren.

      Gruß
      Reinhard
      Der MPSA56 ist hier eine ungünstige Wahl!

      Erwähnte ich mal an anderer Stelle, bei zu niedrigem Kollektorstrom kann die Transitfrequenz in den Keller gehen.
      Das ist hier der Fall, der MPSA56 hat seinen Wohlfühlbereich um die 40 mA.
      Überschlagen fließen hier ca 2,5 mA pro Transistor vorne im Differenzverstärker.
      Man schaue sich die beiden Datenblattausschnitte an, die violetten Punkte bei ca. 2,5 mA.
      Eigentlich ist der MPSA etwas schneller, hat hier nur noch gut 100 MHz statt etwa 170 MHz mit dem BC556.

      Andreas
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      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Andreas,

      Danke für Deine Nachforschung!
      Das wird der Grund sein!

      Da der Spannungsabfall über R709 (390 Ohm) nur 0,5 V (Harman Kardon Schaltplan) bis 0,6 V ist, ist damit der Kollektorstrom sogar noch geringer: 1,3 - 1,5 mA. Für den MPSA56 gibt das nach Datenblatt fT von ca. 50 MHz, beim BC556 ca. 120-130 MHz.

      Gruß
      Reinhard

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      Für C5 = 850 pF
      Messung der Anstiegsrate an einem 10 kHz Rechtecksignal bei 20 W / 8 Ohm: 3,2 V/µs






      Mit C5 = 330 pF Anstiegsrate von 5,7 V / µs
      damit noch Schwingung 5,4 MHz, +/- 120 mV ss.
      Bei 20 W / 8 Ohm DIM-100 = 0,07%




      Mit C5 = 340 pF noch Schwingung, Amplitude leicht vermindert.
      Mit C5 = 370 pF keine Schwingung mehr!

      Anstiegsrate mit 370 pF: 5,2 V / µs


      Mit C5 = 370 pF, 10 kHz Rechteck bei 20 W / 8 Ohm:


      Mit C5 = 370 pF, 20 kHz Rechteck bei 20 W / 8 Ohm:


      Mit C5 = 370 pF, 30 kHz Rechteck bei 20 W / 8 Ohm:


      und DIM-100 immer noch ok: 0,074 % bei 20 W an 8 Ohm


      C5 = 370 pF ist die kleinste Kapazität, mit der die HF-Schwingung noch unterdrückt wird und auch TIM-Verzerrungen noch genügend gering bleiben.
      1 % DIM-100 werden damit nun bei 40 W / 8 Ohm erreicht (DIM-40 = 0,076 %). Eine wesentliche Verbesserung.

      Jetzt kann "der Deckel drauf".

      Gruß
      Reinhard

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      Noch ein Plus für den BC556!

      Wenn es schnell zugeht, sollte man sich gerade die Eingangskapazität ansehen.
      Der BC556 ist bei V CB = −10 V mit 3 pF angegeben, fast schon HF-Transistor.
      Genaue Daten für die Kapazität zum MPSA56 finde ich gerade nicht.
      Da ist die Eingangskapazität wesentlich ungünstiger, vermutlich 10 x höher.
      Bei HF stört das teilweise gewaltig, selbst bei Anpassung an 50 Ω.
      Der BC556 ist schon eine gute Idee, eine bessere habe ich ad hoc auch nicht parat.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
      Der schädliche Einfluss des die Anstiegsrate verlangsamenden C5 ist wegen der daraus resultierenden hohen TIM eine ernste Sache.Deshalb bin ich mit dessen Kapazität nicht höher gegangen als nötig und die "Reserve" an anderer Stelle vorgesehen, nämlich 100 pF Klasse I Kerko parallel zur Doppeldiode (direkt an der Doppeldiode). Hat sich als wirksam herausgestellt und verschlechtert die dynamischen Intermodulationsverzerrungen nicht. Das funktioniert aber nur im Grenzbereich, wenn die Hauptkompensation durch C5 erfolgt.

      Endgültig sieht die kompensierte Schaltung jetzt folgendermassen aus:


      und entsprechend korrigierte TIM-Messwerte:


      Gruß
      Reinhard

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